Manuskripte. Als Biograph hat er sich durch sein »Lifeof RobertStephenson» (1864) und durch die Werke «The real LordByron»
(2 Bde., 1883),
«The real Shelley» (2 Bde.,
1885),
«Lady Hamilton and Lord Nelson» (2 Bde.,
1888) und «TheQueenof Naples and Lord Nelson» (2 Bde., 1889) bekannt
gemacht. 1890 erschien die Novelle «Cutting for partners», 1893 ein Lebensbild
der Königin «Victoria,
[* 2]
Queenand Empress» (2 Bde.).
(frz., spr. schaneh), soviel wie
Englisches Leder. ^[= nach der Art des Gewebes auch Satin und, namentlich in den bessern Sorten, nach dem Englischen ...]
d’Arc (spr. schann dark) oder D’Arc,Darc,D’Ay,Daix, die
Jungfrau von Orléans(la Pucelle), geb. als
die Tochter wohlhabender Landleute in dem Dorfe Domrémy-la-Pucelle (s. d.),
wurde, gleich ihren vier
Geschwistern, in patriarchalisch-bäuerlicher Einfachheit erzogen. Die
Annahme, daß J. d’A. von
den physischen Eigentümlichkeiten und Schwächen ihres Geschlechts nicht berührt wurde, und hierin
eine der wesentlichsten
Ursachen ihrer
Ekstasen und Visionen wie aber auch andererseits der bewundernswerten Ausdauer ihrer
Körperkräfte zu suchen sei, ist durch nichts zu beweisen. Im
Alter von 13 J. glaubte sie zum erstenmal, eine überirdische
Stimme zu hören, die sie zur Sittsamkeit und zu fleißigem Kirchenbesuche ermahnte. Indes hat derartige
Zustände visionärer Verzückung das religiöse Empfindungsleben des Mittelalters an Tausenden hervorgebracht; das
Neue war
erst die nationale
Richtung, die sie unter dem Elend der Zeit bei J. d’A. nahmen.
Durch die Eroberungen
Heinrichs V. hatten die Engländer im
Bündnis mit der Königin Isabeau und dem
Herzog
von
Burgund mehr als die Hälfte von
Frankreichan sich gerissen. Im südl.
Frankreich behauptete sich noch der schwache Dauphin,
nachmals König
Karl VII., doch war er während der
Belagerung von
Orléans
[* 3] durch die Engländer im Okt. 1428 in die bedrängteste
Lage geraten. Da erhielt J. d’A. durch ihre
Stimmen und in
Träumen den
Auftrag, jene Stadt zu entsetzen
und den Dauphin nach Reims
[* 4] zur Krönung zu führen.
Sie wandte sich Jan. 1429 heimlich an Baudricourt, den Befehlshaber von
Vaucouleurs, der sie in männliche
Tracht und Rüstung
[* 5] zum Dauphin nach
Chinon sendete, wo sie 6. März eintraf.
Karl, dem sie hier ihren überirdischen
Beruf mitteilte,
konnte sich zunächst nicht davon überzeugen. Erst nachdem zu Poitiers angesehene
Männer die Herkunft und den Wandel J.
d’A.s geprüft hatten, zweifelte man nicht länger an ihrer höhern Sendung. Nach manchen Verzögerungen zog endlich die
17jährigeJungfrau in Männertracht, mit einem Schwerte aus der
Kirche zu Fierbois und einer weißen,
mit
Lilien
[* 6] geschmückten Fahne ausgerüstet, an der
Spitze begeisterter Scharen nach
Orléans, das
Dunois verteidigte. Am warf
sie sich mit Lebensmitteln in die Stadt (die übrigens niemals vollständig eingeschlossen gewesen war) und vom 4. bis 8. Mai vertrieb
sie in verschiedenen
Ausfällen die Engländer aus ihren Schanzen und nötigte sie, die
Belagerung aufzuheben. J. d’A. wurde
nach diesem wichtigen
Siege bei den durch jahrelange
Niederlagen entmutigten
Franzosen der Gegenstand religiöser Verehrung.
Ungeachtet dieser Huldigungen blieb J. d’A. weiblich bescheiden. Nur
wenn kriegserfahrene
Männer ihren
kühnen
Anordnungen widersprachen, berief sie sich bestimmt auf ihre göttliche Sendung. Gegen
Hohe und
Niedere wußte sie ihre
weibliche Würde streng zu bewahren; in der
Schlacht und bei der Verfolgung erwies sie sich von schonungsloser Härte gegen
den Feind. Nach der
Befreiung von
Orléans verfolgte sie, unterstützt von demHerzog von
Alençon, dem Connétable
Richemont,
Dunois und Saintrailles, die Engländer, die schleunigst die Loirelinie räumten, und schlug deren Führer
Talbot18. Juni bei
Patay. Nun konnte sie es wagen, den Dauphin von Gien nach Reims zu führen. Die Festungen auf dem Wege, besonders
Auxerre,
Troyes, Châlons und Reims selbst wurden genommen. Am ging die Krönung vor sich. J. d’A.s
Vater und ältester
Bruder wurden im Dezember unter dem
Namen de
Lys in den Adelstand erhoben.
Auch jetzt aber hielt J. d’A. keineswegs ihre
Aufgabe für beendigt. Vielmehr wollte sie, und zwar unter wachsendem
Widerstände
einer höfischen, zum Frieden geneigten Partei, schließlich gegen den Willen des Königs selbst,
FrankreichsBoden von den Fremden reinigen. Während der König müßig in
Bourges weilte, eilte sie schon im Herbst wieder in den Kampf,
aber der Erfolg war nicht stets mehr aus ihrer Seite. Nach einem fruchtlosen
Angriff auf die Hauptstadt, wobei
J. d’A. am Schenkel schwer verwundet ward, zog sich das
Heer nach der Loire zurück. Im Nov. 1429 nahm sie St.
