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form erschien, und ging von der Voraussetzung aus, daß Jahwe im besten Einvernehmen mit I. sein Volk schütze. Es war aber vorauszusehen, daß sich die Assyrer auf I. stürzen würden, nachdem sie mit den syr. Staaten fertig geworden.
Wäre I. damals dem Angriffe des Assyrischen Reichs erlegen, so würde I.s Religion mit vernichtet worden sein, denn ihre Grundvoraussetzung, das Vertrauen auf Jahwe, den Herrn des Landes Kanaan, wäre zerstört worden. Es ist daher eine der merkwürdigsten Erscheinungen der Weltgeschichte, daß sich in I. zu eben der Zeit die Predigt der schriftstellernden Prophetie erhebt, wo die assyr. Heere sich den Grenzen [* 2] Palästinas nähern.
Diese Prophetie verkündigt Jahwe als den gerechten Gott, der an I. sittliche Forderungen gestellt hat und sein Volk züchtigen wird, wenn es diesen nicht genügt.
In den vorwärts drängenden Assyrern erkennt sie die Werkzeuge [* 3] der göttlichen Gerechtigkeit. So lehrt sie I. seinen drohenden Untergang verstehen, ohne daß dieses an seinem Gotte irre wird, ja sie bahnt eben dadurch eine Vertiefung des Gottesglaubens an.
Die sittlichen Forderungen, die Jahwe an I. stellt, haben sich später im Gesetze niedergeschlagen.
Indem die Prophetie für den Fall der Bekehrung die Wiederherstellung des Staates in altem Glänze (Messianische Hoffnung) weissagt, schafft sie das Ideal, das I. im Exil tröstet und das es durch das Gesetz zu verwirklichen sucht. 735 erklärte sich Ahas von Juda, von den damals verbündeten Syrern und Israeliten hart bedrängt, in seiner Not als Vasallen Teglattphalasars III. von Assyrien.
Dieser unterwarf hierauf 734 I. und zerstörte 732 Damaskus.
Doch ließ sich I. nicht warnen und knüpfte mit Ägypten [* 4] an.
Das zog den Untergang des nördl. Reichs herbei.
Samaria wurde 722 durch Sargon von Assyrien zerstört, seine Bewohner und das kriegsgefangene Heer (27280 Menschen) deportiert, das Land zum Assyrischen Reiche geschlagen;
fremde Kolonisten kamen ins Land. Man hat sich das nicht so zu denken, als seien zehn Stämme deportiert worden, weshalb man auch nicht nach deren Verbleib zu suchen hat.
Die Hauptmasse der israel.
Bevölkerung [* 5] ist im Lande geblieben und hat sich mit den fremden Kolonisten vermischt, wie andererseits die Deportierten in die assyr.-babylon. Bevölkerung aufgegangen sind. Das Reich Juda hatte bis 705 Ruhe.
Da aber ließ der König Hiskias sich verleiten, an der Spitze eines Bundes syr. Staaten sich gegen Sanherib zu empören. 701 erfolgte das Strafgericht: Palästina [* 6] wurde wieder unterworfen, Judäa greulich verwüstet, Hiskias mußte sich unterwerfen.
Doch sah sich Sanherib genötigt, von der Forderung der Übergabe Jerusalems abzustehen, weil eine im Heere ausgebrochene Pest ihn zum Abzüge zwang.
Dieser Abmarsch der Assyrer ist von der größten Bedeutung für die Entwicklung der Religion I.s geworden.
In der Pest erkannte man den Würgengel Jahwes, den er in dem Augenblicke gegen den Feind gesandt hatte, wo dieser seine Stadt und seinen Wohnsitz, den Tempel, [* 7] anzutasten wagte.
Der Prophet Jesaias hatte im Namen Jahwes geweissagt, daß Jerusalem [* 8] unerobert bleiben werde, da Jahwe dort sein Altarfeuer habe und seiner Stadt zur Rettung erscheinen werde.
Unter dem Schutze Jahwes werde der Staat zu neuer Blüte [* 9] gelangen, das Volk die Güter des Landes in reichster Fülle genießen (Messianische Hoffnung).
