mehr
2827 uneheliche, d. i. im Durchschnitt 2,7 Proz. (0,8 in Connaught, 4 Proz. im industriellen prot. Ulster). Todesfälle wurden 1887: 88585, 1891: 86053, Heiraten 20945 und 21421 gezählt. Der natürlichen Vermehrung um 267653 im Decennium 1881-91 steht die Auswanderungszahl von 768105 gegenüber.
Die Masse der Bevölkerung [* 2] ist kelt. Stammes und die Einwanderungen früherer Zeiten von Skandinaviern, von Spaniern, Engländern und Schotten haben den einheitlichen Charakter irischer Nationalität nicht verwischt, wenn auch die kelt. Sprache [* 3] völlig in den Hintergrund getreten ist. 1861 sprachen noch 1½ Mill., 1871 nur noch 817875 E., d. i. 15 Proz., 1881: 950000, d. i. 18,4 Proz. irisch, darunter etwa 64000 nur irisch, die übrigen auch englisch. 1891 war die Zahl der bloß irisch Sprechenden auf 38197 oder 0,81 Proz. herabgesunken. Englisch und irisch wird von 642053 Personen gesprochen = 13,6 Proz. Der allmähliche Auflösungsprozeß des kelt. Idioms erhellt aus dem Umstande, daß von allen irisch Redenden nicht ein Drittel in der Generation unter 20 Jahren zu finden ist. Am meisten herrscht es noch in den bergigen Landschaften vor, besonders im NW. der Insel. (S. auch Irische Sprache und Litteratur.) Einschneidender sind die religiösen Gegensätze.
Kirchliche Verhältnisse. Von der Gesamteinwohnerzahl sind 75,4 Proz. römisch-katholisch, 12,8 Proz. episkopalistische Protestanten, 9,5 Presbyterianer und 1,2 Proz. Methodisten. Die Katholiken (3547307) stehen unter 4 Erzbischöfen zu Armagh, Dublin, [* 4] Cashel und Tuam und 23 Bischöfen, nebst fast 1000 Kirchspielpriestern und 1750 Kuraten. An der Spitze der prot. Church of Ireland stehen die 2 Erzbischöfe von Armagh und Dublin, 11 Bischöfe und 1700 Pfarrer. Zu ihr gehören 600103 E. Sie ist durch das Gesetz von 1869 entstaatlicht und von der Anglikanischen Kirche Englands völlig getrennt.
Ihre Würdenträger hörten auf als Staatsbeamte eine bevorrechtete Stellung zu genießen, und verloren Sitz und Stimme im Hause der Lords. Das Vermögen an Ländereien, Zehnten und Geld, auf 14 Mill. Pfd. St. veranschlagt, wurde zur Unterstützung und Erweiterung von Irrenhäusern, für Blinde und Taubstumme, für Institute zur Ausbildung von Krankenwärterinnen, Besserungsanstalten für jugendliche Verbrecher und freie Apotheken verwandt. Die Zahl der Presbyterianer beträgt 444974, der Methodisten 55500, der Independenten 17017, der Israeliten 1798. Von den Protestanten leben 60 Proz. (789036) in der Provinz Ulster, und hier, wo auch die Engländer am zahlreichsten, die Industrie hochentwickelt ist, herrscht auch eine starke unionistische Gegenströmung gegen die separatistischen Wünsche der nationalistischen Parteien, die in der Home-Rule-Frage zum Ausdruck kommen.
