mehr
Fest-622 stellung von Schuld oder Unschuld geleitet wird (s. Inquisitionsprozeß).
t
Fest-622 stellung von Schuld oder Unschuld geleitet wird (s. Inquisitionsprozeß).
im Gegensatz zum Anklageprozeß (s. Anklage) diejenige Gestaltung des Strafverfahrens, bei welcher der Richter, Inquirent, in Vertretung der verletzten Rechtsordnung, ohne erst einen privaten Strafantrag abzuwarten, die Spuren und Beweise eines Verbrechens selbst ermittelt, sowie von dem nicht als Partei, sondern wesentlich als Objekt der Untersuchung in Betracht kommenden Verdächtigen ein Geständnis zu erlangen sucht, zugleich aber auch von Amts wegen dasjenige erforscht, was zur Entlastung oder Entschuldigung gereichen kann.
Der I. ist seit dem Mittelalter unter dem hauptsachlichen Einflüsse des kanonischen Rechts und der Praxis in Deutschland [* 2] allmählich an die Stelle des allerdings mannigfacher Reformen bedürftigen alten Anklageprozesses getreten und hat sich in seiner Fortbildung durch die Reichs- und Landesgesetzgebung, wenn auch nicht überall in folgerichtiger Durchführung, in Deutschland und Österreich [* 3] erhalten, bis die besonders 1848 hervortretende Reformbewegung ihn allmählich in den deutschen Einzelstaaten verdrängte.
Ihren Abschluß fand diese Bewegung in der ganz auf dem Anklageprincip ruhenden Österr. Strafprozeßordnung von 1873 und der wesentlich demselben Princip folgenden Deutschen Strafprozeßordnung von 1877. Der deshalb nur noch historisch interessierende I. zerfällt in folgende Hauptabschnitte:
1) Die allgemeine Feststellung des Thatbestandes eines Verbrechens ohne Rücksicht auf einen bestimmten Thäter und die Verfolgung aller Spuren, welche zur Entdeckung des Urhebers führen (Generalinquisition).
2) Die Sammlung der Verdachtsgründe gegen bestimmte Verdächtige, die Vernehmung der letztern über ihr Thun und Lassen, insofern dasselbe mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht werden kann, und die Bestrebung, ein Geständnis von denselben zu erlangen, wozu geeignete Vorhalte, Konfrontationen u. s. w. dienen; nächstdem die vollständige Aufnahme aller andern Beweise, namentlich in der Richtung, um ein vorliegendes Geständnis auf dessen Glaubhaftigkeit zu prüfen.
Das ganze Verfahren in diesem Abschnitte wird summarische Untersuchung, von einigen «minder feierliche Specialinquisition» genannt. Ergiebt sich kein voller Beweis der Schuld ungeachtet starker Verdachtsgründe, so ergeht ein «von der Instanz entbindendes» Urteil (absolutio ab instantia, s. Freisprechung), welches den Angeschuldigten auf so lange befreit, als nicht neue Umstände in betreff der vorliegenden verbrecherischen That sich gegen ihn ergeben; bisweilen wird auch auf Reinigungseid erkannt.
Ist aber der Beweis der Schuld nicht bis zu hoher Wahrscheinlichkeit gebracht oder ist die Nichtschuld als Gewißheit gestellt, so erfolgt ein völlig lossprechendes Erkenntnis. Bei Geständnis oder Überführung wird bei geringern Verbrechen, auf Verlangen des Inkulpaten nach vorgängiger Verteidigung, sofort ein Straferkenntnis gefällt. Liegt dagegen ein Verbrechen vor, welches wenigstens schwere Leibesstrafen nach sich zieht, und ist der Angeschuldigte entweder geständig oder doch halber Beweis gegen ihn vorhanden, so geht das Verfahren 3) in den eigentlichen feierlichen Kriminalprozeß oder die Specialinquisition über, und es tritt in der Regel nach vorgängigem Erkenntnis das artikulierte Verhör, eine Vernehmung des Angeschuldigten, der jetzt Inquisit heißt, über die in Artikel gebrachten Hauptpunkte der Anschuldigung vor gehörig besetztem Kriminalgericht ein. Diese Specialinquisition zieht eine Ehrenschmälerung für den durch sie Betroffenen nach sich; daher vorherige Verteidigung zu ihrer Abwendung gestattet zu werden pflegt. Hierauf folgt Verteidigung und Enderkenntnis. (S. auch Strafprozeß.) -
Vgl. Glaser, Handbuch des Strafprozesses, Bd. 1 (Lpz. 1883).
