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Geschmacks-57
urteilen sich äußernden fünf praktischen Ideen sind die der Freiheit, der Vollkommenheit, des Wohl- wollens , des Rechts und der Billigkeit. Die an- gewandte Sittenlehre ist einerseits Pädagogik, an- dererfeits Politik. Die fruchtbarste Thätigkeit ent- faltete Herbergen auf dem Gebiete der Pfychologie durch feinen scharfsinnigen Verfuch, die Vorstellungen oder innern Zustände der ^eele als ebenso viele pfychifche Kräfte zu betrachten und deren Wirkfam- keit aufeinander mathem.
Mastbestimmungen zu unterwerfen. Ein besonderes Verdienst erwarb er sich hierbei durch die Bekämpfung der Lehre [* 2] von den Seelenvermögen, die feit Wolf die Pfychologie beherrscht hatte. Wegen der exakten Durchführung ihrer psychol. Hypothese und wegen ihrer versöhn- lichen Stellung zu den empirischen Wissenschaften legt sich H.s Schule den Namen der «exakten» bei; wegen ihrer Polemik gegen den transscendentalen Idealismus Kants und seiner Nachfolger nennt sie sich die Schule des Realismus. Unter den Anhän- gern H.s sind zu nennen: Drobisch, Kartenstein, Exner, Strümpell, Waitz, Volkmann, Ziller, Stein- thal, Lazarus, Zimmermann, Flüqel u. a. Von 1860 bis 1875 hatte die Schule das Organ ihrer innern Verständigung in der «Zeitschrist für exakte Wissenschaft im Sinne des neuern philof. Realis- mus», hg. von Allihn und Zillcr, in neuester Zeit fortgesetzt von O. Flügel. -
Vgl. Drobisch, über die Fortbildung der Philosophie durch Herbergen (Lpz. 1876); Közle, Die Pädagog.
Schule 5vs und ihre Lehre (Gütersloh 1889) i Ernst Wagner, Vollständige Dar- stellung der Lehre H.s (6. Aufl., Langensalza [* 3] 1891).
Herbeck, Joh., Ritter von, Tonsetzer und Diri- gent, geb. in Wien, [* 4] erhielt Unter- richt in der Musik als Sängerknabe im Cistercienser- , stift Hciligenkrenz bei Baden [* 5] und fpäter in Wien. Er machte sich seit 1856 besonders bekannt als Chormcister des Wiener Männergesangvereins und seit 1858 zugleich als Dirigent"der Konzerte der Musikfreunde. Infolge des Einflusses, den er durch diese Stellungen ausübte, wurde er 1866 erster Hofkapellmeister, 1869 erster Kapellmeister der Hof- oper und 1871 auch wirklicher oder technischer Direktor dieser Hofoper, in welcher Stellung er sich aber nur bis 1875 zu halten vermochte. Darauf wurde er abermals Dirigent der Kon- zerte der Gefellfchaft der Musikfreunde. Er starb in Wien. Als Komponist hat Herbergen sich in verschiedenen Formen versucht, aber nur mit denjenigen Liedern, die er für feine Chorver- eine schrieb, Erfolg gehabt. Auch wirkte er durch die Herausgabe nachgelassener Chöre von Fr. Schu- bert und durch Hebung [* 6] des Repertoires der Männer- gefangvereine. -
Vgl. Johann Herbergen. Ein Lebens- bild von seinem Sodne Ludwig (Wien 1885).
Herberay des Cssarts (fpr.ärd'rä däsessahr), Nicolas de, ein aus picardischer Familie stammender Offizier König Franz' 1., mit ihm 1525 in Madrid [* 7] gefangen, wo er Gelegenheit hatte, den span. Roman «^uiHliis ä6 (Fliula» (f. Ämadis) kennen zu lernen, Begründer des neuern franz. Heldenromans. Herbergen starb uui 1552. Herberge (althochdeutsch liei-ideiZa; altfrz.iisi-- 1)61^6 oder lieidei-^o; neufrz. lnider^e; ital. und fpan. llldei^o), ursprünglich das Kriegslager, das Einlager der Soldaten, seit der zweiten Hälfte des Mittelalters mit der allgemeinen Bedeutung von Gasthaus, Wirtshaus.
