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die Zartheit in
Darstellung und Form. Das größte und gefeiertste Werk dieser Gattung blieb «Il
pastor fido» von
Guarini (gest. 1612). Schwache Nach
ahmungen sind
Ant. Ongaros «Alceo», «La
danza di Venere» von
Angelo Ingegneri und «Filli di Sciro» des
Grafen Guidobaldo de' Bonarelli (gest. 1608). Die
Chöre in diesen
Pastoralen wurden meist gesungen; daraus entstand der
Gedanke, ganze
Stücke mit
Musik zu begleiten. Für
einen derartigen Versuch vereinigten sich noch im 16. Jahrh. Ottavio Rinuccini (gest.
1621) und der
Musiker Jacopo Peri. Dieser setzte zu des erstern
Text «Dafne» die
Musik, sodaß
die erste
Oper (opera per musica)
entstand, der bald andere von demselben Dichter folgten. Der große Anklang, den diese Erzeugnisse fanden,
war vorbildlich für die
Thatsache, daß die
Oper das Lieblingsdrama der
Italiener ist.
Fast alle Schriftsteller des 16. Jahrh. haben, wenn auch nur einige, Rime, d. h.
lyrische Gedichte, hinterlassen.
Außer
Ariosto,
Tasso,
Guarini sind indessen vorzugsweise nur als
Lyriker
zu nennen: der Kardinal Pietro
Bembo, ein etwas pedantischer Nach
ahmer Petrarcas,
Francesco Maria
Molza,
Giovanni
Guidiccioni,
Giov. della
Casa, Annibale
Caro,
Angelo di Constanzo (gest. 1591) und der große
Michelangelo
Buonarrotti (gest. 1564). Auch einige
Frauen erlangten auf diesem Gebiete Ansehen, wie Vittoria Colonna, Veronica Gambara (gest. 1550)
und Gaspara
Stampa (gest. 1554); auch die Courtisane
Tullia d'Aragona darf hier nicht
unerwähnt bleiben.
Die breiter ausgesponnene Prosaerzählung genoß
bis in die Neuzeit nur geringe Pflege.
Boccaccios «Filocolo» und «Fiammetta»
folgten nicht
viel umfängliche
Romane nach;
Jacomo Caviceo (gest. 1511) schrieb den «Peregrino»,
Niccolò Franco einen «Filena». Dagegen zählt das 16. Jahrh.
eine große Menge Novellendichter, von denen indes keiner
Boccaccios Frische und
Anmut erreichte. Die berühmtesten Novellen
sind die des
Bandello, des Firenzuola, Grazzinis «Cene», die «Piacevoli
notti» von Straparola, Girolamo Paraboscos «Diporti» und
Giraldis «Ecatommiti».
Außer diesen Sammlungen giebt es zum
Teil vortreffliche einzelne Novellen, wie von Machiavelli, Giov.
Brevio, L.
Pulci und Luigi da Porto (die Geschichte von Romeo und Julia, 1530). Ernstere Gegenstände liebte man, nach
dem
Vorbilde der Alten, in dialogischer Form zu behandeln. Derart sind die «Asolani»
des
Bembo, viele Dialoge des T.
Tasso, die Dialoge des Sperone Speroni, die des Lodovico
Dolce, des Muzio
und vieler andern. Höchst geistreich in dieser Art schrieb Giambattista Gelli aus
Florenz,
[* 2] dessen
«Circe» und vorzüglich
dessen «Capricci del bottajo» als
Muster gelten. Künstlerisch aber am bedeutendsten, und ein ideales
Bild des Zeitgeistes
war des
Grafen
Castiglione (gest. 1529) «Cortigiano»,
der den vollkommenen Hofmann zeichnet.
Kein anderes
Volk hat im 16. Jahrh. so viele Geschichtschreiber und polit. Schriftsteller aufzuweisen
wie die
Italiener. Zu ihren eigentlich polit. Schriftstellern und Staatsmännern gehört vor allen Niccolò Machiavelli. Als
großer, tiefblickender Staatsmann zeigt er sich in den «Discorsi sopra la prima
decade di T. Livio», in den
Büchern
«Dell' arte della guerra», vorzüglich in dem «Principe».
