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für die ganze Kirche in seiner frühern Gestalt wieder her. Brzozowski blieb General. Ihm folgten 1820 der Italiener Aloys Fortis, 1829 Joh. Roothaan aus Amsterdam, [* 2] 1853 der Belgier Peter Joh. Beckr (s. d.), 1887 Antonius Anderledy (s. d.) ans Vrieg in der Schweiz [* 3] (schon seit 1883 Koadjutor, seit 1884 Stellvertreter seines altersschwachen Vorgän- gers); 1892 wurde der span. Pater Luis Martin (s.d.) zum General gewählt. 1816 hatte der Orden [* 4] nur 674 Mitgliedes 1889 aber schon wieder 12306, nämlich 5534 Priester (Professen und Koadjutoren), 3460 Scholastiker und 3312 Laienbrüder.
Nach dem amtlichen Personalbestand von 1889 bestehen 5 Assistenzen mit 23 Provinzen und 3 Missionen. Die ital. Assistenz hat 5 Provinzen, die deutsche 5 (Österreich-Ungarn [* 5] mit 591, Galizienmit331, Bel- gien mit 880, Holland mit 433, Deutschland [* 6] mit1000 Mitgliedern; so viele hat keine andere Provinz; zu ihr gehören aber auch die in Ostindien [* 7] und Brasi- lien wirkenden Missionare), die französische 4, die spanische 5 (3 m Spanien, [* 8] Portugal und Meriko), die englische 4 Provinzen (England mit 554, Irland mit 254, in den Vereinigten Staaten [* 9] von Amerika [* 10] 2 mit 927 Mitgliedern) und 3 Missionen (Canada, Neuorleans und Sambesi).
Bei der ital., der franz. und der deutschen Provinz wird angegeben «zer- streut», um anzudeuten, daß die Mitglieder der- selben aus dem betreffenden Lande ausgewiesen sind oder darin nur geduldet werden. In Deutschland wurden die Niederlassungen der I., die seit 1848 mehrere Häuser gegründet hatten (8 in Preußen, [* 11] Regensburg [* 12] in Bayern), [* 13] und die der ihnen ver- wandten Orden und Kongregationen durch das Reichsgesetz vom (Iesuitengesetz) aufgehoben und ihnen die Errichtung von neuen Niederlassungen untersagt.
Ein Antrag des Cen- trums auf Aufhebung dieses Gesetzes wurde in 1. und 2. Lesung mit 173 gegen 136 Stim- men im Reichstag angenommen; die Entscheidung des Bundesrats steht noch aus. Aus der Schweiz, wo sie 1814 ein Kollegium in Brieg, [* 14] 1815 eins in Freiburg, [* 15] 1836 eins in Schwyz gründeten, wurden die I. nach dem infolge ihrer Niederlassung in Luzern [* 16] (1845) entstandenen Sonderbundskriege 1847 aus- gewiesen. In Italien [* 17] werden die I. seit 1859 nur thatsächlich geduldet.
Aus Frankreich wurdensie 1830 vertrieben; sie kehrten bald wieder zurück, wurden 1845 von dem General teilweise abberufen, breiteten sich dann wieder aus, wurden aber 1880 aufge- hoben. In Spanien wurden sie 1820, 1835 und 1868 vertrieben, kehrten aber immer nach einigen Jahren zurück. Auch in Portugal, wo sie 1829 unter Dom Miguel zugelassen, 1833 vertrieben wurden, haben sie wieder Häuser. Wenn der Orden auch in keinem Lande die frühere Stellung errungen hat, fo ist doch sein Einfluß in kirchlicher Beziehung sehr groß.