(lat.), der Vorsteher der Inquisitionsgerichte, s. Inquisition. ^[= (lat., "Untersuchung"), Inquisitĭo haeretĭcae pravitātis (Ketzergericht) oder Sanctum ...]
di stato (ital., «Staatsinquisitoren»),
nach der Anzahl der Mitglieder auch Dieci (die Zehn) genannt, waren seit 1310 die oberste richterliche Behörde im alten Venedig. [* 4] (S. Doge, Tiepolo [Jacopo], Gradenigo [Metro].)
N. R. I. (oder J. N. R. J.), die Anfangsbuchstaben von Jesus Nazarenus Rex Judaeorum (lat., d. i. Jesus von Nazareth, König der Juden), angeblich die Überschrift, welche Pontius Pilatus über das Kreuz [* 5] Jesu setzen ließ.
Dieselben Buchstaben waren auch das Erkennungszeichen der ital. Carbonari (s. d.) als die Abkürzung von deren Losungswort «Justum necare reges Italiae» (es ist recht, die Könige [Fürsten] Italiens [* 6] zu töten).
einsalzen.
«Einspeichelung» der Speisen beim Kauen. ^[= (Masticatio), die in der Mundhöhle erfolgende mechan. Zerkleinerung der Nahrungsstoffe vermittelst ...]
(lat.), Irrsinn, Geistesstörung. ^[= s. Geisteskrankheiten.]
1) Kreis [* 7] im nördl. Teil des russ. Gouvernements Pensa, ein welliges Land, von tiefen Schluchten durchschnitten, mit Schwarzerde und Eisenerzen, hat 4533 qkm, 185833 E. (darunter Mordwinen und Tataren), Ackerbau, Vieh- und Bienenzucht. [* 8] - 2) Kreisstadt im Kreis I., 102 km nordwestlich von Pensa, an den Flüssen I. und Issa, hat (1888) 4847 E., Post und Telegraph, [* 9] fünf Kirchen und Ackerbau.
im allgemeinen jeder Bewohner eines Hauses oder einer Anstalt, im jurist.
Sinne eine Person, welche in einer Gemeinde wohnt, ohne gemeindeberechtigt, nach andern Gemeindeordnungen ohne gemeindeangehörig und ohne heimatsberechtigt zu sein.
in Scene (s. d.) setzen, ein Bühnenstück zur Aufführung vorbereiten;
auch in übertragenem Sinne gebraucht.
(arab. richtig: In schâa allâh, d. h. so Gott will), wird von Mohammedanern aller Zungen angewendet, wenn sie von Vorsätzen oder Hoffnungen hinsichtlich der Zukunft sprechen.
Damit verwandt ist Mâschallâh (s. d.).
(Yin-Schan), Gebirgskette am linken Ufer des mittlern Hoang-Ho zwischen 108 und 112° östl. L., auf der Südgrenze der Mongolei und im NW. der chines. Provinz Schan-si, über 2500 m hoch, wurde 1872 von Prshewalski besucht.
Hier waren die Hauptsitze der alten Hiung-nu.
Inschriftenkunde, s. Aufschrift ^[= im allgemeinen jede Schrift, die auf der Außenseite eines Gegenstandes, z. B. auf einem Briefe, ...] und Epigraphik.
(Insektivōren), in der Botanik soviel wie Insektenfressende Pflanzen (s. d.), in der Zoologie soviel wie Insektenfresser [* 10] (s. d.).
