mehr
vorzugehen, und von den 800000 Morgen Landes, die auf diese Weise dem Könige im Norden [* 2] der Insel anheimfielen, wurde der beträchtlichere Teil an Schotten oder engl. Spekulanten verkauft. Zu diesen Gewaltthätigkeiten trat noch eine Verschärfung des religiösen Gegensatzes durch den Ausschluß der Katholiken, die in I. die große Mehrzahl bildeten, von allen öffentlichen Ämtern. So kam es nach Straffords energischer Verwaltung kurz vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges in England unter Karl I. zu einer von nationalem und religiösem Fanatismus geschürten Verschwörung, die in einem furchtbaren Blutbade ausbrach, dem viele Tausende von prot.
Engländern zum Opfer fielen. Mühsam suchte der königl. Statthalter Graf Ormond in den nächsten Jahren einigermaßen die Ruhe herzustellen, er selbst wie das rebellische I. erlag vor Cromwell. Dieser landete in I. mit einem zahlreichen und kriegserfahrenen Heere, nahm die Städte Drogheda und Wexford mit Sturm und ließ die ganze Bevölkerung [* 3] niederhauen. Die Iren wurden dadurch von solchem Schrecken ergriffen, daß sie meist ihre festen Plätze freiwillig aufgaben und in die Moräste entflohen.
Binnen neun Monaten hatte Cromwell fast die ganze Insel unterworfen, worauf er den Oberbefehl seinem Schwiegersohn Ireton übertrug, der sein Werk fortsetzte. Das Ziel war die Beendigung des unversöhnlichen Rassen- und Glaubenskampfes durch völlige Verdrängung der kath. Iren, die zur Auswanderung genötigt oder nach dem Westen, nach Connaught, gedrängt werden sollten, während ihr Land an engl. Kolonisten, meist Cromwellsche Soldaten, vergeben wurde. Doch konnte dieser Plan nur teilweise ausgeführt werden.
Die Restauration des Königtums änderte die unglückliche Lage der kath. Irländer wenig. Karl II. stellte zwar die Religionsverfolgung ein, aber die Protestanten behielten die den Eingeborenen entrissenen Güter. Nur einige Iren, die noch vermögend genug waren, einen weitläufigen Rechtsstreit zu beginnen, gewannen auf diesem Wege ihren Grundbesitz wieder zurück. Die kath. Reaktion, die mit der Thronbesteigung Jakobs II. begann, erregte daher unter den Iren große Freude.
Nachdem Jakob die engl. Krone verloren hatte, machte er 1689 mit franz. Hilfe den Versuch, sie von I. aus wiederzuerobern. Er fand begeisterten Zulauf; außer Londonderry und Enniskillen fielen alle Plätze in seine Hand, [* 4] bis sein Gegner König Wilhelm III., der Oranier, selbst erschien und ihn an der Boyne (s. d.) schlug. Bis zum 1. Aug. war I. völlig Wilhelm III. unterworfen. Freilich wurde den Katholiken freie Religionsübung, wie sie unter Karl II. bestanden hatte, zugesichert, doch gingen trotzdem Tausende ins Ausland, und durch einen Beschluß des engl. Parlaments wurden jetzt nochmals 1 Mill. Morgen Landes konfisziert und an Protestanten verteilt.
In den Städten bildeten die Protestanten sog. Oranische Gesellschaften (Orangelogen, s. d.), die mit fanatischem Eifer die kath. Bevölkerung verfolgten und bedrückten. Um jede Regung des kath. und nationalen Elements niederzuhalten, wurden überdies harte Strafgesetze gegen den Katholicismus, sog. Penal laws, eingeführt. Nach diesen Gesetzen mußten die höhern kirchlichen Würdenträger auswandern und niedere Priester durften ihre Grafschaften nicht verlassen; kein Katholik durfte ein öffentliches Amt bekleiden, Grundeigentum erwerben, eine Ehe mit Protestanten eingehen, frei testieren u. s. w.
