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Nervenfaden und paarigen, auf das innigste durch Querfasern (Querkommissuren) verbundenen Nervenknoten. Das ursprünglichste Verhalten ist, wenn im Thorax drei und im Abdomen neun solcher Nervenknoten vorhanden sind; meist treten aber mehrere, unter Umständen alle, Zur Bildung größerer Ganglienmassen zusammen. Von denselben entspringen die Empfindungs- und Bewegungsnerven. Auch ein sympathisches Nervensystem ist vorhanden.
Die Sinnesorgane der I. sind oft sehr hoch entwickelt, und wo sich ihre Gegenwart auch noch nicht anatomisch nachweisen läßt, darf man sie doch aus den Handlungen der I. erschließen. Augen sind meist und bei den ausgebildeten I. sehr oft in zweierlei Art vorhanden, als einfache (ocelli) und zusammengesetzte Augen oder Netzaugen vom typischen Bau der Gliedertieraugen. Die Zahl der einzelnen Facetten der Netzaugen kann sich in jedem auf mehrere Tausend steigern. Das Vorkommen der Nebenaugen ist äußerst verschieden: es können 1-6 jederseits auftreten, sie können aber auch vollkommen fehlen.
Bei ausgebildeten Käfern sind sie sehr selten, bei ausgebildeten Hautflüglern fast immer vorhanden, die geschlechtlichen Formen der Ameisen haben sie, den Arbeiterinnen fehlen sie; sie finden sich bei den offen lebenden Larven der I. mit vollkommener Verwandlung, fehlen aber den versteckt lebenden. Bei diesen Larven kommen Netzaugen niemals vor; wohl aber bei denen mit unvollkommener Verwandlung und hier nimmt die Zahl ihrer Facetten mit jeder Häutung zu.
Zu hören vermögen viele I. zweifelsohne, aber nur bei wenigen hat man ein Gehörorgan nachzuweisen vermocht, nämlich bei den Feld-, Laub- und Grabheuschrecken. Bei den ersten liegen sie an beiden Seiten des Hinterleibes unmittelbar hinter dem Thorax in Gestalt einer von einer trocknen Membran überspannten Grube, in welche ein besonderer Nerv vom dritten Brustganglion her tritt. Bei den beiden andern Orthopterenfamilien finden sie sich in den Schienen der Vorderbeine, die jederseits eine nach innen durch eine Membrane verschlossene Grube oder Spalt haben.
Unterhalb desselben bildet die Trachee des Beines eine Blase und ein vom ersten Brustganglion kommender Nerv breitet sich hier in besonderer Art aus. Geruchsorgane scheinen sehr allgemein vorzukommen, denn sehr viele I. (so die Schmeißfliegen) besitzen ausgezeichnetes Spürvermögen. Nachgewiesen wurde als Sitz des Geruchsvermögens bei zahlreichen I. die Fühler, an denen sich eigentümliche Gruben mit gangliösen Nervenenden finden. Die Fühler sind zugleich auch der Hauptsitz des Tastsinns. Den Sitz des den I. entschieden zukommenden, oft stark entwickelten Geschmacksinns sucht man meist in der Unterlippe.
Die Geschlechter sind normalerweise bei den I. ausnahmslos auf zwei Individuen verteilt und die Befruchtung [* 2] ist eine innere. Sehr allgemein ist an den weiblichen Genitalien eine Tasche zur Aufnahme des männlichen Samens (Samentasche) und die Gegenwart von Drüsen, die einen Stoff zum Befestigen der Eier [* 3] absondern. Abgesehen von den Geschlechtsorganen unterscheiden sich bei sehr vielen I. die Geschlechter durch ihr Äußeres, verschiedene Größe, verschiedene Entwicklung der Bewegungsorgane, der Färbung und Hautskulptur, selbst durch verschiedene Nahrung. Neben den geschlechtlichen Formen finden sich bei Hautflüglern und Termiten [* 4] noch sog. ungeschlechtliche, sehr selten auf parthenogenetischem Wege sich fortpflanzende Individuen (Arbeiterinnen), d. h. in der Entwicklung der Geschlechtsorgane zurückgebliebene Weibchen, bei den Termiten außerdem auch ebensolche Männchen (Arbeiter und Soldaten).
