mehr
Branntwein. Die Hauptgegenstände der Einfuhr aus Großbritannien sind Eisen, Eisenwaren, Steinkohlen, Kolonialwaren, Bier und Fabrikate. Für den auswärtigen Handel fehlen Nachweise; die Ziffern sind in den Angaben für das Vereinigte Königreich (s. Großbritannien und Irland, Bd. 8, S. 409) enthalten. - Der Binnenverkehr auf der Insel wird außer durch Wasserstraßen, darunter die wichtigen Grand-Canal und Royal-Canal, und durch im ganzen gute Landstraßen (etwa 8300 km) durch ein Eisenbahnnetz gefördert, dessen Hauptknoten Dublin bildet und dessen Gesamtlänge (1893) 4658 km betrug.
Die bedeutendsten sind die Great-Southern and Western of Ireland mit der Hauptlinie von Dublin nach Cork, Killarney und Tralee, die Midland Great-Western von Dublin nach Galway mit den Abzweigungen Mullingar-Sligo und Athlone-Westport und die Great-Northern mit den Hauptlinien Belfast-Cavan, Dublin-Omagh und Dundalk-Londonderry. (S. Großbritannische Eisenbahnen.) In den Häfen I.s wurden (1892) 850 Segler und 298 Dampfer registriert. Die Zahl der einlaufenden Schiffe betrug 31945 mit 7245082 t; aus liefen 30985 Schiffe mit 7127919 t. Wichtigste Häfen sind Belfast mit einem Gesamtverkehr von 4492546 t und Cork (1394746 t); doch bleiben beide hinter den großen brit. Seeplätzen weit zurück. Daneben sind noch Dublin mit Kingstown, Wicklow, Wexford, Waterford, Limerick, Galway und Sligo zu nennen. Durch unterseeische Telegraphenkabel ist I. mit England verbunden zwischen Howth (bei Dublin) und Holyhead, sowie mit Schottland zwischen Donaghadee (östlich von Belfast) und Port Patrick. Von der Insel Valentia führen Kabel durch den Atlantischen Ocean. - Über die Banken s. Großbritannien und Irland (Bd. 8, S. 409).
Bevölkerung. Die Volksmenge der Insel wurde 1695 aus 1034000, 1754 auf 2372600, 1801 sogar bereits auf 5395456 geschätzt. 1821 fand die erste Zählung statt; sie ergab 6801827 E. und bis 1841 war die Bevölkerung auf 8196597 gestiegen. Seitdem beginnt die stetige Abnahme: von 1841 bis 1851 um 1622739, von 1851 bis 1861 um 755311, von 1861 bis 1871 um 386590, von 1871 bis 1881 um 237541 und von 1881 bis 1891 um 470086 Köpfe, d. i. 9,1 Proz. In 40 Jahren ein Rückgang von 3391847 Seelen, d. i. von 41,38 Proz. Jetzt besitzt I. 4704750 E., d. i. 56 auf 1 qkm und 12,4 Proz. der Gesamtbevölkerung des Vereinigten Königreichs. Wie sich diese auf die einzelnen Grafschaften verteilt, zeigt folgende Tabelle:
Grafschaften | qkm | Einwohner 1891 | Abnahme in Prozent gegen 1881 | Bewohnte Häuser 1891 |
---|---|---|---|---|
Carlow | 895,71 | 40936 | 12 | 8156 |
Dublin | 918,19 | 419216 | + 2 | 56867 |
Kildare | 1693,53 | 70206 | 7 | 13054 |
Kilkenny | 2062,74 | 87261 | 12 | 17160 |
Kings | 1999,01 | 65563 | 10 | 12831 |
Longford | 1090,22 | 52647 | 13 | 10371 |
Louth | 817,93 | 71038 | 8 | 14578 |
Meath | 2346,53 | 76987 | 12 | 16056 |
Queens | 1719,26 | 64883 | 11 | 13137 |
Westmeath | 1834,99 | 65109 | 9 | 12944 |
Wexford | 2333,28 | 111778 | 10 | 22161 |
Wicklow | 2024,08 | 62136 | 12 | 12170 |
Leinster: | 19735,47 | 1187760 | 6 | 209485 |
Clare | 3350,65 | 124483 | 12 | 22254 |
Cork | 7485,14 | 438432 | 11 | 73587 |
Kerry | 4799,07 | 179136 | 11 | 29291 |
Limerick | 2755,17 | 158912 | 12 | 27434 |
Tipperary | 4296,52 | 173188 | 13 | 32033 |
Waterford | 1867,77 | 98251 | 13 | 18028 |
Munster: | 24554,32 | 1172402 | 12 | 202627 |
Antrim | 3083,91 | 471179 | + 1 | 81795 |
Armagh | 1327,67 | 143289 | 12 | 30454 |
Cavan | 1931,90 | 111917 | 13 | 22478 |
Donegal | 4844,53 | 185635 | 10 | 35965 |
Down | 2478,20 | 224008 | 2 | 56747 |
Fermanagh | 1850,84 | 74170 | 12 | 15083 |
Londonderry | 2113,66 | 152009 | 8 | 29884 |
Monaghan | 1293,90 | 86206 | 16 | 18425 |
Tyrone | 3264,31 | 171401 | 13 | 35560 |
Ulster: | 22188,92 | 1619814 | 7 | 326391 |
Galway | 6351,33 | 214712 | 11 | 39323 |
Leitrim | 1587,78 | 78618 | 13 | 15207 |
Mayo | 5506,47 | 219034 | 11 | 39496 |
Roscommon | 2459,15 | 114397 | 13 | 21533 |
Sligo | 1868,75 | 98013 | 11 | 18607 |
Connaught: | 17773,48 | 724774 | 11 | 134166 |
Dem Geschlecht nach wurden gezählt 2318953 männl., 2385797 weibl. E. (Über die Verteilung nach Berufen s. Großbritannien und Irland, Bd. 8, S. 401.) Die Zahl der bewohnten Häuser ist ebenfalls zurückgegangen, sie betrug 1881: 914108, 1891 nur 870578, d. i. eine Abnahme von 4,7 Proz., dagegen zeigen die unbewohnten Baulichkeiten eine Zunahme von 18,9 Proz. in 10 Jahren. I. besitzt nur zwei Großstädte: Dublin hat 245001 und mit Vororten 361891, Belfast 273055 E.;
zwischen 20000 und 100000 E. besitzen Cork (75345), Limerick (37155), Londonderry (33893) und Waterford (21963 E.);
10000-20000 E. zählen Drogheda, Dundalk, Kilkenny, Kingstown, Wexford, Galway, Sligo, Lisburn, Lurgan und Newry. Im ganzen wohnen 17,9 Proz. der Gesamtbevölkerung in Städten bis zu 10000 E., wovon allein auf Dublin und Belfast 10,7 Proz. entfallen. 23 Orte haben 5000-10000 E. Auch einzelne Städte zeigen eine Bevölkerungsabnahme.
Diese hat ihren Hauptgrund in der starken Auswanderung, die sich nach Großbritannien und nach überseeischen Ländern (Australien, Canada, Neuyork und andere östl. Unionsstaaten) richtet. 1890 verließen 57484, 1891: 58436, 1892: 48960 Iren das Vereinigte Königreich. 4142 gingen nach Großbritannien, wo sich seit 40 Jahren besonders in London, Liverpool, Bradford, Newcastle, Greenock und andern wichtigen Industrie- und Hafenplätzen große irische Stadtviertel herausgebildet haben. (S. auch Auswanderung, Bd. 2, S. 185.) Von Nichtiren wohnten (1892) in I. 74523 Engländer, 27323 Schotten, und zwar meist in Dublin und Belfast, außerdem 1232 Franzosen, 940 Deutsche, 374 Italiener, 263 Norweger (neuerdings sind eine größere Anzahl russ.-poln. Juden eingewandert, 1892: 1111) u.s.w., im ganzen 12900 Ausländer. Was die Bewegung der Bevölkerung anlangt, so betrug die Zahl der Geburten 1887: 112400, 1889: 107841, 1890: 105251, 1891: 107883, darunter waren 1887: 3147 und 1890:
mehr
2827 uneheliche, d. i. im Durchschnitt 2,7 Proz. (0,8 in Connaught, 4 Proz. im industriellen prot. Ulster). Todesfälle wurden 1887: 88585, 1891: 86053, Heiraten 20945 und 21421 gezählt. Der natürlichen Vermehrung um 267653 im Decennium 1881-91 steht die Auswanderungszahl von 768105 gegenüber.
