Deutsche Besitzungen (1890, Verkehr mit Deutschland)
0,2
0,2
0,4
Zusammen
1434,4
1340,7
2 775,1
Welthandel im ganzen
40159,5
35093,0
75252,5
Sämtliche
hier gebotene Angaben beziehen sich ausschließlich auf den Warenhandel. Daneben ist nun aber auch die Edelmetall-Ein-
und -Ausfuhr vieler Länder von erheblicher Bedeutung. Sie dürfte namentlich nicht unberücksichtigt
bleiben, wenn es darauf ankäme, die Handelsbilanz der einzelnen Staaten zu ziehen. Leider ist es nicht möglich, der Statistik
des Warenhandels der Welt eine entsprechende des Edelmetallverkehrs an die Seite zu stellen. Nicht nur scheuen für viele
Länder die bezüglichen Nachweise: sie sind auch für die andern, und zwar gerade für die wichtigern
Kulturländer, wie ein internationaler Vergleich der statistischen Ergebnisse bisher stets gezeigt hat, so wenig zuverlässig,
daß die Zusammenstellung in der Art, wie es für den Warenhandel hier geschehen ist, ein unzutreffendes Bild liefern würde.
(S. auch Gold und Silber.)
VII. Litteratur. Von allgemeinen Werken sind zu nennen: Roscher, System der Volkswirtschaft, Bd. 3, Nationalökonomik
des und Gewerbfleißes (6. Aufl., Stuttg. 1892);
Sonndorfer, Die Technik des Welthandels (Wien 1889);
Lexis, Abteilung Handel in
Schönbergs «Handbuch der polit. Ökonomie» (3. Aufl.,
Tüb. 1891);
Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 4 (Jena 1892), S. 263 fg.
Zur Geschichte des Handel vgl.
Heeren, Ideen über die Politik, den Verkehr und den Handel der vornehmsten Völker der Alten Welt (4. Aufl., 6 Bde.,
Gött. 1824 - 26);
Hüllmann, Handelsgeschichte der Griechen (Bonn 1839);
Scherer, Allgemeine Geschichte des Welthandels (2
Bde., Lpz. 1852-53);
Beer, Allgemeine Geschichte des Welthandels (5 Bde., Wien 1860-84);
Falke,Geschichte des
deutschen Handel (2 Bde., Lpz. 1859-60);
Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter (2 Bde.,
Stuttg. 1879);
Leone Levi, History of British commerce (2. Aufl., Lond. 1880);
Pigeonneau, Histoire du commerce de la France
(2 Bde., Par. 1885 - 87);
Richter, Handel und Verkehr der wichtigsten Völker des Mittelmeers im Altertum (Lpz.
1886);
Götz, Die Verkehrswege im Dienste des Welthandels (Stuttg. 1888);
Schmoller, Die geschichtliche Entwicklung der Unternehmung
(im «Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft», Bd. 14 fg., Lpz. 1890 fg.).
Die neuere Entwicklung des Handel besprechen: Barth, Wandlungen im Welthandel (Berl. 1882);
Wolfbauer, Die Ursachen des Niedergangs
des Zwischenhandels (Wien 1884);
Weigert, Die Krisis des Zwischenhandels (Berl. 1885);
Schriften des Vereins
für Socialpolitik (Bd. 36 - 38, Lpz. 1888 u. 1889);
Mataja, Großmagazine und Kleinhandel (ebd. 1891);
von Scherzer und Bratajsević,
Der wirtschaftliche Verkehr der Gegenwart (Wien 1891).
Für die Statistik kommen in Betracht: die Gewerbestatistiken, die Handelsstatistiken
und die Konsularberichte der einzelnen Staaten, das vom Reichsamt des Innern herausgegebene Deutsche Handelsarchiv,
die Übersichten der Weltwirtschaft, begründet von Neumann-Spallart (Jahrg. 1885 -89, hg. von
F. von Juraschek, Berl. 1891 fg.) sowie Hübners Geographisch-Statistische Tabellen, hg. von F. von Juraschek (Frankfurt: erscheinen
jährlich); ferner ist noch zu nennen die Wochenschrift «Export» (Berl.).
