während der Revolution von 1848 zum
Unterpräfekten in
Thionville ernannt, mußte aber 1851 sein
Amt niederlegen und kehrte
nach
Paris
[* 2] zurück, wo er, wie vorher, jurist. Privatunterricht erteilte. Nachdem er 1859 den
Titel eines Agrégé erhalten
hatte, ging er als Professor des röm.
Rechts nach
Toulouse.
[* 3]
Bei denWahlen vom zum
Abgeordneten
des Depart.
Haute-Garonne ernannt, Mitglied, dann Vicepräsident der republikanischen Linken, that er sich als Redner besonders
in den jurist.
Fragen hervor. 1875 ward er zum lebenslänglichen Senator, 1877 bei dem
Antritt des Ministeriums Dufaure zum Generalprokurator
an der Rechnungskammer, endlich bei der
Bildung des
Kabinetts Freycinet zum Minister der Justiz
ernannt. Er bekleidete dieses
Amt bis zum Rücktritt des Ministeriums, Dann wurde er Vicepräsident des Senats
und März 1890 zum Präsidenten des Obersten
Rechnungshofs ernannt. Humbert schrieb, außer zahlreichen rechtsgeschichtlichen
Aufsätzen
in dem «Recueil de l'Académie de législation de
Toulouse», der
«Revue historique de droit» und andern
Zeitschriften, einen «Essai sur les finances et la comptabilité publique chez
les Romains» (2 Bde., Par. 1887)
und «Organisation de l'Empire romain» (1892).
Dies ist seine erste, anonym gedruckte litterar.
Arbeit. 1789 hörte Humboldt in Göttingen
[* 6] zuerst philologische, später naturwissenschaftliche
Vorlesungen bei Blumendach,
Beckmann,
Gmelin, Lichtenberg und Lint, und machte
Reisen in den Harz und an die Rheinufer. Im
Frühjahr 1790 begleitete
Humboldt von Mainz
[* 7] aus
Georg Förster auf einer
Reise durch
Belgien,
[* 8]
Holland, England und
Frankreich. Im Juli 1790 ging
er nach
Hamburg
[* 9] auf die
Handelsakademie von
Busch und Ebeling, wo er die günstigste Gelegenheit zur
Übung in lebenden
Sprachen
fand.
Nach einem fünfmonatigen Aufenthalt im mütterlichen Hause bezog er im Juni 1791 die
Bergakademie zu
Freiberg.
[* 10] Hier genoß er den Privatunterricht Werners und die Freundschaft Freieslebens,
Leopold von
Buchs und
AndreasDel Rios. 1792 begleitete
er den Minister von Heinitz, der ihn schon im Februar desselben Jahres zum
Assessor im Bergdepartement ernannt hatte, in die
Markgrafschaft
Bayreuth,
[* 11] ward alsbald Oberbergmeister in den frank. Fürstentümern, ein
Amt, das er bis 1797 mit
verschiedenen
Unterbrechungen verwaltete. Damals schrieb er über die Natur der Grubenwetter und konstruierte eine nicht verlöschende
Lampe
[* 12] und eine Respirationsmaschine nach dem Princip von
Beddoes.
Der
Tod seiner
Mutter im Nov. 1796 reifte in Humboldt den Entschluß zu großen wissenschaftlichen
Reisen. Nachdem
er im März 1797 seine amtlichen Verhältnisse gelöst hatte, verbrachte er zunächst drei
Monate in inniger
Verbindung mit
Goethe undSchiller zu
Jena
[* 13] und trat dann im Nov. 1797 mitL. von
Buch
eine
Reise nach
Italien
[* 14] an und durchzog
Salzburg
[* 15] und
Steiermark.
