Die genauere Kenntnis dieser
Pflanzen verdankt man hauptsächlich
Darwin, der in seinem Werke «Insectivorous plants» (Lond.
1875) seine ausgedehnten
Beobachtungen über die Lebensweise der Karnivoren veröffentlichte. Mit der
Fähigkeit, die genannten
Stoffe in sich aufzunehmen, verbinden die
I. P. die Eigenschaft, mittels besonderer Einrichtungen
kleine
Tiere zu fangen und festzuhalten. Der engl. Naturforscher Ellis hat schon in den J. 1765-68
Untersuchungen über die bei Berührung zusammenklappenden
Blätter der
Venus-Fliegenfalle(Dionacea muscipulaL., s. Dionacea und
Tafel: Insektenfressende Pflanzen,
[* 1]
Fig. 1)
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angestellt. Ebenso ist das Einkrümmen der Blätter der verschiedenen Sonnentauarten (Drosera) schon Ende des 18. Jahrh. untersucht
worden, und schon damals (1782) vermutete der BremerArztRoth, daß die von den Blättern festgehaltenen und getöteten Insekten
zur Ernährung der genannten Pflanzen beitragen könnten. Die Blätter der Dionaea besitzen auf jeder Hälfte
der Spreite drei Haare,
[* 18] die als der Sitz der Reizbarkeit angesehen werden müssen, denn bei der geringsten Berührung dieser
Haare klappen die beiden Blatthälften sofort zusammen, was bei den übrigen Teilen der Blattspreite stärkerer Reize bedarf.
Da die Haare so stehen, daß jedes über die Blattspreite hinwegkriechende Insekt dieselben berühren muß,
so ist dadurch eine schnell und sicher wirkende Falle hergestellt, der die Insekten nicht wieder entrinnen können, zumal
auch die borstenartigen Haare, die am Blattrande sitzen, nunmehr wie die Finger beim Falten der Hände ineinander greifen und
so jeden Ausweg versperren.
Außer den genannten empfindlichen Haaren finden sich aus der Blattfläche noch andere Haargebilde, die
scheibenförmig entwickelt sind und aus einer größern Anzahl von Zellen bestehen. Diese Organe sind die Digestionsdrüsen,
die nach dem Schließen des Blattes reichliche Mengen eines eigentümlichen Sekrets abscheiden, durch dessen Wirkung die eingeschlossenen
Tiere zum größern Teile in Lösung übergeführt und als eiweißhaltige Nahrung vom Blatte aufgenommen
werden.
Die Dauer des Verschlusses dauert gewöhnlich 8-9 Tage; dann öffnet sich das Blatt
[* 19] zu neuem Fang. Dies gilt jedoch nur, wenn
bestimmte animalische Nahrung dargeboten wird; wenn dagegen das Blatt bloß gereizt wird und der den Reiz veranlassende Gegenstand
wieder entfernt wird, oder wenn Stoffe dargeboten werden, die nicht als Nahrung dienen können, wie kleine
Holzstückchen, Steinchen u. dgl., so tritt zwar ein Verschluß ein, aber nur von kurzer Dauer; das Blatt öffnet sich wieder,
ohne daß eine bemerkenswerte Thätigkeit der Digestionsdrüsen eingetreten wäre. Zahlreiche Untersuchungen des Mechanismus
des Öffnens und Schließens haben ergeben, daß die Bewegungen der beiden Blatthälften höchst wahrscheinlich
durch Änderung des Turgors in dem Gewebe
[* 20] der Blattunterseite zu stande kommen. Ob dabei elektrische Ströme eine Rolle spielen,
ist noch zweifelhaft.
Bei den Drosera-Arten (s. Sonnentau und Fig. 2) treten die Blattbewegungen ebenfalls infolge von Reiz ein; aber der Vorgang
ist ein anderer. Die Blätter sind dicht besetzt mit langen Drüsenhaaren, deren Zellen zum Teil mit einer
purpurroten Flüssigkeit erfüllt sind. An diesen Drüsenhaaren, die alle an ihrer Spitze kopfartig angeschwollen sind, findet
die Sekretion einer klebrigen Flüssigkeit statt. Kommt nun ein Insekt auf die Oberfläche des Blattes, so bleibt es an den
Spitzen derHaare, an denen jene klebrige Masse sitzt, hängen und durch die lebhaften Bewegungen, die das Tier ausführt, um
sich zu befreien, werden auch die meisten übrigen Haare berührt, die mit den klebrigen Köpfchen nunmehr ebenfalls zum Festhalten
des Insekts beitragen.
