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bedient man sich der Bilder konkreter Gegenstände, deren Begriff mit jenem abstrakten verwandt ist: so schreibt man di-p «leiten» mit einem Kommando- slad v! h^ «herrschen» mit dem Königsscepter I; ?8 «Süden» mit der Wappenpstanze Oberägyptens ^i. Der Gebrauch der Wortzeichen ist aber noch ein weiterer. Man gebraucht sie auch, um Wörter auszudrücken, die zufällig aus denselben Konsonan- ten bestehen, wie das durch das Wortzeichen dar- gestellte Wort; so steht z. B. cn^n pr «Haus» auch für xr «herausgehen»; ^^ ^r «Taube» für ^r «groß»; ^^ 8^ «Gans» für L' «Sohn»; I ulr «Laute» für nli- «gut».
4) Determinativa, die dem l alphabetisch, durch Silben- oder Wortzeichen geschriebenen) Worte nachgesetzt werden, um das Lesen zu erleichtern oder Irrtümern vorzubeugen. So setzt man hinter das alphabetisch geschriebene ^. > n mßii «Krokodil» ein Determinativ «^-. (Krokodil), um genauer die Bedeutung des Wortes zu kennzeichnen. Ähnlich jchreibt man ^^8 hh^ "Bier» mit dem Deter- minativ 3 Krug, um die Flüssigkeit anzudeuten. Derartige Determinative sind ^ für Mann, ^ für Bäume, ^1 Pflanze, s^^ Wüste, ^^ (eine Buchrolle) für abstrakte Begriffe u. a. m. Worte geschrieben. In der Regel braucht man nur das Wortzeichen und setzt, um die Aussprache an- zudeuten, noch ein oder mehrere alphabetische Zeichen hinzu; dem Ganzen folgt dann häusig das Deter- minativ ; z. B. ^^ V^ «herausgehen» (n^iü Wort- zeichen für pr, sprache, V Beine, als Determinativ für den Be- ? 1^ griff des Gehens); ^ ^X ^^ Ich; «herrschen» I 1^ Wortzeichen k^' «herrschen», ^ -^ tz, ^. ^ , Rein alphabetisch oder syllabisch schreibt man ge- wöhnlich nur Worte, für die kein Wortzeichen eri- stiert; z. B. l^ V^v «sein»; «Name» l K^ Determinativ für alles, was mit dem Munde geschieht).
Beim Schreiben mit der Rohrfeder wurden die komplizierten hieroglyphischen Scyriftzeichen abge- kürzt und vielfach untereinander verbunden. Diefe Kursivschrift, in der die meisten ägypt. Handschriften, Urkunden, Briefe u. s. w. geschrieben sind, bezeichnet man nach einem Ausdruck des Klemens Alexandri- nus mit dem Namen hieratische Schrift (Fr3.ni- mata, dieraul^). Sie unterscheidet sich von der hieroglyphischen Schrift der Denkmäler ähnlich wie unsere geschriebenen Buchstaben von den gedruckten.
Aus dieser Kursive ist später durch eine noch größere Abkürzung der Zeichen, deren ursprüngliche Form hier kaum noch zu erkennen ist, die sog. demotische Schrift (d. i. Volksschrift, griech. äßmotikä. oder dßuioäs Fi-HinniatH) entstanden. Man nennt sie auch enchorische, «einheimische» (snokoi-ig. ^HmiuHta), Fi-apliika.). Ihr Gebrauch läßt sich bis ins 7. und 8. Jahrh. v. Chr. zurückverfolgen. Die Hieroglyphenschrift und die aus ihr abgelei- tete Kursive blieben bis in die ersten Jahrhunderte nach Christus, die hieroglyphische nachweisbar bis auf den Kaifer Decius, in Gebrauch.