Damit war Jesaias als Bote Gottes beglaubigt und erwiesen, daß Jahwe wirklich im Tempel zu Jerusalem wohne.
Dieser erhob sich damit über alle andern Heiligtümer des Landes.
Von hier datiert das Streben, Jerusalem zum alleinigen Heiligtum Jahwes zu erklären, und der Glaube, daß Jerusalem nicht erobert werden könne, der ein Jahrhundert später so verderblich wurde.
Hiskias aber reformierte den Kult im Sinne des Jesaias, indem er die Gottesbilder beseitigte.
Jedoch ging das Gewonnene unter Hiskias’ Sohne Manasse (s. d.) im Zusammenhange mit der allgemeinen polit.
Lage wieder verloren. 701 hatte sich allerdings Jahwe in Jerusalem behauptet, aber das Messianische Reich, von dem Jesaias geweissagt, war nicht angebrochen. I. war nach wie vor Vasall Assyriens, dieses aber auf dem Gipfel seiner Macht. Es ist daher vom Standpunkte des damaligen Gottesglaubens sehr verständlich, daß Manasse den assyr. Göttern, die schon sein Großvater Ahas verehrt hatte, im Tempel Salomos einen offiziellen Kult errichtete.
Vor allem aber hatte der Kult des Moloch (s. d.) im Thale Hinnom (s. Gehenna) große Anziehungskraft und beeinflußte auch den Kult des Nationalgottes.
Die von Hiskias beseitigten Formen altisrael.
Kultes gewannen neues Leben.
Die Prophetie wurde zurückgedrängt.
Mit den assyr. Kulten wanderten auch die assyr.-babylon. Sagen und Mythen ein und verschmolzen mit den palästin.
Vorstellungen. Die Mythen der ersten elf Kapitel des 1. Buches Mose geben den Niederschlag dieses Prozesses.
Für den prophetischen Standpunkt galt diese Periode des religiösen Synkretismus als eine Zeit völligen Heidentums.
Jeremias (s. d.) hat mit dieser Versündigung Manasses den später erfolgten Untergang Judas erklärt, die Männer des Exils haben sogar I.s ganze Vergangenheit um dieser Zeit willen als heidnisch verworfen, so Ezechiel. Es scheint, daß, wie in andern asiat. Staaten und in Ägypten, so auch in I. eine nationale Reaktion gegen das Fremde aufkam.
Damals scheint man zuerst das alte Herkommen in Kultus und Recht niedergeschrieben zu haben, um es vor dem Untergang zu sichern.
Die Führung gewannen die Propheten.
Ihr Eintreten für Jahwe war Eintreten für die nationale Sache.
Der Kontrast, in dem sie durch ihre Predigt vom Untergange des Staates zum nationalen Empfinden standen, schwand, ihre Forderungen leuchteten ein. Aber erst im 18. Jahre Josias (621) erfolgte der Umschlag.
Damals wurde im Tempel ein «Buch der Lehre» [* 10] (Thora) aufgefunden und dem König Josia übergeben.
Aus Schreck, daß se'm Volk die Vorschriften dieses von ihm für alt gehaltenen Buches nicht befolgt hatte, veranlaßte er in einer Volksversammlung die Proklamation des Inhalts zum Reichsgesetz.
Dieses Buch, das jetzt einen Bestandteil des 5. Buches Mose ausmacht und auch das «Deuteronomium Josias» genannt wird, ist eine der wichtigsten Stufen der Umbildung I.s zum Judentum. Es ist ein Versuch, den prophetischen Anforderungen an I.s Kult und Sitte dadurch Geltung zu verschaffen, daß man sie als ein von der ganzen Nation zu befolgendes Gesetz formulierte, und dadurch das Messianische Reich zu verwirklichen.
Die idealen Forderungen der Prophetie sind damit ins Praktische übersetzt.
Indem dieses Buch Reichsgesetz wurde, gewann das Volk eine heilige Schrift und die religiös-kultische Aufgabe, den schriftlich formulierten Willen Jahwes zu erfüllen. Um ¶
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die fremden Kulte und das heidn.
