jedoch aus innern
Gründen nicht bereits am Anfang des 2. Jahrh., sondern erst etwa um 170 verfaßt sein.
Seit sie im 17. Jahrh. wieder entdeckt wurden, ist über die Unechtheit einer andern weit
längern Gestalt dieser Briefsammlung, von dreizehn ausführlichen Schreiben, kein Zweifel mehr. Diese sind eine aus dem 4. Jahrh.
stammende Erweiterung der sieben
Briefe. Eine dritte, neuerdings von Cureton gefundene Gestalt («Corpus Ignatianum»,
hg. von Cureton, Berl. 1849), bestehend in drei kurzen, syrisch geschriebenen
Briefen, ist ein
Auszug aus den sieben.
Letztere sind also die ursprüngliche Form der Sammlung, deren Unechtheit aber auch
so den kritischen TheologenBaur
(Die
Ignatius-Briefe und ihr neuester Kritiker, Tüb. 1848), Hilgenfeld,
Volkmar, Lipsius u. a. feststeht. Neuere Bearbeitungen
treten für ihre Echtheit ein, so namentlich
Zahn, I. von
Antiochien (Gotha
[* 2] 1873), und dessen
Ausgabe: Patrum Apostolicorum
opera, Bd. 2 (Lpz. 1876);
ferner Lightfoot, The apostolic fathers,
Part Ⅱ, S.
Ignatius and S. Polycarp
(3 Bde., Lond. 1885‒89);
Funk, Die Echtheit der
Ignatius-Briefe (Tüb. 1883) und seine
Ausgabe:
Opera patrum Apostolicorum,
Bd. 1 (ebd. 1881).
–
Vgl. noch
Völter, Die ignatianischen
Briefe, auf ihren Ursprung untersucht (Tüb. 1892).
Patriarch von
Konstantinopel,
[* 3] Sohn
KaiserMichaels Ⅰ., geb. um 790, ward durch
Leo Ⅴ. den
Armenier entmannt und ins
Kloster gesperrt. Seit 847
Patriarch, kämpfte er gegen die Willkürherrschaft und Sittenlosigkeit
Michaels Ⅲ. und seines Oheims Bardas, der die heiligen Gebräuche der
Kirche in
Trinkgelagen parodierte, wurde deshalb abgesetzt
und
Photius (s. d.) an seiner
Stelle zum
Patriarchen erhoben (857). Die hieraus entstandene Kirchenspaltung suchte der
Hof
[* 4] durch Papst
Nikolaus Ⅰ. zu beseitigen. Während der Papst Partei für I. nahm (863), ließ
Photius durch ein
Konzil (866)
sowohl dessen als auch die Absetzung des Papstes aussprechen und legte damit den ersten
Grund zur
Trennung zwischen griech.
und röm.
Kirche.
KaiserBasilius Ⅰ. setzte I. alsPatriarchen wieder ein (867); als solcher starb er 878. Die
griech.
Kirche feiert seinen Gedächtnistag 23. Okt.
Nikolaj Pawlowitsch, russ.
General und
Diplomat, geb. zu
Petersburg,
[* 5] erhielt seine Erziehung im
Pagenkorps, trat 1849 in die Garde ein und wurde während des Krimkrieges dem
Armeekorps des
GeneralsBerg
in den Ostseeprovinzen zugeteilt. Nachdem er 1856 als Militärbevollmächtigter in
London
[* 6] und
Paris
[* 7] diplomatisch thätig gewesen
war, wurde er 1858, zur Belohnung für die für
Rußland günstige Festsetzung der Grenzen
[* 8] auf dem
Pariser Friedenskongreß
zum Generalmajor befördert.
Dem Gouverneur von Ostsibirien,GeneralMurawjew, als diplomat. Beirat zugeteilt, erlangte er von
China
[* 9] durch den
Vertrag von
Aigun die
Abtretung des
Amurgebietes und schloß sodann vorteilhafte Handelsverträge mit
Chiwa und
Buchara. Zum Gesandten in
Peking
[* 10] ernannt, gelang es ihm 1860, einen für
Rußland günstigen Handelsvertrag mit
China
abzuschließen. Nach seiner Rückkehr von dort 1863 wurde er zum Direktor des
Asiatischen Departements
und 1864 zum Gesandten in
Konstantinopel ernannt.
