Lehreigentümlichkeiten des
Briefs erklären sich sämtlich aus dem Gedankenkreise der alexandrinischen
Religionsphilosophie,
den der Verfasser mit
Anschauungen des Urchristentums vereinigt hat. Die eingehendste
Darstellung des Lehrbegriffs des Hebräerbrief ist
von Riehm (Ludwigsb. 1858; 2. Aufl.,
Bas. 1867); Kommentare lieferten
Bleek (der größere, 2 Abteil., Berl. 1828-40; der
kleinere, Elberf. 1868),
Tholuck (3. Aufl., Hamb. 1850), Lünemann (4. Aufl.,
Gött. 1878),
De Wette (3. Aufl., bearbeitet von
Möller, Lpz. 1867),
Delitzsch
[* 2] (ebd. 1857), Kurtz (Mitau
[* 3] 1869), J. C. K.
^[JohannChristian Konrad] von Hofmann (Nördl. 1873),
Keil (Lpz. 1885),
Weiß (Gött. 1888), von
Soden (2. Aufl., Freib. i. Br.
1892).
ein aramäisch geschriebenes Evangelium, das bei den syr.
Judenchristen im Gebrauch war und von dem sich Fragmente bei Origenes, Hieronymus u. a. vorfinden.
(S. auch
Evangelien und Evangelienkritik, Bd. 6, S. 443 a.)
Litteratur, die Nationallitteratur der alten
Hebräer oder Israeliten. Das von dieser Erhaltene findet
sich im Alten
Testament (s.
Bibel),
[* 4] d. h. man hat nur eine sehr einseitige Auswahl aus der ehemaligen
Litteratur und kann von
Inhalt und
Umfang dieser nur durch Rückschlüsse eine
Vorstellung gewinnen. Dabei ist aber weiter zu
beachten, daß dieselben geistigen
Bewegungen, durch die aus dem
Volke Israel die jüd. Gemeinde, aus der israel.
Religion die
jüdische entstanden ist und deren Erzeugnis auch der alttestamentliche
Kanon ist, die
EntwicklungderHebräische Litteratur in bestimmte
Bahnen geleitet haben.
Wie bei allen Völkern, so sind auch bei den Israeliten Gedichte die ältesten Litteraturdenkmäler und diese sind zunächst
nur mündlich überliefert worden. Das alte Israel kennt, soweit man weiß, nurLyrik, das Epos fehlt
völlig.
Daß dieses fehlt, ist die Folge der religiösen
Entwicklung Israels: es ist bei diesem zu einem Polytheismus und
damit zur
Bildung einer Mythologie nicht gekommen, Statt der Epen findet man lyrische Lieder über die Thaten der
Helden. Jedoch
ist davon im
Kanon nur wenig erhalten, z. B. das sog.
Brunnenlied und das Lied von der Eroberung
Hesbons (4 Mos. 21, 18.
u. 27 fg.).
Das älteste und wertvollste der erhaltenen Lieder ist das Deboralied
(Richter 5). Doch ist die altisrael.
Lyrik sehr mannigfaltig
gewesen, da Freude wie
Trauer in Liedern ausklangen (vgl.
1 Mos. 31, 27;.
1 Sam. 18, 6. fg.;
2 Sam. 3, 33. fg.).
Bezeugt sind Lieder der Zecher
(Jes. 5, 11,. 12), die man sich wahrscheinlich
zugleich als kultische Lieder vorzustellen hat (vgl.
Amos 5, 23; 8, 3, 10), Hirtenlieder
(Richter 5, 11), Rätseldichtung
(Richter
14). Sehr entwickelt scheint die Parabeldichtung gewesen zu sein, von der Produkte von hohem dichterischem
Werte überliefert sind
(Richter 9;
2 Sam. 12;.
Jes. 5). Eine sehr genaue
Vorstellung kann man sich vom Totenklagelied (Kinâ)
machen, da in seinem Rhythmus (nach 586
v. Chr.) das
SchicksalJudas und
Jerusalems besungen worden ist (s.
Jeremias,
Prophet)
und die
Propheten es vielfach anwenden.
Die
Dichtung erotischer Lieder wird zu allen
Zeiten geblüht haben (vgl.
Jes. 23, 16). Für die Epithalamien wird dies für
die nachexilische Zeit durch das Hohelied und
Psalm 45. belegt. Reichliche und umfangreiche Reste alter vorexilischer
Dichtkunst
sind in den prophetischen
Büchern erhalten: der feierliche Gottesspruch kleidet sich naturgemäß in
poet. Gewand. In nachexilischer Zeit bildet sich im Anschluß an den Tempelkult die religiöse
Lyrik zu einer Höhe aus, die
von
der
Lyrik keines andern
Volks erreicht oder gar übertroffen worden ist (Psalmen).