Als aber das Christentum sich immer mehr in Ägypten [* 2] verbreitete und in seinem Gefolge die griech.-kirchliche Littera- tur, begann man auch für die christl. Schriften in ägypt. Sprache [* 3] sich des griech. Alphabets zu be- dienen, indem man diefem für^die den Ägyptern eigentümlichen Laute (k, h, ti, 8, k, D) sechs der demo- tischen Schrift entlehnte Zeichen hinzufügte. Diefe von den ägypt. Christen gebrauchte Schrift ist unter dem Namen der koptischen Schrift (f. Kopten) [* 4] bekannt. - Näheres über das hieroglyphische Schrift- fystem s. unter andern bei Erman, Ägypten und ägypt. Leben im Altertum (S. 449 fg.) und in des- selben Ägypt.
Grammatik. Die Entzifferung der einheimischen, nament- lich aber der hieroglyphifchen Schrift wurde von Niebuhr mit Recht eine der größten Entdeckungen des 19. Jahrh, genannt. Sie hat eine neue und umfangreiche Wissenschaft begründet und auf alle übrigen Zweige der Altertumsforschung den ent- schiedensten Einfluß geübt, indem sie uns allmäh- lich in den Stand gesetzt hat, die älteste der Kul- turen unserer Kenntnis wieder zugänglich zu machen. Die Auffindung der Inschrift von Rosette (Rafchid) während der Napoleonischen Expedition 1799 gab die erste gegründete Hoffnung zur Entzifferung der Hieroglyphen. Sie enthielt einen dreifachen Text in hiero- glyphifcher, demotischer und griech. Schrift.
Aus dem griech. Texte ging hervor, daß alle drei das- selbe Dekret zu Gunsten des Ptolemäus Epiphanes enthielten, das die ägypt. Priester im 9. Jahre der Regierung des Königs, 196 v. Chr., abgefaßt und in allen ptolemäischen Tempeln aufzustellen verord- net hatten. Von diefem Stein, der jetzt im Britischen Museum aufbewahrt wird, beeilte man sich, Abgüsse und Abdrücke der Inschriften anzufertigen, und 1803 erfchien die erste Publikation derselben, von der ^mihug.rjkm 80ciet^ in London [* 5] besorgt.
Aber die Entzifferung der Hieroglyphen gelang nicht so schnell, wie eine solche mehrsprachige Inschrift hoffen zu lassen fchien. Da der hieroglyphische Text nicht vollständig war, so beschäftigten sich die Gelehrten zunächst nur mit dem demotifchen Texte. Der erste, der sich an diefer Aufgabe versuchte, war Silvestre de Sacy, welcher in seiner bereits 1802 erschienenen «I^ettrs an cito^en Obkpt^I» (damals Minister des Innern) die Resultate seiner Vera^n- chunH des griech. und demotifchen Textes mitteilte. Er hrelt die hieroglyphische Schrift für eine durch- gängig ideographische oder Wortschrift, die hiera- tifche, die er in andern Inschriften richtig erkannt hatte, sür sylladisch oder alphabetisch, die enchorifche für rem alphabetisch, ohne jedoch die einzelnen Lautzeichen lesen zu können.
Doch erkannte er, daß alle drei Schriftarten von rechts nach links zu lefen seien, und fchied eine Anzahl Gruppen, welche die Namen Ptolemäus, Arsinoe, Alexander u. a. ent- hielten, aus dem fortlaufenden Texte richtig aus. Den zweiten wichtigern Schritt tbat der schweo. Diplomat Äkerblad in feiner gleichfalls 1802 ge- druckten «I^tti-6 3.U cito^6Q 8iiv68ti-6 äs 8ac^ 3ur 1'in8cripti0ii 6F^pti6nn6 äs Ii,086tt6». Diefer blieb nicht beim Ausscheiden der ganzen Gruppen stehen, sondern analysierte sie und bestimmte den ¶
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tischen Wert für die einzelnen Zeichen in den Na- men Ptolemäus, Alexander, Arsinoe, Berenike und noch sechs andem. Das hiernach aufgestellte Alpha- bet war im wesentlichen richtig. Zugleich hatte er im hieroglyphischen Texte mehrere Zahlzeichen richtig erkannt. Er hatte demnach in Wahrheit die ersten ägypt. Schriftzeichen entziffert. Hier blieb aber das Werk vorerst stehen. Die 1804 vom Grafen Palin (anonym) erschienene «^na,1^86 äs 1'in- äcription ä6 I5086tt6» mußte ihr Ziel schon deshalb gänzlich verfehlen, weil er von der irrigen Voraus- setzung ausging, daß uns die hieroglyphische In- schrift in der vollständigen Anzahl von Zeilen er- halten sei, sodaß er die erste griech. Zeile mit der ersten erhaltenen hieroglyphischen verglich.
