Die Bevölkerung besteht, außer den kaukas. Bergvölkern (s.
Kaukasusvölker), aus 2 326 000 Russen, 994 000 Armeniern,
über 900 000 Georgiern, 1 100 000 Tataren, 8200 Kurden, 4700 Juden, 45000 Griechen, etwa 22 000 Deutschen (15
Kolonien in Ciskaukasien, 8 in
Transkaukasien), 12 000 Persern u. s. w. Der größte
Teil bekennt sich zur orthodoxen
Kirche;
sehr bedeutend ist auch die Zahl der Mohammedaner
(Sunniten und Schiiten); die Kalmücken im Gouvernement
Stawropol sind zumeist Buddhisten, und in Eriwan leben gegen 7000
Jesiden. Sitz der
Verwaltung ist
Tiflis,
Generalgouverneur und
Generalkommandant der
Armee des
Kaukasus der
General der
Kavallerie Fürst Scheremetjew. – 1785 wurde schon eine russ. Statthalterschaft
Kaukasien errichtet, die sich jedoch nur auf die Nordseite des
Kaukasus beschränkte. Sie dehnte sich mit dem
Fortschreiten der Eroberungen (s.
Kaukasische Kriege) immer mehr aus und wurde 1882 in das Generalgouvernement Kaukasien umgewandelt.
Kriege. 1770 betraten die ersten
Russen das kaukas. Gebiet. Der zwischen
Rußland und
der
Türkei
[* 2] 1768 entbrannte
Krieg brachte ersteres durch den Frieden von
Küčük-Kainardža in den
Besitz der
Kuban-
und
Tereklinie. 1785 wurde aus den Gebieten Jekaterinograd, Mosdok,
Alexandrow und
Stawropol die kaukas. Statthalterschaft gebildet. 1796 kamen
die
Städte Derbent,
Kuba und
Baku unter russ. Herrschaft. Während bereits 1783 der unter pers.
Oberhoheit stehende christl. Fürst Iraklis II. von
Georgien russ.
Vasall geworden war, fiel unter dem Nachfolger desselben,
Georg III.,
Georgien an
Rußland und wurde 1801 ein russ. Gouvernement. 1802 erwarben die
Russen Ossetien, 1803 Lesghien, und
in den Kämpfen mit den Persern 1804–13 verloren letztere in dem Frieden von Gulistan
den größten
Teil ihrer kaukas.
Besitzungen: die Chanate
Gandscha
(Kreis
[* 3] Jelisawetpol),
Schirwan (Schemacha),
Talisch
(Lenkoran) und Karabagh (Schuscha), während 1804 schon
Mingrelien und 1810 Imeretien unter russ. Herrschaft gekommen war. Fast ganz
Transkaukasien war russ. Gebiet geworden; noch
nicht unterworfen waren aber die Gorzen, die die
Gebirge bewohnenden
Bergvölker, mit welchen der Kampf
erst 1816 durch den russ.
General Jermolow aufgenommen wurde. Es kam darauf an, sie möglichst abzuschließen.
Infolgedessen legte man eine Reihe mit Kosaken besetzter kleiner Befestigungen zwischen dem
Kaspischen und
SchwarzenMeere an.
Die
«Kaukasische Linie» zog von der Labamündung den
Kuban aufwärts, längs der
Malka bis zum
Terek und
diesen abwärts bis
Kisljar; die «Tschernomorsche Linie» lief vom
SchwarzenMeer längs des
Kuban bis zur Labamündung und die
Laba aufwärts. 1817 wurden hier die Befestigungen Grosnaja, 1819 Wnesapnaja errichtet. Durch die
Besetzung des Schamkalschen
Gebietes, des Kurinschen und Kasikumuchschen Chanats, der
Großen und der
KleinenKabarda, Akuschas und
durch die Verwüstung der Tschetschnja wurde einerseits die bis dahin nur durch die Grusinische, mitten über das
Gebirge
und die längs des
KaspischenMeers führende
Straße vermittelte
Verbindung von Cis- und
Transkaukasien hergestellt und andererseits
die
Trennung derBergvölker
bewirkt.