Die Masse der Bevölkerung ist kelt. Stammes und die Einwanderungen früherer Zeiten von Skandinaviern, von Spaniern, Engländern und Schotten haben den einheitlichen Charakter irischer Nationalität nicht verwischt, wenn auch die kelt. Sprache völlig in den Hintergrund getreten ist. 1861 sprachen noch 1½ Mill., 1871 nur noch 817875 E., d. i. 15 Proz., 1881: 950000, d. i. 18,4 Proz. irisch, darunter etwa 64000 nur irisch, die übrigen auch englisch. 1891 war die Zahl der bloß irisch Sprechenden auf 38197 oder 0,81 Proz. herabgesunken. Englisch und irisch wird von 642053 Personen gesprochen = 13,6 Proz. Der allmähliche Auflösungsprozeß des kelt. Idioms erhellt aus dem Umstande, daß von allen irisch Redenden nicht ein Drittel in der Generation unter 20 Jahren zu finden ist. Am meisten herrscht es noch in den bergigen Landschaften vor, besonders im NW. der Insel. (S. auch Irische Sprache und Litteratur.) Einschneidender sind die religiösen Gegensätze.
Kirchliche Verhältnisse. Von der Gesamteinwohnerzahl sind 75,4 Proz. römisch-katholisch, 12,8 Proz. episkopalistische Protestanten, 9,5 Presbyterianer und 1,2 Proz. Methodisten. Die Katholiken (3547307) stehen unter 4 Erzbischöfen zu Armagh, Dublin, Cashel und Tuam und 23 Bischöfen, nebst fast 1000 Kirchspielpriestern und 1750 Kuraten. An der Spitze der prot. Church of Ireland stehen die 2 Erzbischöfe von Armagh und Dublin, 11 Bischöfe und 1700 Pfarrer. Zu ihr gehören 600103 E. Sie ist durch das Gesetz von 1869 entstaatlicht und von der Anglikanischen Kirche Englands völlig getrennt.
Ihre Würdenträger hörten auf als Staatsbeamte eine bevorrechtete Stellung zu genießen, und verloren Sitz und Stimme im Hause der Lords. Das Vermögen an Ländereien, Zehnten und Geld, auf 14 Mill. Pfd. St. veranschlagt, wurde zur Unterstützung und Erweiterung von Irrenhäusern, für Blinde und Taubstumme, für Institute zur Ausbildung von Krankenwärterinnen, Besserungsanstalten für jugendliche Verbrecher und freie Apotheken verwandt. Die Zahl der Presbyterianer beträgt 444974, der Methodisten 55500, der Independenten 17017, der Israeliten 1798. Von den Protestanten leben 60 Proz. (789036) in der Provinz Ulster, und hier, wo auch die Engländer am zahlreichsten, die Industrie hochentwickelt ist, herrscht auch eine starke unionistische Gegenströmung gegen die separatistischen Wünsche der nationalistischen Parteien, die in der Home-Rule-Frage zum Ausdruck kommen.
Unterrichtswesen. Der Elementarunterricht ist seit Erlaß des Schulgesetzes von 1892 obligatorisch und unentgeltlich; er steht unter Aufsicht einer Kommission für Nationalerziehung. Seit 1886 sind die Fortschritte unverkennbar. Die Zahl der Schulen ist von 8024 auf 8346 gestiegen, der durchschnittliche Schulbesuch betrug 1886: 490484, 1891: 506336. Die staatlichen Zuschüsse betrugen (1891) 969853 Pfd. St., dazu kommen noch 128637 Pfd. St. aus Stiftungen, Schenkungen u. s. w. Der Prozentsatz der Analphabeten fiel im Jahrzehnt 1881/91 von 25,3 auf 18,4 Proz. Doch ist die Zahl der Analphabeten noch groß. 1890 konnten 20,4 Proz. Männer und 20,9 Proz. Frauen die Trauungsurkunde nicht unterzeichnen. Die höchsten Ziffern zeigt die Provinz Connaught. - Der mittlere Unterricht ist nicht staatlich organisiert, nur besteht eine Prüfungsbehörde (Intermediate Education Board), vor der 1881: 6952, 1890: 5236 Knaben und Mädchen ein Examen ablegten. Die Zahl der Schulen privaten Charakters beträgt etwa 1500 mit 200000 Schülern. - Für den akademischen Unterricht sorgt seit 1592 die mit reichen Mitteln versehene anglikan.
Universität zu Dublin (Trinity College). Daneben bestand zu Dublin seit 1850 die Queen's University, welche allen ohne Rücksicht auf religiöse Konfession geöffnet war; sie ist 1880 durch die bloß examinierende Royal-University von I. ersetzt worden. Die Lehranstalten derselben sind die Queen's Colleges in Belfast, in Cork und in Galway, welche auch weibliche Studenten zulassen. Die 1854 gegründete Roman-Catholic-University zu Dublin setzt sich zusammen aus den University College und Medical School in Dublin, St. Patrick's College in Maynooth und Carlow, University College in Blackrock und Holy Cross College in Clonliffe. In Verbindung mit den Universitäten stehen 15 Colleges mit ungefähr 3500 Studenten.
Das 1795 gegründete Maynooth College bildet Studierende der Theologie zu irischen Priestern aus und ist auf 520 Aspiranten eingerichtet. Das theol. College der General Assembly zu Belfast hat die meisten irischen Presbyter-Geistlichen ausgebildet. Im Interesse derselben Religionsgemeinschaft ist das Magee College zu Londonderry thätig. Die Katholiken haben 7 Colleges im ganzen. Das College der Wissenschaften für I. trat 1867 an die Stelle des Museums für irische Industrie; es lehrt Naturwissenschaften und Mathematik und zerfällt in die Abteilungen für Bergbau, Ackerbau, Ingenieurwesen und Manufakturen, in dreijährigen Kursen, wovon das letzte Jahr dem Specialfach gewidmet ist. Den höhern Unterricht für das weibliche Geschlecht erteilt noch das 1866 gegründete Alexandra College zu Dublin, die Gouvernanten-Association, das Lady's Institute zu Belfast und das Queen's Institute für weiblichen Unterricht. Außerdem giebt es in I. 10 mediz. Schulen, ferner zu Dublin zahlreiche Gesellschaften zur Förderung von Kunst und Wissenschaft. - Über das Zeitungswesen s. Großbritannien und Irland (Bd. 8, S. 423).