Treiben im Kulte Jahwes beseitigen, überhaupt den Kult besser beaufsichtigen zu können, verlangt das Buch, daß nur im Tempel zu Jerusalem geopfert werden soll, und zwar nur von levitischen Priestern.
Das Erste hat Josia eingeführt.
Das Zweite nicht, vielmehr das Opferrecht auf die Tempelpriester beschränkt und damit die Unterscheidung von Priestern und Leviten (s. Levi) angebahnt. So war seit 821 Jerusalem alleiniges Heiligtum, und hiermit befestigte sich auch der Glaube an seine Unzerstörbarkeit.
Zunächst schien die Weltlage zu der prophetischen Theologie zu stimmen.
Der Verfall des Assyrischen Reichs ermöglichte es Josia, seinen Einfluß nach Norden [* 12] zu erweitern;
er zerstörte auch die alten Heiligtümer des mittlern Landes und führte dort ebenfalls das Gesetz ein.
Als er aber im Vertrauen auf Jahwe 608 dem gegen den Euphrat vordringenden Necho bei Megiddo entgegentrat, wurde er geschlagen und fiel.
Dieser den Voraussetzungen der Reform widersprechende Ausgang bewirkte bei vielen eine Erschütterung des religiösen Glaubens;
die alten Kultformen belebten sich wieder, auch fremde Kulte erstanden aufs neue.
Andere aber blieben fanatisch in ihrer Zuversicht auf Jahwe und betrachteten dies Unglück nur als Durchgangspunkt zur Verherrlichung Jahwes und Niederwerfung seiner Feinde.
Dieser Ansicht fiel die Masse der Propheten zu;
nur Jeremias vertrat mit wenigen Gesinnungsgenossen die alten Forderungen der Prophetie.
Josias Sohn Joahas wurde von Ägypten beseitigt, dessen Bruder Jojakim, Vasall Nebukadnezars, brach diesem aber, von den mit der ägypt. Partei Hand [* 13] in Hand gehenden Propheten angestachelt, die Treue, starb jedoch ehe das Unheil hereinbrach. Es traf seinen Sohn Jojachin (Chonja), der sich 597 Nebukadnezar ergeben muhte, der hierauf den Tempel plünderte. Um den Trotz des kleinen Staates zu brechen, wurde Jojachin mit dem Hofe, den Beamten, Handwerkern und Priestern, etwa 8000 Männern mit ihren Familien, nach Babylonien TTTTT.
Diese Deportation bildete den Grundstock der Judenschaft des Exils, und es ist wichtig geworden, daß sie sich dort einrichten konnte, ehe der Staat völlig zusammenbrach.
Denn die Katastrophe von 597 wirkte geradezu erschütternd.
Vielen kam damals schon die Nation als erstorben, der Staat als vernichtet vor.
Jahwe, meinte man, sei aus seinem Lande weggegangen.
Andere waren dagegen der Überzeugung, das sei die letzte Demütigung;
nun werde Jahwe zum Gericht erscheinen und die Plünderung seines Tempels rächen.
Nach Nebukadnezars Abzug begann in Jerusalem das alte Treiben. Er hatte als Vasallenkönig Zedekia (s. d.), einen Onkel des Jojachin, eingesetzt.
Dieser war der Lage nicht gewachsen.
Das Nationalgefühl war durch die Deportation von 597 krankhaft gereizt, die Ämter waren in neue Hände gekommen.
Diese Beamten liehen sich dafür gewinnen, nochmals mit ägypt. Hilfe aufzustehen.
Die Stimme der Prophetie spaltete sich.
Während Jeremias diesen Treubruch aufs schärfste verurteilte und den Untergang von Staat, Stadt und Tempel als Strafe dafür verkündete, weissagten seine Gegner den baldigen Sieg über Nebukadnezar, die Rückkehr der Deportierten und Zurückgewinnung der aus dem Tempel geraubten heiligen Geräte.
Zedekia ward nach langem Schwanken das Werkzeug seiner Beamten.