[* 11] (lat. Insecta, d. h. Eingeschnittene; grch. Entoma, was dasselbe bedeutet, oder Hexapoda, d. h. Sechsfüßer), Kerf- oder Kerbtiere, die ¶
Insekten I 1. Euglossa dimidiata (eine Biene). [* 13]
2. Polybia sedula (eine Faltenwespe).
3. Chrysantheda dentata (eine Biene).
4. Scaphura Vigorsi (eine Laubheuschrecke).
5. Pepsis pretiosa (eine Wegewespe).
6. Rhomalea miles (eine Feldheuschrecke).
7. Phoraspis pieta (eine Schabe).
8. Vates orbus (eine Fangheuschrecke). ¶
größte Klasse der Gliederfüßer und der Tiere überhaupt. Ihr Leib besteht meist aus 16 oder 17, selten 18 hintereinander gelegenen Ringen, welche zu drei Körperabschnitten deutlich zusammentreten. Vier vereinigen sich zu einer gleichmäßigen festen Kapsel, dem Kopf, der sich immer scharf gegen den übrigen Leib absetzt, 3 zum Bruststück (Thorax, und zwar als Pro-, Meso- und Metathorax), 9 bis 11 zum Hinterleib (Abdomen). Bruststück und Hinterleib sind meist auch deutlich getrennt, in einigen Fällen aber verbindet sich der erste Abdominalring innig mit dem letzten Thorakalringe.
Mit den Ringen des Kopfes und des Bruststückes sind bei ausgebildeten I. fast ausnahmslos, mit denen des Hinterleibes nur ausnahmsweise und meist nur an dem letzten oder vorletzten Anhänge verbunden. Am Kopfe treten sie oben als ein sehr mannigfach gestaltetes, aus einer sehr verschiedenen Zahl gleichmäßig oder ungleichmäßig entwickelter Glieder [* 15] bestehendes, dem Tasten und oft auch dem Riechen dienendes einfaches Paar Fühler (antennae) entgegen, an der Unterseite um den Mund herum als Freßwerkzeuge (Mundgliedmaßen).
Zwei von ihnen sind paarig: die Oberkiefer (mandibulae) und die Unterkiefer (maxillae) und wirken von außen nach innen gegeneinander;
zwei sind unpaar: die beweglich mit dem Kopfschilde verbundene vor der Mundöffnung gelegene Oberlippe (labrum) und die hinter derselben befindliche, mit einem Paar seitlicher Anhänge (Lippentaster, palpi labiales) versehene Unterlippe (labium), welche aus einer Verschmelzung der beiden hintersten Mundgliedmaßen hervorgeht.
Die Freßwerkzeuge sind je nach der Nahrung und Nahrungsaufnahme bei den ausgebildeten I. sehr verschieden gebaut. Beißend oder kauend sind sie bei Käfern, Netz- und Geradflüglern, welche von festen Substanzen leben. Hier stellen die Oberkiefer zwei ungegliederte einfache, feste, meist ungezähnte dreieckige Platten dar, während die Unterkiefer gegliedert sind und einen gleichfalls gegliederten äußern Anhang (Maxillartaster) tragen. Der Unterkiefer ist dreiteilig, besteht aus einem, dem Kopfe eingefugten Gelenkstück, einem Stamm, welcher seitlich den Lippentaster trägt und welchem vorn zwei zum Kauen dienende Laden (eine innere und eine äußere) ansitzen.
Bei den Hautflüglern und einigen Käfern sind die Unterkiefer und besonders die Unterlippe (als Zunge) bedeutend verlängert und stellen einen Apparat zum Auflecken von Blütenhonig und andern Pflanzensäften dar. Bei den Schmetterlingen sind die Mundwerkzeuge saugend: bloß die Maxillen sind kräftig entwickelt, jede stellt eine lange Rinne dar, welche sich an ihr Pendant anlegt und so eine aufgerollte Saugröhre, den Rüssel, bildet. Bei den Fliegen [* 16] und Halbflüglern sind Ober- und Unterkiefer zu Stechborsten und Saugern umgebildet, welche namentlich noch durch eigenartige Organisationsverhältnisse der Mundhöhle [* 17] die durch Anbohren zugänglich gemachte Nahrung aufnehmen. Im einzelnen sind diese hier als typisch aufgeführten Bauarten der Mundteile bei den I. noch sehr zahlreichen Modifikationen unterworfen. Erwähnung verdient, daß bei den Larven von im ausgebildeten Zustande saugenden I. mit vollkommener Verwandlung (bei Fliegen und Schmetterlingen) nur kauende Freßwerkzeuge gefunden werden, während die Larven gewisser Netzflügler (Ameisenlöwen) im Gegenteil sehr merkwürdig umgebildete saugende haben.