Verfassung und Verwaltung. An der Spitze der vollziehenden Gewalt steht der in Dublin residierende Vicekönig und Generalgouverneur (Lord Lieutenant-General), dessen erster Sekretär, zugleich Geheim-Siegelbewahrer und Mitglied des Kabinetts, die Verwaltungsgeschäfte führt. Der Vicekönig und der Staatssekretär (Chief Secretary) sind dem brit. Ministerium untergeordnet und wechseln mit der jeweiligen Majorität des Unterhauses; ersterer bezieht ein Jahresgehalt von 20000 Pfd. St. und unterhält einen förmlichen Hofstaat, bestehend aus dem Oberhofmeister und dem Generalintendanten, dem Oberkammerherrn, dem Kanzler des Ordens des heil. Patricius, dem Ordensassistenten und dem Wappenkönig (Ulster King of Arms). Im Justizdepartement sind die obersten Staatsbeamten der Lordkanzler, der Lordrichter des Appellationsgerichtshofs (Lord Justice of the Court of Appeal), der Archivar (Master of the Rolls), der Lord-Oberbaron des Schatzkammergerichts, der Richter und der Kronbeamte des Admiralitätsobergerichts für
mehr
I., der Generalanwalt (Attorney General) und der Generalfiskal (Solicitor General). Seit der Union (1800) wird I. im brit. Reichsparlament durch 28 Repräsentativ-Peers im Oberhause vertreten. Die Zahl der irischen Peers setzt sich zusammen aus 2 Herzögen (Dukes), 10 Marquis, 62 Earls, 37 Viscounts und 64 Baronen. Im Unterhause hat I. 103 Abgeordnete. Dazu wählen die 32 Grafschaften 85, die Boroughs 16 und die Universität von Dublin 2 Mitglieder. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug (1892) 744816. Über die verfassungsrechtliche Stellung I.s im Gesamtreich s. auch Großbritannien und Irland (Bd. 8, S. 417 und 456 b). Das Wappen ist eine goldene Harfe mit silbernen Saiten im blauen Felde. (S. Tafel: Wappen der wichtigsten Kulturstaaten, [* ] Fig. 7, wo es das dritte Feld des großbrit. Wappens bildet.) Die Nationalfarbe ist eigentlich hellblau, jetzt meist grün, während die prot.
Unionisten orange (zur Erinnerung an Wilhelm III.) oder neuerdings besonders in Ulster den Union Jack (als Symbol des Vereinigten Königreichs) lieben. Mächtigen Einfluß haben die Orangelogen (s. d.). Neben der alten histor. Einteilung in die Provinzen Ulster, Connaught, Leinster und Munster besteht die in 32 Grafschaften, Counties. (S. oben, Bevölkerung, S. 685.) An der Spitze jeder Grafschaft steht ein Lieutenant, den der Vicekönig ernennt. Die Verwaltung der Grafschaft wird durch den vom Vicekonig ernannten Sheriff ausgeübt.
Ihm zur Seite steht die große Jury von 23 ernannten Personen. Hierzu kommen noch die «Justices of the Peace» und die angestellten Officials (Beamte). Der Unterschied der lokalen Verwaltung liegt darin, daß in England und Schottland die Repräsentation erwählt, in I. aber ernannt wird. I. hat 4 Militärdistrikte mit den Hauptquartieren zu Dublin, Cork, Curragh (permanentes Lager) und Belfast, und 8 Subdistrikte mit Depots. Die aktive Truppenmacht zählt (1892) 26941 Mannschaften und Offiziere und besteht ans 12 Artilleriebatterien, 21 Infanterieregimentern und 14 Riflekorps. In Dublin besteht eine Militärakademie (Royal Hibernian Military School).
Gerichtswesen. Die erste Beurteilung von Strafrechtsfällen haben die Petty Sessions Courts, bestehend aus mindestens zwei Friedensrichtern; diese entscheiden geringfügige Vergehen in erster Instanz, wogegen bei Strafen von über 20 Shill. oder Gefängnis von mehr als 1 Monat dem Verurteilten das Recht zusteht, an die Quarter Sessions (in den Boroughs) oder die Recorder's Court (in den Grafschaften) zu appellieren. Diese oder die Assisengerichte sind für größere Verbrechen zuständig.
Den Vorsitz in den Quarter Sessions führt, abweichend von England, ein rechtskundiger, von der Krone ernannter Beamter, der auch in Civilprozessen thätig ist. Die Crimes Act von 1887 enthält Ausnahmebestimmungen, um den überhandnehmenden Agrarverbrechen zu steuern. 1886 wurden 1056, 1887: 883, 1888: 660, 1889: 534, 1890: 519, 1891 gegen 400 Fälle abgeurteilt. Diese Act wurde Sept. 1892 unter Gladstone widerrufen, da bei einer solchen Verringerung ein Ausnahmegesetz unnötig sei. 1892 wurden 3 Proz. Abnahme an Anklagen und Bestrafungen gegen das Vorjahr festgestellt. Höchster Gerichtshof in I. ist der High Court of Justice mit 4 Abteilungen und der Court of Appeal. 1887 wurden angeklagt insgesamt 2694 Personen, darunter 385 Frauen, 1891: 2112 (398 Frauen); verurteilt 1411 und 1255 Personen. Sehr stark ist die Polizeitruppe in I. Es giebt, außer der Schutzmannschaft (1226) in Dublin, 13840 Konstabler.
Finanzen und Armenwesen. I. ist ein armes Land, zumal im Vergleich mit England. Das steuerpflichtige Nationaleinkommen betrug (1891) 14034681 Pfd. St. und zeigt eine Vermehrung von 1,6 Proz. gegen 1881. Der Wert des Grundbesitzes wurde 1873 auf 13,41, 1888 auf 13,45, 1891 auf 13,55 Mill. Pfd. St. berechnet, davon entfallen auf Land 9,94, auf Häuser 3,61 Mill. Pfd. St. Die Bergwerke waren auf 13,19, die Eisenbahnen auf 1,45 Mill. Pfd. St. abgeschätzt. Die Hafenzölle brachten 1891: 2,04, 1892: 2,15 Mill. Pfd. St. Roheinnahme. Andere Abgaben betrugen 1892: 359260 Pfd. St., darunter 115030 Pfd. St. Licenzen für Ausschank von Bier und Spirituosen. An den Ausgaben der Civilverwaltung ist I. mit folgenden Summen beteiligt:
Gehälter | 258679 Pfd. St. |
Oberstes Gericht | 113609 |
Landkommission | 74000 |
Beamte der County Courts | 123325 |
Polizei | 1482416 |
Gefängnisse | 132018 |
Verschiedenes | 194237 |
Öffentliche Erziehung | 859801 |
Nationalgalerie | 2500 |
Queen's College u. s. w. | 6033 |
Im Vergleich zu England und Schottland und Wales ist der Beitrag I.s zur Revenue des vereinigten Königreichs sehr gering bemessen. 1892 betrug die Totalsumme nur 6543037 Pfd. St. Dazu steuerte die Taxe auf Whisky 4158 345 Pfd. St. bei.
Über das Armenwesen s. Großbritannien und Irland (Bd. 8, S. 418) und den Artikel Armengesetzgebung (Bd. 1, S. 894 a).
Litteratur. Kohl, Reisen in I. (Dresd. 1843);
Jul. Rodenberg, Die Insel der Heiligen (2 Bde., Berl. 1860);
Murphy, Ireland industrial, political and social (Lond. 1870);
Maine, Early history of institutions (ebd. 1875);
A. von Lasaulx, Aus I. (Bonn 1878);
Murray, Handbook for travellers in Ireland (Lond. 1878);
MacGrath, Pictures from Ireland (3. Aufl., ebd. 1883);
Dennis, Industrial Ireland (ebd. 1887);
Hull, Physical geology and geography of Ireland (2. Aufl., ebd. 1891);
The Ireland of to-day (anonym) in «Fortnightly Review», 1893. - Karten: Ordnace Map (1:63360), noch unvollendet.
Geschichte.