Auf die Kunde von der Empörung zog ein chaldäisches Heer heran, erschien im Jan. 587 vor Jerusalem und eroberte es im Juli 586. Im August wurde die Stadt zerstört;
neue Deportationen erfolgten. III. Das Exil. Mit der Zerstörung des Staates waren die größten Hindernisse beseitigt, die der prophetischen Auffassung der Religion I.s im Wege standen, ja das Exil zwang dazu, die Predigt der Prophetie vom gerechten Jahwe anzuerkennen.
Von ihr aus ließ sich die Zerstörung des Staates begreifen;
vom Standpunkte der alten Anschauungen aus hätte man an Jahwe verzweifeln müssen.
Hat Jahwe als gerechter Gott seinen Staat zerstört und hierzu fremde Völker benutzt, hat er seinen Willen vorher verkündigen lassen, so hat er sich damit als ein Gott erwiesen, dem keiner der heidn.
Götter verglichen werden kann.
Von hier aus erfolgte im Exil die Umbildung der Religion zum Monotheismus (Jes. 44-66).
Die Höhenlage der damaligen Religion ließ den Gedanken an eine Verehrung Jahwes außerhalb seines Landes noch ausgeschlossen erscheinen. So blieb als zu erstrebendes Ideal nur die Hoffnung auf dereinstige Zurückgewinnung des Landes.
Die Messianische Hoffnung der Propheten stellte diese für den Fall der Besserung in Aussicht, das Deuteronomium wies auf den Weg der Gesetzeserfüllung. So wurde es das Ziel der Frommen des Exils, durch genaue Festsetzung der Ansprüche Jahwes in Kult und Sitte der Nation den demnächst wiederzugewinnenden Boden der Väter zu sichern.
Die Gedanken der Prophetie begannen sich über das gesamte Denken des Volks allmählich zu verbreiten und verschmolzen dabei mit den ältern Vorstellungen von Kult und Sitte.
Das Resultat dieser Verschmelzung war das Gesetz;
der Mann, der diese Bewegung in feste Bahnen leitete, war Ezechiel (s. d.).
Er hat zuerst die jüd. Verstellungen von der individuellen Vergeltung alles Thuns der Menschen entwickelt und damit der Frömmigkeit ein Ziel gewiesen, das durch den Zusammenbruch des Staates nicht hinfällig wurde. Er hat eine völlige Neuordnung aller Verhältnisse des Lebens entworfen, die es dem Volke ermöglichen sollte, im wiedergewonnenen Lande der Väter zu leben, ohne Jahwes Zorn zu wecken, und zuerst den Kult als ein von Gott offenbartes Sühne-Institut gezeichnet, das die kultische Rechtbeschaffenheit I.s sicherstellte, und dessen Ausführung daher I.s nationale Aufgabe war.
Schon 538 kam den deportierten Juden die Befreiung.
Cyrus Babylon und gestattete den zwangsweise dort Angesiedelten ebenso wie den Deportierten anderer Völker aus polit.
Gründen die Heimkehr. IV. Die nachexilische Zeit bis zum Abschluß des Gesetzes. 537 machten sich 42000 aus allen Geschlechtern der Deportierten unter Führung von zwölf Häuptlingen auf, um sich in Judäa niederzulassen.
Ein pers. Beamter, Scheschbasjar, beaufsichtigte die Kolonisation, die man sich als ein von der Genossenschaft der Deportierten beschlossenes nationales Unternehmen vorzustellen hat.
Das Stammgebiet Benjamin, Teile des südwestl.
Ephraim, so ziemlich das ganze Stammgebiet Juda wurde den Kolonisten überwiesen.
Der Kult wurde nach Errichtung eines Brandopferaltars wieder eröffnet, und es erfolgte eine Neuordnung des Priestertums und die Stiftung des Hohenpriestertums (s. Levi).
Erst 520 wurde der Tempelbau begonnen und 516 vollendet.
Das Gesetzbuch der Gemeinde war das deuteronomische, d. h. das erweiterte von 621. Die Gemeinde vermochte aber ¶