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Kirche fort.
In denKlöstern fügte man noch die Gebete um Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, 6
Uhr
[* 2] morgens und 6
Uhr abends,
und zur Mitternacht (nach
Apostelgesch. 16,25). hinzu und zuletzt auch noch das Completorium
(«Vollendung») um 9
Uhr abends. Damit war bereits im 6. Jahrh. die noch jetzt gewöhnliche
Anzahl von 7 täglichen Gebetszeiten (Horen)
[* 3] erreicht (nach
Ps. 119,62,164). Bisweilen tritt noch
eine achte hinzu um 3
Uhr morgens. Die einzelnen
Zeiten und die dafür bestimmten Gebete selber sind:
1) Nocturnummedianum, oder Mesonyktion (grch.), auch
Vigilie, Mitternacht, gewöhnlich verbunden mit der 2) Mette,Matutina
oder Laudes, 3
Uhr früh;
8) Completorium (9
Uhr abends). Nr. 1 und 2 sind horae nocturnae (Nachtstunden) und
die an ihnen veranstalteten
Andachten bilden das Nocturn (nocturnum officium); die übrigen sind horae diurnae (Tagstunden)
und bilden das officium diurnum. (S. Chordienst.)
(czech. Horáci, d.i. Bergbewohner, auch Podhoraken), Bezeichnung für die Bewohner des böhm.-mähr.
Grenzgebirges, namentlich auf der mährischen, gegen dieMarch hin abfallenden Seite.
in dem Gudrunliede ein Sänger, der durch seine Kunst, die selbst die unvernünftigen
Tiere rührt, das
Herz
der schönen Hilde von
Irland für seinen Herrn, den König Hettel von
Dänemark,
[* 4] gewinnt.
In der ursprünglichen Form der
Sage war er (nordisch Hjarrandi) der
Vater Hettels und dieser selbst, wie es scheint, der sangeskundige
Held.
griech.
Grammatiker ägypt. Herkunft, der im 4. Jahrh. n.Chr. in
Alexandria und
Konstantinopel
[* 6] unter
Theodosius lebte und lehrte. Er verfaßte Kommentare zu griech. Dichtern und andern
Schriften.
Ein anderer Ägypter dieses
Namens lebte unter
KaiserZeno gegen Ausgang des 5. Jahrh. Am bekanntesten ist
der
Name Horapollo durch eine griech.
Schrift über Hieroglyphen, die nach den Handschriften von einem Ägypter Horos
[* 7] oder Horapollo in ägypt.
Sprache
[* 8] verfaßt, von einem Philippos ins
Griechische übertragen sein soll. Diese
Schrift enthält viele richtige Erklärungen
von Zeichen der ägypt. Hieroglyphenschrift. Die beste
Ausgabe ist die von Leemans (Amsterd. 1835).
altes patricisches röm. Geschlecht. Ihm gehörten an diedreiHoratier, von
denen die röm. Sagengeschichte erzählt, daß sie unter König
Tullus Hostilius zur
Entscheidung des Kampfes zwischenRom und
[* 10] Albalonga den drei alban. Curiatiern, die ebenso wie sie Drillingsbrüder waren, entgegengestellt worden seien. Zwei
der Horatier waren gefallen, der überlebende aber, von
Livius Publius, von andern
Marcus genannt, gewann den Kampf, indem er klug
die verwundeten Gegner voneinander trennte und einzeln überwand.
Als er siegreich zurückkehrte, empfing ihn seine Schwester, die dem einen Curiatier verlobt war,
mit Wehklagen; im Zorn stieß
sie derBruder nieder. Die
Richter verurteilten ihn zum
Tode. Das
Volk, an das er appellierte, sprach
ihn aber frei, und durch den
Vater oder durch die Priester wurde die Entsühnung vollzogen, bei der er unter einem
Joch durchschreiten mußte. Als dieses Joch galt das bei den
Altären der Juno Sororia und des
Janus
[* 11] Curiatius stehende sog.
tigillum sororium, das
bis in späte Zeit erhalten wurde.
Nachkommen dieses
Horatius waren
MarcusHoratiusPulvillus, der nach Dionys bei der Vertreibung der Tarquinier mitgewirkt haben
soll und von Polybius als einer der ersten Konsuln der Republik, 509 v.Chr., von andern als Nachfolger
des
Spurius Lucretius im
Konsulat genannt wird. Er weihte den von
Tarquinius Superbus begonnenen
Tempel
[* 12] des
JupiterCapitolinus
ein. – Bekannter ist sein
BruderPubliusHoratiusCocles (der Einäugige). Von diesem wird erzählt, er habe, als Porsenna 507
Rom
angriff, die Pfahlbrücke (Pons sublicius), die über den
Tiber zur Stadt führte, gegen die andringenden Feinde erst mit
zwei Genossen, dann allein so lange verteidigt, bis sie hinter ihm abgebrochen gewesen, und sich dann durch Schwimmen zu
den Seinen hinübergerettet, die ihn durch ein
Standbild, das erste öffentliche, das es in
Rom gab, auf dem
Comitium ehrten und mit so viel Land, als er an einem
Tage umpflügen konnte, beschenkten. – Von den übrigen Horatier, die in
dem 3. und 4. Jahrh. der Stadt teils als Konsuln, teils als Konsulartribunen angeführt werden,
ist außer GajusHoratiusPulvillus, der 477 und 457 v.Chr.