(S. auch Handelsgeographie.)
Georg Friedr., Tondichter, geb. in Halle a. S., Sohn eines bei dem dort residierenden Herzog Augustus
in Diensten stehenden Barbiers und Wundarztes, gab schon in frühester Kindheit erstaunliche Beweise von musikalischer Begabung
und Willensstärke. Sein Vater bestimmte ihn zum Rechtsgelehrten, und zu diesem Zwecke bezog er 1702 die
Universität seiner Vaterstadt, vertauschte aber diesen Beruf nach einem Jahre ganz mit dem musikalischen und wandte sich 1703 nach
Hamburg, wo er im Theaterorchester zuerst die zweite Geige spielte und sich durch Unterrichtgeben erhielt. Sein erster und
einziger Lehrer in der Musik war Fr. W. Zachau, Organist an der Marktkirche in Halle (gest. 1712); alle
weitere musikalische Bildung von seinem 16. Jahre an erwarb er sich durch Privatstudien und Reisen. Seine ersten erhaltenen
größern Kompositionen, die er bereits im 11. Jahre
mehr
schrieb, sind sechs dreistimmige Sonaten für zwei Oboen (oder Violinen) und Baß gedruckt im 28. Bande der Ausgabe der Deutschen
Händel- Gesellschaft); sie erregen das höchste Erstaunen sowohl durch die kontrapunktische Kunst wie durch die Schönheit
und Reife der melodischen Gestaltung. Später in Hamburg setzte er 1703 eine von Postel gedichtete Passionskantate; 1704 schrieb
er die erste Oper «Almira», die außerordentlichen Beifall fand, und bald darauf
«Nero» und «Florinda»,
die erst 1708 aufgeführt wurden, als Händel sich schon in Italien einen Namen gemacht hatte. Dorthin wandte er sich 1706, zuerst
nach Florenz, wo 1707 seine erste ital. Oper «Rodrigo» entstand. In Venedig schrieb er 1709 die allgemein
bewunderte Oper «Agrippina», in Rom das Oratorium «Ressurezione», in demselben Jahre sowie in dem folgenden
in Neapel das Pastoral «Aci, Galatea e Polifemo» und mehreres andere, dann
um 1710 in Rom die Allegorie «Il trionfo del tiempo» und viele Kantaten.
In Italien reifte Händel zu dem großen universalen Künstler voll unerschöpflicher Hilfsmittel,
als welcher er sich auf allen Stufen seines langen Lebens bewährte. Namentlich wurde sein Gefühl für vokalmäßige Setzart
und Wirkungen zu einer solchen Feinheit ausgebildet, daß er es mit den besten Italienern aufnehmen und diese endlich überwinden
konnte. Von Venedig aus kam Händel 1710 nach Hannover in das Amt eines Kapellmeisters als Nachfolger Agostino
Steffanis, des größten Meisters im Vokalduettsatze, und hier schrieb er unter anderm für die Kurprinzessin Karoline die
meisten seiner ital. Kammerduette. In demselben Jahre ging er auf Urlaub nach London, wo seine Oper «Rinaldo» großen Erfolg
hatte.
Einen zweiten Urlaub zu einer Reise dorthin erhielt er einige Jahre später. Er komponierte diesmal den «Pastor
fido» und «Teseo», versäumte aber rechtzeitig heimzukehren und
zog sich dadurch wie durch Komposition eines Tedeum auf den Utrechter Frieden die Ungnade seines im August desselben Jahres (1714)
zum König von England erhobenen Kurfürsten zu. Händel blieb nun in London und führte 1715 eine neue Oper:
«Amadigi», auf. Erst 1717, als er den König bei einer Wasserpartie auf
der Themse mit den als «Wassermusik» bekannt gewordenen Instrumentalstücken
überraschte, kam es zu einer ehrenvollen Aussöhnung. Händel stand von jetzt an mit dem Hofe lebenslang auf
einem so vertrauten Fuße, daß er als der Hofkomponist des königl. Hauses Hannover angesehen
werden muß, obwohl er keine eigentliche Anstellung besaß.