Ebenso unrichtig oder unbedeutend waren die Versuche von Bailey, Sickler, Spohn u. a. Von mittelbarer Wichtigkeit ward nur die 1808 publizierte gelehrte Untersuchung von E. Ouatremöre: ci-itiHU68 6t 1ii8t0riM68 3ar 1a IanZU6 6t 1a 1itt6- rHMrs äs i'N^pte", worin dieser bewies, daß die kopt. Sprache wesentlich dieselbe wie die altägyp- tifche sei. In den I. 1809 - 13 war die um- fangreiche «O68cripti0n äs 1'^Z^pt6», die ruhm- reiche Frucht der Napoleonischen Expedition, er- schienen; aber sie blieb ein Bild ohne Licht [* 7] und Schatten [* 8] und ohne Perspektive, weil die vielen In- schriften, die den Kommentar liefern und alles in seiner hiftor.
Folge erkennen lassen konnten, noch un- verständlich blieben. Erst 1819 wurde die Aufmerksamkeit wieder auf diese wichtigen Untersuchungen gelenkt durch einen Aufsatz des berühmten Physikers Th. I)oung, der im Supplement zum ersten Teil des vierten Ban- des der «Nnc^eioplVäig, Zritkmuica» zu Edinburgh erschien. In diesem wichtigen Artikel «I^^pt» wurde die Entdeckung Akerblads vom demotischen auf den hieroglyphischen Text angewendet und auf eine äußerst scharfsinnige Weise mittels der zwi- schen beiden stehenden hieratischen Schrift nachge- wiesen, daß die einzelnen Zeichen in den hiero- glyphischen Namensschildern den bereits erkannten Zeichen der demotischen Namensgruppen ent- sprechen. Er erhielt auf diese Weise ein kleines hieroglyphisches Alphabet, mit dem er auch eine Reihe anderer hieroglyphischer Königsnamen zu erklären suchte.
Der Versuch war im allgemeinen gelungen, aber doch in den einzelnen Anwendungen noch so mangelhaft, daß er mehrere Namen ganz unrichtig las, z. B. Arsinoe statt Autotrator, Euer- getes statt Cäsar u. s. w. Jean Francois Cham- pollion (s. d.), der sich bereits seit 1807 vorzüg- lich mit Ägypten beschäftigt und schon 1814 seine wertvollen Untersuchungen über die ägypt. Geo- graphie herausgegeben hatte, war wohl mit dem Artikel Joungs bekannt und scheint durch ihn zu neuen Versuchen der Entzifferung von an- geregt worden zu sein. 1821 erschien zu Grenoble [* 9] eine Broschüre in,Folio: «D6 1'6ci-itni-6 tiiei-g.- Uhue ä63 anci6N3 N^pti6ii8», worin cr nachwies, daß, wenn die hieroglyphische Schrift, wie bis dahin allgemein, auch von ^ounq, angenommen wurde, eine mit Ausnahme der Eigennamen nur ideographische Wortschrift sei, dies auch ebenso von der hieratischen gelten müßte, da sich die von ihm untersuchten Totenpapyrus in beiden Schriftarten Zeichen für Zeichen entsprächen, während es den frühern Gelehrten wahrscheinlicher erschien, daß die hieratische Schrift syllabisch sein möchte.
