mehr
Gehorsams ist schärfer ausgebildet als in allen andern Orden. [* 2] Sirius V. wollte die Regel und den Namen des Ordens ändern, starb aber vor der Ausführung des Planes.
Die Thätigkeit der J. erstreckt sich auf die Seelsorge (Predigt,
Beichtstuhl, Volksmissionen und geistliche Exercitien),
den Unterricht in der weitesten Bedeutung
(s. Jesuitenschulen) und die
Heidenmission. Die Regel, die Ausführungsverordnungen,
die später hinzugekommenen Vorschriften, die den
Orden betreffenden päpstl.
Bullen u. s. w. sind gesammelt in dem «Institutum
Societatis Jesu» (2 Foliobände,
Prag
[* 3] 1757; eine neue, 1869 zu
Rom
[* 4] begonnene
Ausgabe ist noch nicht vollendet).
Die Mitglieder des
Ordens zerfallen in vier
Klassen: Novizen,Scholastiker,Koadjutoren
und Professen. Das
Noviziat dauert zwei Jahre; die Novizen machen drei Wochen die «geistlichen
Übungen» nach der Anleitung Loyolas (in abgekürzter
Form, acht
Tage lang, werden sie von allen J. alljährlich gemacht) und werden dann in besondern Noviziathäusern in die Ordenszucht
eingeführt. Sie können jederzeit austreten oder entlassen werden. Nach zwei Jahren legen sie die Gelübde
der
Armut, der Keuschheit und des Gehorsams als «einfache» Gelübde ab
und können von nun ab nicht mehr ohne Erlaubnis der Obern austreten.
Sie heißen nun Scholastiker, studieren in einem Kollegium des
Ordens fünf Jahre die
Humaniora und
Philosophie, werden dann
fünf Jahre als
Lehrer in diesen Fächern beschäftigt, studieren dann fünf Jahre
Theologie und werden
nach vollendetem 30. Lebensjahre zu Priestern geweiht. (Für solche, die nach anderwärts vollendeten
Studien oder als Priester
eintreten, wird das Scholastikat abgekürzt.) Diese legen dann nochmals die Gelübde als «öffentliche»,
aber nichtfeierliche ab, heißen nun «geistliche Koadjut
oren» (Coadjutores
spirituales) und werden in der Seelsorge, Mission oder im Unterricht verwendet; «zeitliche
Koadjut
oren» (Coadjutores
temporales) heißen die
Laienbrüder.
Manche J. bleiben zeitlebens Koadjut
oren. Professen heißen diejenigen, die zur «feierlichen»
Ablegung der drei gewöhnlichen Gelübde und eines vierten, des besondern Gehorsams gegen den Papst zugelassen werden (daher
Professi quatuor votorum). Nur Professen können zu den höhern Ämtern des
Ordens gelangen und zu den
Generalkongregationen gewählt werden. Aus gewichtigen
Gründen können sie ebenso wie Scholastiker und Koadjutoren
von den
Ordensobern ausgestoßen werden.
Die Professen legen auch das Gelübde ab, eine kirchliche Würde nur auf Befehl des Papstes anzunehmen. Wenige J. sind Bischöfe gewesen, was sich bei der allgemeinen Tendenz des Ordens leicht erklärt; dagegen hat, seit Franz Toletus (1593) und Bellarmin (1599) Kardinäle wurden, das Kardinalskollegium bis 1740 fast immer wenigstens einen J. zum Mitgliede gehabt (Pazmany, de Lugo, Pallavicini, Nidhard, Tolomei, Salerno, Cienfuegos). Papst ist kein Jesuit geworden.
Die Häuser des
Ordens zerfallen in Profeßhäuser (nur diese dürfen keinen Grundbesitz und kein gesichertes
Einkommen haben), Kollegien, Noviziate und Residenzen (kleinere Ordenshäuser und Missionsstationen). An der
Spitze jedes
Ordenshauses steht ein Rektor, an der
Spitze einer
Provinz (s. unten) ein
Provinzial; beide werden, immer
nur für einige Jahre,
von dem zu
Rom residierenden
General ernannt. Dieser
wird von einer Generalkongregation, an der alle
Provinziale
und je ein in jeder
Provinz gewählter Deput
ierter teilnehmen, für Lebenszeit gewählt und hat eine fast unumschränkte Gewalt.
