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rung der Erbfolge in Pommern [* 2] beim Aussterben des herzogl. Hauses. Statt ferner feine Erban- sprüche an Glogau [* 3] und an mehrern Pfandschaf- ten (Crossen, [* 4] Züllichau und Sommerfeld) ernsthaft geltend zu machen und sich nach König Matthias' von Ungarn [* 5] Tode als Erbberechtigter um die ungar. Krone zu bewerben, begnügte er sich mit der Freundschaft des neuen Königs Wladislaw und der Zusicherung, daß die Pfandschaften zu fei- nen und seiner Söhne Lebzeiten nicht eingelöst wer- den sollten, sowie der Genehmigung des Ankaufs der Landschaft Iossen. Besonders verdient machte sich I. C., der selbst ein gewandter Lateiner war und Cicero Germaniens genannt wurde, durch För- derung der humanistischen Studien in der Mark. Für die Gründung der Universität Frankfurt [* 6] a. O. hatte er schon die einleitenden Schritte gethan, als ihn der Tod zu Arneburg in der Alt- mark ereilte. -
Vgl. Dropsen, Geschichte der preuh. Politik, Bd. 2 (2. Aufl., Lpz. 1869-70).
JohannGeorg,mitdemBeinamen()6c0ii0iiiu8, Kurfürst von Brandenburg [* 7] (1571-98), geb. 1525, vereinigte nach dem Tode seines Vaters, des Kurfürsten Joachim II., und seines Oheims Johann von Cüstrin [* 8] (beide 1571 gestorben) die brandend. Lande wieder in einer Hand. [* 9] Eine strenge und haus- hälterische Natur, beseitigte er die Mißwirtschaft, die unter seinem Vater eingerisfen war, mit äußerster Härte; er lieh den jüd. Münzmeister Lippold zu Tode martern, entsetzte viele Ratgeber seines Vaters, auch manche durchaus unschuldige, ihrer Amter und tilgte durch große Sparsamkeit einen Teil der Schulden, die Joachim II. hinterlassen hatte.
Den Ständen der Mark, die auf sein Drängen die Abtragung von 1 Mill. Thlr. Schulden übernahmen, bestätigte I. G. ihre bisherigen Freiheiten und räumte ihnen noch neue weiter gehende Rechte ein. Ein eifriger Lutheraner, an der Abfassung der Konkordienformel wesentlich beteiligt, scheute I. G. jede Verbindung mit den Calvinisten in Frankreich und Holland. Als 1594 nach der Vermählung seines Enkels Johann Sigismund mit der ältesten Tochter Herzog Albrecht Friedrichs von Preußen [* 10] die Aussicht auf die Er- werbung der jülich-clevefchen Lande eröffnet wurde, hielt den Kurfürsten sein Widerwille gegen die Cal- vinisten davon ab, sich mit den Holländern zur Be- setzung der rhein. Lande zu verbinden. Er erzürnte sich darüber heftig mit seinem Sohne und Thron- erben, dem Kurprinzen Joachim Friedrich.
Dieser Zwiespalt wuchs, als I. G., dem in dreimaliger Ehe 23 Kinder geboren wurden, zu Gunsten der Söhne dritter Ehe eine Teilung der brandend. Kur- lande gegen das hohenzoll. Hausgesetz, die vis^osi- tio ^ckiliea, beabsichtigte. I. G. starb Johann Sigismund, Kurfürst von Branden- burg (1608-19), geb. 1572 als Sohn des Kur- fürsten Joachim Friedrich, war ein Fürst von edler Gesinnung, aber ohne feste Thatkraft und ohne rechte Selbständigkeit. Unter seiner Regierung erfolgte auf Grund der alten Erbrechte eine bedeutende Ge- bietsausdehnung des Kurfürstentums, indem zwei wichtige neue Besitzungen, Cleve-Mark und Ostpreu- ßen, an Brandenburg sielen.
