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430 verbreitete unter ihnen Patrick, ein geborener Schotte, das Christentum. Die Ruhe, welche die Insel genoß, begünstigte die Entwicklung eines gelehrten Mönchtums. Schon seit dem 6. Jahrh. wurde I. der Sitz abendländ. Gelehrsamkeit; aus seinen Klosterschulen gingen die Apostel des Festlandes hervor, deren Spuren in den sog. Schottenklöstern noch vorhanden sind; das berühmte Mutterkloster lag auf der Insel Iona. Diese Mönchsbildung, die wenig auf das Volk selbst wirkte, erlosch, als mit dem 9. Jahrh. die Normänner und Dänen, von den Eingeborenen Ostmänner genannt, auf ihren Streifereien auch I. heimsuchten und nach und nach die ganze Insel eroberten. Erst zu Anfang des 12. Jahrh. schüttelten die Irländer unter Brian Boroihme das normänn. Joch wieder ab. Nachdem seit Mitte des 10. Jahrh. auch die Ostmänner das Christentum angenommen hatten, wurde 1152 auf der Kirchenversammlung zu Drogheda die irländ. Gesamtkirche dem päpstl. Stuhle unterstellt und unter den vier Erzbistümern das schon von Patrick gegründete Armagh zum Primat erhoben.
Die Insel zerfiel damals in fünf Königreiche: Leinster, Munster, Ulster, Connaught und Meath, deren jedes wieder in untergeordnete, von abhängigen Häuptlingen regierte Stammgebiete geteilt war. Ein Oberkönig übte eine beschränkte Lehnsherrlichkeit über das Ganze. Häufige Kriege hielten die Eingeborenen in großer Verwilderung und machten sie gegen ausländische Eroberer schwach. Dermod, Fürst von Leinster, hatte O'Rourke, einem untergeordneten Stammhäuptling von Meath, die Gemahlin geraubt, war deshalb mit Hilfe des Oberkönigs Roderich O'Connor von seinen Besitzungen vertrieben worden und suchte 1167 in England Hilfe.
König Heinrich II. von England, der im Einverständnisse mit Papst Hadrian IV. seit längerer Zeit die Eroberung I.s beschlossen hatte, ließ zunächst 1169 durch einige seiner Barone, unter ihnen Maurice Fitz-Gerald, den Dermod wieder einsetzen und erschien, nachdem der vorausgeschickte Graf Strongbow von Pembroke sich Waterfords und Dublins bemächtigt hatte, im Dez. 1171 selbst in I. Da er seine Eroberung auf eine päpstl. Bulle stützte, fiel ihm besonders die Geistlichkeit zu. Die Fürsten von Leinster und Munster unterwarfen sich alsbald der engl. Oberherrlichkeit, und nach hartnäckigem Widerstand mußte sich im Okt. 1175 auch Roderich zu einem Vergleiche verstehen, demzufolge Heinrich den östl., er selbst den westl. Teil der Insel behielt, aber Vasall der engl. Krone und tributpflichtig wurde.
Dieser Friede bestimmte das Schicksal der Insel auf Jahrhunderte. Zunächst setzten sich die engl. Barone mit Gewalt in den Besitz des ihnen verliehenen Landes, vertrieben die eingeborenen Häuptlinge und führten engl. Recht und Verfassung ein. Dieses eroberte Gebiet wurde die Mark (the pale) genannt und blieb in seiner Verwaltung unter einem königl. Statthalter und mit eigenem Parlament sowie in seiner Weiterentwicklung auf das schärfste geschieden von dem an Größe weit überwiegenden nicht unterworfenen sog. Wilden I., in das die Engländer beständig mit weiterer Eroberung vorzudringen strebten.