Auch seine «Istorie fiorentine» sind ein Meisterwerk. Diesen Werken nicht
gleich, aber doch achtungswert sind die «Discorsi sopra C. Tacito» von
Scipione Ammirato sowie dessen
Geschichte von
Florenz und die «Discorsi politici» von Paolo Paruta.
Die allgemeine Geschichte ihrer Zeit haben lateinisch geschrieben Paolo Giovio (gest. 1552), Bern. [* 3] Rucellai, Galeazzo Capra und Giorgio Florio; italienisch Francesco Guicciardini, Giambattista Adriani und Patrizio de Rossi. An Specialgedichten einzelner Städte und Zeiträume ist vorzüglich Florenz sehr reich, besonders hat der Untergang der Freiheit im Anfang des 16. Jahrh. viele, zum Teil selbst dabei beteiligte Männer beschäftigt. Die vorzüglichsten sind: Jacopo Nardi (gest. 1555), Filippo Nerli, Benedetto Varchi (gest. 1565), Bernardo Segni (gest. 1558). Die Geschichte Venedigs stellte zuerst in einem größern Werke Bembo dar; er sowie Paolo Paruta arbeiteten im Auftrage der Republik.
Genua [* 4] hatte an Jacopo Bonfadio und Uberto Foglietta, Ferrara [* 5] an Giraldi und Giambattista Pigna ausgezeichnete Geschichtschreiber, Neapel [* 6] nur die wenig zuverlässige Arbeit des Angelo di Costanzo und die ungleich bessere von Gianantonio Summonte (gest. 1602). Auch die Geschichte fremder Länder wurde vielfach, meist in lat. Sprache [* 7] bearbeitet. Von italienisch geschriebenen Arbeiten dieser Art sind zu nennen: «Lo scisma d'Inghilterra» von dem als Sprachpuristen bekannten Bernardo Davanzati, und die «CommentarJ delle cose d'Europa» von Lodovico Guicciardini.
Francesco Giambullari verfaßte eine Geschichte Europas in der Zeit von 887 bis 947. Die
Arbeiten der deutschen
Reformatoren
zwangen die kath.
Kirche, an die
Darstellung der
Kirchengeschichte zu gehen
, und so entstanden im 16. Jahrh. die «Annales
ecclesiastici» des
Cäsar
Baronius (gest. 1607). Die hohe
Blüte
[* 8] der Kunst im 16. Jahrh. gab Veranlassung,
sowohl über die Geschichte als
Theorie und Praxis der Kunst zu denken und zu schreiben; so entstanden die «Vite
de' più eccellenti pittori, scultori ed architetti» von
Giorgio
Vasari (gest. 1574) und «Il riposo», ein
Gespräch über Malerei und
Skulptur, von Raffaello Borghini. Die
Architektur insbesondere fand tüchtige
Bearbeiter an Palladio und Vincenzo Scammozzi. Auch das selbstgeschriebene Leben des talentvollen, aber abenteuerlichen Goldarbeiters
Benvenuto Cellini (gest. 1571) und einige von dessen
Schriften über
Goldschmiedekunst,
[* 9]
Skulptur u. s. w. sind von Wichtigkeit.
Die Litteraturgeschichte begann erst im 16. Jahrh. mit den wenig bedeutenden
Werken von Giammaria
Barbieri und Doni. Auch die
Philosophie, zuerst noch ganz vom
Altertum abhängig, beschritt jetzt selbständig
neue
Bahnen. Doch sind die Werke von Pietro Pomponazzi,
Bernardino Telesio, Girolamo Cardano (s.
Cardanus),
Giordano Bruno und
Giulio Cesare Vanini meist lateinisch geschrieben.
IV.
