wegen
Bigamie bestraft werden.
Der an sich einfache und unzweifelhaft richtige
Satz führt in der Praxis oft zu erheblichen
Zweifeln. Die leitenden Grundsätze bei
Entscheidung der Frage nach der Bedeutung des I. im
Strafrecht sind nach der zur Zeit
herrschenden Meinung, insbesondere auch nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts, diese:
1) Der I. über das
Dasein des
Strafgesetzes (Rechtsirrtum) ist absolut schädlich,
(Error juris nocet.)
Niemand kann sich darauf berufen, daß er das
Strafgesetz nicht gekannt habe. Das gilt auch von Polizeigesetzen, auch von
Lokalpolizeiverordnungen.
3) Der I. über das Vorhandensein von
Thatsachen, welche zum gesetzlichen
Thatbestande gehören (daß z. B.
die weggenommene Sache keine fremde sei), hat Straflosigkeit zur Folge.
4) DiesemI. steht derjenige gleich, welcher zwar auch ein Rechtsirrtum ist, sich aber nicht bezieht auf ein dem
Strafrecht
angehöriges Rechtsgebiet, sondern auf ein anderes Rechtsgebiet, z. B. das bürgerliche,
das öffentliche
Recht (z. B. Jagdbarkeit eines
Tieres, Zulassung einer auswärtigen
Lotterie). Dieser Fall
ist der meist bestrittene. Angesehene Rechtslehrer wollen ihn nicht gelten lassen und verwerfen überhaupt den Unterschied
zwischen
Rechts- und Thatirrtum, indem sie überall das
Bewußtsein der Widerrechtlichkeit zur
Voraussetzung der Strafbarkeit
erfordern.
Von diesem Standpunkte aus würde eine reichsgerichtliche
Entscheidung nicht gebilligt werden, in welcher
ein bankrotter
Kaufmann wegen unordentlicher
Buchführung (s.
Bankrott) verurteilt wurde, obwohl er glaubhaft angab, er sei
der Meinung gewesen, daß er nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches zur
Buchführung nicht verpflichtet sei. Das Reichsgericht
hat aber mit
Recht darauf hingewiesen, es gehöre zu den Pflichten eines ordentlichen
Kaufmanns, sich eine
zuverlässige Kenntnis von den bestehenden gesetzlichen Ordnungsvorschriften und seinen hiernach zu beobachtenden Obliegenheiten
zu verschaffen.
Neben dem I. bei Anwendung des
Strafgesetzes kommt für das
Strafrecht noch in Betracht der I. in dem Objekte oder der
Person.
Diese Art des I. ist völlig unerheblich. Wenn
A den B erschießen will, den C aber erschießt,
weil er
ihn irrtümlich für den B hält, so wird er wegen
Mordes bestraft.
Anders, wenn
A den B erschießen will, er erkennt auch den
B, zielt auf den B, trifft aber von ungefähr den danebenstehenden C, dann liegt Versuch des
Mordes des
B vor, neben welchem eine fahrlässige
Tötung des C konkurrieren kann. Diesen Fall hat man aberratio ictus genannt. –
Magda, Schauspielerin, geb. zu
Wien
[* 3] als Tochter eines Kunsttischlers, wurde Mitglied des
Hamburger
Thaliatheaters und ging später mit
Dawison nach
Amerika,
[* 4] wo sie bis 1869 blieb. Sie spielte hierauf in Köln
[* 5] und wurde 1875 nach
München
[* 6] an
Stelle von
Klara Ziegler berufen. Es war dies die Glanzepoche ihrer künstlerischen Laufbahn.
Hier bildete sie sich zur Tragödin aus. 1877 vermählte sie sich mit dem Neffen des Intendanten, dem
BaronAnton
von
Perfall,
und mußte infolge dessen den Kontrakt lösen.
Darauf begann sie eine Gastreise, die sie zunächst nach allen größern
StädtenDeutschlands,
[* 7] 1879 nachAmerika
führte. 1882 war sie am Stadttheater zu
Leipzig
[* 8] engagiert und unternahm dann eine neue Kunstreise nach
Amerika mit einer von
ihr selbst engagierten Gesellschaft, bei der sie mit Schwierigkeiten aller Art zu kämpfen hatte und ihr ganzes erworbenes
Vermögen wieder verlor. Seitdem lebt sie in Schliersee in Oberbayern und benutzt die Wintersaison zu
Gastspielen in
Deutschland.