In der Geschichte der russ. Orientpolitik ist I.s Amtsführung dadurch folgenreich geworden,
daß der anfangs von ihm begünstigte
Aufstand
auf
Kreta (1866) und
GriechenlandsTeilnahme für denselben von der russ. Regierung
schließlich desavouiert wurden, und daß er in Sachen des griech.-bulgar.
Kirchenstreites entschieden für die
Bulgaren Partei ergriff, dadurch aber zu einer völligen Abwendung des Hellenentums von
der Sache
Rußlands Veranlassung gab.
In denGang
[* 11] der orient. Ereignisse von 1875 und 1876 griff I. nachhaltig ein, indem er die Interessen der Bosnier und
Bulgaren entschieden begünstigte und zu der Politik
Midhat Paschas in schroffem Gegensatz stand. Nach der Konferenz der Großmächte
vom Dez. 1876 und Jan. 1877 zeitweise abberufen, unternahm I. im März desselben Jahres eine Rundreise an die europ.
Höfe, die zu dem
Abschluß des
LondonerProtokolls vom 31. März erheblich beigetragen hat. Der durch den
Berliner Kongreß
[* 12] später wesentlich modifizierte
Vertrag von
San Stefano war hauptsächlich I.s Werk.
Während der letzten Jahre der Regierung
KaiserAlexanders Ⅱ. nur gelegentlich zu amtlichen Funktionen herangezogen, wurde
I. unmittelbar nach der Thronbesteigung
Alexanders Ⅲ. zum Minister der
Domänen und an Loris-Melikows
Stelle zum Minister des Innern ernannt. Er suchte seine neue
Stellung im
Sinne der nationalen Partei auszunutzen, aber seine
lässige Haltung bei den
Excessen gegen die
Juden in
Polen zog ihm
Angriffe von seiten
Katkows zu, die Juni 1882 seine Entlassung
herbeiführten. Im April 1888 zum Präsidenten der
Slawischen Wohlthätigkeitsgesellschaft gewählt, ist
er der Führer der russ.-panslawistischen Agitation. –
Staatsmänner und
Diplomaten der Gegenwart
(in
«Unsere Zeit», Jahrg. 1877, 1. Hälfte); Aus der
Petersburger Gesellschaft (5. Aufl., Lpz. 1880);
Russ. Wandlungen (ebd.
1882).
etaquaeinterdictĭo (lat), Untersagung des
Feuers und Wassers, umschreibende Formel für
Verbannung, eine
Strafe,
die das ältere röm.
Recht nicht kannte. (S. Exil.)
(lat., d. h. wir werden es nicht wissen,
wir werden nie die dem menschlichen
Geiste gesteckten Grenzen des Naturerkennens überschreiten können), sprichwörtlich
gewordenes Schlußwort von Du
Bois-Reymonds Rede über die Grenzen des Naturerkennens (1872).
jurisnocet, facti ignorantia non nocet, d. h. Rechtsunkenntnis
schadet, thatsächlicher
Irrtum schadet nicht. Diese im röm.
Recht aufgestellte Regel ist in demselben nicht festgehalten;
der
Gedanke ist richtiger so auszudrücken: Wenn das bürgerliche
Recht die
Berufung auf entschuldbaren
Irrtum zuläßt, so ist
darunter in der Regel ein
Irrtum über thatsächliche Verhältnisse, nicht aber über frühere eigene
Handlungen des Irrenden zu verstehen, es sei denn, daß solcher
Irrtum durch besondere Umstände begründet ist. Dagegen kann
sich niemand auf die Unkenntnis gehörig publizierter Gesetze berufen, um die Entschuldbarkeit seines
¶
mehr
Irrtums zu begründen. So auch Preuß. Allg. Landr. Einleitung §. 12; Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 97; Österr. Bürgerl.
Gesetzb. §. 2. Darüber, in welchen Fällen bei Berufung auf echten Irrtum (s. d.) Entschuldbarkeit gefordert wird, weichen
die verschiedenen Rechtssysteme voneinander ab. Übrigens gilt irrige Anwendung des Gesetzes auf einen Fall, welcher
nicht darunter paßt, nicht immer als unentschuldbarer Rechtsirrtum.