Etwa eine halbe Stunde nach diesen Vorgängen treten sodann die infolge der Berührungen ausgelösten
Reizbewegungen an den Haaren und an der Blattspreite auf, die darin bestehen, daß sämtliche Drüsenhaare sich nach dem gefangenen
Insekt hinkrümmen und schließlich auch die Blattspreite nach oben konkav zu werden beginnt, sodaß nunmehr das Tier vollständig
von
den secernierenden Haaren umschlossen ist. Gewöhnlich dauert dieses Einschließen bei günstiger
Temperatur 8-12 Stunden.
Sodann findet eine vermehrte Sekretion der Drüsen statt, sodaß das ganze Tier von einer schleimigen Masse umhüllt und so
allmählich bis auf die unlöslichen Chitinteile verflüssigt wird. Nachdem dies geschehen ist, was auch hier, wie bei Dionaea,
mehrere Tage dauert, öffnet sich das Blatt wieder. Bei Berührung mit nicht verdaulichen Körpern tritt
auch bei Drosera eine Einkrümmung der Haare nur von kurzer Dauer auf. Wie beim Sonnentau geschieht der Insektenfang bei Drysophyllum
(s. d. und
[* 17]
Fig. 5).
Den Drosera-Arten ganz ähnlich verhalten sich die Arten der Gattung Pinguicula, (s. d. und
[* 17]
Fig. 4),
nur sind hier die Blätter etwas anders gestaltet. Sie besitzen keine langen Drüsenhaare, sondern die Blattspreite rollt sich
mit ihrer ganzen Fläche oder mit einem Teile derselben um das Insekt herum. Fast ebenso wie bei Dionaea ist der Vorgang des
Schließens und Öffnens der Blätter bei Aldrovanda (s. d.); nur sind bei ihr eine größere Anzahl
sensibler Haare vorhanden, auch ist die Form der Blätter eine etwas andere. Als Nahrung dienen bei dieser Pflanze, da sie im
Wasser lebt, hauptsächlich kleine Crustaceen. Sekretionsdrüsen von ähnlichem Bau wie bei Dionaea oder Drosera sind nicht
vorhanden, überhaupt fehlen noch genauere Untersuchungen darüber, ob hier Sekrete gebildet werden und
an welchen Stellen dieselben auftreten.
Auf ganz andere Art findet bei den übrigen I. P. das Fangen und Festhalten der Tiere statt. Hier kommen keine Reizbewegungen
der Blätter vor, sondern es sind bestimmte Organe ausgebildet, deren eigentümliche Einrichtung ein Hineinkriechen der Insekten
ermöglicht, ein Entweichen derselben aber verhindert. Bei denUtricularia-Arten (s. Utricularia und Fig.
8) finden sich an den untergetauchten Blättern kleine linsenförmige Gebilde, die Schläuche oder Utrikeln, die aus umgeformten
Blattzipfeln entstehen und einen merkwürdigen Bau besitzen.
Sie sind im Innern hohl und an der nach oben gekehrten Seite finden sich kleine Öffnungen, die mit einer
Art Klappe verschlossen sind; diese Klappe bildet ein Ventil
[* 21] in der Weise, daß sie bei geringen Druckkräften sich nur nach
dem Innern des Schlauchs biegen läßt, nicht aber nach außen, da ein vor ihr liegender kleiner Wulst dies verhindert. So
können kleine Wassertiere wohl in das Innere des Schlauchs gelangen; aber sofort, nachdem sie eingedrungen
sind, schnellt die Klappe zurück und verhindert ein Entkommen der gefangenen Tiere. Sowohl außen wie innen stehen an den
Schläuchen verschiedenartige Haargebilde; ob aber die im Innern sich befindenden Sekrete absondern, die eine Verdauung der
Tiere herbeiführen, weiß man noch nicht.
Die übrigen I. P. mit ähnlichen Organen sind Landpflanzen; es sind dies hauptsächlich Arten der Gattungen
Sarracenia, Darlingtonia und Nepenthes. Bei Sarracenia und Darlingtonia sind die Blattstiele zu Fangorganen umgebildet, sie
haben eine schlauchförmige Gestalt und die Blattspreite sitzt als verhältnismäßig kleines Blättchen dem Blattstiel auf,
bei den meisten Arten der Gattung Sarracenia gleichsam einen Deckel über den hohlen Blattstiel bildend.
Die Innenwand der Schläuche ist mit zahlreichen nach abwärts gerichteten borstenförmigen Haaren und außerdem mit Digestionsdrüsen
besetzt. Die von der lebhaften Farbe der
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