Obschon diese Gesetze von den prot. Beamten nicht immer streng gehandhabt wurden, so nährten sie doch bittern Haß. Statt der gewünschten eigenen Gesetzgebung wurde 1719 die Poynings-Akte neu bestätigt und 1727 den Katholiken das Wahlrecht zum Parlament überhaupt entzogen. Diese fortlaufenden Bedrückungen trieben das bedrängte Volk zur Selbsthilfe, und es entstand eine Reihe von revolutionären Verbindungen, durch die fortan die Geschichte I.s entscheidend beeinflußt wurde. So thaten sich die sog. Defenders (s. d.) zusammen; um 1760 traten die Whiteboys (s. d.) auf, um harte Grundherren, Pfarrer, Agenten, Beamte zu strafen oder zu ermorden, neben ihnen 1763 die Hearts of oak, d. i. Eichenherzen, die sich gegen die drückenden Straßenbaufronen auflehnten. Im ganzen änderte diese rohe Selbsthilfe die Lage des Landes jedoch nicht.
Erst mit dem Freiheitskampfe der nordamerik. Kolonien nahm das Volk einen allgemeinen Aufschwung und nötigte der durch die schweren auswärtigen Kriege bedrängten Regierung einige Zugeständnisse ab. Da Frankreich mit Angriffen auf die irische Küste drohte und das Land von Truppen fast entblößt war, so stifteten die Irländer 1779, angeblich zum Schutze des Landes, ein Korps irischer Freiwilliger, das nach zwei Jahren 50000 Mann zählte. Um einen allgemeinen Aufstand zu verhindern, sah sich das engl. Parlament 1782 genötigt, die Poynings-Akte aufzuheben und den Irländern die legislative Unabhängigkeit zu gestatten.
Zugleich wurden die Strafgesetze gegen die Katholiken wenn auch nicht ganz abgeschafft, doch bedeutend gemildert. Besonders drückend blieben für die Katholiken die Zehnten, die sie allenthalben an die prot. Pfarrer entrichten mußten, während sie überdies noch für ihr eigenes Kirchenwesen zu sorgen hatten. Die Härte, mit der viele Pfarrer diese Zehnten eintrieben, brachte 1786 einen geheimen Verein zu Wege, dessen Mitglieder sich Rightboys, d. i. Rechtsburschen, nannten, dem Volke das eidliche Versprechen abnahmen, den Zehnten gar nicht oder nur zu einem bestimmten Betrage abzuführen, und die Wortbrüchigen bestraften.
Außerordentliche Wirkung that natürlich in I. die Französische Revolution, und in ihrer Nachwirkung trat im Nov. 1791 zu Dublin [* 5] der Bund der Vereinigten [* 6] Irländer (United Irishmen) zusammen, an dem auch viele Protestanten teilnahmen und der insgeheim die Einleitung einer Revolution betrieb, die I. in eine unabhängige Republik verwandeln sollte. Die Katholiken benutzten die Verlegenheit der brit. Regierung und forderten 1792 auf einer großen Versammlung zu Dublin völlige Rechtsgleichheit mit den Protestanten.
Das brit. Parlament suchte den Sturm zu beschwören, indem es die Hindernisse gegen irländ. Handel und Gewerbthätigkeit sowie die berüchtigten Penal laws bis auf wenige Reste aufhob. Die Katholiken erhielten das Recht der Sachwalterschaft vor Gericht und durften von nun an auch Ehen mit Protestanten schließen. Man schaffte 1793 die Strafen ab, in die Katholiken verfielen, wenn sie am Sonntage nicht die prot. Kirche besuchten; auch wurde ihnen das Recht der Teilnahme an den Parlamentswahlen, jedoch nicht das passive Wahlrecht und die Zulassung zu Ämtern niedern Ranges verstattet. Da weitere Forderungen unerfüllt blieben, so ließ der Bund ¶
mehr
seine revolutionären Absichten um so kühner hervortreten, und die Regierung beschloß endlich, die Bewegung mit Gewalt zu dämpfen. Die seit 1782 in I. eingeführte Habeas-Corpus-Akte wurde aufgehoben, in die Städte eine starke Besatzung gelegt, der Bund aber aufgelöst und entwaffnet. Im Vertrauen auf franz. Hilfe ließen sich jedoch die Verschworenen nicht entmutigen. Endlich im Dez. 1796 erschien an der irländ. Küste eine bedeutende franz. Flotte mit 25000 Mann Landungstruppen unter dem General Hoche, die jedoch infolge widriger Zufälle unterrichteter Sache umkehren mußte.