1) I. im Mittelalter. - Die ersten bekannten Bewohner des Landes waren Kelten, welche der Insel den Namen Erin, d. i. die westl. Insel, gaben, woraus die Griechen Ierne, die Römer Hibernia (s. d.) bildeten. In dem langen Zeitraume, als Britannien röm. Provinz war, sind die geschichtlichen Nachrichten über I. nur sehr spärlich. Die zahlreichen irländ. Chronisten, die indes nicht vor dem 10. Jahrh. schrieben, haben diese frühe Epoche mit den abenteuerlichsten Sagen ausgefüllt. Ihrer Stammverwandtschaft wegen wurden die Irländer bis in das 4. Jahrh. Scoten genannt, und noch bis ins frühe Mittelalter hinein nennen die abendländ. Schriftsteller die Insel Großschottland (Scotia major), auch Scotia Hibernica. Die alten Iren lebten stammweise unter erblichen Häuptlingen, besaßen Grund und Boden gemeinschaftlich und betrieben fast ausschließlich Viehzucht. Um
mehr
430 verbreitete unter ihnen Patrick, ein geborener Schotte, das Christentum. Die Ruhe, welche die Insel genoß, begünstigte die Entwicklung eines gelehrten Mönchtums. Schon seit dem 6. Jahrh. wurde I. der Sitz abendländ. Gelehrsamkeit; aus seinen Klosterschulen gingen die Apostel des Festlandes hervor, deren Spuren in den sog. Schottenklöstern noch vorhanden sind; das berühmte Mutterkloster lag auf der Insel Iona. Diese Mönchsbildung, die wenig auf das Volk selbst wirkte, erlosch, als mit dem 9. Jahrh. die Normänner und Dänen, von den Eingeborenen Ostmänner genannt, auf ihren Streifereien auch I. heimsuchten und nach und nach die ganze Insel eroberten. Erst zu Anfang des 12. Jahrh. schüttelten die Irländer unter Brian Boroihme das normänn. Joch wieder ab. Nachdem seit Mitte des 10. Jahrh. auch die Ostmänner das Christentum angenommen hatten, wurde 1152 auf der Kirchenversammlung zu Drogheda die irländ. Gesamtkirche dem päpstl. Stuhle unterstellt und unter den vier Erzbistümern das schon von Patrick gegründete Armagh zum Primat erhoben.
Die Insel zerfiel damals in fünf Königreiche: Leinster, Munster, Ulster, Connaught und Meath, deren jedes wieder in untergeordnete, von abhängigen Häuptlingen regierte Stammgebiete geteilt war. Ein Oberkönig übte eine beschränkte Lehnsherrlichkeit über das Ganze. Häufige Kriege hielten die Eingeborenen in großer Verwilderung und machten sie gegen ausländische Eroberer schwach. Dermod, Fürst von Leinster, hatte O'Rourke, einem untergeordneten Stammhäuptling von Meath, die Gemahlin geraubt, war deshalb mit Hilfe des Oberkönigs Roderich O'Connor von seinen Besitzungen vertrieben worden und suchte 1167 in England Hilfe.
König Heinrich II. von England, der im Einverständnisse mit Papst Hadrian IV. seit längerer Zeit die Eroberung I.s beschlossen hatte, ließ zunächst 1169 durch einige seiner Barone, unter ihnen Maurice Fitz-Gerald, den Dermod wieder einsetzen und erschien, nachdem der vorausgeschickte Graf Strongbow von Pembroke sich Waterfords und Dublins bemächtigt hatte, im Dez. 1171 selbst in I. Da er seine Eroberung auf eine päpstl. Bulle stützte, fiel ihm besonders die Geistlichkeit zu. Die Fürsten von Leinster und Munster unterwarfen sich alsbald der engl. Oberherrlichkeit, und nach hartnäckigem Widerstand mußte sich im Okt. 1175 auch Roderich zu einem Vergleiche verstehen, demzufolge Heinrich den östl., er selbst den westl. Teil der Insel behielt, aber Vasall der engl. Krone und tributpflichtig wurde.
Dieser Friede bestimmte das Schicksal der Insel auf Jahrhunderte. Zunächst setzten sich die engl. Barone mit Gewalt in den Besitz des ihnen verliehenen Landes, vertrieben die eingeborenen Häuptlinge und führten engl. Recht und Verfassung ein. Dieses eroberte Gebiet wurde die Mark (the pale) genannt und blieb in seiner Verwaltung unter einem königl. Statthalter und mit eigenem Parlament sowie in seiner Weiterentwicklung auf das schärfste geschieden von dem an Größe weit überwiegenden nicht unterworfenen sog. Wilden I., in das die Engländer beständig mit weiterer Eroberung vorzudringen strebten.
Kriege mit den Eingeborenen, Willkür, Herrschsucht, Kämpfe der Barone untereinander sowie die argwöhnischen Besorgnisse und die verkehrten Verwaltungsmaßregeln des noch schwachen Königtums machten I. seitdem zu einem Schauplatze der Zwietracht, Unordnung und Verwilderung. Als Rob. Bruce sich die schott. Krone angeeignet hatte und glücklich mit England Krieg führte, wandten sich die irischen Häuptlings an ihn um Beistand gegen den gemeinschaftlichen Feind. Sein Bruder Eduard landete 1315 mit einem Heere und wurde von den Iren zum Könige erhoben; aber nach dreijährigem Kriege, der die Insel furchtbar verwüstete, fiel er im Kampf gegen die Engländer, worauf grenzenlose Verwirrung und Gesetzlosigkeit eintraten. Während des Rosenkrieges nahm I. überwiegend für das Haus York Partei, doch ging während dieses Bürgerkrieges die engl. Herrschaft in I. ganz außerordentlich zurück.
2) Vom Regierungsantritt der Tudors bis zur Union mit England (1485-1801). - Unter dem Neugründer des Staates, Heinrich VII., dem ersten Tudor, trat auch eine Veränderung im Verhältnisse I.s zu England ein. Mit großer Vorsicht suchte Heinrich den verlorenen Einfluß wiederherzustellen; von besonderer Bedeutung war die nach seinem Bevollmächtigten genannte Poynings-Akte (1494), die für die Verfassung und Verwaltung des unterworfenen Gebietes neue Grundlagen schuf und es vor allem in engere abhängige Verbindung mit England brachte, indem sie das irische Parlament in seinen Gesetzesbeschlüssen an die Zustimmung der engl. Regierung band.
Jedoch begriff diese Bestimmung zunächst nur die immer noch kleine Mark. Heinrich VIII. schritt insofern weiter, als er den bisher voll den engl. Königen geführten Titel eines «Herrn von I.» in den eines Königs von I. umwandelte (1542); aber für die Verbesserung der socialen Zustände des Volks that er nichts, und die Reformation, die unter ihm und seinem Sohne Eduard VI. in den engl. Bezirken nur schwache Wurzel gefaßt hatte, wurde unter der Königin Maria mit Leichtigkeit ausgerottet.
Elisabeth führte auch in I. die Reformation durch und zog das ganze kath. Kirchenvermögen zu Gunsten des neuen Klerus ein. Schon seit 1560 begannen infolge dieser Gewaltthat fortgesetzte Empörungen, deren Urheber engl. Flüchtlinge, der Papst und der span. Hof waren. Besonders gefährlich war der 1595 von Hugh O'Neill, Grafen von Tyrone, unternommene Aufstand, der die Befreiung der Insel vom engl. Joche zum Zwecke hatte und reißende Fortschritte machte. Die Königin schickte im März 1599 ihren Günstling, den Grafen von Essex, nach I.; jedoch vermochte dieser wenig auszurichten; auch der mit Tyrone geschlossene Stillstand hatte keinen Erfolg.
Dafür vollendete sein Nachfolger Lord Mountjoy in wenigen Monaten die Unterwerfung des Landes, nötigte die 1601 bei Kinsale gelandeten Spanier zur Wiedereinschiffung und nahm Tyrone gefangen. Als Elisabeth starb, war ganz I. der engl. Krone unterworfen. Die Unterdrückung des Aufstandes aber hatte einen großen Teil der Urbewohner hingerafft oder zur Auswanderung gezwungen und zu massenhaften Konfiskationen von Grund und Boden geführt, der an engl. Kolonisten vergeben wurde.
