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Städte lagen, herrscht Schwemmlandküste vor; auch Reggio hat nur künstliche Hafenanlagen. Bedeutend reicher gegliedert ist die Westküste. Auf der 500 km langen Strecke bis Neapel [* 2] ist die Steilküste nur an den Golfen von Gioja, Sta. Eufemia und Salerno von Flachküsten unterbrochen. Stadtanlagen auf hohen felsigen Vorgebirgen sind besonders für den südl. Teil charakteristisch, so Scilla, Palmi, Tropea u. a. Von Sta. Eufemia bis zum Golf von Salerno läuft schon in 6-8 km Entfernung parallel der Küste eine nicht unterbrochene Kette von Höhen (1200-1500 m), die den Verkehr mit dem Innern erschweren.
Geschützte Häfen fehlen. Erst am Busen von Salerno, an den sich eine breite Ebene anschließt, konnte sich eine große Ansiedelung entwickeln, im Altertum Pästum am Südende, seit dem Mittelalter Salerno im N., das die bequemste Verbindung mit der Campanischen Ebene hat. Aber auch hier mußte in der Neuzeit der Hafen künstlich geschützt werden. Die überaus steile Nordküste des Golfs von Salerno ist dicht bevölkert. Doch haben diese Orte, deren bekanntester Amalfi ist, ihre Blüte [* 3] wegen der geringen Hafentiefe in der Neuzeit verloren.
Weit günstiger liegen die Verhältnisse im Golf von Neapel. Er ist nicht nur kleiner und abgeschlossener als die übrigen, sondern auch reicher an kleinen Buchten und Landeplätzen, besonders im nordwestl. Teile, dem Golf von Pozzuoli. Dazu kommt die Aufgeschlossenheit des Hinterlandes, der reichen Ebene von Campanien. Daher lag hier schon im Altertum der maritime Mittelpunkt I.s, besonders in Puteoli. Der Golf ist dicht von Ansiedelungen umsäumt; die größten liegen in den beiden innern Winkeln, im südl. Castellamare, im nördl. Neapel, die volkreichste Stadt der Halbinsel.
Von hier bis zur Magramündung herrscht schwache Schwemmlandküste vor, nur auf kurze Strecken durch Steilküste unterbrochen. Ein großer Teil der Küste ist versumpft und wegen der Fieber unbewohnbar. Die Anschwemmungen erreichen hier fast denselben Betrag wie im nördl. Teil der adriatischen Küste; daher findet man auch hier eine große Anzahl toter, d. h. ehemaliger Seestädte, wie Ostia, Grosseto und Pisa. [* 4] Nur wo Gebirge an die Küste treten, konnten sich größere Ansiedelungen entwickeln, so Gaëta, Terracina, der einstige, und Civitavecchia, der jetzige Hafen Roms, und besonders Livorno. [* 5] Am schnellsten schreitet die Küste vor an den Flußmündungen, besonders des Tiber, Arno und Serchio.
Letzterer schob seine Mündung in den letzten zwei Jahrhunderten um 4 km vor. Charakteristisch für die toscan. Küste sind die durch Anschwemmung angegliederten ehemaligen Inseln des Monte-Argentario, des Monte dell' Ucellina und von Piombino. Die bis zur franz. Grenze 335 km lange ligurische Küste und auch deren Fortsetzung bis zur Varmündung hat ohne Unterbrechung den Charakter einer geschlossenen Steilküste. Der Ostschenkel, die Riviera di Levante, hat schwierige Verbindung mit dem Hinterlande, ist deshalb fast ganz auf das Meer angewiesen und weit dünner bevölkert als der Westschenkel, die Riviera di Ponente, die über mehrere niedere Apenninenpässe leicht von der Poebene aus zugänglich ist.
Dort ist deshalb der Hauptsitz der ital. Seebevölkerung, drei Fünftel der ital. Handelsflotte sind dort heimisch. Drei große Häfen bietet die ligurische Küste, von denen der innerste, Genua, [* 6] der Haupthandelshafen, Spezia, [* 7] der Hauptkriegshafen, und Savona. Die Länge der Küsten der ital. Halbinsel beträgt 3657, die Siciliens 1098, Sardiniens 1017, die gesamte Küstenlänge des Königreichs einschließlich der kleinern Inseln 6785 km. -
Über Sicilien, Sardinien [* 8] und Corsica [* 9] s. diese Artikel.