Kriege mit den Eingeborenen, Willkür, Herrschsucht, Kämpfe der Barone untereinander sowie die argwöhnischen Besorgnisse und die verkehrten Verwaltungsmaßregeln des noch schwachen Königtums machten I. seitdem zu einem Schauplatze der Zwietracht, Unordnung und Verwilderung. Als Rob. Bruce sich die schott. Krone angeeignet hatte und glücklich mit England Krieg führte, wandten sich die irischen Häuptlings an ihn um Beistand gegen den gemeinschaftlichen Feind. Sein Bruder Eduard landete 1315 mit einem Heere und wurde von den Iren zum Könige erhoben; aber nach dreijährigem Kriege, der die Insel furchtbar verwüstete, fiel er im Kampf gegen die Engländer, worauf grenzenlose Verwirrung und Gesetzlosigkeit eintraten. Während des Rosenkrieges nahm I. überwiegend für das Haus York Partei, doch ging während dieses Bürgerkrieges die engl. Herrschaft in I. ganz außerordentlich zurück.
2) Vom Regierungsantritt der Tudors bis zur Union mit England (1485-1801). - Unter dem Neugründer des Staates, Heinrich VII., dem ersten Tudor, trat auch eine Veränderung im Verhältnisse I.s zu England ein. Mit großer Vorsicht suchte Heinrich den verlorenen Einfluß wiederherzustellen; von besonderer Bedeutung war die nach seinem Bevollmächtigten genannte Poynings-Akte (1494), die für die Verfassung und Verwaltung des unterworfenen Gebietes neue Grundlagen schuf und es vor allem in engere abhängige Verbindung mit England brachte, indem sie das irische Parlament in seinen Gesetzesbeschlüssen an die Zustimmung der engl. Regierung band.
Jedoch begriff diese Bestimmung zunächst nur die immer noch kleine Mark. Heinrich VIII. schritt insofern weiter, als er den bisher voll den engl. Königen geführten Titel eines «Herrn von I.» in den eines Königs von I. umwandelte (1542); aber für die Verbesserung der socialen Zustände des Volks that er nichts, und die Reformation, die unter ihm und seinem Sohne Eduard VI. in den engl. Bezirken nur schwache Wurzel [* 2] gefaßt hatte, wurde unter der Königin Maria mit Leichtigkeit ausgerottet.
Elisabeth führte auch in I. die Reformation durch und zog das ganze kath. Kirchenvermögen zu Gunsten des neuen Klerus ein. Schon seit 1560 begannen infolge dieser Gewaltthat fortgesetzte Empörungen, deren Urheber engl. Flüchtlinge, der Papst und der span. Hof [* 3] waren. Besonders gefährlich war der 1595 von Hugh O'Neill, Grafen von Tyrone, unternommene Aufstand, der die Befreiung der Insel vom engl. Joche zum Zwecke hatte und reißende Fortschritte machte. Die Königin schickte im März 1599 ihren Günstling, den Grafen von Essex, nach I.; jedoch vermochte dieser wenig auszurichten; auch der mit Tyrone geschlossene Stillstand hatte keinen Erfolg.
Dafür vollendete sein Nachfolger Lord Mountjoy in wenigen Monaten die Unterwerfung des Landes, nötigte die 1601 bei Kinsale gelandeten Spanier zur Wiedereinschiffung und nahm Tyrone gefangen. Als Elisabeth starb, war ganz I. der engl. Krone unterworfen. Die Unterdrückung des Aufstandes aber hatte einen großen Teil der Urbewohner hingerafft oder zur Auswanderung gezwungen und zu massenhaften Konfiskationen von Grund und Boden geführt, der an engl. Kolonisten vergeben wurde.