Völker von unentwickelter Kultur, bei denen die Gastfreundschaft noch heilige Sitte ist, kennen und bedürfen keiner besondern Pflegestätten für Fremde, und die Ausbildung des Herbergswefens erfolgt allenthalben erst mit der Entwicklung des Verkehrs. Im Orient hat man Karawanseraien (s. d.), die dem Reifenden nur Obdach gewähren. In Griechenland, [* 8] wo die regelmäßig wiederkehrenden nationalen und städtischen Feste sowie der lebhafte Verkehr in den Häfen große Menfchenmassen zusammenführten, war die Ein- richtung von Häufern, die Obdach boten, ein Be- dürfnis. An jenen Schauplätzen der öffentlichen Spiele oder in der Nähe vielbesuchter Tempel [* 9] wurde zwar vom Staate für die Unterkunft von Fremden in eigenen Räumen gesorgt, daneben aber bestan- den auch Gasthäuser (n^32xe^, MuäokeiH) als Privatunternehmungen, von denen nicht nur Leute niedern Standes, sondern auch Reiche und Vornehme, die am One keine Gastfreunde hatten, Gebrauch machten.
Ahnlich waren die Verhältnisse im Römi- schen Reiche, wo wenigstens in der Kaiserzeit in allen größern Orten sowie an den großen Straßen- zügen Herbergen (elni^oiiae oder äeverLoria,) bestanden. Nach Einführung des Christentums im Abendlande traten zu diesen Herbergen noch die Klöster und später die Burgen [* 10] der Herren und Ritter. (S. Gastfreund- fchaft.) Die meisten Klöster hatten eigene, zur Auf- nahme von Fremden bestimmte Räume oder Ge- bäude, die deshalb den Namen koäpitium. oder iioLpitgie führten. (S. Hospiz.) Mit dem Aufblühen der Städte in der zweiten Hälfte des Mittelalters, namentlich in Deutschland, [* 11] wurde die Aufnahme und Verpflegung von Frem- den zu einem städtifchen Gewerbe, wobei sich all- mählich ein Unterschied Zwischen Herbergen im engern Sinne und Gasthäusern ausbildete. wirtschaft.) Uuter Herbergen im engern Sinne ver- stand man dann vorzugsweise die Art von Gast- wirtschaften, die nur für wandernde Handwerks- gesellen einer oder mehrerer verwandter Zünfte be- stimmt waren.
Die zuwandernden Gesellen fanden in ihrer Herbergen nicht nur ein Unterkommen, sondern erhielten auch Arbeit nachgewiesen (s. Gesell, Bd. 7, S. 928 d). Zugleich kamen in diesen Wirtschaften, die von einem Herbergsvater und einer Her- bergsmutter verwaltet wurden, die im Orte ar- beitenden Gesellen, vielfach aber auch die Meister zu Beratungen und Festlichkeiten zusammen. Mit dem Niedergänge des Zunftwefens und feiner Ein- richtungen verloren auch diefe Gefellenheroergen (bisweilen «Verkehre» genannt) zum Teil ihre Be- deutung. Nicht felten wird früher Herbergen für Miets- wohnung gebraucht. -
Vgl. Perthes, TasHerbergs- wefen der Handwerksgesellen (2. Aufl., Gotha [* 12] 1883).
Herbergen zur Heimat, billige Gasthäuser mit christl.Hausordnung. Sie svllendieHaudwerksgesel- len vor den verderblichen Einflüssen schlechter Wirts- häuser bewahren. Die erste Anregung zur Reform des Herbergswesens gab I. Herbergen Wichern. Die Begrün- dung von Herbergen zur Heimat betrieb mit Eifer der Professor der Rechte Clemens Perthes in Bonn, [* 13] wo 1854 die erste Herbergen zur Heimat eröffnet wurde. Gegenwärtig (1893) bestehen in Deutfchland bereits 327 Herbergen zur Heimat, davon 207 in Preußen. [* 14] In einigen größern Orten sind mit den Herbergen zur Heimat Hospize sür wohlhabendere Reisende, na- mentlich Damen, verbunden, welche die Unruhe, mitunter auch die hohen Preise des Hotellebens ¶