Die brit. Regierung schärfte nun ihr Verhalten und stellte die ganze Insel unter Kriegsrecht. Der Bund der Vereinigten Irländer trat 1797 zu neuer geheimer Thätigkeit zusammen. An der Spitze stand ein Direktorium von fünf Männern, deren Namen nur den Geschäftsführern der vier Provinzialausschüsse bekannt waren. Schon zählte der Bund über 500000 Verschworene, als im Jan. 1798 die Regierung von einem verräterischen Mitgliede vollständigen Aufschluß erhielt.
Ungeachtet dieser Entdeckung und der Verhaftung mehrerer Häupter brach der Aufstand im Mai auf mehrern Punkten des Landes los. Eine bedeutende Militärmacht verhinderte indes die völlige Entwicklung der Empörung; die Hauptmacht der Insurgenten erlitt bei Vinegar-Hill 21. Juni eine entscheidende Niederlage. Kolonnen durchzogen dann die Insel und erstickten den Aufstand. Kaum war das Blutbad vorüber, so erschien im Aug. 1798 ein franz. Geschwader mit einem Korps von 1060 Mann unter Befehl des Generals Humbert in der Killalabai an der Nordküste der Grafschaft Mayo; allein die brit. Truppenmacht hemmte den Zuzug der Iren, und nach einigen unglücklichen Gefechten mußten die Franzosen sich ergeben.
Auch mehrere spätere franz. Landungsversuche bis in den Nov. 1798 scheiterten. Die engl. Regierung unter der Leitung des jüngern Pitt sah als einzigen Ausweg aus dem geradezu unhaltbaren Verhältnis eine Verschmelzung I.s mit England in einem Parlament. Der erste Antrag indes, den man dem irländ. Parlament 1799 machte, wurde mit Unwillen verworfen. Die brit. Regierung nahm hierauf ihre Zuflucht zur Bestechung. Die verrotteten Flecken (rotten boroughs), von denen die Mehrzahl der irländ. Parlamentssitze abhing, wurden ihren Eigentümern mit Gold [* 8] aufgewogen, wozu das brit. Parlament als Entschädigung ungefähr 1600000 Pfd. St. bewilligte.
Durch diese Operation kam die legislative oder die sog. Finalunion zwischen I. und Großbritannien [* 9] mit großer Stimmenmehrheit zu stande. I. sollte fortan 32 gewählte Peers, darunter 4 Bischöfe, ins brit. Oberhaus, 100 Deputierte der Grafschaften, Städte und Flecken ins Unterhaus senden. Ferner sollten die Irländer mit den Briten gleiche Rechte und Freiheiten genießen und zwischen beiden ein völlig freier Verkehr stattfinden. I. verpflichtete sich dagegen, für die ersten 20 Jahre zwei Fünfundzwanzigteile der gesamten Staatslasten zu tragen.
Mit dem J. 1801 trat das Vereinigte Parlament ins Leben, I. war von nun an ein Teil des großbrit. Gesamtreichs, in dessen Entwicklung nun auch die seinige aufgehen sollte. Aber die tiefe Kluft, die der nationale und religiöse Gegensatz gerissen hatte, ließ I. bei weitem nicht so mit dem Einheitsreich verwachsen, wie es mit Schottland geschehen war. Die Geschichte I.s behielt auch nach der Union eine selbständige und für die Geschichte des Gesamtreichs nur zu wichtige Bedeutung.