Als 1609 der letzte männliche Sproß der Herzöge von Iülich-Cleve starb, erhoben Brandenburg und Pfalz-Neuburg (5rbansprüche. Durch den Vertrag von Dortmund [* 11] 1609 einigten sich beide possidierende Fürsten zu ge- meinsamer Verwaltung des Landes; der Vertrag von Xanten 1614 brachte eine vorläufige, später dauernde Teilung des Erbes, sodaß Cleve, [* 12] Mark und Ravensberg an Brandenburg, Iülich-Berg an Pfalz-Neuburg sielen. Doch gelang es erst dem Enkel I. S.s, dem Großen Kurfürsten, in den rhein. Landen seiner Autorität als Landesherr Geltung zu verschaffen. Ostpreußen, [* 13] dessen letzter Herzog Albrecht Friedrich 1618 starb, mußte aus I. S. als den Gemahl der ältesten Tochter des Herzogs über- gehen, aber die preuh. Stände sträubten sich gegen die «brandend. Tyrannei», sie wünschten Ostpreußen in eine poln. Provinz umzuwandeln und die zügel- lose Adelsfreiheit der Polen zu gewinnen. Nur in- dem I. S. dem poln. Könige huldigte, einen Tribut zahlte und den Polen ein Einfpruchsrecht in die Verwaltung des Landes zugestand, vermochte er, unter Androhung von Gewalt, die widerspenstigen Preußen zur Anerkennung seiner Nachfolge zu be- stimmen. Obgleich streng lutherifch erzogen, neigte I. S. in seinem Mannesalter doch mehr zur calvi- nischen Lehre [* 14] und trat 1613 zur reform. Kirche über, gestattete aber durch den im Febr. 1615 ausge- stellten Revers einem jeden seiner Unterthanen, bei dem streng luth. Bekenntnis und bei der Konkordiew formel zu verbleiben. Die Stände der Kurmark und Ostpreußens widerstrebten aufs äußerste dem cal- vinischen Landesherrn und fanden einen starken Rückhalt an der eigenen Gemahlin des Kurfürsten, Anna, die zeitlebens eine eifrige Lutheranerin blieb. In dem «Toleranzedikt» vom Febr. 1614 hat I. S. zum erstenmal jene Grundsätze weitherziger Duld- samkeit auf religiösem Gebiete verkündet, die von seinen Nachkommen weiter vertreten worden sind. Er starb Johann, Markgraf von Brandenburg-Cü- strrn(1535-71), gewöhnlich Hans von Cüstrin genannt, geb. 1513 als zweiter Sohn des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg, erhielt beim Tode seines Vaters (1535) durch einen Teilungsvertrag die Neumark, Lebus, Sternberg, Cottbus, [* 15] Crossen und Züllichau, führte 1537 in feinen Landen die Reformation ein und trat 1538 dem Bunde der Scymalkaldener bei, doch mit der bestimmten Er- klärung, daß es sich in dem Bunde um Beschützung des Glaubens, nicht um polit.
Interessen handele. I., jeder Rebellion gegen des Kaisers Majestät ab- geneigt, ließ sich durch die Versicherungen Karls V. und König Ferdinands täuschen und schloß sich im Schmalkaldischen Kriege den Kaiserlichen an. in der Meinung, daß die aufrührerifchen Fürsten bestraft, aber die konfessionellen Zustände erhalten werden sollten. An dem Siege bei Mühlberg hatte er mit seinen Reitern hervorragenden Anteil. Zu spät er- kannte der eifrig protestantifche, aber politisch kurz- sichtige Fürst seinen Irrtum.