Die Generalkongregation wählt auch fünf Assistenten (je einen für eine Assistenz, d. i. Gruppe von Provinzen) und einen Admonitor (Mahner) des Generals; letzterer ist aber an ihre Ratschläge nicht gebunden. Neue allgemeine Verordnungen können nur von Generalkongregationen beschlossen werden. Ordentliche Generalkongregationen treten nur nach dem Tode des Generals zusammen, außerordentliche können von dem General oder von den Assistenten berufen oder von der alle drei Jahre zur Berichterstattung und Beratung zusammentretenden Kongregation der Prokuratoren (Abgeordneten der Provinzen) beschlossen werden. Dies ist aber nie geschehen, und darum ist auch nie ein General abgesetzt worden, was der Generalkongregation in gewissen Fällen zusteht. Innocenz X. verordnete 1646, um die Macht des Generals einzuschränken, es solle alle neun Jahre eine Generalkongregation abgehalten werden; die Verordnung wurde aber auf wiederholte Bitten des Ordens von Benedikt XIV. 1746 aufgehoben.
2) Geschichte bis zur Aufhebung 1773.
Die J. breiteten sich rasch über alle kath. Länder Europas aus. In Paris [* 5] gelang ihnen erst nach langem Widerstand seitens des Parlaments und der Universität 1562 die Gründung des Kollegs von Clermont. Nach dem Attentat Chatels auf Heinrich IV. (1594) wurden sie aus Frankreich verwiesen; sie kehrten 1603 zurück und hielten sich seitdem, obschon Parlament und Universität durch die Verdammung der Lehre [* 6] von Mariana (s. d.) über den Königsmord und der Bücher anderer J. (Bellarmin, Suarez, Vecanus u. a.) über die Gewalt des Papstes in weltlichen Dingen sie bekämpften.
Ihre Versuche, in England Fuß zu fassen, scheiterten an dem Widerstände der Regierung: mehrere englische J. wurden hingerichtet, 1605 Garnett wegen des Verdachts der Beteiligung an der Pulververschwörung. Schon bei Lebzeiten Loyolas wurde durch Franz Xavier die Missionsthätigkeit der J. in Ostindien, [* 7] China [* 8] und Japan begonnen; sie war von großen, aber freilich nicht dauernden Erfolgen begleitet. Auch in Südamerika [* 9] waren die J. als Missionare thätig und begründeten in Paraguay [* 10] (s. d.) einen großen theokratischen Staat. 1759, 14 Jahre vor der Aufhebung, zählte der Orden 22 589 Mitglieder in 41 Provinzen mit 24 Profeßhäusern, 609 Kollegien, 61 Noviziaten, 340 Residenzen, 171 Seminarien und 270 Missionsposten. Wo die J. sich festsetzten, wirkten sie mit Erfolg für die Ausbreitung und Befestigung des Katholicismus und der päpstl.
Gewalt, in Deutschland [* 11] im Interesse der Gegenreformation (s. d.), in Frankreich freilich mit Anbequemung an die Grundsätze der Gallikanischen Kirche (s. d.). Sie gewannen auch, namentlich als Beichtväter an den kath. Höfen, großen Einfluß in polit. Dingen. Auch in allen Zweigen der theol. Litteratur waren die J. sehr thätig; kein Orden hat so viele Schriftsteller und unter diesen eine so große Einmütigkeit in der Verfolgung derselben Zwecke aufzuweisen. Letzteres wurde durch eine strenge Ordenscensur erreicht: kein größeres Werk durfte gedruckt werden, ohne von den durch den General bestellten Revisoren gut-
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forlaufend
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geheißen zu sein. Die hervorragendsten Schrift- steller des Ordens sind: Bellarmin, Fr. Tolctus, A. Salmeron, Fr. Suarez, A. Possevin, Joh. Mal- donat, I. Mariana, H. Busembaum, I. Sirmond, D. Petavius, G. Daniel, P. Segneri, Sforza Palla- vicini, F. A. Iaccaria, G. Tiraboschi, die Bollan- disten (zu den letzten vgl. ^cta sgnetoruiQ). Die I. erfuhren von Anfang an auch in kath. Kreisen mancherlei Widerspruch. Schon vor 1600 begann ihr Streit mit den Dominikanern über die Gnadenlehre, bezüglich deren später auch die Augu- stiner und die Iansenisten (s. d den I. entgegen- traten. An die Kontroverse mit den Iansenisten knüpfte sich im 18. Iabrh. der Streit über die Bulle IIniF6niw8 (s. d.), deren Gegner, ein großer Teil der franz. Geistlichkeit, von den I. und ihren An- hängern bitter verfolgt wurden.