König Jakob I. faßte nun den Plan, die Lage I.s durch polit. und sociale Reformen zu verbessern. Er wollte zuvörderst die Willkür der irischen Häuptlinge, die im Laufe der Zeit eigentlich engl. Barone geworden waren, brechen und die Iren überhaupt zu persönlich freien Männern, gleich den Engländern, machen. Zu diesem Zwecke begann jedoch auch er mit Konfiskationen gegen die mächtigen Großen ¶
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vorzugehen, und von den 800000 Morgen Landes, die auf diese Weise dem Könige im Norden [* 5] der Insel anheimfielen, wurde der beträchtlichere Teil an Schotten oder engl. Spekulanten verkauft. Zu diesen Gewaltthätigkeiten trat noch eine Verschärfung des religiösen Gegensatzes durch den Ausschluß der Katholiken, die in I. die große Mehrzahl bildeten, von allen öffentlichen Ämtern. So kam es nach Straffords energischer Verwaltung kurz vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges in England unter Karl I. zu einer von nationalem und religiösem Fanatismus geschürten Verschwörung, die in einem furchtbaren Blutbade ausbrach, dem viele Tausende von prot.
Engländern zum Opfer fielen. Mühsam suchte der königl. Statthalter Graf Ormond in den nächsten Jahren einigermaßen die Ruhe herzustellen, er selbst wie das rebellische I. erlag vor Cromwell. Dieser landete in I. mit einem zahlreichen und kriegserfahrenen Heere, nahm die Städte Drogheda und Wexford mit Sturm und ließ die ganze Bevölkerung [* 6] niederhauen. Die Iren wurden dadurch von solchem Schrecken ergriffen, daß sie meist ihre festen Plätze freiwillig aufgaben und in die Moräste entflohen.
Binnen neun Monaten hatte Cromwell fast die ganze Insel unterworfen, worauf er den Oberbefehl seinem Schwiegersohn Ireton übertrug, der sein Werk fortsetzte. Das Ziel war die Beendigung des unversöhnlichen Rassen- und Glaubenskampfes durch völlige Verdrängung der kath. Iren, die zur Auswanderung genötigt oder nach dem Westen, nach Connaught, gedrängt werden sollten, während ihr Land an engl. Kolonisten, meist Cromwellsche Soldaten, vergeben wurde. Doch konnte dieser Plan nur teilweise ausgeführt werden.
Die Restauration des Königtums änderte die unglückliche Lage der kath. Irländer wenig. Karl II. stellte zwar die Religionsverfolgung ein, aber die Protestanten behielten die den Eingeborenen entrissenen Güter. Nur einige Iren, die noch vermögend genug waren, einen weitläufigen Rechtsstreit zu beginnen, gewannen auf diesem Wege ihren Grundbesitz wieder zurück. Die kath. Reaktion, die mit der Thronbesteigung Jakobs II. begann, erregte daher unter den Iren große Freude.
Nachdem Jakob die engl. Krone verloren hatte, machte er 1689 mit franz. Hilfe den Versuch, sie von I. aus wiederzuerobern. Er fand begeisterten Zulauf; außer Londonderry und Enniskillen fielen alle Plätze in seine Hand, [* 7] bis sein Gegner König Wilhelm III., der Oranier, selbst erschien und ihn an der Boyne (s. d.) schlug. Bis zum 1. Aug. war I. völlig Wilhelm III. unterworfen. Freilich wurde den Katholiken freie Religionsübung, wie sie unter Karl II. bestanden hatte, zugesichert, doch gingen trotzdem Tausende ins Ausland, und durch einen Beschluß des engl. Parlaments wurden jetzt nochmals 1 Mill. Morgen Landes konfisziert und an Protestanten verteilt.
In den Städten bildeten die Protestanten sog. Oranische Gesellschaften (Orangelogen, s. d.), die mit fanatischem Eifer die kath. Bevölkerung verfolgten und bedrückten. Um jede Regung des kath. und nationalen Elements niederzuhalten, wurden überdies harte Strafgesetze gegen den Katholicismus, sog. Penal laws, eingeführt. Nach diesen Gesetzen mußten die höhern kirchlichen Würdenträger auswandern und niedere Priester durften ihre Grafschaften nicht verlassen; kein Katholik durfte ein öffentliches Amt bekleiden, Grundeigentum erwerben, eine Ehe mit Protestanten eingehen, frei testieren u. s. w.