Dem Interim, das der Kaiser ihm aufzuzwingen gedachte, wollte er sich nicht unterwerfen. Er knüpfte nun mit Kurfürst Moritz von Sachsen [* 16] Beziehungen an; persönliche Abneigung gegen diefen aber hielt ihn von einer dauernden Verbindung ab. Während er in Passau [* 17] seine Abgesandten für die prot. Glaubensgenossen kräftig eintreten ließ, näherte sich I. in der Politik wieder den Kaiserlichen und nahm, nachdeuv der Religionsfriede gesichert schien, im Dienste [* 18] Karls am Kriege gegen Frankreich und an der Belagerung von Metz [* 19] teil (1552). Die vornehmsten Verdienste des Markgrafen aber liegen in der Verwaltung sei- nes Landes. Er war das Muster eines sparsamen Landesvaters. Die Macht der Stände hielt er fest danieder, säuberte die Straßen von Wegelagerern, ¶
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erweiterte Cüstrin, legte die Festung [* 21] Peitz an, grün- dete für die Domänenverwaltung eine kollegialische Amtskammer in Cüstrin, förderte Ackerbau, Handel, Verkehr und Gewerbe. Als I. 1571 starb, war ein ansehnlicher Staatsschatz angesammelt. Johann Friedrich, Herzog zu Braunschweig [* 22] und Lüneburg [* 23] (1665-79), dritter Sohn des Herzogs Georg, geb. machte weite Reisen und trat 1651 in Italien [* 24] zum Katholicismus über. Nach dem Tode seines ältesten Bruders, des kinderlosen Christian Ludwig von Celle [* 25] (1665), bemächtigte er sich durch einen Staatsstreich des erledigten Fürsten- tums, während nach den Bestimmungen des Testa- ments seines Vaters dem ältesten Sohn, jetzt also Herzog Georg Wilhelm von Calenberg, stets das Fürstentum Lüneburg und dem zweiten Sohne Calen- berg zufallen sollte.
Da aber aus diesem Bruder- zwiste große kriegerische Verwicklungen zu entstehen drohten, so begnügte sich I. F. mit Calenberg, dem das bis dahin mit Üüneourg vereinigte Gruben- hagen zugelegt wurde (Neceß vom Zur Regierung gelangt, schuf er ein stehendes Heer von 14000 Mann und ordnete die Landesverwal- tung im centralisierenden Sinne unter Beseitigung der landständischen und Vermehrung der landes- herrlichen Rechte. Unter ihm wurde Hannover [* 26] der Mittelpunkt der päpstl.
Propaganda; andererseits entfaltete sich auch hier ein reges wissenschaftliches und künstlerisches Leben. So berief er Leibniz an die von ihm gegründete Bibliothek. Seine Politik war darauf gerichtet, im Einvernehmen mit Frank- reich fein Territorium zu vergrößern, ohne sich aber in vollständige Abhängigkeit von dieser Macht zu begeben oder mit dessen Gegnern die Fühlung zu verlieren. Er starb ohne Hinterlassung männlicher Erben auf einer Reife nach Italien in Augsburg. [* 27] In der Regierung folgte ihm fein jüngster Bruder Ernst August. -
Vgl. Havemann, Geschichte der Lande Braunfchweig und Lüneburg, Tl. 3 (Gott. 1857), S. 214fg.; Köcher, Geschichte von Hannover und Braunfchweig, I. 1648-68 (Lpz. 1884).
Johann der Unerschrockene, Herzog von Burgund (1404-19), geb. in Dijon [* 28] als Sohn Philipps des Kühnen (s. d.), beteiligte sich 1396 an dem Türkenzuge des Königs Sigismund und entkam nur mit größter Gefahr aus der unglücklichen Schlacht von Nikopolis. Er folgte feinem Vater 1404. Von letzterm hatte er den Haß gegen die Orlsans geerbt, die mit Burgund um den Einfluß am Hofe des geisteskranken Karls VI. von Frank- reich stritten. Im Nov. 1407 ließ I. feinen Haupt- gegner, Ludwig von Orleans, den er überdies im Verdacht des Ehebruchs mit feiner Gemahlin hatte, nachts in Paris [* 29] ermorden.
Nun gelangte I. zu maß- gebender Stellung, und 1409 muhten die Orlöans zu Chartres sich mit ihm versöhnen. Bald aber ent- brannte der Kampf aufs neue, in dem sich I. bald (1413) mit der Pariser Zunftopposition, bald (1417) mit der Königin Isabeau gegen den Dauphin (den fpätern Karl VII.), ja selbst mit den Nationalfein- den, den Engländern, verband. Als endlich eine Versöhnung zwischen I. und dem Dauphin auf der Ionnebrücke bei Montereau stattfinden sollte, wurde I. dort von den Begleitern des letz- tern ermordet.