Bodengestaltung. I. erscheint (nach Th. Fischer) aus drei wesentlich verschiedenen Teilen gebildet: Festlanditalien, Halbinselitalien und Inselitalien. Ersteres, die große Poebene (s. unten), ist durch den Apennin und den Sumpfgürtel an der Adria vom Meere geschieden und unterhält seine, meist nach N. gerichteten Beziehungen auf Landwegen; seine großen Städte, Mailand [* 10] und Turin, [* 11] liegen im Binnenland. Halbinselitalien, durch den Apennin vom vorigen getrennt, hat mehr maritimen Charakter und unterhält seine Beziehungen zu Festlanditalien überwiegend zur See. Doch liegen im nördl. Teile die Brennpunkte, Florenz [* 12] und Rom, [* 13] noch im Innern, erst im S. treten sie, Neapel, Bari, Brindisi, ans Meer. Inselitalien ist maritimes Gebiet. Festlanditalien unterhält die festländischen, Halbinsel- und Inselitalien die mediterranen und überseeischen Beziehungen. Diese Verschiedenheit der Interessen ist auch der Grund, daß ein natürlicher Mittelpunkt fehlt; Rom ist nicht als solcher zu betrachten.
Halbinsel- und Inselitalien ist vorwiegend Gebirgs- und Hügelland, in Festlanditalien überwiegt die Tiefebene. Im Gebirgsland wechseln hochalpine Formen, scharfe Grate und steile Kämme mit sanften Bodenschwellen und welligem Hügelland; es treten neben langgestreckten parallelen Ketten flachwellige Hochländer, Tafelländer und geschlossene Massivs auf. Allerdings sind die Gebirge, Alpen [* 14] wie Apennin, Faltengebirge; doch sind die kennzeichnenden Züge des Faltenlandes durch die bis in die jüngste Zeit fortdauernde Bewegung und durch die weit fortgeschrittene Denudation und Erosion [* 15] stark verwischt.
Von den Alpen gehören nur die südl. Steilabfälle zu I., und zwar von den Westalpen in ihrer ganzen Erstreckung, von den Ostalpen nur bis zum Paß [* 16] von Pontafel. (Das Nähere s. Westalpen und Ostalpen nebst Karten.) Der höchste ganz auf ital. Gebiet liegende Alpengipfel, zugleich der Kulminationspunkt von I., ist der Grand Paradis (Gran [* 17] Paradiso 4061 m); doch zieht die Grenze über die Spitzen der höchsten Alpenberge (Montblanc, Monte-Rosa) hinüber. Der Apennin (s. d.), der mit seinen tyrrhenischen und adriatischen Vorlanden fast ganz Halbinselitalien ausfüllt und dessen Gestalt bestimmt, erreicht im Gran Sasso 2921 m. Auch die Vulkane [* 18] (s. S. 740) haben geringe Höhe, mit Ausnahme des Ätna, [* 19] der mit 3313 m der höchste Gipfel des außeralpinen Gebietes ist. Eine Sonderstellung hat das Calabrische Gebirge (s. d.).
Die Ebenen (38 Proz. der Fläche) sind erst in quartärer Zeit durch negative Niveauverschiebung und Anschwemmung entstanden und gegenwärtig noch im Wachstum meerwärts begriffen; sie greifen meerbusenartig ins Berg- und Hügelland ein. Die größte Tiefebene besitzt Festlanditalien in der lombardischen oder Poebene. Sie erstreckt sich in einer Länge von 500 km in doppeltem Bogen, [* 20] in fast gleicher Breite [* 21] von 120 km (die Emilia als seitlichen Ansatz betrachtet) westöstlich von den Westalpen bis zur Adria, sich von W. nach O., sowie von N. nach S. senkend. Den Nordrand markieren die Orte: Biella (410 m), Como (215 m), Brescia (151 m), Bassano (120 m), Cividale (139 m);
den Südrand: Alessandria (95 m), Parma [* 22] (58 m), Modena (35 m), Bologna (50 m), Forli (31 m).