Periode. Das 17. Jahrh. bezeichnet den durch die kirchliche Reaktion,
insbesondere durch den Jesuitismus herbeigeführten
Verfall der klassischen
Studien und der
Poesie. Sein verderblicher Einfluß
verbreitete sich auch über den größten
Teil des 18. Jahrh., in dessen zweiter Hälfte sich erst ein Umschwung in der
Entwicklung
der Nationallitteratur vorbereitete. Doch erwachten trotz aller Hindernisse, die kirchliche Verfolgung
in den Weg legte, die Naturwissenschaften und wiesen bereits im Anfange dieses Zeitabschnittes bedeutende
Vertreter auf. Gelehrte
Vereine entstanden, wie schon 1603 die noch jetzt bestehende
Akademie der Lincei zu
Rom und
[* 10] die Accademia de Cimento in
Rom,
welche indes nach
¶
mehr
kurzer Blüte verstummte. Unter den Männern, die sich um die Astronomie [* 12] und die Naturwissenschaften überhaupt unsterbliche Verdienste erwarben, nimmt den ersten Platz Galileo Galilei ein. Neben ihm stehen seine Schüler Vincenzo Viviani und Evangelista Torricelli, die Cassini, Vater, Sohn und Enkel; die Astronomen Giambattista Riccioli und Francesco Grimaldi; die Naturforscher Malpighi, Lorenzo Bellini und vor allen der Arzt und Dichter Francesco Redi aus Arezzo (gest. 1698), Verfasser des berühmten Dithyrambus «Baco in Toscana».
Auch die philos. Wissenschaften haben eine Zahl ausgezeichneter Männer aufzuweisen, z. B. Tommaso Campanella (gest. 1650). Der neuern Zeit näher steht Giambattista Vico (gest. 1744),
dessen «Principj di scienza nuova» Epoche machten. Die Geschichte fand zwar trotz der Ungunst der Zeiten viele Bearbeiter, aber nur wenige, die Selbsterlebtes schilderten. Zu diesen kann man noch Arrigo Caterino Davila (ermordet 1631) rechnen, der «Delle guerre civili di Francia» schrieb. Guido Bentivoglio (gest. 1644) verfaßte die «Storia delle guerre di Fiandra» mit der Treue, die sein Standpunkt erlaubte. Die übrigen Geschichtswerke dieses Zeitraums sind nur Früchte gelehrten Forschens und Sammelfleißes.
Dahin gehören die lat. Schriften des Jesuiten Famiano Strada (gest. 1649), die Geschichte Neapels von Francesco Capecelatro (gest. 1670), die Venedigs von Battista Nani (gest. 1678), die Geschichte seiner Zeit von Pietro Giov. Capriata aus Genua und die zahlreichen, aber ungründlichen Arbeiten des Gregorio Leti. Unter den spätern Geschichtschreibern verdient Erwähnung Giannone (gest. 1748). Als bedeutende Sammler treten hervor: Lodovico Ant. Muratori (gest. 1750), dessen zahlreiche Werke größtenteils lateinisch geschrieben sind, und Scipione Maffei (gest. 1755). Auf dem Gebiet der Kirchengeschichte ist ausgezeichnet die «Geschichte des Tridentinischen Konzils» von Fra Paolo Sarpi (gest. 1623). Die Kunstgeschichte wurde im Zusammenhange wie in Einzeluntersuchungen vielfach bearbeitet. So sind von ältern zu erwähnen: Filippo Baldinucci (gest. 1696), der Vasari zu vervollständigen und zu berichtigen suchte, Carlo Dati (gest. 1675) und die Lebensbeschreibungen vieler Künstler von Giovanni Baglione. Am eifrigsten war man in der Bearbeitung der eigenen Litteraturgeschichte, für die in diesem Zeitraume, außer den ältern Rossi und Cinelli (gest. 1706), Fontanini, Gimma, Crescimbeni, Quadrio, Mazucchelli (gest. 1768), Apostolo Zeno und vor allen Tiraboschi thätig waren.
Am deutlichsten zeigt sich der Verfall bei den Dichtern dieser Periode. Dem verdorbenen Geschmack hatte
bereits Guarini in seinem «Pastor fido» gehuldigt, der dem ganzen 17. Jahrh.
als eins der größten Meisterwerke der Dichtkunst galt, und jetzt gelangte er durch Marini (gest. 1625) zu völliger Entwicklung
und Herrschaft. Marini steht an der Spitze aller ital. Dichter des 17. Jahrh. und
wurde mit seiner rhetorischen und geschraubten Art (besonders im Epos «Adone»)
das Vorbild einer langen Reihe tändelnder und schwülstiger Nach
ahmer (Marinisten), unter denen Claudio Achillini und Girolamo
Preti das Äußerste von Unsinn und Geschmacklosigkeit erreichten.