Der Sohn I.s, Philipp der Gute, trat nun als Rächer des Vaters auf. JohannI.,König von Dänemark, [* 30] Norwegen [* 31] den Joh ann II., war schon als Knabe 1457 von den Schweden als Nachfolger seines Vaters Chnstian I. von Oldenburg [* 32] anerkannt worden und galt, als er 1481 diesem in den andern Reichen nachfolgte, auch in Schweden als Oberherr, obwohl die thatsächliche Regierung in den Händen des Reichsverwesers Sten Sture lag. 1497 zog er mit einem etwa 30000 Mann starken Heer nach Schweden, eroberte Stock- holm und wurde hier mit seinem Sohne Christian zum König gekrönt. 1500 zog er dann mit den Herzögen von Schleswig-Holstein [* 33] und einem zahl- reichen Söldnerheer, der «großen Garde», und Holstein.
Rittern gegen die Vauernrepublik der Dith- marscken, erlitt aber bei Hemmingstedt eine gewal- tige Niederlage. Das ermutigte auch die Schweden zur Losreißung von der Union; sie eroberten 1501 Stockholm, [* 34] nahmen I.s Gattin, Christina von Sach- sen, gefangen und wählten sich wieder Reichsver- weser. (S. Schweden.) In dem folgenden Kriege mit Schweden kämpfte der König auch gegen Lübeck [* 35] mit Erfolg. 1512 kam es zum Frieden, aber I. starb schon Febr. 1513. Seine Anfprüche auf Schwe- den gingen auf feinen Sohn Christian II. über.
Johann, König von England (1199-1216), geb. zu Oxford, [* 36] jüngster Sohn Hein- richs II., war der Lieblingssobn seines Vaters, der ihn einst Ohne-Land genannt hatte, obgleich er mit Gütern reich ausgestattet war. Er nahm an den Empörungen seiner ältern Brüder gegen Hein- rich teil und suchte, während sein Bruder Richard I. Löwenherz auf dem Kreuzzuge abwesend war, die Herrschaft an sich zu reißen. Sein Plan mißlang; aber als Richard nach kurzer Regierung gestorben war, bestieg 1.1199 den Thron, [* 37] obgleich Arthur, der Sohn seines verstorbenen ältern Bruders Gott- fried, ein näheres Anrecht darauf hatte.
Derselbe erreichte aber nur die Huldigung in Anjou, Maine und Touraine. 1200 siel er in I.s Hand und ist wahrscheinlich von ihm ermordet worden. Den dar- auf folgenden Aufstand der franz. Provinzen Eng- lands gegen I. benutzte Philipp August von Frank- reich, um mit leichter Mühe 1203 die Normandie zu erobern und dann sich nach Süden zu wenden. 1206 befaß I. trotz seiner Versucke zur Rückeroberung nur noch einen kleinen südl. Rest seines festländischen Be- sitzes. Auch in England hatte schon ein verhängnis- voller Streit begonnen. I. verweigerte dem von Papst Innocenz III. zum Erzbischof von Canterbury bestimmten Stephan Langton den Eintritt in das Reich; 1208 folgte das Interdikt, diefem der Bann, diefem 1212 die Abfetzungsbulle und der päpstl.
Auf- trag an Philipp August von Frankreich zur Voll- streckung. DenKampfmitdiesem Gegner vor Augen, den eigenen, von ihm unaufhörlich gereizten Va- sallen mißtrauend, wagte I. keinen Widerstand; er nahm von Innocenz sein eigenes Königreich zu Lehen schwur Treue und versprach einen jährlichen Tribut. Der Rachekrieg, den jetzt I. gegen Frankreich unternahm, endete 1214 nach guten Anfängen mit einer vollkommenen Nieder- lage bei Bouvines. Jetzt erhob sich der längst grollende engl. Adel unter Langtons Führung. Auf der Wiefe Runymede bei Windfor ertrotzten die Barone den «Großen Freibrief», die N^na. Owrt^ (s. d.) vom Der König war nicht gewillt, seine Zusagen zu halten; sofort verweigerte er, gestützt auf einen Dispens feines päpstl. Lehensherrn, die Erfüllung dieses Vertrags. Der Bürgerkrieg begann, I. hatte Glück, manche ¶