Konsul war und im erstern Jahre
Rom gegen die bereits auf dem
Janiculum stehenden
Etrusker verteidigt haben soll, namentlich
dessen
BruderMarcusHoratiusBarbatus erwähnenswert. Dieser erhielt 449 v.Chr. mit
LuciusValeriusPublicola nach dem
Sturz der
Decemvirn das
Konsulat, das er schon vorher zweimal bekleidet hatte, und wurde mit seinem
KollegenUrheber
der wichtigen Gesetze (Leges Valeriae Horatiae), durch welche den
Beschlüssen der
Tributkomitien unter gewissen
Bedingungen
Geltung fürs ganze
Volk gegeben, die
Wahl von Obrigkeiten, gegen deren
Entscheidungen es kein Berufungsrecht gebe, verboten
und
Person und Vermögen dessen, der die plebejischen Obrigkeiten verletze, für den
Göttern verfallen
erklärt wurde. Seit 378 v.Chr. verschwindet das patricische Geschlecht der Horatier.
(QuintusHoratiusFlaccus), röm. Dichter, wurde 8. Dez. 65 v.Chr. als Sohn eines Freigelassenen zu
Venusia in
Apulien
geboren.
Schon als
Knabe kam er mit seinem
Vater, der sein kleines Grundstück verkaufte, nach
Rom, wo er
eine vorzügliche Erziehung und speciell den Unterricht des strengen Grammatikers Orbilius Pupillus genoß. 45 ging er zu
seiner weitern Ausbildung nach
Athen.
[* 13] Als nach
Cäsars Ermordung
Brutus die röm.
Jugend zur Verteidigung der Republik unter
die Waffen
[* 14] rief, trat auch Horaz in dasHeer desselben ein (43 v.Chr.) und nahm als Kriegstribun (höherer
Offizier) an den Feldzügen und an der für die republikanische Partei verhängnisvollen
Schlacht bei Philippi (42) teil,
aus der er sich durch die Flucht rettete. Nach
Rom zurückgekehrt, kaufte er sich mit dem Rest seines väterlichen Vermögens
das
Amt eines Schreibers bei den Quästoren (scriba quaestorius), wandte sich aber bald (wohl schon seit
41) der
Poesie und zwar zunächst der iambischen (Epoden, nach dem Vorbilde des
Archilochus) und satirischen zu. Durch seine
Gedichte gewann er die Freundschaft zweier der angesehensten Dichter jener
¶
mehr
Zeit, des Varius und des Virgil, die ihn bei Mäcenas (s. d.) einführten. Auch diesem trat Horaz bald
näher und hatte sich seiner besondern Gunst zu erfreuen, welche Mäcenas durch die Schenkung eines Landgütchens im sabinischen
Gebiet und durch Empfehlung des Dichters bei Augustus bethätigte.
Im J. 35 v. Chr. gab Horaz das erste Buch seiner Satiren oder, wie er sie selbst betitelte, «Sermones» (d. h.
Gespräche, weil sie in ihrer ganzen Haltung an den Gesprächston anklingen) heraus und begann gleich darauf die Abfassung
eines zweiten Buches, das im J. 30 vollendet und veröffentlicht worden zu sein scheint. Um dieselbe Zeit hat er
wohl auch die Sammlung seiner Epoden (oder, wie er selbst sie nennt, «Iamben») herausgegeben. Von nun an wandte sich Horaz mehr
der lyrischen und Liederpoesie zu und veröffentlichte im J. 23 die drei ersten Bücher seiner Oden oder, wie er sie betitelte,
«Carmina», d. h. Gedichte, die er seinem Gönner Mäcenas widmete.
Hierauf kehrte er zu der didaktischen Richtung, aber nicht mehr in der bittern Stimmung seiner Jugendzeit, zurück, indem
er eine Reihe von poet. Episteln verfaßte, worin er in ruhigem, oft schalkhaftem Tone seine Lebensphilosophie und seine litterar.
Grundsätze darlegt. Das erste Buch gab er 20 v. Chr. heraus und ließ diesem in seinen letzten Lebensjahren
noch ein zweites folgen, dessen dritte Epistel gewöhnlich als besonderes Gedicht u. d. T. «Ars poetica» erscheint. In ihr
entwickelt Horaz seine Ansichten von der Dichtkunst, namentlich der dramatischen, aber nicht nach Art eines Lehrbuches, sondern
in der ungebundenen Weise eines Briefs.
