eine eigentümliche Säure, die
Kynurensäure.
Im H. des noch saugenden Kalbes findet sich ein der
Harnsäure ähnlicher Körper,
das Allantoin. Der Harn der Pflanzenfresser ist reich an
Hippursäure und kohlensauren
Salzen (wegen der Gegenwart dieser trübe),
wogegen der konsistente Harn der
Vögel
[* 2] und Schlangen
[* 3] fast nur aus sauren harnsaurenSalzen, die
Exkremente
der meisten
Insekten
[* 4] aus
Harnsäure und Guanin bestehen.
Der bei weitem größte
Teil der Harnbestandteile ist schon in den Geweben und im
Blute enthalten, wo sie zum
Teil gebildet
werden, und wird von der
Niere aus dem
Blute bloß geschieden, gewissermaßen abfiltriert.
AndereStoffe erleiden in denNieren
selbst noch eine weitere Umänderung, ehe sie abgeschieden werden. Aus den
Nieren gelangt der Harn beim
Menschen und den Säugetieren
durch die mit trichterförmiger Mündung beginnenden
Harnleiter (ureteres) in die
Blase.
Die
Harnleiter sind häutige, nicht sehr weite, mit
Muskeln
[* 5] versehene Schläuche, welche an der hintern Bauchwand zum kleinen
Becken herabsteigen und durch peristaltische
Bewegungen den abgesonderten Harn tropfenweise in die
Harnblase
befördern. Die letztere bildet einen der Aufbewahrung und zeitweisen Entleerung des Harn dienenden häutigen, dehnbaren
Sack, der in der Mittellinie des Körpers im kleinen
Becken hinter dem Schambeinbogen liegt. (S.
Harnblase.) Der
Grund der
Harnblase
spitzt sich trichterförmig in den
Blasenhals zu, und dieser setzt sich in einen häutigen
Kanal,
[* 6] die
Harnröhre
(urethra) fort. Um den
Blasenhals liegt beim
Manne die
Vorsteherdrüse (prostata), eine kastaniengroße, aus drei Lappen bestehende
Drüse, welche erst mit dem Eintritt der
Geschlechtsreife ihre volle
Entwicklung erreicht. (S.
Prostata.) Die
Harnröhre des Weibes
ist kurz und weit und mündet in den vordern
Teil der Scheide; die engere und längere
Harnröhre des
Mannes
ist in dem untern
Teil des männlichen
Gliedes eingebettet und befördert zugleich den Samen
[* 7] nach außen. (S. Geschlechtsorgane,
Bd. 7, S. 897 b.)
Wenn der entleerte Harn mit der Luft in Berührung kommt, so erleidet er zunächst eine saure
Gärung, wobei sich
Milch- und
Essigsäure bilden und die saure Reaktion zunimmt, geht aber bald in Fäulnis und alkalische
Gärung über, indem durch ein eigentümliches pflanzliches Ferment (Gärungspilze) der
Harnstoff in kohlensaures
Ammoniak
zersetzt wird. Solcher Harn ist trübe, setzt
Salze (namentlich die phosphorsauren Erden,
Phosphate) ab (s.
Harnsediment) und stinkt. Da der einmal vorhandene Gärungserreger fortwirkt, so erklärt sich, warum unreinlich gehaltene
Nachtgeschirre immer einen übeln
Geruch verbreiten.
Die
Harnröhre, zu deren Untersuchung man sich neuerdings des
Endoskops (s. d.) bedient, nimmt an den
Krankheiten
ihrer Nachbarschaft teil; eine häufige, ihr allein zukommende, ist der Katarrh derselben oder
Tripper (s. d.), der trotz
seiner anscheinend geringfügigen Bedeutung sorgsame und gewissenhafte Behandlung
erfordert,
weil er sonst leicht
Hodenentzündungen,
Impotenz, Verengungen der
Harnröhre (s.
Striktur) und andere schwer wiegende
Störungen der Gesundheit im
Gefolge hat. -
Vgl. Löbisch, Anleitung zur Harnanalyse (2. Aufl.,
Wien
[* 9] 1881);
Salkowski und Leube, Die
Lehre
[* 10] vom Harn (Berl.