Pierre-le-Moustier,
April 1430 erlitt sie vor Pont l’Evéque eine
Niederlage.
Kurz vorher war der Zwist mit der Friedenspartei offen ausgebrochen; 28. März verließ J. d’A. den
Hof,
[* 7] eilte mit
einer kleinen Schar in die Isle-de-France, siegte bei
Lagny und warf sich dann in das belagerte Compiègne. Bei einem
Ausfall wurden die Ihrigen von der Übermacht zurückgeschlagen. J. d’A. deckte mit der letzten Schar den Rückzug,
wurde abgeschnitten, vom
Pferde
[* 8] gerissen und dem Ritter
Johann von Ligny übergeben, der sie dann im Oktober
gegen eine hohe
Summe an
Herzog Philipp von
Burgund auslieferte. Im Dezember übergab dieser sie den Engländern. Sie wurde
nach Rouen
[* 9] gebracht und dem geistlichen Gericht als Zauberin und Ketzerin überwiesen.
Ein langer Prozeß, bei dem übrigens die Formen des kirchlichen
Rechts gewahrt wurden, begann im Jan. 1431. J.
d’A. wurde der
Zauberei, Ketzerei und der gröbsten Ausschweifungen beschuldigt. Sie antwortete bei den unzähligen Vernehmungen
mit der größten Unerschrockenheit, mit einer Klugheit und Klarheit, die selbst auf manche
Richter, unter denen sich übrigens
Pierre Cauchon,
Bischof von
Beauvais, undThomas de Courcelle, derVertreter der
PariserUniversität, durch
Härte und Inquisitionseifer hervorthaten, Eindruck machte.
Doch schadete sie sich auch durch ihre Rücksichtslosigkeit, durch manche unbeweisbare Behauptungen und durch den offen gestandenen
Haß gegen die Engländer. Da sie jeden
Widerruf von sich wies, endete der Prozeß nach vier
Monaten mit ihrer
Verurteilung
zum
Feuertode. Als sie 24. Mai zum Scheiterhaufen abgeführt wurde, entschloß sie sich unter dem Drängen
der Geistlichen zu einem
Widerruf, der ihre
Strafe in ewiges Gefängnis verwandelte. Dies genügte jedoch dem
Fanatismus ihrer
Feinde nicht. Man sperrte sie mit drei rohen
Soldaten zusammen, nahm ihr die weibliche Kleidung, sodaß sie sich zum
Gebrauch von Männerkleidern entschließen mußte,
¶
mehr
und betrachtete dies wie einige in der Verzweiflung ausgesprochenen Worte als Rückfall. Schon wurde sie als rückfällige
Ketzerin wieder zum Scheiterhaufen geführt. Der Mut und die fromme Ergebung, die sie bewies, rührten selbst ihre Richter.
Nach der Volkssage stieg eine weiße Taube aus den Flammen zum Himmel
[* 11] empor. Bald nach dem Tode entstand
die Legende, daß J. d’A. noch lebe und eine Puppe statt ihrer hingerichtet sei. So traten mehrere falsche Pucelles auf,
von denen die dame des Armoises, die 1436 bei Metz
[* 12] erschien, am längsten die Rolle der J. d’A. gespielt hat.
Auf Ansuchen ihrer Familie ließ Karl VII. den Prozeß schon 1450 revidieren und die Anklage 1456 für
unbegründet, die Jungfrau für unschuldig erklären. Zu Domrémy, Paris,
[* 13] Rouen, Orléans, Chinon und an andern Orten sind ihr
Denkmäler gesetzt worden. Unter den Dichtungen, welche die romantische Gestalt J. d’A.s verherrlichen, ragt besonders die
TragödieSchillers hervor. Voltaires«la Pucelle d’Orléans» ist eine zwar witzige, aber frivole
Persiflage.
In den letzten Jahren hat sich das Interesse für die rätselhafte Erscheinung der J. d’A. in Frankreich sehr gesteigert.
Für die Geschichte der J. d’A. ist Quicherat, Procès de condamnation et de réhabilitation de J., etc.
(5 Bde., Par. 184–50)
das die gesamten Quellen umfassende Hauptwerk;
vgl. außerdem noch Wallon, J. d’A. (3. Aufl., 2 Bde.,
ebd. 1875);
Sorel, La prise de J. d’A. devant Compiègne (ebd. 1889);
Fabre,
J. d’A., libératrice de laFrance (ebd. 1892);
Rabbe, J. d’A.en Angleterre (ebd. 1892).
Gute deutsche
Arbeiten über J. d’A. haben geliefert: Sickel (in «Sybels histor. Zeitschrift», Bd. 4, 1860), Pauli,
Bilder aus Altengland (Gotha
[* 14] 1860; 2. Aufl. 1876). K. Hase
[* 15] (Lpz. 1861), Eysell
(Regensb. 1864), Semmig, Die Jungfrau von Orléans und ihre Zeitgenossen (3. Aufl., Lpz. 1887)
und zuletzt Rich.
Mahrenholtz, J. d’A. in Geschichte, Legende, Dichtung (ebd. 1890), der auch eine Übersicht über die ganze Litteratur giebt.
Das populäre Buch von Lesigne, La fin d’une légende (Par. 1889) ist mit Recht von der franz. Kritik verurteilt worden;
nicht besser ist Blaze de Bury, J. d’A. (ebd. 1889).