Den entscheidendsten Schritt in der Geschichte der Hieroglyphenentzifferung that Champollion aber erst im nächsten 1.1822 durch die Veröffent- lichung seiner berühmten «I^6tti-6 a N. vaci^», worin er durch die Analyse einer Reihe von Kö- nigsnamen ein wenn auch noch beschränktes hiero- alyphisches Alphabet aufstellte, dessen Anwendbar- keit sich überall bewährte, wo dieselben Zeichen wieder- kehrten. Obgleich nun dieses glänzende Resultat in gewisser Beziehung nur als eine Berichtigung und Erweiterung der besonders durch ihren Scharfsinn verdienstvollen Entdeckung von Joung erschien, der den einzelnen Zeichen zum Teil bereits dieselbe Be- deutung beigelegt hatte, so unterschied es sich doch wesentlich dadurch, daß Champollion einen viel ein- fachern und sicherern Weg einschlug als sein Vor- gänger.
Champollion wurde dabei durch einen be- sonders günstigen Umstand unterstützt. Der Eng- länder Bankes hatte 1815 einen Obelisken auf der Infel Philä aufgefunden, den er famt dem zuge- hörigen Piedestal 1821 nach England brachte und auf seinem Landsitz in Kingston-Hall in Dorsetshire aufstellte. Noch in demselben Jahre publizierte er die hieroglyphischen Inschriften des Obelisken und die griechische des zugehörigen Postaments. Diese enthielt einen Brief der Isispricster von Philä an Ptolemäus Euergetes 11., seine Schwester Kleo- patra und seine Gemahlin Kleopatra. Es lag daber nahe, dieselben Namen in den hieroglyphischen In- schriften zu vermuten.
Obgleich nun die Voraus- setzung irrig war, daß ein Zusammenhang stattfinde zwischen der griech. und hieroglyphischen Inschrift, die sich zwar beide auf denselben König bezogen, aber in verschiedene Jahre gehörten, so fand sich doch in der That außer dem in der Inschrift von Nofette bereits gelesenen Namen Ptolemäus auch der Name der Kleopatra auf dem Obelisken. Auf diefelbe Vermutuna gründete nun Champollion feine vergleichende Analyse der beiden Namen. Es traf sich überaus günstig, daß die Namen ?101X6)m3,i08 und kl.6()?.V1'i-^ vier gleiche Buchstaben enthalten und sich außerdem im zweiten Namen das a wieder- holt.
Die Probe war daher so einfach, daß über die Richtigkeit der Lesung im allgemeinen nicht der min- deste Zweifel sein konnte. Diese beiden Namen er- gaben sogleich ein Alphabet von 11 Lautzeichen, die sich bald durch weitere Anwendung auf die Namen Alexandros, Berenike und viele andere bedeutend vermehrten. Hiermit war der feste und bald von den bedeutendsten Gelehrten, wie Silvestre de Sacy, Nie- buhr, W. von Humboldt, anerkannte Grund für alle folgenden Entdeckungen auf diesem Felde gelegt.
Aber selbst noch in dieser «I.6tti6 ä U. Oaci^» hatte Cbampollion so wenig den wahren Organis- mus des ganzen Hieroglyphensystems erkannt, daß er noch immer mit Joung und andern die irrige Meinung teilte, daß die phonetische Bedeutung der einzelnen Hieroglyphen sich nur auf die Eigennamen beschränke, der übrige fortlaufende Text aber aus rein ideo- graphischen Zeichen bestehe. Hiervon kam er erst in seinem nächsten Werke, «?r6ei8 äu 8)'8t6M6 liisro- Z1ypkihii6» lPar. 1824; 2. Aufl. 1828), zurück, worin er zeigte, daß das durch die Namen gefundene Alpha- bet auch auf alle übrigen Gruppen anwendbar ist, wo sich dieselben Zeichen wiederfinden. Die letzten und vollständigsten Resultate seiner sprachlichen Untersuchungen liegen aber in der erst nach seinem Tode publizierten «üraininaii-ß s^ptisnns» (3 Tle., 1836-41) vor, worin er das ganze System der 11"" ¶