Obschon diese Gesetze von den prot. Beamten nicht immer streng gehandhabt wurden, so nährten sie doch bittern Haß. Statt der gewünschten eigenen Gesetzgebung wurde 1719 die Poynings-Akte neu bestätigt und 1727 den Katholiken das Wahlrecht zum Parlament überhaupt entzogen. Diese fortlaufenden Bedrückungen trieben das bedrängte Volk zur Selbsthilfe, und es entstand eine Reihe von revolutionären Verbindungen, durch die fortan die Geschichte I.s entscheidend beeinflußt wurde. So thaten sich die sog. Defenders (s. d.) zusammen; um 1760 traten die Whiteboys (s. d.) auf, um harte Grundherren, Pfarrer, Agenten, Beamte zu strafen oder zu ermorden, neben ihnen 1763 die Hearts of oak, d. i. Eichenherzen, die sich gegen die drückenden Straßenbaufronen auflehnten. Im ganzen änderte diese rohe Selbsthilfe die Lage des Landes jedoch nicht.
Erst mit dem Freiheitskampfe der nordamerik. Kolonien nahm das Volk einen allgemeinen Aufschwung und nötigte der durch die schweren auswärtigen Kriege bedrängten Regierung einige Zugeständnisse ab. Da Frankreich mit Angriffen auf die irische Küste drohte und das Land von Truppen fast entblößt war, so stifteten die Irländer 1779, angeblich zum Schutze des Landes, ein Korps irischer Freiwilliger, das nach zwei Jahren 50000 Mann zählte. Um einen allgemeinen Aufstand zu verhindern, sah sich das engl. Parlament 1782 genötigt, die Poynings-Akte aufzuheben und den Irländern die legislative Unabhängigkeit zu gestatten.
Zugleich wurden die Strafgesetze gegen die Katholiken wenn auch nicht ganz abgeschafft, doch bedeutend gemildert. Besonders drückend blieben für die Katholiken die Zehnten, die sie allenthalben an die prot. Pfarrer entrichten mußten, während sie überdies noch für ihr eigenes Kirchenwesen zu sorgen hatten. Die Härte, mit der viele Pfarrer diese Zehnten eintrieben, brachte 1786 einen geheimen Verein zu Wege, dessen Mitglieder sich Rightboys, d. i. Rechtsburschen, nannten, dem Volke das eidliche Versprechen abnahmen, den Zehnten gar nicht oder nur zu einem bestimmten Betrage abzuführen, und die Wortbrüchigen bestraften.
Außerordentliche Wirkung that natürlich in I. die Französische Revolution, und in ihrer Nachwirkung trat im Nov. 1791 zu Dublin [* 8] der Bund der Vereinigten [* 9] Irländer (United Irishmen) zusammen, an dem auch viele Protestanten teilnahmen und der insgeheim die Einleitung einer Revolution betrieb, die I. in eine unabhängige Republik verwandeln sollte. Die Katholiken benutzten die Verlegenheit der brit. Regierung und forderten 1792 auf einer großen Versammlung zu Dublin völlige Rechtsgleichheit mit den Protestanten.
Das brit. Parlament suchte den Sturm zu beschwören, indem es die Hindernisse gegen irländ. Handel und Gewerbthätigkeit sowie die berüchtigten Penal laws bis auf wenige Reste aufhob. Die Katholiken erhielten das Recht der Sachwalterschaft vor Gericht und durften von nun an auch Ehen mit Protestanten schließen. Man schaffte 1793 die Strafen ab, in die Katholiken verfielen, wenn sie am Sonntage nicht die prot. Kirche besuchten; auch wurde ihnen das Recht der Teilnahme an den Parlamentswahlen, jedoch nicht das passive Wahlrecht und die Zulassung zu Ämtern niedern Ranges verstattet. Da weitere Forderungen unerfüllt blieben, so ließ der Bund ¶