[* 9]
kalmük. Erzis oder Irzys, linker Nebenfluß des Ob in Westsibirien, bildet sich aus
Quellen verschiedenen
Namens in den
Ausläufern des
GroßenAltai in der chines.
Provinz Kobdo. Nach einem Lauf von 405 km betritt er russ. Gebiet,
wobei er bis zu seiner Mündung in den Saisansee den
NamenSchwarzer I. trägt. Nach
Austritt aus dem Saisansee
geht der Lauf fast durchweg durch ein
Tiefland von nicht über 100 m Höhe, und die Mündung erfolgt unterhalb Samarowsk.
Der I. ist 3712 km lang, im mittlern und untern Lauf 6‒800 m breit; seinFlußgebiet beträgt 1593164
qkm. Hauptnebenflüsse sind links: Ischim,
Tobol, Konda; rechts: Om,
Tara, Demjanka. Der I. ist bei Semipalatinsk vom 15. Nov. bis 15. April, bei
Tobolsk vom 7. Nov. bis 2. Mai mit
Eis
[* 10] bedeckt. Er ist schiffbar auf 3114 km bis zum Saisansee; Dampfschiffe gehen auf 2580 km bis
Semipalatinsk.
SibirischeTataren, die am mittlern
Irtysch,
Tobol, Ischim und an der
Tura wohnenden
Tataren, die Überreste
des von den
Russen zerstörten Tatarenreichs Sibir des Kütsüm Chan. Sie bestehen aus türk. Ureinwohnern,
den Kürdak, Turaly und Ajaly, und den im 16. Jahrh. aus Mittelasien übergesiedelten
Bucharly. Seit der UnterwerfungSibiriens
durch die
Russen hat noch ein bedeutender Zuzug von
Wolga-Tataren stattgefunden.
Alle I. sind jetzt Mohammedaner. Die
Sprache
[* 11] der I. hat zuerst Giganoff bearbeitet, später Radloff
(Proben der Volkslitteratur der türk.
Stämme, Bd. 4, Petersb.
1872).
oder
Yrún, Stadt in der bask.
ProvinzGuipuzcoa in
Spanien,
[* 12] links desBidassoa, 1 km von der
franz. Grenze, ist Endstation der
Span. Nordbahn, an die bei Hendaye die
Franz.
Südbahn anschließt, hat (1887) 9264 E., Zollbehörde;
Ziegelei und Gerberei. Die Stadt ist Sitz eines deutschen Vicekonsuls. In der Nähe Eisengruben und ein Eisenbrunnen. I.
wurde im Nov. 1874 durch die Karlisten belagert und 4. bis 6. und 9. Nov. bombardiert; doch mußte die
Belagerung11. Nov. aufgegeben
werden.
(spr. örwĭn),Hafenstadt in der schott.
GrafschaftAyr, 17 km nördlich von
Ayr, am Firth of Clyde, unweit der
Mündung des I. River, hat (1891) 9037 E.,
Schiffbau, Eisengießerei,
[* 13] Lokomotivenbau, Fabrikation von
Chemikalien,
Kohlen- und Eisenausfuhr.