[* 16]
Als er sich aber durch
Tirol
[* 17] nach dem
Süden
wenden wollte, sah er sich durch den in ganz
Italien ausgebrochenen
Krieg genötigt, seinen
Plan aufzugeben. Unterdessen erhielt
er von Lord
Bristol die Einladung, sich ihm auf acht
Monate zu einer Expedition nach Oberägypten anzuschließen. Er wollte
folgen und war schon nach
Paris gereist, umInstrumente anzukaufen, als
Bonaparte im Mai 1798 nach
Ägypten
[* 18] abging und Lord
Bristol in Mailand
[* 19] verhaftet wurde. In
Paris erfuhr Humboldt die zuvorkommendste
Aufnahme seitens der berühmtesten
Gelehrten.
Auch befreundete sich hier Humboldt mit dem
Botaniker Aimé
Bonpland (s. d.). Infolge eines Anerbietens des schwed.
Konsuls Skiöldebrand wollte er nun denAtlas
[* 20] bereisen. Aber auch dieser
Plan scheiterte, weil die schwed.
Fregatte, die ihn von Marseille
[* 21] nach
Afrika
[* 22] hinüberführen sollte, im
Sturm beschädigt war und monatelang in
Cadiz
[* 23] liegen mußte.
Dann wollte Humboldt mit einem kleinen Schiffe
[* 24] nach
Tunis
[* 25] hinübergehen, erfuhr aber am
Tage zuvor, daß die tunesische Regierung
alle
Franzosen einkerkere. So beschloß Humboldt, mit
Bonpland den Winter in
Spanien
[* 26] zuzubringen. Die außerordentliche
Gunst, deren Humboldt sich an dem span.
Hofe in
Aranjuez drei
Monate lang durch Vermittelung des sächs. Gesandten
Baron von Forell
zu erfreuen hatte, eröffnete ihm den Zugang zu allen span. Besitzungen in
Amerika
[* 27] und dem
Großen Ocean.
Auf Indianerkähnen (ausgehöhlten Baumstämmen) drangen und
Bonpland durch die Katarakten von
Atures und Maipures südwärts
bis zur Einmündung des Atabapo, dann diesen
Fluß aufwärts durch die
Wälder von Pimichin, wo die
Kähneüber Land gezogen werden mußten, zum Rio
[* 30] Negro, und diesen großen Nebenfluß des
Amazonenstroms hinab bis zum südlichsten
Grenzposten der
Spanier, dem
FortSanCarlos am Rio Negro. Von da gelangten sie durch den
Casiquiare wiederum in den
Orinoco.
Sie fuhren sodann den
Strom bis
Angostura hinab und erreichten Cumana am Ende einer
Reise, die zuerst auf astron. Bestimmungen
gegründete Kenntnis von der so lange bestrittenen
Bifurkation des Orinoco geliefert hat. und
Bonpland schifften sich im Aug. 1800 nach
Habana
[* 31] ein und begaben sich im März 1801 nach
Cartagena, dann auf dem
Magdalenenstrom bis
Honda und von
da nach
Bogota. Im Sept. 1801 ging die
Reise nach
Süden fort nach Quito. Fünf
Monate, vom 6. Jan. bis vergingen hier
mit Untersuchungen im Hochthale von Quito. Der Chimborazo wurde bis zur Höhe von 5810 m erstiegen.
Humboldt stand hier auf dem höchsten, je vorher von
Menschen erstiegenen Punkte der Erde und wurde nur durch eine tiefe Schlucht
an der Erklimmung der äußersten noch um 500 m höhern
Spitze gehindert.
Über Cuenca und die Chinawälder von
Loja stiegen
sie in das
Thal
[* 32] des obern Amazonenflusses hinab, erreichten den westl.
Abfall der
¶
mehr
Cordilleren von Peru, gelangten bei Trujillo an die Küste und von da nach Lima.
[* 34]
EndeDez. 1802 schifften sie sich von Callao nach Acapulco ein und erreichten im April 1803 die Hauptstadt Mexikos, von wo
sie die Provinzen Mexikos durchstreiften und im Jan. 1804 nach Veracruz und nach Habana gingen.