Unterrichtswesen. Der Elementarunterricht ist seit Erlaß des Schulgesetzes von 1892 obligatorisch und unentgeltlich; er steht unter Aufsicht einer Kommission für Nationalerziehung. Seit 1886 sind die Fortschritte unverkennbar. Die Zahl der Schulen ist von 8024 auf 8346 gestiegen, der durchschnittliche Schulbesuch betrug 1886: 490484, 1891: 506336. Die staatlichen Zuschüsse betrugen (1891) 969853 Pfd. St., dazu kommen noch 128637 Pfd. St. aus Stiftungen, Schenkungen u. s. w. Der Prozentsatz der Analphabeten fiel im Jahrzehnt 1881/91 von 25,3 auf 18,4 Proz. Doch ist die Zahl der Analphabeten noch groß. 1890 konnten 20,4 Proz. Männer und 20,9 Proz. Frauen die Trauungsurkunde nicht unterzeichnen. Die höchsten Ziffern zeigt die Provinz Connaught. - Der mittlere Unterricht ist nicht staatlich organisiert, nur besteht eine Prüfungsbehörde (Intermediate Education Board), vor der 1881: 6952, 1890: 5236 Knaben und Mädchen ein Examen ablegten. Die Zahl der Schulen privaten Charakters beträgt etwa 1500 mit 200000 Schülern. - Für den akademischen Unterricht sorgt seit 1592 die mit reichen Mitteln versehene anglikan.
Universität zu Dublin (Trinity College). Daneben bestand zu Dublin seit 1850 die Queen's University, welche allen ohne Rücksicht auf religiöse Konfession geöffnet war; sie ist 1880 durch die bloß examinierende Royal-University von I. ersetzt worden. Die Lehranstalten derselben sind die Queen's Colleges in Belfast, in Cork und in Galway, welche auch weibliche Studenten zulassen. Die 1854 gegründete Roman-Catholic-University zu Dublin setzt sich zusammen aus den University College und Medical School in Dublin, St. Patrick's College in Maynooth und Carlow, University College in Blackrock und Holy Cross College in Clonliffe. In Verbindung mit den Universitäten stehen 15 Colleges mit ungefähr 3500 Studenten.
Das 1795 gegründete Maynooth College bildet Studierende der Theologie zu irischen Priestern aus und ist auf 520 Aspiranten eingerichtet. Das theol. College der General Assembly zu Belfast hat die meisten irischen Presbyter-Geistlichen ausgebildet. Im Interesse derselben Religionsgemeinschaft ist das Magee College zu Londonderry thätig. Die Katholiken haben 7 Colleges im ganzen. Das College der Wissenschaften für I. trat 1867 an die Stelle des Museums für irische Industrie; es lehrt Naturwissenschaften und Mathematik und zerfällt in die Abteilungen für Bergbau, [* 5] Ackerbau, Ingenieurwesen und Manufakturen, in dreijährigen Kursen, wovon das letzte Jahr dem Specialfach gewidmet ist. Den höhern Unterricht für das weibliche Geschlecht erteilt noch das 1866 gegründete Alexandra College zu Dublin, die Gouvernanten-Association, das Lady's Institute zu Belfast und das Queen's Institute für weiblichen Unterricht. Außerdem giebt es in I. 10 mediz. Schulen, ferner zu Dublin zahlreiche Gesellschaften zur Förderung von Kunst und Wissenschaft. - Über das Zeitungswesen s. Großbritannien [* 6] und Irland (Bd. 8, S. 423).
Verfassung und Verwaltung. An der Spitze der vollziehenden Gewalt steht der in Dublin residierende Vicekönig und Generalgouverneur (Lord Lieutenant-General), dessen erster Sekretär, [* 7] zugleich Geheim-Siegelbewahrer und Mitglied des Kabinetts, die Verwaltungsgeschäfte führt. Der Vicekönig und der Staatssekretär (Chief Secretary) sind dem brit. Ministerium untergeordnet und wechseln mit der jeweiligen Majorität des Unterhauses; ersterer bezieht ein Jahresgehalt von 20000 Pfd. St. und unterhält einen förmlichen Hofstaat, bestehend aus dem Oberhofmeister und dem Generalintendanten, dem Oberkammerherrn, dem Kanzler des Ordens des heil. Patricius, dem Ordensassistenten und dem Wappenkönig (Ulster King of Arms). Im Justizdepartement sind die obersten Staatsbeamten der Lordkanzler, der Lordrichter des Appellationsgerichtshofs (Lord Justice of the Court of Appeal), der Archivar (Master of the Rolls), der Lord-Oberbaron des Schatzkammergerichts, der Richter und der Kronbeamte des Admiralitätsobergerichts für ¶
mehr
I., der Generalanwalt (Attorney General) und der Generalfiskal (Solicitor General). Seit der Union (1800) wird I. im brit. Reichsparlament durch 28 Repräsentativ-Peers im Oberhause vertreten. Die Zahl der irischen Peers setzt sich zusammen aus 2 Herzögen (Dukes), 10 Marquis, 62 Earls, 37 Viscounts und 64 Baronen. Im Unterhause hat I. 103 Abgeordnete. Dazu wählen die 32 Grafschaften 85, die Boroughs 16 und die Universität von Dublin 2 Mitglieder. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug (1892) 744816. Über die verfassungsrechtliche Stellung I.s im Gesamtreich s. auch Großbritannien und Irland (Bd. 8, S. 417 und 456 b). Das Wappen ist eine goldene Harfe mit silbernen Saiten im blauen Felde. (S. Tafel: Wappen [* 9] der wichtigsten Kulturstaaten, [* 8] Fig. 7, wo es das dritte Feld des großbrit. Wappens bildet.) Die Nationalfarbe ist eigentlich hellblau, jetzt meist grün, während die prot.