1882);
Neubauer und
Vogel, Anleitung zur qualitativen und quantitativen
Analyse des Harn (9. Aufl., Wiesb. 1890).
oder unwillkürlicher Harnfluß, soviel wieEnuresis (s. d.). ^[= (grch.), unwillkürliches Harnlassen (Incontinentia urinae), Krankheit, die darin besteht, daß ...]
Adolf, prot. Theolog, Sohn von
Theodosius Harnack (s. d.), geb. zu
Dorpat,
[* 11] studierte daselbst 1869-72, habilitierte sich 1874 in
Leipzig
[* 12] für
Kirchengeschichte, wurde daselbst 1876 außerord., 1879 in
Gießen
[* 13] ord. Professor, siedelte 1886 in gleicher Eigenschaft nach
Marburg
[* 14] über und wurde 1888 trotz lebhaften Widerstrebens
des altpreuß. Oberkirchenrates nach
Berlin
[* 15] berufen. 1890 wurde er Mitglied der
Akademie der Wissenschaften.
H.s Standpunkt ist der historisch-kritische; theologisch stimmt er meist mit Ritschl überein, zu dessen
Schule er trotz aller
Selbständigkeit oft gerechnet wird. Er gehört zu den anregendsten und fruchtbarsten Kirchenhistorikern der Gegenwart.
Seine
Studien gelten vorzugsweise der Erforschung der ältern
Kirchengeschichte. Epochemachend ist besonders
sein Hauptwerk «Lehrbuch der Dogmengeschichte» (1.
u. 2. Aufl., 3 Bde., Freib. i. Br.
1886-90),
worin er die Entstehung und
Entwicklung des kirchlichen Dogmas darstellt und dasselbe als «eine Conception
des griech.
Geistes auf dem
Boden des Evangeliums» erweist, welche durch die in apologetischem Interesse
vollzogene Hineinstellung der kirchlichen Überlieferung in den
Rahmen griech.-philos. Weltanschauung entstanden ist. Ein
Auszug aus dem Lehrbuch erschien als «Grundriß der Dogmengeschichte»
(Freib. i. Br. 1889; 2. Aufl. 1893). Mit von Gebhardt
giebt Harnack die
«Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristl. Litteratur» (Bd.
1-10, Lpz. 1882-93) heraus, eine fortlaufende Sammlung eigener
Arbeiten und solcher von Gesinnungsgenossen
und
Schülern.
Mit von Gebhardt und
Zahn veröffentlichte er: «Patrum apostoloricum opera» (3 Bde.,
Lpz. 1875-78; editio minor 1877),
mit von Gebhardt allein: «Evangeliorum codex graecus purpureus Rossanensis» (ebd. 1880).
Die wichtigsten seiner übrigen
Schriften sind: «Zur Quellenkritik der Geschichte des Gnosticismus» (Lpz.
1873),
«Das Mönchtum, seine Ideale und Geschichte» (Gießen 1881; 3. Aufl.
1886),
«Die Überlieferung der griech. Apologeten des 2. Jahrh.»
(Lpz. 1882),
«Martin
Luther in seiner Bedeutung für die Geschichte der Wissenschaft und der
Bildung» (Gießen
1883; 2. Aufl. 1886),
«Lehre der zwölf
Apostel, nebst Untersuchungen zur ältesten Geschichte der Kirchenverfassung und des
Kirchenrechts» (Lpz. 1884; neue Ausg. 1893),
«Die
Quellen der sog. apostolischen Kirchenordnung, nebst einer Untersuchung
über den Ursprung des Lektorats und der andern niedern
Weihen» (ebd. 1886),
«Die
Apostellehre und die
jüd. beiden Wege» (ebd. 1886),
«Der pseudocyprianische
Traktat de aleatoribus, die älteste lateinische christl.
Schrift,
ein Werk des röm.
Bischofs Victor I.» (ebd. 1888),
«Das
Neue Testament um das J. 200, Theod.