Auch als Lyriker übte er einen sehr nach
teiligen Einfluß, besonders mit Gelegenheitsdichtungen, der Lob-,
Hochzeits- und Leichenpoesie. Seine Kriecherei und Frivolität wurde von seinen Schülern noch
überboten. Während die Werke
der Marinisten längst verschollen sind, haben einige andere Dichter dieser Periode, die sich ganz oder teilweise von dem
Marinismus fern hielten, ihren Ruf bis auf die Gegenwart bewahrt. Dahin gehört vor allem das komische
Heldengedicht «La secchia rapita» von Alessandro Tassoni (gest. 1635),
das bedeutendste ital. Dichtwerk des ganzen Jahrhunderts. Unter den zahlreichen komischen und parodierenden Heldengedichten jener Zeit verdienen noch «Lo scherno degli Dei» von Francesco Bracciolini (gest. 1646) und «Il Malmantile racquistato» von Lorenzo Lippi (gest. 1664) Erwähnung. Auf dem Gebiete der Satire zeichneten sich außer Trajano Boccalini (gest. 1613) nur zwei Dichter aus: der Landschaftsmaler Salvatore Rosa (gest. 1673) und Benedetto Menzini (gest. 1708), der sich auch als Lyriker und Didaktiker versuchte.
Die meisten Lyriker des 17. Jahrh. waren nur Gelegenheitsdichter; doch schlugen einzelne selbständige
Pfade ein. Dahin gehört vor allen Gabriello Chiabrera (gest. 1637), der
sich in allen Gattungen versuchte, aber in der Lyrik sich von der Nach
ahmung Petrarcas lossagte und vorzugsweise Pindar und
Anakreon zum Muster nahm. Seine Schüler, die Pindaristen, erhoben sich nicht
über die Nach
ahmung des Meisters, bildeten aber
immer ein Gegengewicht gegen den Marinismus. Neben Chiabrera schlug unter den Lyrikern von Bedeutung
noch Fulvio Testi (gest. 1646), der das Vorbild zu seinen Canzonen in Horaz fand, einen selbständigen Weg ein.
Eine lebendigere Bewegung geht in der Lyrik im letzten Viertel des Jahrhunderts, als der Marinismus hinzusterben begann, vorzugsweise von Francesco Redi (gest. 1698), dem berühmten Naturforscher und Sprachkenner Vincenzio da Filicaja (gest. 1707) und Alessandro Guidi aus; die beiden ersten wiesen wieder auf die klassische Vergangenheit der ital. Lyrik, Guidi wollte, wie Chiabrera, der Nation einen Pindar schaffen. Eine neue Geschmacksrichtung entstand ferner in Rom, das besonders durch Christine von Schweden [* 13] ein Mittelpunkt litterar.
Thätigkeit geworden war, verbreitete sich rasch über ganz Italien
[* 14] und ebenso, wie bisher der Marinismus,
auch nach
Frankreich und Deutschland.
[* 15] Getragen wurde dieselbe durch die 1690 von Crescimbeni und Gravina gestiftete Akademie
der Arcadier, die, im Gegensatze zum Marinismus und dem hohlen Pindarismus, eine größere Natürlichkeit anstrebte, aber
nur eine fade Modepoesie in idyllischem Gewande schuf, die sechs Jahrzehnte hindurch die Belletristik,
mit Ausnahme des Dramas, beherrschte. Die Arcadier stellten auch eine Theorie des Geschmacks auf, und zwar entwarf Menzini eine
Poetik, während Muratori die Grundzüge der Ästhetik entwarf. Die namhaftesten unter den Arcadiern sind Frugoni aus Genua,
Eustachio Manfredi (gest. 1738), der die Petrarkische Canzone in voller Reinheit wiederherstellte, Giambattista
Zappi (gest. 1719) und Francesco Lemene aus Lodi (gest. 1704), der besonders das Madrigal nach
Tassos Vorbilde pflegte. Ein
eigentümliches Streben als Lyriker zeigte gegen Ende des Zeitraums Paolo Rolli (gest. 1767), der die Italiener mit der engl.
Litteratur (Milton) bekannt machte, Horaz, die röm. Elegiker und Anakreon anmutig nachahmte.
Gegenüber der Lyrik traten in dieser Periode die andern Gattungen der Poesie in den Hintergrund. Am epischem Gebiet ist, außer den erwähnten ¶