Unionisten orange (zur Erinnerung an Wilhelm III.) oder neuerdings besonders in Ulster den Union Jack (als Symbol des Vereinigten [* 10] Königreichs) lieben. Mächtigen Einfluß haben die Orangelogen (s. d.). Neben der alten histor. Einteilung in die Provinzen Ulster, Connaught, Leinster und Munster besteht die in 32 Grafschaften, Counties. (S. oben, Bevölkerung, S. 685.) An der Spitze jeder Grafschaft steht ein Lieutenant, den der Vicekönig ernennt. Die Verwaltung der Grafschaft wird durch den vom Vicekonig ernannten Sheriff ausgeübt.
Ihm zur Seite steht die große Jury von 23 ernannten Personen. Hierzu kommen noch die «Justices of the Peace» und die angestellten Officials (Beamte). Der Unterschied der lokalen Verwaltung liegt darin, daß in England und Schottland die Repräsentation erwählt, in I. aber ernannt wird. I. hat 4 Militärdistrikte mit den Hauptquartieren zu Dublin, Cork, Curragh (permanentes Lager) [* 11] und Belfast, und 8 Subdistrikte mit Depots. Die aktive Truppenmacht zählt (1892) 26941 Mannschaften und Offiziere und besteht ans 12 Artilleriebatterien, 21 Infanterieregimentern und 14 Riflekorps. In Dublin besteht eine Militärakademie (Royal Hibernian Military School).
Gerichtswesen. Die erste Beurteilung von Strafrechtsfällen haben die Petty Sessions Courts, bestehend aus mindestens zwei Friedensrichtern; diese entscheiden geringfügige Vergehen in erster Instanz, wogegen bei Strafen von über 20 Shill. oder Gefängnis von mehr als 1 Monat dem Verurteilten das Recht zusteht, an die Quarter Sessions (in den Boroughs) oder die Recorder's Court (in den Grafschaften) zu appellieren. Diese oder die Assisengerichte sind für größere Verbrechen zuständig.
Den Vorsitz in den Quarter Sessions führt, abweichend von England, ein rechtskundiger, von der Krone ernannter Beamter, der auch in Civilprozessen thätig ist. Die Crimes Act von 1887 enthält Ausnahmebestimmungen, um den überhandnehmenden Agrarverbrechen zu steuern. 1886 wurden 1056, 1887: 883, 1888: 660, 1889: 534, 1890: 519, 1891 gegen 400 Fälle abgeurteilt. Diese Act wurde Sept. 1892 unter Gladstone widerrufen, da bei einer solchen Verringerung ein Ausnahmegesetz unnötig sei. 1892 wurden 3 Proz. Abnahme an Anklagen und Bestrafungen gegen das Vorjahr festgestellt. Höchster Gerichtshof in I. ist der High Court of Justice mit 4 Abteilungen und der Court of Appeal. 1887 wurden angeklagt insgesamt 2694 Personen, darunter 385 Frauen, 1891: 2112 (398 Frauen); verurteilt 1411 und 1255 Personen. Sehr stark ist die Polizeitruppe in I. Es giebt, außer der Schutzmannschaft (1226) in Dublin, 13840 Konstabler.