Noch mehr wurde die Sittenlehre der I. getadelt, die im Anschluß an das System des Probabilismus (s. d.) vorge- tragen wurde. Namentlich Pascal machte in seinen «I.6ttr63 pi-ovincikleg » (1656 - 57) die Iesuiten- moral in weitern Kreisen bekannt und verächtlich. Untcr den laxen Moralsätzen, die von Alexander VII. 1665, von Innocenz XI. 1679 verdammt wurden, sind die meisten aus Schriften von I. entnommen. Innocenz XI. nahm Thyrsus Gonzalez, einen der wenigen I., die Gegner des Probabilismus waren, in seinen besondern Schutz, bewirkte, daß er 1687 General wurde, und beauftragte ihn, der im Orden herrschenden Neigung zu der laxen Moral zu steuern.
Gonzalez versuchte dies, stieß aber auf entschiedenen Widerstand und hatte nur wenig Erfolg. Von 1743 an wurde die Iefuitenmoral sehr scharf von einigen ital. Dominikanern (Concma, Patuzzi) bekämpft. Die Iesuitenmissionare in China und Ostindien wurden von den Missionaren der andern Orden von 1645 an heftig angegriffen, weil sie den Neubekehr- ten die Beibehaltung gewisser Gebräuche gestatteten, die heidnisch oder abergläubisch seien. Der Streit dauerte ein Jahrhundert, da sich die I., sonst die eifrigsten Diener der Päpste, den ihnen ungünstigen päpstl.
Entscheidungen widersetzten. Auch in andern Fällen, namentlich bei dem Verbote von Büchern ihrer Ordensgenossen, trotzten die I. der Kurie. Mehrere hervorragende Kardinäle waren scharfe Gegner der I., wie Casanate, Noris, Passionei, Marefoschi. Sittliche Ärgernisse kamen bei den I. verhältnismäßig selten vor; aber das Bestreben, ihren Einfluß auch andern Orden, Weltgeistlichen und Bischöfen gegenüber zum allein geltenden zu machen, die Sache ihres Ordens mit der Sache der Kirche zu identifizieren, dazu ihre Einmischung in polit.
Angelegenheiten und ihr Streben, den Reich- tum des Ordens, auch durch Handelsgeschäfte, zu vermehren, machten sie in weiten Kreisen der Katho- liken verhaßt und bereiteten ihren Sturz vor. Die Unterdrückung der I. begann in Portugal, [* 13] wo der Minister Pombal mit eiserner Konsequenz und Strenge gegen sie vorging. Wegen ihres Wider- standes in Paraguay (s. d.) wurden sie 1750 aus allen portug. Kolonien ausgewiesen. 1758 erließ der Kardinal Saldanha, den Benedikt XIV. mit einer Visitation des Ordens beauftragt hatte, ein scharfes Dekret gegen dessen Handelsgeschäfte. 1759 wurde wegen angeblicher Mitschuld einiger I. an einem Attentat gegen den König Joseph I. der Orden in Portugal aufgehoben. (S. Aveiro, Dom Iosö.) In Frankreich wurde zuerst gegen die I. eingeschritten, als der Pater Lavalette, der zu Martinique ein großartiges Handelsgeschäft be- trieb, 1755 Bankrott machte, und der Provinzial von Frankreich sich weigerte, dessen Wechsel (im Betrage von mehr als 2 Mill. Livres) einzulösen.