König Jakob I. faßte nun den Plan, die Lage I.s durch polit. und sociale Reformen zu verbessern. Er wollte zuvörderst die Willkür der irischen Häuptlinge, die im Laufe der Zeit eigentlich engl. Barone geworden waren, brechen und die Iren überhaupt zu persönlich freien Männern, gleich den Engländern, machen. Zu diesem Zwecke begann jedoch auch er mit Konfiskationen gegen die mächtigen Großen
mehr
vorzugehen, und von den 800000 Morgen Landes, die auf diese Weise dem Könige im Norden der Insel anheimfielen, wurde der beträchtlichere Teil an Schotten oder engl. Spekulanten verkauft. Zu diesen Gewaltthätigkeiten trat noch eine Verschärfung des religiösen Gegensatzes durch den Ausschluß der Katholiken, die in I. die große Mehrzahl bildeten, von allen öffentlichen Ämtern. So kam es nach Straffords energischer Verwaltung kurz vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges in England unter Karl I. zu einer von nationalem und religiösem Fanatismus geschürten Verschwörung, die in einem furchtbaren Blutbade ausbrach, dem viele Tausende von prot.
Engländern zum Opfer fielen. Mühsam suchte der königl. Statthalter Graf Ormond in den nächsten Jahren einigermaßen die Ruhe herzustellen, er selbst wie das rebellische I. erlag vor Cromwell. Dieser landete in I. mit einem zahlreichen und kriegserfahrenen Heere, nahm die Städte Drogheda und Wexford mit Sturm und ließ die ganze Bevölkerung niederhauen. Die Iren wurden dadurch von solchem Schrecken ergriffen, daß sie meist ihre festen Plätze freiwillig aufgaben und in die Moräste entflohen.
Binnen neun Monaten hatte Cromwell fast die ganze Insel unterworfen, worauf er den Oberbefehl seinem Schwiegersohn Ireton übertrug, der sein Werk fortsetzte. Das Ziel war die Beendigung des unversöhnlichen Rassen- und Glaubenskampfes durch völlige Verdrängung der kath. Iren, die zur Auswanderung genötigt oder nach dem Westen, nach Connaught, gedrängt werden sollten, während ihr Land an engl. Kolonisten, meist Cromwellsche Soldaten, vergeben wurde. Doch konnte dieser Plan nur teilweise ausgeführt werden.
Die Restauration des Königtums änderte die unglückliche Lage der kath. Irländer wenig. Karl II. stellte zwar die Religionsverfolgung ein, aber die Protestanten behielten die den Eingeborenen entrissenen Güter. Nur einige Iren, die noch vermögend genug waren, einen weitläufigen Rechtsstreit zu beginnen, gewannen auf diesem Wege ihren Grundbesitz wieder zurück. Die kath. Reaktion, die mit der Thronbesteigung Jakobs II. begann, erregte daher unter den Iren große Freude.
Nachdem Jakob die engl. Krone verloren hatte, machte er 1689 mit franz. Hilfe den Versuch, sie von I. aus wiederzuerobern. Er fand begeisterten Zulauf; außer Londonderry und Enniskillen fielen alle Plätze in seine Hand, bis sein Gegner König Wilhelm III., der Oranier, selbst erschien und ihn an der Boyne (s. d.) schlug. Bis zum 1. Aug. war I. völlig Wilhelm III. unterworfen. Freilich wurde den Katholiken freie Religionsübung, wie sie unter Karl II. bestanden hatte, zugesichert, doch gingen trotzdem Tausende ins Ausland, und durch einen Beschluß des engl. Parlaments wurden jetzt nochmals 1 Mill. Morgen Landes konfisziert und an Protestanten verteilt.
In den Städten bildeten die Protestanten sog. Oranische Gesellschaften (Orangelogen, s. d.), die mit fanatischem Eifer die kath. Bevölkerung verfolgten und bedrückten. Um jede Regung des kath. und nationalen Elements niederzuhalten, wurden überdies harte Strafgesetze gegen den Katholicismus, sog. Penal laws, eingeführt. Nach diesen Gesetzen mußten die höhern kirchlichen Würdenträger auswandern und niedere Priester durften ihre Grafschaften nicht verlassen; kein Katholik durfte ein öffentliches Amt bekleiden, Grundeigentum erwerben, eine Ehe mit Protestanten eingehen, frei testieren u. s. w.
Obschon diese Gesetze von den prot. Beamten nicht immer streng gehandhabt wurden, so nährten sie doch bittern Haß. Statt der gewünschten eigenen Gesetzgebung wurde 1719 die Poynings-Akte neu bestätigt und 1727 den Katholiken das Wahlrecht zum Parlament überhaupt entzogen. Diese fortlaufenden Bedrückungen trieben das bedrängte Volk zur Selbsthilfe, und es entstand eine Reihe von revolutionären Verbindungen, durch die fortan die Geschichte I.s entscheidend beeinflußt wurde. So thaten sich die sog. Defenders (s. d.) zusammen; um 1760 traten die Whiteboys (s. d.) auf, um harte Grundherren, Pfarrer, Agenten, Beamte zu strafen oder zu ermorden, neben ihnen 1763 die Hearts of oak, d. i. Eichenherzen, die sich gegen die drückenden Straßenbaufronen auflehnten. Im ganzen änderte diese rohe Selbsthilfe die Lage des Landes jedoch nicht.
Erst mit dem Freiheitskampfe der nordamerik. Kolonien nahm das Volk einen allgemeinen Aufschwung und nötigte der durch die schweren auswärtigen Kriege bedrängten Regierung einige Zugeständnisse ab. Da Frankreich mit Angriffen auf die irische Küste drohte und das Land von Truppen fast entblößt war, so stifteten die Irländer 1779, angeblich zum Schutze des Landes, ein Korps irischer Freiwilliger, das nach zwei Jahren 50000 Mann zählte. Um einen allgemeinen Aufstand zu verhindern, sah sich das engl. Parlament 1782 genötigt, die Poynings-Akte aufzuheben und den Irländern die legislative Unabhängigkeit zu gestatten.
Zugleich wurden die Strafgesetze gegen die Katholiken wenn auch nicht ganz abgeschafft, doch bedeutend gemildert. Besonders drückend blieben für die Katholiken die Zehnten, die sie allenthalben an die prot. Pfarrer entrichten mußten, während sie überdies noch für ihr eigenes Kirchenwesen zu sorgen hatten. Die Härte, mit der viele Pfarrer diese Zehnten eintrieben, brachte 1786 einen geheimen Verein zu Wege, dessen Mitglieder sich Rightboys, d. i. Rechtsburschen, nannten, dem Volke das eidliche Versprechen abnahmen, den Zehnten gar nicht oder nur zu einem bestimmten Betrage abzuführen, und die Wortbrüchigen bestraften.
Außerordentliche Wirkung that natürlich in I. die Französische Revolution, und in ihrer Nachwirkung trat im Nov. 1791 zu Dublin der Bund der Vereinigten Irländer (United Irishmen) zusammen, an dem auch viele Protestanten teilnahmen und der insgeheim die Einleitung einer Revolution betrieb, die I. in eine unabhängige Republik verwandeln sollte. Die Katholiken benutzten die Verlegenheit der brit. Regierung und forderten 1792 auf einer großen Versammlung zu Dublin völlige Rechtsgleichheit mit den Protestanten.
Das brit. Parlament suchte den Sturm zu beschwören, indem es die Hindernisse gegen irländ. Handel und Gewerbthätigkeit sowie die berüchtigten Penal laws bis auf wenige Reste aufhob. Die Katholiken erhielten das Recht der Sachwalterschaft vor Gericht und durften von nun an auch Ehen mit Protestanten schließen. Man schaffte 1793 die Strafen ab, in die Katholiken verfielen, wenn sie am Sonntage nicht die prot. Kirche besuchten; auch wurde ihnen das Recht der Teilnahme an den Parlamentswahlen, jedoch nicht das passive Wahlrecht und die Zulassung zu Ämtern niedern Ranges verstattet. Da weitere Forderungen unerfüllt blieben, so ließ der Bund
mehr
seine revolutionären Absichten um so kühner hervortreten, und die Regierung beschloß endlich, die Bewegung mit Gewalt zu dämpfen. Die seit 1782 in I. eingeführte Habeas-Corpus-Akte wurde aufgehoben, in die Städte eine starke Besatzung gelegt, der Bund aber aufgelöst und entwaffnet. Im Vertrauen auf franz. Hilfe ließen sich jedoch die Verschworenen nicht entmutigen. Endlich im Dez. 1796 erschien an der irländ. Küste eine bedeutende franz. Flotte mit 25000 Mann Landungstruppen unter dem General Hoche, die jedoch infolge widriger Zufälle unterrichteter Sache umkehren mußte.