Der Thalweg des Po bezeichnet ¶
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im allgemeinen die Längsachse der großen Mulde, die außer von diesem und seinen den Verkehr mehr hindernden als fördernden Nebenflüssen auch von einem dichten Kanalnetz durchzogen ist. Die ehemals vorhandenen Seen sind mit Ausnahme der Lagunen längst verschwunden. Lange nicht an die Größe der Poebene (55000 qkm) reichen die Campagna di Roma [* 24] (s. d.), die Campagna fselice (s. Campanien), die Tavoliere di Puglia und die Mündungsebene des Arno heran.
Der Boden ist meist fruchtbar. In der trefflich angebauten lombard. Ebene ist er schwer und marschenartig, in den meist kahlen Gebirgen auf den Höhen dürr, in den Thälern fruchtbar, in den Maremmen (s. d.) und in der röm. Campagna steppenartig, in Süditalien, [* 25] wo er um Capua und Neapel nur seiner vulkanischen Beschaffenheit die Fruchtbarkeit verdankt, leicht und weniger ertragfähig.
Geologisches. Die wichtigste Charakterformation ist das Tertiär, das zwei Drittel, in Sicilien sogar vier Fünftel des Gesteins umfaßt. In weitem Abstand kommt dann erst das Quartär. Von den mesozoischen Formationsgruppen tritt nur die jüngste, die Kreide, [* 26] in größerm Umfange auf. Archäische und paläozoische Gesteine [* 27] haben geringen Anteil an dem Aufbau der Halbinsel und Siciliens. Sie finden sich nur inselförmig an der Westseite der Halbinsel. Der größte Teil ist unter dem Tyrrhenischen Meer begraben; die toscan.
Inseln, Corsica und Sardinien, deren Grundgebirge aus Granit besteht, sind über das Meer hervorragende Spitzen jener versenkten Urgesteinsscholle. Damit in Verbindung steht der aus Gneis bestehende nordöstl. Teil von Sicilien, der sich im ähnlich gebauten Aspromonte und in der Sila fortsetzt. Paläozoisch ist die landfest gewordene Insel des Monte-Argentario. Auch die toscan. Catena metallifera ist weit älter als der Apennin und mit diesem erst in jüngerer Zeit verwachsen.
Alle erwähnten Inseln und Festlandgebiete sind Trümmer einer ältern Scholle, die, westlich vom heutigen Apennin gelegen, sich parallel zu diesem erstreckte. Gegen Ende der Sekundärzeit begann die Zertrümmerung und das Absinken, das bis in die Quartärzeit dauerte und die heutigen Verhältnisse schuf. Dies ist auch die Ursache der reichern Gliederung der ital. Westküste. Die Halbinseln Gargano und Apulien, Sporn und Absatz am Stiefel I.s, wurden erst am Ende der Pliocänzeit, also sehr spät, mit dem Apenninenlande verbunden.
Auch in der Quartärzeit setzte sich die Weiterentwicklung der Oberflächengestalt fort. Während der Eiszeit [* 28] haben die Gletscher der Alpen und die Flüsse [* 29] ungeheure Mengen von Schwemmstoffen aus dem Gebirge bis weit in die Poebene geschafft; auch der Apennin war bis zum Gran Sasso stark vergletschert. In der Gegenwart ist die rasche Abtragung und Einebnung der Gebirge, die sich in zahlreichen Bergschlipfen und Gleiterscheinungen zeigt, für I. charakteristisch. Sie wurde durch die Waldverwüstung noch beschleunigt. Der Abtragung entspricht überall das Vorrücken der Schwemmlandbildungen durch die Flüsse, die fast alle ihre Delta [* 30] rasch vergrößern.
Der Beginn der wohl zuerst unterseeischen vulkanischen Thätigkeit reicht weit in die Tertiärzeit zurück, und sie dauert in der Gegenwart fort. Sie war und ist am verbreitetsten längs der tyrrhenischen Abbruchsküste, nächstdem an der Abbruchsseite der Alpen. Hier, mitten in der Poebene, liegen die Bericischen Hügel (s. d.) und die Euganeen (s. d.). Von den vulkanischen Gebieten an der Innenseite der Apenninen sind die ausgedehntesten die mittelitalische und campanische Gruppe.
