220 Der Kassaï durchfließt teils
Urwald, teils Savanne. Seine Ufer sind meistens dicht bevölkert. Im Oberlaufe wohnen an beiden
Ufern die
Kalunda, dann links die Pende, rechts
Baschilange und
Baluba, weiter am linken Ufer die Bakongo und die kriegerischen,
auch als
Anthropophagen gefürchteten Bankutu. Nach Beginn der Regenzeit im Oktober steigt er um etwa 4 m.
Bei hohem Wasserstande führt er an seiner Mündung 12000 cbm Wasser in der Sekunde. Er ist bis zum Wißmann-Fall schiffbar.
Insgesamt ist das Kassaisystem auf 3570 km schiffbar.
Seinen Oberlauf erkundete zuerst Livingstone 1854–55; 1874 und 1880 überschritten ihn und seine südlichen linksseitigen
Nebenflüsse
Pogge und
Buchner. Abermals weiter nördlich (bei Kikassa und dem
Pogge-Fall) überschritten
ihn 1881
Pogge und
Wißmann. 1885 waren es
Wißmann, Dr.
Wolf, Curt von François und H.
Müller, welche seinen Lauf vom
Lulua
bis zur Mündung verfolgten. 1886 erforschten
Wißmann und
Wolf den Kassaï stromaufwärts von der Luluamündung bis
zum Wißmann-Fall, sodaß gegenwärtig nur die kurze
Strecke zwischen diesem und dem
Pogge-Fall als noch nicht sicher festgestellt
gelten kann. –
(grch. Kassandro), ältester Sohn des berühmten macedonischen
Feldherrn
Antipater, geb. um 355
v. Chr., erhob 319 in Europa
[* 2] die Waffen,
[* 3] als sein sterbender
Vater nicht ihn, sondern den
General
Polysperchon zum Reichsverweser ernannt hatte. Er gewann allmählich in
Griechenland
[* 4] und Macedonien das Übergewicht, beseitigte
die alte
Königin-Mutter Olympias und heiratete
Alexanders Halbschwester
Thessalonike. Mit den übrigen
Diadochen bekämpfte er seit 315 die Versuche des mächtigen
Antigonus in
Vorderasien, die Übermacht
an sich zu ziehen, verlor
aber im Frieden von 311 fast ganz
Griechenland.
Die durch ihn veranlaßte Ermordung von
AlexandersWitweRoxane und ihres
Sohnes (311) fand keinen Rächer. Sonst stand Kassander (seit 300 in
derselben
Weise König wie die übrigen Diadochen in ihren
Ländern) von 307 bis 302
v. Chr. wiederholt in schwieriger Verteidigung
gegen des
Antigonus Sohn Demetrius. Als aber
Antigonus 301 in der Hauptschlacht bei
Ipsus gefallen war, konnte er wenigstens
Macedonien und
Thrazien bis zu seinem
Tode (297) in Ruhe regieren.
Alle seine Versuche,
Griechenland wiederzugewinnen,
schlugen fehl. Kassander hatte 316 das durch
Alexander zerstörte
Theben wiederhergestellt; außerdem machte er das alte
Therma zu
der großen Neustadt
[* 5]
Thessalonike und gründete auf den Ruinen von Potidäa
das neue Kassandria.
auch
Alexandra genannt, eine Tochter des Priamos und der
Hekabe.
Apollon
[* 6] verlieh ihr die
Gabe der
Weissagung, da sie aber seinen Werbungen kein
Gehör
[* 7] schenkte, so legte er auf seine Gabe den Fluch, daß die Worte
der Seherin niemals
Glauben finden sollten. Nach einer Überlieferung späterer Zeit war Kassandra die Zwillingsschwester des Helenos
(s. d.). Beide
Kinder wurden einst im
Tempel
[* 8] des Thymbräischen
Apollon unweit Ilion zurückgelassen. Am
folgenden Morgen fand man zwei Schlangen
[* 9] bei den
Kindern, welche ihnen die
Ohren leckten.