Zahns Geschichte des neutestamentlichen
Kanons geprüft» (Freib. i. Br. 1889),
¶
mehr
«Das apostolische Glaubensbekenntnis. Ein geschichtlicher Bericht nebst einem Nachworte» (Antwort auf die von orthodoxer Seite
gegen ihn gerichteten Angriffe, Berl. 1892; 24. Aufl. 1893),
«Die Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus»
(Lpz. 1893),
«Geschichte der altchristl. Litteratur bis Eusebius», Bd. 1 (ebd.
1893); ferner übersetzte Harnack die Werke von Hatch, «Die
Gesellschaftsverfassung der christl. Kirchen im Altertum» (Gießen 1883) und «Die Grundlegung der Kirchenverfassung
Westeuropas im frühen Mittelalter» (ebd. 1888) und besorgte eine deutsche Ausgabe von Robertsons «Religiösen Reden» (Lpz.
1890). Seit 1881 ist er Mitherausgeber der 1876 von Schürer begründeten «Theol.
Litteraturzeitung».
Karl Gustav Axel, Bruder des vorigen, Mathematiker, geb. zu Dorpat, studierte
daselbst unter A. von Öttingen und F. Minding Mathematik und habilitierte sich 1875 in Leipzig als Docent für Mathematik. 1876 folgte
er einem Rufe als Professor an die Technische Hochschule zu Darmstadt.
[* 17] Doch schon ein Jahr später siedelte er nach
Dresden
[* 18] über, um am dortigen Polytechnikum an die Stelle Königsbergers zu treten. Hier starb er Harnack gab heraus:
«Elemente der Differential- und Integralrechnung»
[* 19] (Lpz.
1881),
«Die Grundlagen der Theorie des logarithmischen Potentials und der Potentialfunktionen in der Ebene» (ebd. 1887);
ferner
eine treffliche Übersetzung des Serretschen Werkes über Differential- und Integralrechnung (2 Bde.,
ebd. 1884-85).
Zahlreiche Arbeiten von ihm sind außerdem in den «Mathem. Annalen» und in andern Zeitschriften enthalten.
Theodosius, luth. Theolog, Vater der beiden vorigen, geb. zu Petersburg,
[* 20] studierte in Dorpat, dann
auch im Ausland, besonders in Berlin und Bonn,
[* 21] habilitierte sich 1843 in Dorpat als Privatdocent für praktische
Theologie und wurde 1845 außerord. Professor, 1847 zugleich Universitätsprediger, 1848 ord. Professor. Er folgte 1853 einem
Rufe nach Erlangen,
[* 22] kehrte aber 1866 nach Dorpat zurück, wo er 1875 in den Ruhestand trat und starb. Harnack war ein
Vertreter der konfessionellen Richtung.
Unter seinen Schriften sind hervorzuheben: «Die Idee der Predigt, entwickelt aus dem Wesen des prot. Kultus» (Elberf. 1844),
«Die Grundbekenntnisse der evang.-luth. Kirche» (Dorpat 1845),
«Der christl. Gemeindegottesdienst im apostolischen
und altkath. Zeitalter» (Erlangen 1854),
«Die luth. Kirche Livlands und die herrnhutische Brüdergemeine» (ebd. 1860),
«Die
Kirche, ihr Amt, ihr Regiment» (Nürnb. 1862),
«LuthersTheologie mit besonderer Beziehung auf seine Versöhnungs-
und Erlösungslehre» (1. Abteil., ebd. 1862; 2. Abteil.
1886),
«Die freie luth. Volkskirche» (ebd. 1870),
«Liturgische Formulare zur Vervollständigung und Revision der Agende für
die evang. Kirche im RussischenReiche» (Dorpat 1872-74),
«über den Kanon und die Inspiration der HeiligenSchrift» (Dorpat 1885); auch hat er in Zöcklers «Handbuch der theol.
Wissenschaften» (3 Bde., Nördl. 1883-84; 3. Aufl., 4 Bde.,
Münch. 1889) die Liturgik und Pastoraltheologie behandelt.