Die Thorakalringe tragen zweierlei Arten von Anhängen, nämlich alle drei je ein unteres Paar, die Beine und die beiden hintern auch ein oberes Paar, die Flügel. Jedes Bein ist normalerweise ein fünfgliedriger Stab: [* 18] das erste, oberste oder proximale Glied [* 19] ist das Hüft- oder Gelenkglied (coxa), welches nicht sehr lang ist und mit dem kugeligen Ende in der Gelenkpfanne des Brustbeinringes spielt, mit dem andern sich aus einem sehr kurzen Glied, dem Schenkelring (trochanter), verbindet. An diesen schließt sich das ansehnlichste Beinstück, der Oberschenkel (femur), an diesen der zartere, aber meist auch ziemlich lange Unterschenkel (tibia) an, welcher am äußern Ende den Fuß trägt.
Auch der Fuß (tarsus) ist selten ungegliedert, sondern besteht in der Regel aus einer Reihe (meist fünf) hintereinander gelegener Stücke, von welchen das äußerste oder distale Ende meist Anhänge in Gestalt beweglicher Krallen (Fußkrallen) oder Lappen trägt; oft ist auch das letzte Fußglied oder sind die letzten verbreitert und unten mit bürstenartigen Haaren besetzt. Die Beine sind einmal bei den verschiedenen Insektenformen, dann aber auch unter sich bei einem Individuum je nach der Lebensweise und Bewegungsart sehr verschieden entwickelt. Es lassen sich Schreit-, Lauf-, Kletter-, Spring-, Schwimm-, Grab- und Raubbeine unterscheiden. Wenn bei einem Individuum eine bedeutende Modifikation eines Beinpaares eintritt, so betrifft sie meist das vorderste oder hinterste, sehr selten das mittelste. Bei manchen Tagfaltern ist das vorderste Paar rudimentär (Putzfüße) und bei einigen Mistkäfern (Ateuchus) fehlen hier die Tarsen.
Die Flügel finden sich nur an der Mittel- und Hinterbrust, doch hat man bei manchen I. an der Vorderbrust auftretende Gebilde (Kragen bei Schmetterlingen) als homolog deuten wollen. Typisch treten die Flügel als zwei Paare (Vorder- und Hinterflügel) und als wirkliche Flugorgane auf und sind Eigentümlichkeiten ausgebildeter I. Nicht selten fehlen sie oder sie sind verkümmert, entweder bei beiden Geschlechtern (gewisse Gespenstheuschrecken, Grillen, Bücherläuse, Silberfische, Springschwänze, parasitische Fliegen- und Wanzenformen und Läuse) oder bei einem, meist dem weiblichen (Spinnern, Spannern, Kleinschmetterlingen, Bienenwespen, Strepsipteren u. s. w.), selten bei dem männlichen (einige Ameisen, die männlichen Feigenwespen), häufiger wieder bei geschlechtslosen Formen (Arbeiterinnen der Ameisen und Termiten, [* 20] Ammen der Blattläuse, parthenogenetische Formen der Gallwespen).
Nicht selten ist nur ein Paar als Flugorgan entwickelt, wobei das andere rudimentär geworden sein kann (das hintere bei den Fliegen, einigen Eintagsstiegen, den männlichen Schildläusen, sehr vielen flugunfähigen Käfern; sehr selten das vordere: bei männlichen Strepsipteren) oder einen Funktionswechsel erfahren hat und stark verhornt als Flügeldecke (elytra) zum Schutze des Körpers dient (Käfer, [* 21] gewisse Gerad- und Halbflügler). Meist sind die Flügel ungleich groß: sind sie häutig, so sind die vordern, sind diese aber zu Decken umgebildet, die hintern die größern, nur die Netzflügler besitzen gleich- oder fast gleichgroße Flügelpaare. Die Flügel sind Ausstülpungen der Leibeshöhle der I., daher eigentlich sehr flache aus einer am Rande geschlossener Membrane bestehende Taschen, deren Wandungen indessen miteinander (wohl nach dem Auskriechen aus der Puppe bei I. mit vollkommener Verwandlung) sich vereinigen. ¶