Nicht ganz selten ist sonst bei I. überhaupt eine Fortpflanzung auf ungeschlechtlichem, parthenogenetischem Wege. Dieselbe ist entweder eine mehr zufällige (gewisse Spinner und Kleinschmetterlinge) oder sie ist eine normale Erscheinung (die männlichen Eier der Biene). [* 5] Ja, es können sich zwischen geschlechtliche Generationen ungeschlechtlich sich fortpflanzende einschieben, entweder eine ganze Reihe (Blatt- und Pflanzenläuse) oder bloß eine einzige (Gallwespen).
Eine sehr seltsame Erscheinung ist die Pädogenesis (bei Mücken), bei welcher sich in einer Larve eine Anzahl neuer auf ungeschlechtlichem Wege bildeten. Nur wenig I. sind lebendig gebärend, nämlich einige Käfer, [* 6] Fliegen [* 7] und die ungeschlechtlich sich fortpflanzenden Blattläuse, besonders aber die Lausfliegen (Pupiparen), bei welchen die Weibchen die Larven in ihrem Körper, wo sie auch durch den Saft besonderer Drüsen ernährt werden, bei sich behalten, bis sie zur Verpuppung reif sind.
Die Eier der I. sind hartschalig, oft sehr bunt und mit zierlichen Skulpturen versehen, und haben an einer Stelle ein System von Lücken (den Mikropylapparat), durch welche der männliche Zeugungsstoff zu dem Dotter gelangen kann. Sie werden einzeln oder gruppenweise gelegt. Die Fruchtbarkeit der I. ist ungemein groß und wird bei vielen vermehrt durch bald eintretende Zeugungsfähigkeit der Jungen. Ein Paar Schmeißfliegen kann am Ende eines fünfmonatigen Sommers eine Nachkommenschaft von 500 Mill. haben. Das merkwürdigste Beispiel liefern die Blattläuse, bei denen aus einem Individuum in der fünften Generation schon 5900 Mill. Nachkommen entsprossen sein können.
Die meisten I. haben eine Reihe von körperlichen Umänderungen oder Metamorphosen (s. d.) zu durchlaufen, ehe sie als vollkommen ausgebildet in die Periode ihres Lebens gelangen, wo sie eine erneute Verwandlung nicht mehr erfahren und meist allein zeugungsfähig sind. Es können diese Verwandlungen mehr oder weniger allgemein sein, und daher hat man in der Wissenschaft die Zwischenstufen festgesetzt, welche einer jeden Gruppe von I. unabänderlich zukommen. Das bekannteste Beispiel vollkommener Verwandlung bietet der Schmetterling. [* 8]
Auf ähnliche Weise vollzieht sich die Metamorphose bei Käfern, deren Larven oft für Würmer [* 9] gehalten werden, und bei Fliegen, deren kopf- und beinlose Larven Maden heißen. Die meist 22beinigen Larven der Blattwespen nennt man Afterraupen. Den I. mit vollkommener Verwandlung (Metabola), bei welchen, wie bei den angeführten, eine ruhende Puppe gebildet wird, stehen die I. mit unvollkommener Verwandlung (Ametabola) gegenüber, zu denen die Geradflügler [* 10] (Orthoptera), Halbflügler (Hemiptera) u. s. w. gehören, bei denen kein ruhender Puppenzustand existiert und die Larve durch successive Ausbildung der Flügel u. s. w. in den vollkommenen Zustand der Imago übergeht.
Die Lebensdauer der I. hängt in der Regel von dem Verlauf ihrer Metamorphose ab; die Mehrzahl der Schmetterlinge, [* 11] Immen und Netzflügler ist einjährig, d. h. aus dem im Herbst gelegten und überwinterten Ei [* 12] wird im nächsten Sommer ein vollständiges Insekt sich gebildet haben, welches gemeiniglich ¶
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626 die Begattung nicht lange überlebt. Bei Käfern, z. B. den Maikäfern, dauert der Larvenzustand (der Engerling) oft mehrere Jahre, das vollkommene Tier aber lebt höchstens einen Sommer. Nicht groß ist die Zahl der I., die im ausgebildeten Zustande einige Jahre leben, wie die Bienen.