Eine Opposition bei andern Orden, Weltgeistlichen und Bischöfen findet er jetzt nicht mehr; wer die I. an- greift, wie Gioberti (s. d.) n. a., wird in gut kath. Krei- sen als Kirchenfeind angesehen. In der theol. Litte- ratur geben die I. den Ton an (Perrone, Liberatore, Vallerini, Franzelin, Gury, Kleutgen; Passaglia und Curci, die früher eine große Rolle spielten, wurden wegen zu freier Ansichten ausgestoßen). Pius IX., der erst nach 1849 ihr Gönner wurde, hat ihre Lieblingslehren von der unbefleckten Em- pfängnis Maria (1854) und von der Unfehlbarkeit des Papstes (1870) zu kath. Dogmen gemacht, ihre Lieblingsandacht vom Herzen Jesu (s. Herz Jesu) gut- geheißen und durch die Erhebung Liguoris (s.d.) zum Kirchenlehrer(v0et0i-6eci68iH6)ihreMoralbestätigt. Leo XIII. hat eine Reihe von Lehrsätzen des von ihnen angegriffenen, von Pius IX. noch geschützten Rosmini (s. d.) verdammt und 1885 alle ihnen von frühern Päpsten verliehenen Privilegien feierlich bestätigt. Kardinäle wurden nacheinander Tarquini (1873), Franzelin (1876) und Mazzella (1886). - Die I. haben jetzt mehrere eigene Zweitschriften: " (^ivilta. cattolica» (Rom, [* 18] feit 1850),
«Ntuäs8 rsli- Fi6U868» (Paris, [* 19] seit 1854),
«^ks Alontw) (London), [* 20] »Zeitschrift für kath. Theologie» (Innsbruck, [* 21] seit 1876), «Stimmen aus Maria Laach» (Freiburg i. Br., seit 1871) u. a. Litteratur. Carayon, VidlioZrapIiis kisto- riyus äs 1a lüomp^nis äs de Backer und Sommervogel, Lidliotkecius äs3 6crivHin3 äs 1a. OomM^nis äs 3 Foliobände, ebd. 1869;
4. Aufl., Bd. 1-4, 1890 -93); Crötineau-Ioly, Hi8t0ii-6 äs 1a (^omM^nis äs ^68U8 (3. Aufl., 6 Bde., ebd. 1856);
Zirngiebl, Studien über das Institut der Gesellschaft Jesu (Lpz. 1870);
Joh. Huber, Der Jesuiten
orden (Berl. 1873);
Döllinger und Reusch, Geschichte der Moral- streitigkeiten in der röm.-kath. Kirche (2 Bde., Nördl. 1889);
Tavagnutti, Kath.-theol.
Bücherkunde der letzten 50 Jahre, Heft 5: üidliottiscH catkolica 3oci6tati3 ^6311
(Wien
[* 22] 1891). Interessante
Streif- lichter auf den Jesuiten
orden werfen die von dem
Grafen Hoensbroech 1893 in den
«Preußischen Jahrbüchern» veröffentlichten
Auffätze:
«Mein Aus- tritt aus dem Jesuiten
orden» (auch als
Buch erschie- nen, Berl. 1893) und «Moderner Iesuitismus».
Iesuitengesetz, s.
Jesuiten. Iesuitennuf), s. ^i-apN. Fefuitenrinde, s. Nx08t6iniu3,.
Iefuitenschulen.
Die Jesuiten sind von An- fang an auf dem Gebiete des mittlern und höhern Unterrichts sehr thätig gewesen, während sie sich mit dem Elementarunterricht nie befaßt haben. Die amtliche Zusammenstellung des Reglements für die Schulen der Iefuiten von den untersten Lateinklas- sen an bis zu den theol. Lehranstalten heißt «Itatio st in8tjtuti0 3tuäi0lum30ei6tHti8 Sie wurde von dem General Claudio Aquaviva 1599 publi- ziert und blieb seitdem in Geltung. Erst 1832 wurde sie in einigen Punkten abgeändert. (Vgl. Pachtler, Ratio 8tuäi0ruiii, 2. und 5. Bd. der »^lonumsntg. (FsrmI.niH6 pÄsdaFOFica", hg. von Kehrbach, Verl. 1887, und dazu Döllinger und Reusch, Geschichte der Moralstreitigkeiten in der röm.-kath. Kirche, 2 Bde., Nördl. 1889.) Die Natio unterscheidet Na3- 868 intsi-iorss (drei Klassen Grammatik, je eine Humanitas und Rhetorik) und 01^8868 8up6i-ior63 (Mathematik, Philosophie und Theologie).
Die untern Klassen entsprechen ungefähr dem Gym- nasium; die Hauptsache war aber die Erlernung der lat. Sprache; [* 23] von der der Tertia des Gym- nasiums entsprechenden Klasse an durften Lehrer und Schüler nur lateinisch sprechen; das Griechi- sche wurde sehr stiefmütterlich behandelt, die Mut- terfprache und Geschichte ganz vernachlässigt. Auch dem Religionsunterricht waren nur wenige Stun- den gewidmet; freilich war aber der ganze Unter- richt und die ganze Erziehung eine streng kirch- liche. Viel Zeit wurde mit theatralischen Auffüh- rungen vergeudet. Ein großer Mangel war der mit der Einrichtung des Ordens zusammenhängende ¶