(spr. örw-),Edward, Hauptbegründer der Irvingianer (s. d.),
geb. zu
Annan in
Schottland, wurde 1819
Gehilfe von Pfarrer Chalmers (s. d.) in
Glasgow,
[* 14] 1822 presbyterianischer Prediger
an der Caledonian-Kapelle in
London
[* 15] und Lieblingsprediger der vornehmen Welt. Er lebte in den
Gedanken
und Bildern der
Heiligen Schrift über die endliche Vollendung des Gottesreichs. Die Schrecken der Revolution einerseits und
¶
mehr
die religiöse Erregung gewisser Kreise
[* 17] andererseits, in denen wunderbare Gebetsheilungen, Geisterstimmen des «Zungenredens»
und Verkündigungen des Endgerichts hervortraten, bestärkten den zum Enthusiasmus geneigten I. in der Ansicht, daß der Anbruch
der letzten Zeit bevorstehe, wo der Morgenstern
[* 18] Christus über den gefallenen Erzengel Liberalismus triumphieren werde. Sein
Gebet um Erneuerung der apostolischen Geistesgaben führte in seiner Gemeinde schwärmerische Erscheinungen
herbei, die ihm, der sie als Gotteszeichen pflegte, die Ausweisung aus seiner Kapelle zuzogen. Wegen seiner Lehre
[* 19] vom sündlichen
Fleisch des sündlosen Jesus wurde er 1833 auch von der schott. Nationalkirche ausgeschlossen und sammelte nun
(1833) seine Anhänger in gesonderter Gemeinschaft. Er starb zu Glasgow. Seine sämtlichen Predigten
und Schriften sind in apokalyptischem Ton gehalten. –
Vgl. die Biographie von Hohl (St. Gallen 1839; 2. Ausg. 1851), Wilks (Lond.
1854; neue Aufl. 1860), Oliphant (3. Aufl., ebd. 1865) und Andrews (Neuyork
[* 20] 1873).
(spr. örw-), John Henry Brodribb, engl.
Schauspieler, geb. zu Keinton in Somersetshire, betrat mit 18 Jahren in Sunderland die Bühne, spielte dann bei verschiedenen
Gesellschaften und wurde 1866 für das St. James-Theater in London engagiert. 1870 spielte I. im Vaudevilletheater in London;
seit 1871 entwickelte er im dortigen Lyceumtheater auch eine hervorragende Begabung für das höhere
Drama. In die vorderste Reihe der engl. Schauspieler und Theaterdirektoren trat I. seit 1874 durch
seine Aufführungen Shakespearescher Dramen. Er gab (mit F. A. Marshall) eine Bühnenausgabe Shakespeares (mit Einleitungen
und Anmerkungen von Specialgelehrten, 11 Bde., Glasgow und Edinb. 1887 fg.) heraus. 1883/84 unternahm er mit seiner
Truppe eine Kunstreise durch die Vereinigten Staaten
[* 21] von Amerika, seitdem öfters Gastspielreisen mit der Charakter- und Heldinnendarstellerin
Ellen Terry. I.s Erlebnisse in Amerika beschrieb sein Sekretär
[* 22] Joseph Hatton in"Henry Irving’s impressions of America» (2
Bde., 1884). –
Vgl. Archer, Henry I., actor and manager (Lond. 1883).
(spr. örw-),Washington,
[* 23] amerik. Schriftsteller, geb. zu Neuyork, studierte daselbst
seit 1800 die Rechtswissenschaft im Columbia
[* 24] College und unternahm 1804 eine zweijährige Reise durch Europa.
[* 25] Er machte sich
zuerst (1802) bekannt durch die «Letters of Jonathan Oldstyle» in dem von seinem Bruder zu Neuyork herausgegebenen «Morning
Chronicle», die später gesammelt wurden (deutsch von Spiker, Berl.
1824),
und durch die Herausgabe der humoristischen Zeitschrift «Salmagundi» (1807‒8).
Hierauf schrieb er seine launige «History of New York by Diedrich Knickerbocker» (Neuyork 1809). Er gab jetzt den Gedanken
auf, Sachwalter zu werden, und trat mit seinen Brüdern in Handelsverbindung. Als diese durch den Krieg
mit England 1812 unterbrochen wurde, diente er als Adjutant des Neuyorker Gouverneurs Tompkins. Nach dem Frieden trat er in
sein kaufmännisches Geschäft zurück.
Auf einer Geschäftsreise nach England 1815 sammelte er Stoff zu Schilderungen des gesellschaftlichen Lebens der Engländer,
die er, als seine kaufmännische Laufbahn mit dem Verlust seines Vermögens geendigt hatte, in einzelnen
fein ausgeführten und von tiefen Empfindungen
sowohl als trefflichem Humor erfüllten Skizzen niederlegte, von denen der erste
Teil im Juni 1819 zu Neuyork und Philadelphia
[* 26] erschien und die gesammelt als «The sketch-book of Geoffrey Crayon,
Gent.»