Noch im 1. Jahrh.
v. Chr. blühte diese religiöse
Lyrik (Psalter Salomos). Als
Ausdruck einer das menschliche
Leben in Gottesfurcht regelnden Weisheit entwickelt sich in nachexilischer Zeit die didaktische
Poesie
(Sprüche und Prediger
Salomos). Dieser Zeit gehört auch das Gedicht von
Hiob (s. d.) an. Eigentümlich ist für die hebr.
Dichtkunst das Fehlen des Reims
[* 5] und der sog.
Parallelismus der
Glieder.
[* 6] Der hebr.
Vers enthält je einenGedanken
und zerfällt in zwei Versglieder, die einander in Form und
Inhalt so entsprechen, daß der zweite den
Inhalt des ersten in
synonymem oder antithetischem
Ausdruck wiederholt (z. B. «Vom Fresser ging
aus
Speise - vom Grimmigen ging aus
Süßes»,
Richter 14, 14, oder: «Sie sanken in die Kniee und fielen -
wir standen und hielten uns aufrecht»,
Psalm 20, 9). Diese
Glieder sind gleich lang (gleichschwebender Rhythmus).
Eine Ausnahme macht das Totenklagelied, in dem auf ein längeres Versglied regelmäßig als eine Art Nachhall ein kürzeres
folgt (z. B. «Hingefallen ist, nicht steht wieder
auf - die
Jungfrau Israel - hingestreckt ist sie auf ihrem Land - keiner hebt sie auf»,
Amos 5, 2). In
neuerer Zeit hat man sich vielfach bemüht, Metra oder ein bestimmtes Gesetz in der Zahl der
Hebungen nachzuweisen, ohne daß
ein Einverständnis erzielt worden wäre. Auch über die strophische
Gliederung der Gedichte ist man nicht einig. - Die
prosaische Litteratur knüpft in den
Stücken, welche die älteste Zeit behandeln, an die an den Heiligtümern erfolgte Überlieferung
der alten Sagen an. Die Geschichtsüberlieferung erfolgte wie überall zunächst mündlich in der Form der Sage.
Erst später schrieb man das früher mündlich Überlieferte nieder. Den Anstoß zur Geschichtschreibung im strengernSinne
gaben die Thaten der Königszeit. Jedoch haben wir von den vor 621 entstandenen Werken nur noch Trümmer. Sie sind erhalten
soweit sie in die jüngern histor. Werke als Quellenbelege aufgenommen und zur
Komposition neuer
Bücher verwandt worden sind.
Das ist allerdings in ziemlichem
Umfange und wörtlich geschehen. Dreimal ist seit 621 im Zusammenhang
mit der religiösen
Entwicklung Israels die alte Überlieferung umgearbeitet worden.
Zum erstenmal durch die sog. deuteronomistischen Schriftsteller, von denen
Richter, Samuelis, Könige in ihrer jetzigen Gestalt
herrühren (s.
Bibel). Diese haben das
Alte herübergenommen und es den fortgeschrittenern religiösen
Anschauungen angepaßt,
indem sie es durch Zusätze einem theol. Pragmatismus unterzuordnen versuchten. Der Priestercodex (s.
Pentateuch) bildet die Sagen über die Zeit von der Schöpfung der Welt bis zur Eroberung
Palästinas durch Israel im
Sinne
exilischer Frömmigkeit um (etwa 500
v. Chr.). Die
Chronik aber (zu der auch
Esra und Nehemia ursprünglich gehören) beschreibt
die Geschichte von Erschaffung der Welt bis zur
Stiftung der Gemeinde im
Sinne der nachexilischen Frömmigkeit
(etwa 300
v. Chr.). In seine
Darstellung nimmt der Verfasser ältere
Quellen und so namentlich viele
Abschnitte aus Samuelis
und Könige auf (s.
Chronik
[Bücher der]). Hier dient die Geschichtschreibung überall religiösen, erbaulichen Zwecken. Geschichte
im strengern
Sinne zu schreiben, liegt gar nicht in der
Absicht der Verfasser. Den wichtigsten
Teil des
alttestamentlichen
Kanons bildet das Gesetz (s.
Pentateuch) und die Sammlung der prophetischen Werke. Diese ist erst in nachexilischer
¶
mehr
Zeit zusammengestellt worden. Hierbei ist es zugleich vielfach zu einer Überarbeitung und Ergänzung der ältern Stücke
gekommen. Diese Thätigkeit bildet die Brücke
[* 8] zur apokalyptischen Schriftstellerei, die ihre Weissagungen in den Mund einer
religiösen Größe der Vergangenheit legt (s. Apokalyptik).