Die brit. Regierung schärfte nun ihr Verhalten und stellte die ganze Insel unter Kriegsrecht. Der Bund der Vereinigten Irländer trat 1797 zu neuer geheimer Thätigkeit zusammen. An der Spitze stand ein Direktorium von fünf Männern, deren Namen nur den Geschäftsführern der vier Provinzialausschüsse bekannt waren. Schon zählte der Bund über 500000 Verschworene, als im Jan. 1798 die Regierung von einem verräterischen Mitgliede vollständigen Aufschluß erhielt.
Ungeachtet dieser Entdeckung und der Verhaftung mehrerer Häupter brach der Aufstand im Mai auf mehrern Punkten des Landes los. Eine bedeutende Militärmacht verhinderte indes die völlige Entwicklung der Empörung; die Hauptmacht der Insurgenten erlitt bei Vinegar-Hill 21. Juni eine entscheidende Niederlage. Kolonnen durchzogen dann die Insel und erstickten den Aufstand. Kaum war das Blutbad vorüber, so erschien im Aug. 1798 ein franz. Geschwader mit einem Korps von 1060 Mann unter Befehl des Generals Humbert in der Killalabai an der Nordküste der Grafschaft Mayo; allein die brit. Truppenmacht hemmte den Zuzug der Iren, und nach einigen unglücklichen Gefechten mußten die Franzosen sich ergeben.
Auch mehrere spätere franz. Landungsversuche bis in den Nov. 1798 scheiterten. Die engl. Regierung unter der Leitung des jüngern Pitt sah als einzigen Ausweg aus dem geradezu unhaltbaren Verhältnis eine Verschmelzung I.s mit England in einem Parlament. Der erste Antrag indes, den man dem irländ. Parlament 1799 machte, wurde mit Unwillen verworfen. Die brit. Regierung nahm hierauf ihre Zuflucht zur Bestechung. Die verrotteten Flecken (rotten boroughs), von denen die Mehrzahl der irländ. Parlamentssitze abhing, wurden ihren Eigentümern mit Gold aufgewogen, wozu das brit. Parlament als Entschädigung ungefähr 1600000 Pfd. St. bewilligte.
Durch diese Operation kam die legislative oder die sog. Finalunion zwischen I. und Großbritannien mit großer Stimmenmehrheit zu stande. I. sollte fortan 32 gewählte Peers, darunter 4 Bischöfe, ins brit. Oberhaus, 100 Deputierte der Grafschaften, Städte und Flecken ins Unterhaus senden. Ferner sollten die Irländer mit den Briten gleiche Rechte und Freiheiten genießen und zwischen beiden ein völlig freier Verkehr stattfinden. I. verpflichtete sich dagegen, für die ersten 20 Jahre zwei Fünfundzwanzigteile der gesamten Staatslasten zu tragen.
Mit dem J. 1801 trat das Vereinigte Parlament ins Leben, I. war von nun an ein Teil des großbrit. Gesamtreichs, in dessen Entwicklung nun auch die seinige aufgehen sollte. Aber die tiefe Kluft, die der nationale und religiöse Gegensatz gerissen hatte, ließ I. bei weitem nicht so mit dem Einheitsreich verwachsen, wie es mit Schottland geschehen war. Die Geschichte I.s behielt auch nach der Union eine selbständige und für die Geschichte des Gesamtreichs nur zu wichtige Bedeutung.
3) I. im 19. Jahrhundert. - Um die Union zu einer vollständigen zu machen, hätte man, wie Pitt es beabsichtigte, auch die bürgerlichen Beschränkungen der Katholiken beseitigen müssen; aber dieser Plan scheiterte an dem Widerstande Georgs III. Darüber erbittert, begannen die irländ. Katholiken schon 1802 zu Vereinen zusammenzutreten und 1825 wurde die Irish Catholic Association begründet, der sich die Durchführung der Emancipation zum Zweck setzte und fortan den Mittelpunkt aller irischen Angelegenheiten bildete.
Ihnen gegenüber wieder bildeten die prot. Orangisten die Orangelogen (s. d.), welche mit gleicher energischer Agitation in den Kampf traten. Erst durch die Wirksamkeit O'Connells aber und die Mitwirkung der öffentlichen Meinung in England wurde die Regierung endlich bewogen, eine Emancipationsbill vor das Parlament zu bringen, die angenommen und von Georg IV. bestätigt wurde. Ein neuer Eid, den auch die Katholiken leisten konnten, trat an die Stelle des frühern und gab ihnen die Möglichkeit, Sitz im Parlament zu nehmen. Auch erhielten sie die Fähigkeit, alle öffentlichen Ämter, mit Ausnahme des Lord-Kanzleramtes, zu bekleiden.
Dieser Sieg ermunterte die Katholiken zu neuen Forderungen. Die Bestrebungen der Volkspartei waren nunmehr auf den Widerruf der Union mit Großbritannien gerichtet, zu welchem Zweck O'Connell 1830 die sog. Repealassociation (s. d.) stiftete, der das Ministerium Grey 1833 mit der Irischen Zwangsbill (Irish coercion bill) entgegentrat. Durch diese Bill erhielt der Lordlieutenant von I. die Macht, Volksversammlungen ohne weiteres zu verbieten und das Kriegsrecht zu proklamieren, und um ihr Nachdruck zu geben, wurden ein Heer von 36000 Mann und 6000 bewaffnete Polizeidiener nach I. entsendet.
Durch ein gleichzeitiges, die Kirchenlasten erleichterndes Gesetz suchte die Regierung den übeln Eindruck der Zwangsbill einigermaßen zu mindern, auch wurde letztere unter dem Ministerium Melbourne wieder aufgehoben, und unter der Statthalterschaft Lord Mulgraves (s. Normanby), seit 1835, schien sich sogar eine Versöhnung zwischen Volk und Regierung anzubahnen. Auch wurde eine schon öfter vergeblich eingebrachte Zehntenbill, die den Zehnten in eine weit geringere Geldsteuer verwandelte, 1838 angenommen.
Als aber im Aug. 1841 die Tories nochmals ans Ruder kamen, begann O'Connell von neuem die Repeal-Agitation, und zwar mit so bedrohlicher Wirkung, daß die Regierung mit neuen Zwangsmaßregeln einschritt, O'Connell 1843 verhaften und zu einjähriger Gefängnisstrafe verurteilen ließ. Dieses Verfahren wurde freilich von dem Gerichtshof des Oberhauses für ungültig erklärt, hatte jedoch zur Folge, daß die Bewegung von nun an etwas gemäßigter auftrat. Bald darauf drängte die fürchterliche Hungersnot, welche die Insel im Herbst 1845 und besonders seit dem Sommer 1846 heimsuchte, alle andern Interessen in den Hintergrund. Um sie zu lindern, bewilligte das brit. Parlament beträchtliche Summen, dennoch kamen Tausende vor Hunger und Elend um, und Hunderttausende wanderten nach Amerika.
Mitten in dieser Krise starb O'Connell, den bereits eine neue radikalere Partei, das Junge Irland, überflügelt hatte, welches seinen zuletzt
mehr
maßvollern friedlichen Bestrebungen den Gedanken gewaltsamer Revolution entgegengestellt hatte. Anarchische Ausbrüche, Gewaltthätigkeiten, agrarische Mordthaten zerrütteten das Land; die materielle Not hatte die gesetzlichen Bande völlig gelockert. Unter solchen Umständen mußte I. die festländischen Revolutionen von 1848 mächtig empfinden. Die Führer Jung-Irlands, O'Brien, Mitchel, Duffy, Meagher u. s. w., suchten durch eine Sendung nach Paris mit der Provisorischen Regierung anzuknüpfen, während unverhohlen Rüstungen und Waffenübungen vorgenommen wurden.