Die Verbreitung der I. reicht über die ganze bewohnbare Erde. Wiewohl sie selbst in Grönland und auf den höchsten Alpen [* 14] nicht ganz fehlen, so sind sie doch in Aquatorialländern am zahl- und artenreichsten und zugleich durch Größe und Pracht der Färbung am meisten ausgezeichnet. Sie sind mehr Luft- als Wassertiere; im Meere hat man nur einen Taumelkäfer (Gyrinus marinus) und eine Wanzenfamilie (Halobatidae) rudernd gefunden. Indessen zeigen sie in Hinsicht auf Wohnung, Ernährung und Lebensweise so viel Mannigfaltigkeit, daß es unmöglich ist, hierüber etwas Allgemeines zu sagen. Ihre geistigen Eigenschaften sind höher als bei allen andern wirbellosen Tieren ausgebildet und zeigen sich namentlich in ihrem Haushalte (Bienenstaat), in der Sorge für die Jungen, in besondern Kunsttrieben u. s. w., ja diese hohe Entwicklung befähigt sie sogar zu gegenseitigen Mitteilungen, die mindestens bei Bienen und Ameisen unzweifelhaft vorkommen.
Die Bedeutung der I. im Haushalt der Natur ist eine ganz enorme, es giebt keine Gruppe von Landtieren, die in einer gleich energischen Weise zum Umsatz der Materie, zum Stoffwechsel beitrügen, wie gerade sie, und dazu sind sie in erster Linie berufen durch ihre unberechenbare Anzahl, durch ihre Kleinheit, der sich nichts entziehen kann, durch ihre förmliche Allgegenwart und durch ihre Freßsucht, die ihnen wenigstens in einer bestimmten Lebensperiode, oft aber zeitlebens eigen ist und die sie vor keiner organischen Substanz, und wären es die äußerst giftigen Früchte von Strychnos nux vomica L., zurückschrecken läßt.
Der unermeßliche, allerdings indirekte Nutzen, den die I. auf diese Art auch dem Menschen bringen, springt nicht sehr in die Augen, und da auch die Bedeutung der Schlupfwespen u. s. w. gern unterschätzt wird und der direkte Vorteil, den Biene, Seidenwurm, Cochenille und Spanische Fliege [* 15] bieten, wirklich nicht hoch angeschlagen werden darf, so ist man zu sehr geneigt, die Welt der I. als eine im großen und ganzen dem Menschen feindliche und schädliche aufzufassen. Und in der That, da ihnen eben nichts Organisches, also auch weder Vorräte der Menschen, noch deren Hausgerät, Kleidung, Bücher, Haustiere, Kulturpflanzen, ja selbst die menschliche Person heilig ist, können sie lästig genug werden.
Als ziemlich weit verbreitete Schmarotzer schädigen den Menschen selbst der Floh, in tropischen Gegenden der Sandfloh (Sarcopsylla penetrans L.), verschiedene Läuse (s. d.), namentlich die Kopflaus, die Bettwanze, die Mosquitos und Stechmücken, gelegentlich auch einmal innerlich schmarotzende Larven von Biesfliegen (z. B. in Nordamerika [* 16] unter der Haut [* 17] Larven von Cuterebra, sog. Oestrus hominis, in den Stirnhöhlen einigemal Cephalomyia-Larven). Die Biesfliegen (z. B. die Pferdebiesfliege, Gastrus equi Fabricius, im Magen [* 18] des Pferdes), die Bremsen, [* 19] die Kolumbatzer Mücke, verschiedene Läuse- und Floharten werden den Haussäugetieren und Vögeln in verschiedener Ausdehnung [* 20] gefährlich und lästig.