Finanzen und Armenwesen. I. ist ein armes Land, zumal im Vergleich mit England. Das steuerpflichtige Nationaleinkommen betrug (1891) 14034681 Pfd. St. und zeigt eine Vermehrung von 1,6 Proz. gegen 1881. Der Wert des Grundbesitzes wurde 1873 auf 13,41, 1888 auf 13,45, 1891 auf 13,55 Mill. Pfd. St. berechnet, davon entfallen auf Land 9,94, auf Häuser 3,61 Mill. Pfd. St. Die Bergwerke waren auf 13,19, die Eisenbahnen auf 1,45 Mill. Pfd. St. abgeschätzt. Die Hafenzölle brachten 1891: 2,04, 1892: 2,15 Mill. Pfd. St. Roheinnahme. Andere Abgaben betrugen 1892: 359260 Pfd. St., darunter 115030 Pfd. St. Licenzen für Ausschank von Bier und Spirituosen. An den Ausgaben der Civilverwaltung ist I. mit folgenden Summen beteiligt:
Gehälter | 258679 Pfd. St. |
Oberstes Gericht | 113609 |
Landkommission | 74000 |
Beamte der County Courts | 123325 |
Polizei | 1482416 |
Gefängnisse | 132018 |
Verschiedenes | 194237 |
Öffentliche Erziehung | 859801 |
Nationalgalerie | 2500 |
Queen's College u. s. w. | 6033 |
Im Vergleich zu England und Schottland und Wales ist der Beitrag I.s zur Revenue des vereinigten Königreichs sehr gering bemessen. 1892 betrug die Totalsumme nur 6543037 Pfd. St. Dazu steuerte die Taxe auf Whisky 4158 345 Pfd. St. bei.
Über das Armenwesen s. Großbritannien und Irland (Bd. 8, S. 418) und den Artikel Armengesetzgebung (Bd. 1, S. 894 a).
Litteratur. Kohl, Reisen in I. (Dresd. 1843);
Jul. Rodenberg, Die Insel der Heiligen (2 Bde., Berl. 1860);
Murphy, Ireland industrial, political and social (Lond. 1870);
Maine, Early history of institutions (ebd. 1875);
A. von Lasaulx, Aus I. (Bonn [* 12] 1878);
Murray, Handbook for travellers in Ireland (Lond. 1878);
MacGrath, Pictures from Ireland (3. Aufl., ebd. 1883);
Dennis, Industrial Ireland (ebd. 1887);
Hull, [* 13] Physical geology and geography of Ireland (2. Aufl., ebd. 1891);
The Ireland of to-day (anonym) in «Fortnightly Review», 1893. - Karten: Ordnace Map (1:63360), noch unvollendet.
Geschichte.
1) I. im Mittelalter. - Die ersten bekannten Bewohner des Landes waren Kelten, welche der Insel den Namen Erin, d. i. die westl. Insel, gaben, woraus die Griechen Ierne, die Römer [* 14] Hibernia (s. d.) bildeten. In dem langen Zeitraume, als Britannien röm. Provinz war, sind die geschichtlichen Nachrichten über I. nur sehr spärlich. Die zahlreichen irländ. Chronisten, die indes nicht vor dem 10. Jahrh. schrieben, haben diese frühe Epoche mit den abenteuerlichsten Sagen ausgefüllt. Ihrer Stammverwandtschaft wegen wurden die Irländer bis in das 4. Jahrh. Scoten genannt, und noch bis ins frühe Mittelalter hinein nennen die abendländ. Schriftsteller die Insel Großschottland (Scotia major), auch Scotia Hibernica. Die alten Iren lebten stammweise unter erblichen Häuptlingen, besaßen Grund und Boden gemeinschaftlich und betrieben fast ausschließlich Viehzucht. [* 15] Um ¶