Die «Ars poetica» wird auch nach dem Namen der Adressaten als «Brief an die Pisonen» (schwerlichL.CalpurniusPiso, Konsul im J. 15 v. Chr., eher Gnäus Piso, Konsul 13 v. Chr., und dessen Söhne) bezeichnet. 17 v. Chr. dichtete Horaz im Auftrage
des Augustus zur Feier der von diesem veranstalteten Säkularspiele das sog. «Carmen saeculare», und 17-13
v. Chr., ebenfalls auf Andrängen des Augustus, ein viertes Buch der Oden. Er starb 27. Nov. 8 v. Chr. und wurde auf dem Esquilinischen
Hügel neben dem kurz vorher verstorbenen Mäcenas bestattet.
Horaz gehört wesentlich zu den reflektierenden Dichtern, d. h. die Reflexion,
[* 16] der klare, nüchterne Verstand überwiegt bei
ihm. Daher ist er vor allem für die satirisch-didaktische Richtung angelegt. Seine Schöpfungen auf diesem
Gebiete zeigen zwar nicht die Kühnheit des Lucilius, seines Vorgängers auf dem Felde der Satire (wozu auch die veränderten
Zeitverhältnisse beitrugen, die den Horaz nötigten, sich polit. Anspielungen zu enthalten), aber sie zeichnen sich durch feine
Beobachtung, Klarheit und Schärfe der Charakterzeichnung, anmutigen Witz und Eleganz der Darstellung aus.
In der Lyrik zeigt er in Scherz und Ernst eine bewunderungswürdige Anmut und feinen Geschmack. Überall aber bewährt er sich
als Meister der sprachlichen wie metrischen Form, die er nach strengen Grundsätzen, den besten griech.
Mustern folgend, behandelt. In Bezug auf den Inhalt seiner Dichtungen in den Satiren und Episteln ist Horaz fast
durchaus original-römisch, in den Oden dagegen hat er mehrfach griech. Originale, besonders
des Alcäus, ziemlich treu nachgebildet.
Zur Kritik und Erklärung der H.schen Gedichte sind aus dem spätern Altertum mehrere Scholiensammlungen erhalten («Acronis
et Porphyrionis commentarii in Quintum Horatium Flaccum», hg. von Hauthal, 2
Bde.,
Berl. 1864-66), von denen die des Porphyrio die wichtigste ist (hg. von Wilh. Meyer, Lpz. 1874). Unter den Ausgaben sind hervorzuheben
die kritischen von R. Bentley (zuletzt Berl. 1869), die von Meineke (zuletzt ebd. 1874), die von M. Haupt (zuletzt
ebd. 1881), die von Lucian Müller (Lpz. 1874 u. 1879) und die von Keller und Holder (2 Bde., ebd. 1864-70);
als brauchbare Handausgaben für die Erklärung die von J. C. Orelli (4. Aufl., 2 Bde.,
Berl. 1885-90, besorgt von Hirschfelder und Mewes), die von Dillenburger (7. Aufl.,
Bonn
[* 17] 1881), von Schütz (3 Bde., Bd. 1 in 2. Aufl.,
Berl. 1880-83), von Kießling (3 Bde.,
Bd. 1 in 2. Aufl., ebd. 1886-90) und
von Keller und Häußner (2. Ausg., Lpz. 1892);
von Sonderausgaben der Oden die von Hofmann-Peerlkamp (2. Aufl., Amsterd.
1862), von Hertz (Lpz. 1892), von G. Horaz Müller (Straßb. 1892) und die Schulausgaben von K. Nauck (13.
Aufl., Lpz. 1890);
der Satiren die von Heindorf (3. Aufl., besorgt von Döderlein, ebd. 1859), von Kirchner und Teuffel (2
Bde., ebd. 1854-57), von Döderlein (lateinisch und deutsch,
ebd. 1860) und von Fritzsche (2 Bde., ebd. 1875-76);
der Episteln von Döderlein (lateinisch und deutsch, 2 Bücher,
ebd. 1856-58), von O. Ribbeck (Berl. 1869);
der Satiren und Episteln von G. T. A. Krüger (11. Aufl., von G. Krüger besorgt,
Lpz. 1885) und vonL.Müller (1892).
Von Übersetzungen sind zu erwähnen für die Oden die von Bacmeister (Stuttg. 1871),
die Auswahl von Geibel in seinem «Klassischen Liederbuch»
(5. Aufl., Berl. 1888) und von Mählyin dessen«Röm. Lyriker» (in der «Bibliothek ausländischer Klassiker», Lfg. 154, Lpz.
1880); für die Satiren die von Ch. M. Wieland (2 Tle., 4. Aufl., ebd. 1819) und von Döderlein (2. Aufl., ebd. 1862),
für die Episteln die von Ch. M. Wieland (2 Tle., 4. Aufl., ebd. 1837) und von Bacmeister und Keller (ebd.
1891). Eine gute Gesamtübersetzung hat Strodtmann (2. Aufl., ebd. 1860) geliefert. -
Vgl. Teuffel, Charakteristik des Horaz (Tüb.
1843);