Nach zwei Monaten schiffte Humboldt sich mit Bonpland und Montufar nach Philadelphia
[* 35] ein, erfreute sich einige Wochen zu Washington
[* 36] der freundschaftlichen AufnahmeJeffersons, verließ Amerika9. Juli in der Mündung des Delaware und landete in Bordeaux,
[* 37] reich an Sammlungen, besonders aber an Beobachtungen aus dem weitesten Gebiete der Naturwissenschaften,
der Geographie, Statistik und Ethnographie.
[* 38]
Humboldt blieb zunächst in Paris, besuchte dann seinen Bruder in Rom und
[* 39] ging mit Leop. von Buch zum Vesuv
[* 40] und endlich über die Alpen
[* 41] nach Berlin. Von hier begleitete er den Prinzen Wilhelm von Preußen
[* 42] im Spätherbst 1807 auf seiner schwierigen
polit. Mission nach Paris. Da Paris Humboldt am geeignetsten erschien, hier seine vielumfaßenden Werke herauszugeben, so erhielt
er vom König die Erlaubnis, zu bleiben. Seitdem hatte er seinen dauernden Wohnsitz bis 1827 zu Paris, wo auch sein großes
Reisewerk erschien.
Die großen polit. Ereignisse zwischen dem ersten und zweiten Pariser Frieden boten Humboldt Gelegenheit zu
mehrern Reisen nach England und 1818 nach Aachen,
[* 43] wo ihn der König und Hardenberg während des Kongresses in ihrer Nähe zu
haben wünschten. Auch begleitete er den König zum Kongreß nach Verona,
[* 44] Rom und Neapel.
[* 45] Der Wunsch des Monarchen, Humboldt in seiner
Umgebung zu behalten, wurde erst 1827 erfüllt. Im Winter 1827-28 hielt Humboldt in der Universität und in der
Singakademie die berühmten Vorlesungen über physische Weltbeschreibung.
Im April 1829 unternahm Humboldt mit Ehrenberg und G. Rose die auf Befehl des KaisersNikolaus großartig ausgestattete Expedition
nach dem russ. Asten (Ural und Altai, der chines. Dsungarei und dem KaspischenMeere). Bergmännische Untersuchung
der Gold- und Platinlagerstätten, die Entdeckung von Diamanten außerhalb der Wendekreise, astron. Ortsbestimmungen, magnetische
Beobachtungen, geognost., botan. Sammlungen, neue Ansichten über die Richtung der Gebirge, über die Bodenplastik des innern
Erdteils waren die Hauptresultate der Reise.
Die Reise hatte auch noch die Folge, daß die kaiserl. Akademie magnetische und meteorolog. Stationen von
Petersburg
[* 46] bis Peking
[* 47] und später durch H.s Vorstellung an den Herzog von Sussex in der südl. Halbkugel anlegte. Später machte
Humboldt mehrfache polit.-diplomat. Reisen, so 1842 nach Paris, dann aber, außer einem abermaligen Besuch zu Paris vom Okt. 1847 bis
Jan. 1848, nur noch zwei kürzere Reisen außerhalb Deutschlands,
[* 48] und zwar als Begleiter König Friedrich
Wilhelms IV. nach England 1841, nach Dänemark
[* 49] 1845. Sein ständiger Wohnort blieb Berlin, wo er sein Hauptwerk, den «Kosmos»,
verfaßte. Humboldt starb zu Berlin im 90. Lebensjahre. Mit Ausnahme der Tagebücher seiner amerik.
Reise, die der Berliner
[* 50] Sternwarte
[* 51] verbleiben sollten, vermachte er Bibliothek, Naturalien und andere Sammlungen seinem langjährigen
Diener Seifert. Die Bibliothek wurde bei einem Brande des Auktionslokals in London
[* 52] großenteils vernichtet, während der
übrige
Nachlaß einzeln in Berlin versteigert wurde. Über H.s Hauptwerk s. Kosmos.
