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Nieritz die kindliche Phantasie anzuregen verstand. Offenbar bessere Erzeugnisse, wie der «Kinderfreund» von Vogel (12 Bde., 1836-39), konnten gegen Nieritz und Hoffmann geradezu nicht aufkommen.
Viele moralische Kinderschriften der Neuzeit können, ebenso wie manche Vorgängerinnen, wegen hochgespannter Sentimentalität und Überschwenglichkeit (wie z. B. in Therese Hubers «Weihe der Jungfrau») und altkluger Reflexion [* 2] (z. B. in Thekla von Gumperts weitverbreitetem «Töchteralbum») leicht einen mehr nachteiligen als fördernden Einfluß ausüben. Pädagogisch angemessener ist in moralisierender Hinsicht die Fabel. Frei von alten Quellen, die sonst ausschließlich auf diesem Gebiete zu Grunde gelegt wurden, machte sich Wilhelm Hey (gest. 1854) mit seinen von Otto Speckter sinnig illustrierten 50 Fabeln (1833). Er wurde tonangebend auf diesem Felde. Ihm folgten Fröhlich, Güll, Reinick u.s.w. Einen ungeahnten Absatz fand der «Struwwelpeter», die ebenso eigentümlich fabulierende wie bildlich ausgeschmückte Posse des Frankfurter Arztes Heinrich Hofmann. Von den Verfassern christl. Jugendschriften, die mit Krummachers «Parabeln» beginnen, seien außer dem bereits erwähnten Domherrn von Schmid, der von Chr. G. Barth (gest. 1862) und G. H. von Schubert (gest. 1860) weniger taktvoll nachgeahmt wurde, K. Stöber, Caspari («Der Schulmeister und sein Sohn») und Frommel genannt.
Von den romanhaften Jugendschriften der Neuzeit geboren zu den besten Leistungen diejenigen Ottilie Wildermuths (gest. 1877). Die von Pestalozzi und Hebel [* 3] angebahnte Gattung volkstümlicher Schriften fand, soweit sie speciell für die Jugend bestimmt ist, in O. Wildermuth, G. H. von Schubert, W. O. von Horn (Örtel), Körber ihre Hauptvertreter mit glücklich gewählten Stoffen, während in Auswahl und Darstellung der Märchen den Brüdern Grimm kaum einer der zahlreichen Nachfolger gleichkam.
Die besten Sammlungen dieser Art lieferten noch W. Hauff, Zingerle, Pröhle, Kletke, Lausch, L. Bechstein; weniger schätzenswert sind die selbsterdichteten von A. L. Grimm, H. Rebau und Andersen. Der Brüder Grimm «Deutsche [* 4] Sagen» (2 Bde., 1816-18) ließen eine bedeutende Anzahl Jugend-Sagenbücher hervorgehen, so z. B. von G. Schwab, Ferd. Bäßler, Nichter, K. W. Osterwald, Wägner, H. von Tharau, K. Simrock, Ferd. Schmidt. Für didaktische Unterbaltungsschriften sind besonders die Verfasser geschichtlicher Lektüre zu nennen: B.G.
Niebuhr, K. Fr. Becker, Masius, Barthol, G. Schwab, Stoll, Osterwald, F. Schmidt, Wägner, Guhl und Koner, Mürdter, Nasemann, Todt, Biernatzki, Kohlrausch, König, Laurmann; ferner auf dem Gebiete biogr. Darstellung: Klöden, Haken und Neigedauer, Vaur, Stacke, Grübe, Hahn, [* 5] Höcker, Horn, Ohly, Ramdohr, Petsch, F. Schmidt. Endlich giebt es unter den didaktischen Jugendschriften der Neuzeit viel Gediegenes und für die verschiedenen Altersstufen sich gut Eignendes aus dem Bereiche der Erd- und Naturkunde. In hervorragender Weise hat sich der O. Spamersche Verlag in Leipzig [* 6] solchen Stoffen gewidmet. An periodischen Schriften für die Jugend sind zu nennen: Masius, Des Knaben Lust und Lehre, [* 7] Hoffmanns Jugendfreund, das Buch der Jugend (Stuttgart), [* 8] Herzblättchens Zeitvertreib, Lohmeyers Deutsche Jugend, Fabricius' Deutsche Jugendzeitung, Lauxmanns Jugendfreude.
Von kritischen, die Erzieherwelt führenden und beratenden Beurteilungen und Verzeichnisse empfehlenswerter J. verdienen Erwähnung: Merget, Geschichte der deutschen Jugendlitteratur (3. Aufl., Verl. 1882);
Theden, Führer durch die Jugendlitteratur (Hamb. 1883);
Fricke, Grundriß der Geschichte deutscher Jugendlitteratur (Mind. 1886);
Ellendt, Katalog für die Schülerbibliotheken höherer Lehranstalten (3. Ausg., Halle [* 9] 1886).
Vom kath. Standpunkt: Rolfus, Verzeichnis ausgewähler J. (2. Aufl., Freig. i. Br. 1876);
Engelb. Fischer, Die Großmacht der Jugendlitteratur (4 Bde., 2. Aufl., Wien [* 10] 1877).
Sehr löblich ist das Bestreben größerer Lehrervereine (z. B. in Berlin, [* 11] Frankfurt [* 12] a. M., Breslau, [* 13] Dresden, [* 14] der Schweiz [* 15] [Aarau]), [* 16] in der Beurteilung der J. nach einheitlichem pädagogischen Standpunkte Arbeitsteilung eintreten zu lassen und Listen des Empfehlenswerten zu veröffentlichen.