Dadurch ward ihr
Gehör so gereinigt, daß sie die
Stimme der
Götter vernehmen und weissagen konnten. Kassandra sagte das Unheil,
das von
Paris
[* 10] und Helena kommen werde, sowie den
UntergangTrojas voraus und warnte ihr
Volk vor dem trügerischen
Rosse; allein niemand glaubte ihr. Als
Troja
[* 11] erobert war, riß
Aias der Lokrer sie vom
Altar
[* 12] der
Athena weg, ja nach späterer
Dichtung schändete er sie an heiliger
Stätte. Bei Verteilung der
Beute fiel sie dem
Agamemnon zu, der sie als Sklavin
und Geliebte mit sich nach Mykene führte, wo beide von
Klytämnestra ermordet wurden. Dem
Agamemnon soll sie die Zwillingssöhne
Teledamos und
Pelops geboren haben. – Kassandra ist auch der
Name des 114.
Planetoiden.
(vom mittellat.cassare, ungültig machen), im allgemeinen
die
Entscheidung, daß ein Rechtsakt ungültig sei. Im franz. Prozeßrecht insbesondere bedeutet
Kassation die Vernichtung eines in letzter Instanz gesprochenen
Urteils wegen einer Verletzung des Gesetzes, die begangen ist, sei
es in dem
Verfahren, sei es in der
Entscheidung der Sache selbst. Der Kassationsrekurs, pourvoien cassation,
charakterisiert sich als Rechtsmittel zur Wahrung des Gesetzes. Er steht den Parteien und der
Staatsanwaltschaft zu; der von
dieser eingelegte Rekurs hat aber für die Parteien keine Wirkung.
Über den Kassationsrekurs entscheidet der Kassationsgerichtshof,cour de cassation; durch ihn soll die Einheit der Rechtsprechung
erhalten werden. Er spricht aber den Parteien nicht selber
Recht; wenn er das
Urteil vernichtet, so überweist
er die Sache zur
Entscheidung einem andern Gericht. Dieses ist an die Rechtsauffassung des Kassationshofs nicht gebunden.
Wird aber das
Urteil auch dieses Gerichts aus dem gleichen
Grunde kassiert, so ist nach einem franz. Gesetz vom das
Gericht, an welches jetzt die Sache verwiesen wird, verpflichtet, seiner
Entscheidung den Rechtssatz zu
Grundezu legen, welchen
der Kassationshof (in der
Vereinigung aller seiner Kammern) ausgesprochen hat.
Der Kassationsgerichtshof zu
Paris ist eingesetzt worden durch Dekret vom an
Stelle des frühern conseil duroi.
Er ist in drei Kammern gegliedert, in die chambre de requêtes, welche über die Zulässigkeit des Rekurses in Civilsachen,
in die chambre de cassation civile, welche über den zugelassenen Rekurs in Civilsachen, und in die chambre de cassationcriminelle, welche über den Rekurs in Strafsachen entscheidet. Mit dem franz. Prozeßrecht
hatte das
Institut der Kassation auch in deutschen
Staaten Geltung, in welchen demgemäß auch Kassationshöfe bestanden (in
Preußen,
[* 13] in
Bayern,
[* 14] in Hessen);
[* 15] im
Umfange seiner Kompetenz war das
Reichs-Oberhandelsgericht Kassationshof für die betreffenden
Teile
des
Reichs, auch für Elsaß-Lothringen.
[* 16]
Jetzt ist im
DeutschenReiche durch die
Civil- und Strafprozeßordnung das
Institut der Kassation beseitigt; die
Revision (s. d.) ist ein von dem Kassationsrekurs wesentlich verschiedenes Rechtsmittel.
In
Österreich
[* 17] entscheidet der oberste Gerichtshof «als Kassationshof»
über alle in der Strafprozeßordnung für zulässig erklärten Nichtigkeitsbeschwerden (s. d.).
–
Über die Vernichtung von Erfindungspatenten s.
Patent. – Unter Kassation einer
Urkunde versteht man eine Handlung,
durch welche ausgedrückt werden soll, daß die
Urkunde ohne Kraft
[* 18] sei (wie Zerschneiden, Durchstreichen). – Mit Kassation eines
Beamten oder Offiziers pflegt man die härteste Art der Dienstentlassung zu bezeichnen.
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.
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