[* 27] (Lond. 1820; unzählige Ausgaben; illustriert von Caldecott; mit trefflichen Erläuterungen versehen
von Pfundheller, Berl. 1880, mehrfach ins Deutsche
[* 28] übertragen) einen glänzenden Erfolg davontrugen.
Darauf veröffentlichte er: «Bracebridge-Hall, or the humorists» (2 Bde.,
Lond. 1822; deutsch von Spiker, Berl. 1826). Im Sommer 1822 besuchte I. die Rheingegenden, lebte dann einige Zeit in Paris
[* 29] und 1824 wieder in England, wo er seine «Tales of a traveller» (2 Bde., Lond.
1824; deutsch von Spiker, Berl. 1825) erscheinen ließ. Nachdem er unmittelbar darauf Südfrankreich
bereist hatte, ging er 1826 nach Spanien, wo er während eines vierjährigen Aufenthalts die auf die Geschichte der Entdeckung
Amerikas sich beziehenden Schriften und Manuskripte im Escorial durchforschte. Die ersteFrucht dieser Studien
war seine «History of the life and voyages of Christopher Columbus» (4 Bde., 1828‒30),
die er in den «Voyages and discoveries
of the companions of Columbus» (Lond. 1831) ergänzte. Span. Chroniken und die Handschriften des Antonio Agapida gaben ihm dann
den Stoff zur «Chronicle of the conquest of Granada»
[* 30] (2 Bde., Lond. 1829).
Nach seiner Rückkehr aus Spanien wurde er Sekretär bei der amerik. Gesandtschaft in London, wo er sein Buch «The Alhambra or
the new sketch-book» (2 Bde., Lond.
1832) schrieb. Im Mai 1832 kehrte er nach Amerika zurück, bereiste die westl. Staaten des Mississippi und
lebte dann in seinem Landhause Sunnyside am Hudson bei Neuyork, bis er 1841 die Gesandtenstelle am Madrider Hofe erhielt.
Inzwischen erschienen von ihm «Miscellanies» (3 Bde.,
Lond. 1835‒36),
enthaltend: «A tour on the Prairies» und «Abbotsford and Newstead-Abbey», «Astoria» (ebd. 1836) und «Adventures
of Captain Bonneville» (3 Bde., ebd. 1837).
Außerdem veröffentlichte er 1839 und 1840 im «Knickerbocker’s Magazine» eine Reihe von Artikeln in der Manier des «Sketch-book»,
die (1855) als «Wolfert’s Roost, and other papers» gesammelt wurden.
In Madrid,
[* 31] wo er von 1842 bis 1846 lebte, setzte er seine histor. Untersuchungen fort, deren Resultate er in seiner «History
of Mahomet and his successors» (2 Bde.,
Lond. 1850; deutsch, Lpz. 1850) niederlegte. Einen noch größern Leserkreis
fand «Oliver Goldsmith, a biography» (Lond. 1849;
deutsch, Berl. 1858). Den Abschluß seiner langjährigen litterar. Thätigkeit bildete «The life of
GeorgeWashington» (6 Bde., Neuyork 1855‒59; deutsch, 5 Bde.,
Lpz. 1856‒59). I. starb auf seinem Landsitze Sunnyside.
Eine Auswahl aus seinen Schriften, illustriert von H. Ritter und W. Camphausen, erschien englisch und deutsch 1856 zu Leipzig.
Die beste Gesamtausgabe seiner Werke ist die in 27 Bänden (Neuyork 1884‒86).
Vgl. Pierre Irving, Life and letters of Washington
I. (4 Bde., Lond. 1862‒63).
Derselbe veröffentlichte auch I.s «Spanish papers and other miscellanies» (3 Bde.,
Neuyork 1866). Eine treffliche Biographie ist Launs Washington I. Ein Lebens- und Charakterbild (2 Bde., Berl.
1870).
Vgl. außerdem William Cullen Bryants Discourse on the life, character and genius of W. I. (Neuyork
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