3) I. im 19. Jahrhundert. - Um die Union zu einer vollständigen zu machen, hätte man, wie Pitt es beabsichtigte, auch die bürgerlichen Beschränkungen der Katholiken beseitigen müssen; aber dieser Plan scheiterte an dem Widerstande Georgs III. Darüber erbittert, begannen die irländ. Katholiken schon 1802 zu Vereinen zusammenzutreten und 1825 wurde die Irish Catholic Association begründet, der sich die Durchführung der Emancipation zum Zweck setzte und fortan den Mittelpunkt aller irischen Angelegenheiten bildete.
Ihnen gegenüber wieder bildeten die prot. Orangisten die Orangelogen (s. d.), welche mit gleicher energischer Agitation in den Kampf traten. Erst durch die Wirksamkeit O'Connells aber und die Mitwirkung der öffentlichen Meinung in England wurde die Regierung endlich bewogen, eine Emancipationsbill vor das Parlament zu bringen, die angenommen und von Georg IV. bestätigt wurde. Ein neuer Eid, den auch die Katholiken leisten konnten, trat an die Stelle des frühern und gab ihnen die Möglichkeit, Sitz im Parlament zu nehmen. Auch erhielten sie die Fähigkeit, alle öffentlichen Ämter, mit Ausnahme des Lord-Kanzleramtes, zu bekleiden.
Dieser Sieg ermunterte die Katholiken zu neuen Forderungen. Die Bestrebungen der Volkspartei waren nunmehr auf den Widerruf der Union mit Großbritannien gerichtet, zu welchem Zweck O'Connell 1830 die sog. Repealassociation (s. d.) stiftete, der das Ministerium Grey 1833 mit der Irischen Zwangsbill (Irish coercion bill) entgegentrat. Durch diese Bill erhielt der Lordlieutenant von I. die Macht, Volksversammlungen ohne weiteres zu verbieten und das Kriegsrecht zu proklamieren, und um ihr Nachdruck zu geben, wurden ein Heer von 36000 Mann und 6000 bewaffnete Polizeidiener nach I. entsendet.
Durch ein gleichzeitiges, die Kirchenlasten erleichterndes Gesetz suchte die Regierung den übeln Eindruck der Zwangsbill einigermaßen zu mindern, auch wurde letztere unter dem Ministerium Melbourne [* 10] wieder aufgehoben, und unter der Statthalterschaft Lord Mulgraves (s. Normanby), seit 1835, schien sich sogar eine Versöhnung zwischen Volk und Regierung anzubahnen. Auch wurde eine schon öfter vergeblich eingebrachte Zehntenbill, die den Zehnten in eine weit geringere Geldsteuer verwandelte, 1838 angenommen.
Als aber im Aug. 1841 die Tories nochmals ans Ruder kamen, begann O'Connell von neuem die Repeal-Agitation, und zwar mit so bedrohlicher Wirkung, daß die Regierung mit neuen Zwangsmaßregeln einschritt, O'Connell 1843 verhaften und zu einjähriger Gefängnisstrafe verurteilen ließ. Dieses Verfahren wurde freilich von dem Gerichtshof des Oberhauses für ungültig erklärt, hatte jedoch zur Folge, daß die Bewegung von nun an etwas gemäßigter auftrat. Bald darauf drängte die fürchterliche Hungersnot, welche die Insel im Herbst 1845 und besonders seit dem Sommer 1846 heimsuchte, alle andern Interessen in den Hintergrund. Um sie zu lindern, bewilligte das brit. Parlament beträchtliche Summen, dennoch kamen Tausende vor Hunger und Elend um, und Hunderttausende wanderten nach Amerika. [* 11]
Mitten in dieser Krise starb O'Connell, den bereits eine neue radikalere Partei, das Junge Irland, überflügelt hatte, welches seinen zuletzt ¶