Nachdem er sich bei dem jungen Grafen Burlington aufgehalten hatte, zog er zu dem in Cannons unweit London mit fürstl. Pomp
residierenden Herzog von Chandos, für dessen Kapelle er eine Reihe von Anthems oder motetten- und kantatenartigen
Kirchenstücken schrieb, die durch Kraft der Darstellung und eindringende Lebendigkeit seine spätern Oratorien vorbilden.
Noch wichtiger wurde sein Aufenthalt in Cannons durch das erhabene Oratorium «Esther», das erste Oratorium in engl. Sprache,
und das herrliche Pastoral «Acis and Galatea», die, um 1720 entstanden, von Pope, Arbuthnot und Gay gedichtet
waren.
Um 1720 trat dann ein Wendepunkt in H.s Leben ein. Eine Opernakademie (Royal Academy of Music) wurde in London gegründet und
Händel nebst Bononcini und andern als Komponist und Dirigent angestellt. Das Unternehmen, für
das er zuerst den «Rhadamist»
und dann noch 13 Opern schrieb, erhielt sich bis 1728. Sämtliche Werke wurden in ital. Sprache aufgeführt
und bildeten in Gehalt und Darstellung den Glanzpunkt der damaligen ital. Oper in Europa. Händel eröffnete 1729 eine neue Akademie
mit Unterstützung des Hofs und Adels auf eigene Kosten, schrieb eine Reihe von neuen Werken und brachte
«Esther» und «Acis» zuerst öffentlich zur Darstellung.
Doch geriet er bei der Aufführung seines neuen Oratoriums «Deborah» in
Zwiespalt mit einer gewissen Partei des Adels, die von Anfang an der flachen specifisch ital. Richtung sich zugeneigt hatte
und jetzt bei «Deborah» die Unzufriedenheit über erhöhte Preise zur
Errichtung einer ital. Gegenoper benutzte, für die Porpora und Hasse komponierten und die
durch den Sänger Farinelli vorübergehend Glanz erhielt. H.s Energie überwand auch diesen Widerstand, doch nur mit Darangabe
aller seiner Mittel und Kräfte. Er war mehrfach dem Bankrott nahe und verfiel momentan in Irrsinn.
Indes genas seine kräftige Natur von schlagartigen Anfällen bald wieder, hauptsächlich durch den Gebrauch
der Bäder von Aachen. Unerschöpflich in den Mitteln seiner Kunst, wußte er seinen Werken und Ausführungen eine Mannigfaltigkeit
zu verleihen, der die Gegner, trotz einer Menge von Komponisten, Sängern und Spielern, nichts Ebenbürtiges entgegensetzen
konnten. Händel schrieb 1736 das " Alexanderfest»
und seit 1735 verband er mit seinen oratorischen Ausführungen Orgelkonzerte mit und ohne Orchester, deren Begründer er
wurde.
Eine ital. Oper leitete er mit einigen Unterbrechungen bis 1741, in welchem Jahre er seine Wirksamkeit an derselben in England
mit «Deidamia» abschloß. H.s 40 Opern sind, was Wahrheit und Energie des Ausdrucks betrifft, echt dramatisch
auch im Gang der Handlung, soweit dies der Charakter der damaligen ital. Oper gestattete. Ihr Schwerpunkt liegt aber in der
Fülle der Musik, in der Schönheit und ergreifenden Wahrheit des Sologesangs, worin sie nie übertroffen sind.
Für den Komponisten und in der Entwicklung der Kunst bildeten sie die natürliche Brücke zum Oratorium,
dem er die Kräfte seines spätern Lebensalters zuwendete. Auf die Trauerhymne für die Königin Karoline 1737 folgten 1738 die
gewaltigen Werke «Saul» und «Israel in Ägypten», von denen letzteres sich zu H.s Lebzeiten wohl die Bewunderung der Kenner,
aber nicht die Gunst des Publikums zu erringen vermochte, dann 1740 das reizende «L’allegro,
il pensieroso ed il moderato».