Die energischen Maßregeln der Regierung vereitelten jedoch den Ausbruch, noch ehe man zum Losschlagen bereit war. Die Habeas-Corpus-Akte wurde suspendiert, die aufrührerischen Zeitungen unterdrückt, und O'Brien, von dem Volke als König von Munster begrüßt, nach einem ohnmächtigen Aufstandsversuch (5. Aug.) gefangen genommen und nebst seinen Gefährten zum Tode verurteilt, welche Strafe indes in Deportation umgewandelt ward. In kurzer Zeit war die Ruhe wiederhergestellt; aber der materielle Notstand blieb unvermindert. Hunger und Krankheit decimierten die Bevölkerung; Grundstücke wurden verlassen, ganze Strecken lagen unbebaut, und es begann eine fast fluchtähnliche Massenauswanderung nach Amerika. Wohl trat nach diesem Abgange eines Teils der Bevölkerung im allgemeinen eine Besserung ein. Der Ackerbau hob sich wieder, und auch die Industrie fing an, durch das Beispiel der Londoner Weltausstellung ermuntert, ihren Wetteifer durch eine öffentliche Ausstellung zu bekunden. Die geistigen Bedürfnisse wurden durch die Errichtung von höhern Bildungsanstalten unter dem Namen der Queen's Colleges befriedigt, die Katholiken und Protestanten dieselben Vorteile gewährten. Allein von kath. wie von prot. Seite regte sich bald eine heftige Opposition gegen diese Schulen, und wenn der nationale Gegensatz wirklich einmal schwieg, dann führte der religiöse Hader mehr als einmal zu blutigen Auftritten, die immer wieder Ausnahmegesetze nötig machten.
Unterdessen bereitete sich eine neue Schilderhebung vor, diesmal von Amerika aus, wo jetzt Millionen von Irländern lebten, die alle von wütendem Haß gegen die engl. Regierung beseelt waren. In der Hoffnung auf einen Bruch zwischen den Vereinigten Staaten und England, die durch die Haltung Englands während des amerik. Bürgerkrieges genährt wurde, bildete sich Ende 1861 der Geheimbund der Fenier (s. d.), der auf die völlige Losreißung I.s von England und die Herstellung einer irischen Republik hinarbeitete.
An der Spitze des Bundes in Amerika stand John O'Mahoney, in Irland James Stephens. Von Amerika ging die Bewegung bald auf I. über, aber das energische Auftreten der Regierung, die im Sept. 1865 das journalistische Organ der Fenier, «The Irish People», unterdrückte, mehrere Häupter und zahlreiche Teilnehmer der Verschwörung verhaftete, das Waffenverbot proklamierte und die in I. stehende Militärmacht verstärkte, beugte dem beabsichtigten Aufstande vor. Auch 1866 genügte die Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte, die Fenier im Zaum zu halten, und als im Frühling 1867 thatsächlich Aufstandsversuche stattfanden, wurden sie in wenigen Tagen unterdrückt. Ebenso erfolglos waren in Amerika die bis 1871 periodisch wiederholten fenischen Unternehmungen gegen das engl. Canada.
Wenn aber der Fenianismus in seinem Hauptbemühen erfolglos blieb, so hat er mittelbar unleugbar Großes für I. gewirkt. Denn den fenischen Umtrieben und der Gärung, die sie in I. hervorriefen und erhielten, war es zu danken, daß die engl. Staatsmänner endlich die irische Frage mit Energie einer umfassenden Lösung entgegenführten. Während der J. 1865-67 war die Unterdrückung der revolutionären Symptome, die Bestrafung der Mitglieder und Helfershelfer der Verschwörung die nächste Pflicht; von 1868 an begann die reformierende Thätigkeit zur Beseitigung der Grundübel, auf welche die irische Unzufriedenheit mit der engl. Herrschaft zurückzuführen war: der Anglikanischen Staatskirche und der Tyrannei der fremden Grundherren über die einheimischen Pächter.
Man bezeichnete diese beiden Probleme mit dem Namen der Kirchenfrage und der Landfrage. Indem das Ministerium Gladstone durch die Irische Kirchenbill von 1869 die Anglikanische Kirche in I. entstaatlichte und mit den andern irischen Religionsgemeinschaften auf gleichen Fuß stellte, durch die Landbill von 1870 die gerechten Beschwerden der irischen Pächter gegen die Grundherren in den wesentlichsten Punkten milderte, wurde wenigstens für einige Zeit der revolutionären Agitation gegen die engl. Herrschaft die Spitze abgebrochen.
Allerdings gaben die vollen Wirkungen dieser Politik sich nicht unmittelbar kund. Noch während der Session von 1871 mußte die engl. Regierung um die Ermächtigung zu außerordentlichen Maßregeln für die Erhaltung der öffentlichen Ruhe in I. nachsuchen, und die Agitation der neuen irischen Nationalpartei, der sog. Home-Rulers (s. d.), für die Gewährung abgesonderter Verwaltung und parlamentarischer Selbstregierung I.s, begann noch während der Herbstmonate desselben Jahres.
Diese Agitation äußerte sich zuerst in vergleichsweise gemäßigter Form unter der Führung Butts und Shaws, nahm aber eine entschiedenere Wendung seit 1878, als die radikalen Nationalisten unter der Führung Parnells anfingen über die gemäßigten Home-Rulers die Oberhand zu erlangen. Die Gründung der Landliga (s. d.) 1879 durch den Fenier Michael Davitt brachte die parlamentarische Partei der Home-Rulers mit den fenischen Revolutionären in unmittelbaren Zusammenhang.
Während die Home-Rulers die polit. Losreißung von England forderten, vertraten die Landligisten die sociale Emancipation I.s mittels der Vertreibung der Grundherren und der Rückgabe des irischen Landes an das irische Volk, und beide Parteien vereinigten sich 1880 unter der Führung Parnells. Trotz der Bereitwilligkeit des neuen Ministeriums Gladstone (seit 1880) zu weitern Reformen ließ die Agitation nicht nach. Der schlimmste Terrorismus wurde durch die das Land durchziehenden verbrecherischen «Mondscheinbanden» und durch das Boycotten (s. d.) aller Mißliebigen ausgeübt. Die Regierung suchte 1881 mit Zwangs- und Reformgesetzen zugleich einzuschreiten. Ein neues Landgesetz machte den irischen Pächtern weitgehende Zugeständnisse, jedoch wurden dieselben von der Landliga verworfen, die schließlich nichts anderes als völlige Enteignung der engl. Grundbesitzer in I. forderte. Die Auflösung der Liga, die Verhaftung Parnells, Davitts und anderer Führer (Okt. 1881) hatten nur vorübergehenden Erfolg, es bildete sich die umfassende Nationalliga (s. d.), und im Nov. 1881
mehr
trat die fenische Mördergesellschaft der Unbesieglichen (s. d.) zusammen, die geradezu den polit. Mord predigten und deren Dolchen der erste Sekretär für I., Cavendish, und der Unterstaatssekretär Burke im Phönixpark zu Dublin zum Opfer fielen. Neue Zwangsmaßregeln und die Hinrichtung der Mörder machten einigen Eindruck; aber der Kampf dauerte fort und äußerte sich, durch O'Donnovan Rossa von Amerika aus geleitet, in einer Reihe von Dynamitattentaten gegen öffentliche Gebäude in London und andern brit. Städten, neben denen auch zahlreiche Verbrechen gegen Leben und Eigentum von Pächtern und Grundbesitzern verübt wurden.