Persien
[* 4] nahm 1826 den
Krieg mit
Rußland zur Wiedererwerbung seiner
kaukas. Besitzungen wieder auf, mußte aber in dem Frieden von Turkmantschai Eriwan und Nachitschewan an
Rußland
abtreten. Auch der
Russisch-TürkischeKrieg 1828–29 verlief für
Rußland günstig, sodaß es in dem Frieden zu
Adrianopel den jetzigen
KreisAchalzych und die Festungen
Anapa und Poti erwarb.
Während dieser Zeit entstand aber den
Russen ein neuer, gefährlicher Feind in der von Mulla-Mohamed gepredigten
Lehre
[* 5] des
Muridismus, zu dessen Haupt Schamyl an
Stelle des 1835 ermordeten
Hamsat-Beg gemacht wurde. Erst 1839 begannen die
Russen ernstlich
gegen die
Bergvölker vorzugehen. Es wurden drei
Kolonnen formiert, von denen die eine unter Generallieutenant
Rajewskij sich nach Westen wenden sollte,
um an der Ostküste des
SchwarzenMeers weitere befestigte Punkte anzulegen; die andere,
unter Generallieutenant
Golowin, ging gegen den
SüdenDagestans nach dem obern Samur vor.
Die dritte unter dem Generallieutenant
Grabbe, in der
Stärke
[* 6] von 5613 Mann und 900
Pferden, sollte von
Wnesapnaja aus gegen den Norden
[* 7]
Dagestans, wo sich Schamyl festgesetzt hatte, vorgehen. Am 2. Juni begann der
Vormarsch von Wnesapnaja
aus. Am 5. Juni traf man auf Schamyl, welcher etwa 5000 Streiter um sich versammelt hatte, und schlug ihn
bei dem
Aul Burtunai. Schamyl ging nach Arghuan und stellte sich hier mit 6000
Lesghiern den
Russen entgegen. Trotz der fast
unzugänglichen
Lage dieses Dorfs erstürmten die
Russen dasselbe 13. Juni; Schamyl floh nach seiner Felsenfeste Achulgo am
Koi-su.
Erst 3. Sept. wurde die Feste von denRussen mit einem
Verluste von 150 Mann an
Toten und 494 Mann an Verwundeten
genommen. Schamyl entkam, er flüchtete sich nach Weden, doch war der
Muridismus noch nicht niedergeschlagen.
Grabbe hatte
seine
Truppen nach
Temir-Chan-Schura und Wnesapnaja zurückgeführt; und nach kurzer Zeit erhob sich wieder der ganze östliche
Kaukasus, sodaß mehrere Jahre hindurch die
Russen keine dauernden Erfolge hier erreichen konnten. 1843 eroberte
Schamyl Awarien und das Land am
Koi-su nebst neun russ.
Forts, sodaß den
Russen in
Dagestan nur Nisowoje und
Temir-Chan-Schura
verblieben.
Das kaukas. Korps erhielt 1844 durch Zuweisung des ganzen 5.
Armeekorps einen Zuwachs von 40 000 Mann. Dennoch verlor
Fürst Woronzow 1844 mehrere feste Plätze an die Muriden und vermochte den Sitz Schamyls, die Feste Dargo, nicht zu gewinnen.
Der
Orientkrieg 1853–56 steigerte die Schwierigkeiten der
Russen, deren
Truppen im
Kaukasus zwar auf 270 000 Mann verstärkt,
aber durch die
Bergvölker in solchem
Umfange in
Anspruch genommen wurden, daß gegen die
Türken auf dem
armenischen Kriegstheater nur wenig ausgerichtet werden konnte.
Die
Forts am
SchwarzenMeere mußten geräumt werden und fielen in die Gewalt der
Tscherkessen, denen die
Türkei Waffen
[* 8] und
Geld
zusandte. Nach Beendigung des
Krieges übernahm Fürst
Barjatinskij den Oberbefehl im
Kaukasus, und diesem gelang es, den
Muridismus zu unterdrücken. Im Aug. 1856 wurden fünf Militärkommandos errichtet, und die Hauptmacht der
Russen
wurde im östl.