Zur Einweihung eines neuen Konzertsaals in Dublin komponierte Händel 1741 in 24 Tagen (vom 22. Aug. bis 14. Sept.) den «Messias», führte
denselben dort 1742 zum erstenmal nebst andern Werken mit größtem Beifall auf und verweilte ein Jahr
in Irland. Bei seiner Rückkehr nach London fand er die Verhältnisse zu seinen Gunsten verändert. Er erzielte 1743 eine große
Wirkung mit dem schon 1741 komponierten «Samson», der in H.s Praxis die
eigentliche Oratorienperiode einleitet und dem noch eine lange, glänzende Reihe folgte: «Joseph» 1743, «Semele» 1743, «Belsazar»
1744, «Hercules» 1744, «Occasional
Oratorio» (zur Feier des Sieges bei Culloden) 1746, «Judas Makkabäus» 1746, «Alexander Balus» 1747, «Josua» 1747, «Salomon»
1748, «Susanna» 1748, «Theodora» 1749, «Wahl des Hercules» 1750, «Jephtha» 1751, zuletzt 1757 «The triumph
mehr
of time and truth», eine Umarbeitung des um 1710 in Rom geschriebenen «Il trionfo del tempo». 1751, während der Komposition
des «Jephtha», erkrankten H.s Augen, und bald erblindete er, gab aber, wie bisher, alljährlich in der Fastenzeit seine 12 Oratorienkonzerte
und spielte dabei ein Orgelkonzert. Mit der Ausführung des «Messias», 6. April, acht
Tage vor seinem Tode, beschloß er ein Leben voll großartigster Thätigleit, harter Kämpfe und herrlichster Erfolge für
die Kunst. Händel starb und ward in der Westminsterabtei begraben. Zu seinem von Roubillac gefertigten
Denkmal setzte er 600 Pfd. St. aus, um einer öffentlichen Sammlung vorzubeugen.
Auch wurde ihm auf dem Markte zu Halle eine Bronzestatue (von Heidel) gesetzt. Sein großes Vermögen vermachte er
wohlthätigen Anstalten und Verwandten in Deutschland.
In allen Zweigen seiner Kunst Großes leistend, ist Händel im Oratorium der eigentliche Schöpfer und Vollender; mit diesem begründete
er das große Konzert, ein Zusammenwirken aller Stimmen und Instrumente zur Darstellung eines einheitlichen
Gegenstandes, das sich von England bald nach Deutschland verpflanzte und in beiden Ländern gleich tiefe Wurzeln schlug, jetzt
sich nach und nach auch über die roman. Länder verbreitet. Der innern Größe dieser Werke entsprechend, wurden auch die
größten musikalischen Aufführungen, die jemals stattgefunden haben, durch H.s Oratorien veranlaßt
(die erste deutsche Aufführung des «Messias» fand statt in Hamburg H.s Schnelligkeit im Schaffen ist selten erreicht
und nie übertroffen worden, obschon jedes seiner Hauptwerke eine einheitliche Gestaltung und Gesamtcharakteristik zeigt.
Von seinen Werken sind mehrere, jedoch unvollständige engl. Ausgaben vorhanden. Sie wurden antiquiert
durch die Ausgabe der Deutschen Händel-Gesellschaft (s. d.). -
Vgl. vor allem Fr. Chrysander, Georg Friedrich Händel (Bd. 1 u. 2 und
Bd. 3 erste Hälfte, Lpz. 1858‒67).
Von den neuerdings erschienenen kürzern Biographien ist hervorzuheben die von Händel Kretzschmar, G. F. Händel (Lpz.
1883). Ausführlicher ist V. Schölcher, The life of Händel (Lond.
1853) und W. S. Rockstro, The life of Händel (ebd. 1883). Von den ältern Lebensbeschreibungen des Komponisten sind Matthesons
Mitteilungen in der «Ehrenpforte» (Hamb. 1740),
die J. A. Hillers in den «Wöchentlichen Nachrichten» (1770) und Mainwarings
Memoirs of the life of the late G. F. Händel (Lond. 1760; deutsch von
Mattheson, 1761) zu nennen.