Das Pariser Parlament verurteilte den General zur Zahlung und beschloß, die Statuten und die Schriften des Ordens zu untersuchen. Eine Kom- mission des Parlaments veröffentlichte 1762 die hauptsächlich von dem Mauriner Clemencet und zwei Weltgeistlichen zusammengestellten «Nxti-aitä ä68 kl836ltioU8 P6lnici6u863 et äaUF6r6N863 HU6 163 ^68Iiit63 out äHN8 toi18 168 t6NP8 80Ut6UU68». Der Antrag Ludwigs XV., der General Ricci möge durch einige Abänderungen der Verfassung den Orden retten, wurde mit den Worten «3iut, ut 8imt, ant H0Q 8iut!» («wenn der Orden nicht bleiben kann wie er ist, mag er untergehen!») abgelehnt. 1764 erwirkte dann der Minister Choiseul die Unterzeich- nung des königl. Dekrets, wodurch der Orden in Frankreich aufgehoben wurde. 1767 wurde er auf Betreiben des Ministers Aranda von Karl III. in Spanien und auf Betreiben des Ministers Tanucci in Neapel [* 14] und 1768 in Parma [* 15] aufgehoben.
Clemens Xlil. ließ sich verleiten, den vielfachen Angriffen auf die I. gegenüber durch die Bulle «^p03to1icuiu» vom den Orden noch einmal feierlich zu bestätigen. Sein Nachfolger Clemens XIV. aber (ein Franziskaner) gab dem Drängen der bourbonischen Höfe nach und hob den Orden durch das Vreve Domino 2.0 Reäemptor U08t(ir vom auf. Die drei ersten Generale der Periode des Or- dens von der Gründung bis 1773 waren Spanier: Ignatius von Loyola, Jakob Laynez (s. d.) 1558, Francesco von Borgia (Borja, Herzog von Gandia) 1565 (gest. 1572, von Urban VIII. 1624 selig, von Clemens X. 1671 heilig gesprochen).
Dann folgten ein Belgier, Eberhard Mercurian 1573, nach ihm meist Italiener: Claudio Aquaviva 1581 (s. d. und Iesuitenschulen);
Mutius Vitelleschi 1615, Viacenz Caraffa 1646;
Franz Piccolommi 1651;
Aloys Gottifredi 1652;
Goswin Nickel (aus Mich) 1652; Paul Oliva 1664;
Karl de Noyelle (Belgier) 1681; Thyrsus Gonzalez (Spanier) 1687;
Mckel Angelo Tamdurini 1706;
Franz Retz (aus Prag) 1730; Ignaz Visconti 1751;
Aloys Centurione 1755; Lorenzo Ricci 1758-73. 3) Geschichte von 1773 bis zur Gegen- wart. Da die I. behaupteten, das Breve Domino ac I^äLmpwi- no8t6i- müsse, um in Kraft [* 16] zu treten, in jedem Kollegium förmlich veröffentlicht werden, blieben einige Kollegien noch eine Zeit lang bestehen, die schlesischen unter dem Schutze Friedrichs II. bis 1776, worauf die I. ihr Ordensklerd ablegten, aber als «Priester des königl. Schulinstituts» ihre Thätig- keit fortfetzten. In Weihrußland ließ Katharina II. das Breve überhaupt nicht publizieren, weshalb die dortigen I. ihren Orden als fortbestehend anfahen und von 1782 bis 1802 drei Obere mit dem Titel «lebenslänglicher Generalvikar» oder «General für Rußland» wählten, (über die Versuche, den Orden unter einem andern Namen fortzusetzen, s. ßoeistk äu ^cle-Owui-.) Die beiden folgenden in Weißruß- land gewählten Obern, Gabriel Gruber und Thad- däus Vrzozowski, nahmen den Titel «General» an und wurden auch von den seit 1804 in Neapel und anderswo entstandenen Kollegien anerkannt. Durch die Bulle soilicitu^o onmium ecclegia- rum vom stellte Pius VII. den Orden ¶