Die menschlichen Kleider, Pelz- und Lederwerk werden den Motten und Käfern u. s. w. zur Beute, in den Möbeln, dem Gebälk der Häuser hausen zahlreiche Käferlarven, die Bücher werden von Staub und Papierlänsen zernagt, aber sie alle werden übertroffen durch die universellen Leistungen der Termiten (s. d.) in den Tropen. An den Speisevorräten der Menschen finden viele I. ihren Tisch: die Getreidespeicher werden heimgesucht vom Kornkäfer (s. d., Calandra granaria L.), von den Larven des Kornweibels (s. d.), das Mehl [* 21] vom Mehlwurm [* 22] (Tenebrio molitor L.) und vom Mehlzünsler (Asopia farinalis L.), Brot [* 23] und Backwerk werden vom Brotbohrer (Anobium paniceum L.) und einigen andern Käfern aufgesucht, Speck findet seinen Abnehmer an den Speckkäfern (s. d., Dermestes lardarius L.), frische Fleischwaren an den Larven verschiedener Aasfliegen (namentlich der Schmeißfliege, Musca vomitoria L.), Käse an den Maden der Käsefliege (s. d.) u. s. w. Die Leimvorräte werden von den kleinen Kolbenkäfern (Corynetes), das Wachs von der Wachsmotte (Galleria mellonella L.) decimiert, und selbst die Apothekerwaren und wissenschaftlichen Sammlungen entgehen den I. nicht.
Auch fast sämtliche Zier- und Kulturpflanzen, soweit dieselben wenigstens eingebürgert sind, haben einen und den andern, häufig mehrere, bisweilen viele Feinde unter den I.; die Blumen und Ziersträucher werden namentlich von Blattläusen (s. d.), Schildläusen (s. d.), zahlreichen Schmetterlingsraupen und Gallwespen (z. B. die Rosen durch die Rosengallwespe, (Cynips rosae L.) geschädigt; die verschiedenen Gemüse sind von den verschiedensten Räubern heimgesucht, Wurzelgewächse von den Larven der Gartenhaarmücke (Bibio hortulanus L.), zahlreicher Blumenfliegenarten (Anthomya), besonders auch von der gemeinen Maulwurfsgrille (Gryllotalpa vulgaris Latreille), die Spargel von der Spargelfliege (Platyparea poeciiioptera Schrank), [* 24] die Kohlpflanzen von zahlreichen Schmetterlingsraupen und Erdflöhen (s. d.), die Kartoffel in neuester Zeit von dem Coloradokäfer (s. d.), die Möhren von der Larve der Möhrenfliege (Psila rosae Fabr.), die Zwiebel von denen der Zwiebelfliege (Anthomyia antiqua Meig.), die Schalotten von der Schalottenfliege (Anthomyia platura Meig.), die Rettiche von der Rettichfliege (Anthomyia floralis Fallén).
Auch die Zahl der Feinde unserer Fruchtsträucher und Obstbäume, die sich von ihrem Holz, [* 25] ihren Blättern, ihren Früchten, sei es von dem Fleisch oder den Kernen, ernähren, ist Legion; von Schmetterlingen sei der Ringelspinner (Bombyx neustria L.), der Schwammspinner [* 26] (Liparis dispar L.), der Blaukopf (Diloba coeruleocephala L.), der Apfelwickler (Carpocapsa pomona L.) genannt, von Wespen die Johannisbeerblattwespe (Tenthredo ventricosa Klug), die schwarze (Emphytus grossulariae Kl.), wie die schon genannte gelbe Stachelbeerwespe (Nematus ventricosus Kl.), die gemeine Wespe (Vespa vulgaris L.), unter den Fliegen die Kirschfliege (Trypeta cerasi L.), von Geradflüglern der Ohrwurm (Forficula auricularia L.) und von Käfern wird bisweilen besonders schädlich der Maikäfer. Auch dem Weinstock fehlt es nicht an Verderbern unter den I.; so schadet ihm gelegentlich der Rebenstecher [* 27] (Rhynchiles alni Müller), der Traubenwickler (s. d., Conchytes ambiguella Hübn.) und vor allen die Reblaus [* 28] (s. d., Phylloxera vastatrix Planchon); in manchen Jahren bringt die Raupe des Hopfenspinners (Hepialus humuli L.) den Hopfenpflanzungen großen Schaden. ¶