Weit über zwanzig Jahre dauerte die Bearbeitung und Herausgabe des amerik. Reisewerkes in Paris, das
die berühmtesten Fachmänner (Oltmanns, Kunth, Cuvier, Latreille, Valenciennes, Gay-Lussac, Vauclin, Thenard u. a.), die besten
Künstler, Maler und Kupferstecher hilfreich förderten. Es giebt nur eine vollständige Ausgabe, die sog. «große» in 30 Bänden
(20 in Folio und 10 in Quarto); die sog. «kleine»
Ausgabe enthält nur einige einzelne Werke der «großen» Ausgabe in wiederholtem Abdruck in Oktav, oft mit Kürzungen und Zusätzen.
Der Gesamttitel der vollständigen Ausgabe ist: «Voyage aux régions équinoxiales du Nouveau Continent, fait
en 1799-1804 par Alexandre de Humboldt et Aimé Bonpland, rédigé par Alexandre de Humboldt Grande édition etc.» Sie
zerfällt in folgende sechs Abteilungen: I. «Relation historique» (Bd.
1-3, Par. 1814-19, oder 13 Bde., 8o.,
ebd. 1816-32); sie blieb unvollendet, reicht nur bis zur Reise nach Peru (April 1801) und erschien deutsch von Therese Huber
(6 Bde., Stuttg. 1815-32; besser
und nach H.s eigener Anordnung etwas gekürzt von Herm.
Hauff, 4 Bde., ebd. 1859-60). Zur Originalausgabe gehören: «Atlas géographique et physique» (39 Platten, Fol.) und «Atlas
pittoresque» oder «Vues des Cordillères» (1810, 60 Platten, Fol.). II. «Observations de zoologie et d’anatomie comparée»
(2 Bde. und 55 Platten, Par. 1811 u. 1813, mit Beihilfe von Cuvier, Latreille und Valenciennes). III. «Essai
politique sur le royaume de la Nouvelle Espagne» (5 Bde., Par.
1811; 2. Aufl., 4 Bde., 1825; deutsch, 5 Bde.,
Tüb. 1809-14; dazu «Essai politique sur l’isle
de Cuba», 2 Bde., Par. 1826-27
und «Atlas géographique et physique du royaume de la Nouvelle Espagen», Bd. 1, Fol. und 21 Platten, ebd.
1812). IV. «Observations astronomiques, opérations trigonométriques et mesures
barométriques, rédigées et calculées par Jabbo Oltmanns» (2 Bde.,
Par. 1808-10). Die «Untersuchungen über die Geographie
des Neuen Kontinents, gegründet auf die astron. Beobachtungen und barometrischen Messungen Alexander von H.s und von Jabbo Oltmanns»
(2 Bde., 1810) wurden vernichtet und existieren
nur in wenigen Exemplaren. V. «Physique générale et géologie: Essai sur la
géographie des plantes, accompagné d’un tableau physique des régions équinoxiales» (Par.
1807; deutsch, Goethe gewidmet, Stuttg. 1807). VI. 1) «Plantes
équinoxiales, rédigées par A. Bonpland» (2 Bde., Fol. mit 144 Platten, Par. 1809-18);
2) «Melastomacées et autres genres du même ordre,
rédigés par A. Bonpland» (2 Bde., Fol. mit 120 Platten, ebd. 1806-23);
3) «Nova genera et species plantarum etc.» (7 Bde.,
Fol. mit 700 Platten, ebd. 1815-25). Hierzu gehört von Humboldt die Einleitung: «De distributione geographica plantarum secundum
coeli temperiem et altitudinem montium» (ebd. 1817);
4) «Mimoses et autres plantes légumineueses, rédigées par C. S. Kunth» (Fol. mit 60 Platten, ebd. 1819-24);
5) «Révision des graminées par C. S. Kunth» (3 Bde., Fol. mit 220 Platten, ebd. 1829-34);
6) «Synopsis plantarum; auctor C. S. Kunth» (4 Bde., ebd. 1822-26). Die Resultate
der russ. Reise sind niedergelegt in Humboldt, Ehrenberg und Rose, «Mineralogisch-geognost. Reise nach dem Ural,
Altai¶