In dieser Lage vollzog sich bei Gladstone der Systemwechsel, der ihn vom Zwangsgesetz zur Anerkennung der Home-Rule-Bestrebungen führte. Die irische Frage sollte nach ihm jetzt nicht durch Zwangsmaßregeln, sondern durch die weitesten Zugeständnisse an die irischen Forderungen gelöst werden. Durch die von ihm durchgeführte Parlamentsreform von 1884/85 kamen bei den Neuwahlen 1885 unter 100 irischen Abgeordneten nicht weniger als 86 Home-Rulers ins Unterhaus, die durch ihren Anschluß an die Opposition sowohl 1885 das Ministerium Gladstone wie im Jan. 1886 das Ministerium Salisbury stürzten.
Als dann aber Gladstone das Amt wieder übernahm, legte er 8. April eine Home-Rule-Bill, den 16. ein Landankaufsgesetz dem Hause vor, von denen die erstere die Errichtung eines irischen Parlaments und einer irischen Regierung in Dublin beabsichtigte, während die Landankaufs-Bill 50 Mill. Pfd. St. zum Ankauf großer irischer Landgüter forderte, die in Staatspächtereien für irische Farmer umgewandelt werden und in den Besitz der Pächter übergehen sollten.
Diese Pläne Gladstones erregten eine ungeheure Bewegung, nicht nur in I., wo die Protestanten sich ihnen gegenüber so feindlich verhielten, daß es in Belfast zu offenen Kämpfen mit den Katholiken kam, die nur durch Herbeiziehung von Militär bewältigt werden konnten. Auch in England erhob sich ein heftiger Widerstand gegen diese Zerreißung der Reichseinheit, die Home-Rule-Bill wurde vom Unterhause abgelehnt, und als Gladstone das Unterhaus auflöste, ergaben die Neuwahlen für die Anhänger der einheitlichen Regierung den Sieg. Gladstone mußte dem konservativen Salisbury Platz machen.
Sofort setzte die irische Bewegung mit neuer Kraft ein. Es wurde die Losung ausgegeben, die Zahlung des Pachtzinses an die Grundherren überhaupt zu verweigern und das Geld in eine von der Nationalliga geleitete Kasse zu zahlen. Die konservative Regierung schritt gegen diesen «neuen Feldzugsplan» ein, auf Grund alter Gesetze ließ sie im Dez. 1886 einige der agitierenden Führer, Dillon und O'Brien, in Dublin vor Gericht stellen und erreichte deren Verurteilung zu sechs Monaten Gefängnis.
Den wurde ein neues irisches Zwangsgesetz eingebracht, das vor allem eine Reform der Strafrechtspflege in I. bezweckte und 9. Juli im Unterhaus, dann am 18. im Oberhaus zur Annahme gelangte. Der Lord-Statthalter erhielt damit die Berechtigung, in bestimmten Landesteilen den Kriegszustand zu proklamieren und auch eine außerordentliche Gerichtsbarkeit zu üben. Ein gleichzeitiges, dem Zwangsgesetz zum Ausgleich angefügtes Landgesetz schuf eine Erleichterung für die Pachtzahlung und den käuflichen Erwerb der Güter durch die Pächter.
Sofort machte die Regierung von den neuen Machtmitteln Gebrauch, verhängte mehrfach den Ausnahmezustand, löste die Nationalliga auf (20. Sept.) und ging gegen Versammlungen und die Führer mit Energie und Strenge vor. Es kam zu heftigen Reibungen, ja selbst ernsten Zusammenstößen. Trotzdem ließen die Iren sich keineswegs einschüchtern, sie suchten im Gegenteil ihre Kräfte zusammenzufassen und ihre Organisation zu verbessern. Am versammelten sich Abgeordnete der verschiedenen irischen Nationalvereine zu einem Kongreß in Brüssel, wo zunächst noch eine abwartende Haltung beschlossen wurde. Dagegen wußte sich die engl. Regierung des päpstl. Beistandes zu versichern. Am erließ der Papst eine Encyklika, in der das Boycotten und die Anwendung von Gewalt verurteilt wurden. Der Erlaß rief freilich große Aufregung unter den Iren hervor, hatte jedoch wenig Wirkung, ebenso wie ein zweiter und dritter, die folgten und bestimmt waren, die Erregung zu beschwichtigen. Ebenso wurde ein Angriff auf Parnell, den Führer der irischen Bewegung, abgeschlagen, der in einer Veröffentlichung der «Times» des Einverständnisses mit den Phönixpark-Mördern beschuldigt wurde. Angebliche Briefe Parnells erwiesen sich als Werk eines Fälschers, und die «Times» mußte sich zu einer hohen Entschädigung an Parnell verstehen, dessen Unschuld im Febr. 1890 auch das Parlament förmlich anerkannte. Währenddessen schritt die Regierung mit Energie in ihrem Bemühen fort, den Gesetzen in I. Achtung zu verschaffen trotz des Widerstandes mit Protesten und offener Gewalt. Vereine wurden unterdrückt, die Einfuhr von Waffen und Munition starken Beschränkungen unterworfen (Okt. 1889), und ausdrücklich wies Salisbury die Vermutung zurück, die Regierung denke daran, ihre Politik irgendwie im Sinne der Home-Ruler zu ändern. Einen argen Stoß gab es der Sache der Iren, daß Parnell in einem Ehebruchshandel als schuldig verurteilt wurde, worauf es in der irischen Nationalpartei zu einer Spaltung in Parnelliten und Antiparnelliten kam (s. Home-Rulers), die auch nach Parnells Tode andauerte.
Ein bedeutsamer Wandel in der irischen Frage trat ein, als bei den allgemeinen Parlamentswahlen im Juli 1892 eine Mehrheit für Home-Rule ins Unterhaus gelangte und Gladstone im August die Regierung übernahm. Am legte er seine Home-Rule-Bill dem Unterhause vor (s. Großbritannien und Irland, Bd. 8, S. 456 b) und brachte sie glücklich durch alle Stadien der Beratung, sodaß sie 1. Sept. in dritter Lesung mit 301 gegen 267 Stimmen angenommen wurde. Sie scheiterte jedoch im Oberhaus, wo die Lords sie 8. Sept. mit der erdrückenden Mehrheit von 419 gegen 41 Stimmen verwarfen.
Litteratur. Die alten irischen Chroniken gab O'Connor u. d. T. Rerum Hibernicarum scriptores veteres in der Urschrift mit lat. Übersetzung heraus (4 Bde., Lond. 1814-26). -
Lappenberg (in Ersch und Grubers «Encyklopädie», Sekt. II, Bd. 24, Lpz. 1846);
Haverty, History of Ireland (Lond. 1860);
Mitchel, History of Ireland (2 Bde., Glasg. 1869);
Richey, Lectures on the history of Ireland (Dublin 1869);
MacGee, A popular history of Ireland (Lond. 1870);
Lecky, The leaders of public opinion in Ireland.
Swift, Hood, Grattan and
mehr
O'Connell (2. Aufl., Lond. 1871);
Froude, The English in Ireland in the 18th century (3 Bde., ebd. 1872-74);
Killen, The ecclesiastical history of Ireland (2 Bde., ebd. 1875);
Lecky, History of England in the 18th century (8 Bde., ebd. 1878-90): Walpole, A short history of Ireland (ebd. 1882 u. ö.);
Gilbert, History of the Irish Confederaton (7 Bde., Dublin 1882-91);
Bagwell, Ireland under the Tudors (3 Bde., Lond. 1885-90);
O'Connor, History of the Irish people (2. Aufl., Manch. 1886);
Hassenkamp, Geschichte I.s von der Reformation bis zu seiner Union mit England (Lpz. 1886);
Daunt, Eighty-five years of Irish history 1800-85 (2 Bde., Lond. 1886);
Pressensé, L'Irlande et l'Angleterre 1800-88 (Par. 1889);
Montgomery, History of land tenure in Ireland (Cambridge 1889);
Bellesheim, Geschichte der kath. Kirche in I. von der Einführung des Christentums bis auf die Gegenwart (3 Bde., Mainz 1890-91).