Die erstere, etwa 6000 qkm umfassend, endigt mit dem Albanergebirge. Man unterscheidet eine vulsinische Untergruppe um den See von Bolsena, eine ciminische um Viterbo und den See von Vico und eine sabatinische um den See von Bracciano und um Tolfa; südlich des Tiber liegt das latinische Vulkangebiet, das Albanergebirge umfassend, wo noch in histor. Zeit Ausbrüche erfolgten. Durch die kleine hernikische Gruppe zwischen Ferentino und Frosinone und durch die Rocca Monfina (1005 m) wird die mittelitalische Gruppe mit der campanischen verbunden.
Diese enthält den einzigen noch thätigen Vulkan des ital. Festlandes, den Vesuv [* 31] (s. d.), dessen Thätigkeit wohl erst in quartärer Zeit und zwar unterseeisch begann. Die benachbarten Phlegräischen Felder (s. d.) kennzeichnet die häufige wenn auch geringe Verlegung der Ausbruchsstellen. Durch die vulkanischen Inseln Procida und Ischia [* 32] (Epomeo 792 m) sowie durch die Ponza-Inseln wird dies Vulkangebiet ins Meer fortgesetzt, und zahlreiche Untiefen und flache Felsklippen im Golf von Neapel sind wahrscheinlich Reste unterseeischer oder abgetragener Vulkane. Die Liparischen Inseln (s. d.) müssen wohl als Trümmer eines gewaltigen Kraters betrachtet werden. Ein drittes großes Vulkangebiet, das hybläische, ist neben dem Vulture bei Melfi das einzige vulkanische Vorkommen an der Außenseite des Apennin. Es zerfällt in die Gruppen des thätigen Vulkans Ätna (s. d.) und des längst erloschenen Monte-Lauro.
I. ist auch das klassische Land der Schlammvulkane (ital. Salsen; sicil. Maccaluben); besonders groß ist das Gebiet von Maccaluba bei Girgenti, die Terra pilata bei Caltanissetta und die drei Schlammvulkane bei Cianciana, alle in Sicilien; auf dem Festlande sind die bedeutendsten im Nordapennin zwischen Panaro und Enza.
Während die durch die vulkanische Thätigkeit veranlaßte Gefahr gegenwärtig auf Vesuv und Ätna sich beschränkt, ist d!e Erdbebengefahr viel weiter verbreitet. Ganz I. unterliegt mehr oder minder fast ununterbrochen Erderschütterungen; und zwar sind es meist tektonische Erdbeben, seltener rein vulkanische. Am meisten heimgesucht werden Calabrien und das nordöstl. Sicilien, wo seit 1500 durchschnittlich bis zu zehn zerstörende Erdbeben [* 33] im Jahrhundert erfolgten, die Basilicata, Campanien, das Becken des Fucinersees, die Umgebung der Monte Sibillini und der südöstlichste Zipfel der Poebene um Rimini. Selbst in der verhältnismäßig erdbebenärmsten Gegend, der Poebene um Turin, zählt man noch ein stärkeres Erdbeben im Jahrhundert. (S. Erdbeben, Bd. 6, S. 248 a.)
Gewässer. Auch in hydrogr. Beziehung unterscheidet sich Festlanditalien von Halbinsel- und Inselitalien. Dort nur entwickelte sich ein großes, das ganze Jahr hindurch wasserreiches Stromsystem, das des Po (s. d.), der mit seinen Nebenflüssen ein Gebiet von 70000 qkm entwässert. Seine Alpenzuflüsse haben gegenüber den von den Apenninen kommenden das ganze Jahr hindurch eine fast gleichgroße Wassermenge, während jene im Sommer trocken liegen. Daher sind nur die linken und zwar die größern Zuflüsse schiffbar, so Tessin, Adda, Oglio und Mincio, ebenso auch der Unterlauf der Etsch (s. d.), die erst in jüngerer Zeit durch die ¶