Kaukasus versammelt. Von
Süden und
Osten her drangen russ.
Kolonnen in die hohen Grenzgebirge und die Tschetschnja
unter
General Jewdokimow und Fürst
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]
¶
mehr
Orbeliani ein, schlugen die Bergvölker in vielen Gefechten, unterwarfen 1857 die Große Tschetschnja und Kachetien, nahmen 1858 den
Argunpaß und erbauten dort, am Haupteingange des Gebirgslandes, die Festung
[* 10] Argunskoje. Im Juni drangen drei russ.
Kolonnen weiter vor, während Schamyl gegen Wladikawkas marschierte und den Centralkaukasus zum Aufstande zu bringen versuchte.
Aber er wurde vom General Mischtschenko zurückgetrieben, und General Jewdokimow eroberte inzwischen Warandi und Schatoj, worauf
die Tschetschenzen bis auf einen Stamm von Schamyl abfielen.
Anfang 1859 vereinigten sich drei russ. Kolonnen unter Jewdokimow am Baßflusse, erstürmten die feste Stellung bei Tausen und
bezogen unweit des Schlosses Weden, Schamyls Zufluchtsort, ein Lager.
[* 11] Das stark befestigte Weden, in
dem Itschkerischen Bezirk gelegen, wurde von dem Sohne Schamyls, Kasi Mahroma, mit 7000 Mann verteidigt. Am begann
die Belagerung und am 13. April nahm der General Jewdokimow Weden mit Sturm, dessen Besatzung in die Gebirge geflohen war.
Schamyl war nun lediglich auf Dagestan beschränkt, in welches nunmehr 40000 Russen unter Oberleitung des
Fürsten Barjatinskij vordrangen. Schamyl stand in fast unangreifbarer Stellung am Koi-su, wo er aber geschlagen wurde. Der
Berg Gunib war seine letzte Zufluchtsstätte. Am 4. Sept. begannen die Angriffsarbeiten der Russen, und bereits 6. Sept. ergab sich
Schamyl. Der Osten des Kaukasus lag nun zu den Füßen Rußlands, man konnte sich jetzt gegen den Westen
wenden. Die Operationen (Frühjahr 1864-65) endeten hier mit der Unterwerfung der Tscherkessen.
Wenn sich auch nun in der Folge die russ. Herrschaft im Kaukasus immer mehr befestigte, so bedurfte es doch nur eines
Anstoßes, um das alte Unabhängigkeitsgefühl der kaukas. Völkerschaften wieder erwachen zu lassen. Einen solchen Anstoß
bot der Russisch-TürkischeKrieg von 1877 bis 1878. Schon 1876 waren türk. Aufwiegler unter den Bergvölkern aufgetaucht.
Es war ihnen ein Leichtes, Unruhen unter den Tschetschenzen, in Abchasien, in Dagestan anzufachen, die durch Landungsversuche
der Türken zu hellen Flammen emporloderten. So beschoß ein türk. Schiff
[* 12] Poti; 16. Mai wurde
Suchum-Kale beschossen, und einige türk. Truppen landeten hier; 23. Mai fand eine größere Landung ausgewanderter Tscherkessen
bei Adler
[* 13] (116 km nordwestlich von Suchum-Kale) statt.
Nur durch die Besetzung der aus Abchasien nach den Tschetschenzen-Ansiedelungen führenden Pässe gelang
es den Russen, einen allgemeinen Aufstand der Bergvölker zu verhindern. Gegen die unter Taski-Pascha eingedrungenen 14000 Mann
mußten die RussenTruppen aus dem Innern heranziehen. Am 27. Juni wurden die vereinigten Türken und Abchasen bei Aschanodschir
geschlagen und 30. Juni der Hauptsitz der Aufständischen, das Dorf Assacho, gewonnen. Die Abchasen und Tschetschenzen
waren niedergeworfen. Die flüchtigen Führer zettelten aber von neuem in Dagestan einen Aufstand an, der erst nach der Sprengung
einer Bande von 6000 Mann und der Niederwerfung 4000 Aufständiger 30. Sept. und 4. Okt. unterdrückt wurde.