eigentümlichen Geruch. Es wird (früher als offizinell) geraspelt in den Apotheken vorrätig gehalten, vorzüglich aber zum
Blaufärben und überhaupt in der Färberei sowie zur Tintenfabrikation benutzt. Es enthält einen braunroten Gerbstoff
und eine eigentümliche Substanz, das Hämatoxylin (s. d.). Nach dem Ursprung unterscheidet man Honduras-, Cuba-, Domingo-,
Guadeloupe-, Jamaika-Blauholz; Deutschlands Einfuhr (meist über Hamburg) betrug (1892) 472000 Doppelcentner
im Werte von 6¼ Mill. M.
(grch., «Blut bewohnende Tiere») nennt man die im Blute der Wirbeltiere parasitisch vorkommenden, den Ordnungen
der Fadenwürmer und Flagellaten angehörigen Geschöpfe. Die Würmer finden sich nur im geschlechtsunreifen Zustand im Blute
ausschließlich gleichblütiger (warmblütiger) Tiere. Am bekanntesten ist Filaria sanguinis hominis Lew.,
die 0,2 bis 0,3 mm lange, im menschlichen Blute unter den Tropen der Alten und Neuen Welt vorkommende Larve von der geschlechtsreifen,
in Geschwülsten der Lymphgefäße auftretenden Form Filaria Bancrofti Cobbold (s. Haarwürmer, S.614 b). Ähnliche Larven (zu
Filaria immitis Leidy und sanguinolenta Rud. gehörig) finden sich im Blute der Hunde. Im Blut lebende Flagellaten
(Haematomonas) treten nur bei kaltblütigen (wechselblütigen) Tieren auf, bei Fröschen und Fischen. Das Blut des Schlammpeitzkers
scheint ausnahmslos von ihnen besetzt zu sein.
1) Dorf im Bezirksamt Neustadt a. d. Hardt des bayr. Reg.-Bez. Pfalz, hat (1890) 2199 E., darunter 70 Evangelische, und bedeutenden
Weinbau (350 ha Weinberge). Berühmt ist der Hambacher Riesling. Südwestlich vom Dorfe erhebt sich die
alte Kestenburg. Dieselbe gehörte bis 1789 den Fürstbischöfen von Speyer. 1552 wurde sie durch Albrecht von Brandenburg zerstört;
später wieder aufgebaut, war sie von Mönchen bewohnt. 1842 schenkte die Pfalz die erkaufte Burg dem Kronprinzen, spätern
König Max Ⅱ. als Maxburg.
Sie wurde zur Sommerresidenz umgebaut, jedoch nicht vollendet. – Bekannt ist das Hambacher Fest vom Durch
die Julirevolution hatte die demokratische Bewegung in Deutschland, an deren Spitze Siebenpfeiffer, Wirth, die Advokaten Schüler
und Geib standen, neue Anregung gewonnen. Eine Volksversammlung, auf Pfingsten nach dem Hambacher Schlosse berufen, sollte für
die Republik Propaganda machen. Gegen 20000 Menschen, darunter auch Polen und Franzosen, kamen dort zusammen.
Reden für Deutschlands Einheit und republikanische Verfassung wurden gehalten und Volkssouveränität proklamiert. Zu offener
Empörung wagte man nicht zu schreiten, das Fest verlief ohne Störung. Die Bedeutung des Hambacher Festes liegt darin, daß
damals zum erstenmal eine republikanische Partei in Deutschland öffentlich hervortrat. Die deutsch-nationale,
konstitutionelle Partei, Rotteck u. a., mißbilligten die Demonstration. Die Feier gab dem Bundestage die willkommene Veranlassung
zu den Beschlüssen vom welche die
Preß- und Versammlungsfreiheit völlig unterdrückten.
Die Leiter des Hambacher Festes flüchteten ins Ausland, nur Wirth blieb und wurde zu einer Gefängnishaft
von zwei Jahren verurteilt. Als die Feier 1833 wiederholt werden sollte, hielt bayr. Militär
die Ruine besetzt, und es kam zu einigen Verwundungen. – Die ganze Bewegung verlief ohne Ergebnis. –
Vgl. Wirth, Das Nationalfest
der Deutschen zu Hambach (Neustadt 1833);
Miller, Die neuesten Ereignisse in Rheinbayern (Weißenburg 1833);
1) Freie und Hansestadt, Bundesstaat des Deutschen Reichs (hierzu eine Karte: Hamburg und Umgegend nebst Beikarte: Übersicht
des Gebietes der Freien und Hansestadt Hamburg), hat einen Flächenraum von 413,71 qkm und umfaßt das städtische
Gebiet (eigentliche Stadt, Vorstadt St. Pauli und 15 Vororte) mit 76,65 qkm und die 4 Landherrschaften: Geestlande, Marschlande,
Ritzebüttel und Bergedorf. Letztere Landherrschaft besteht aus der Stadt Bergedorf und den sog. Vierlanden und gehörte bis 1867 und
Lübeck gemeinsam. Die Gesamteinwohnerzahl betrug 1885: 518620, 1890: 622530 (308535 männl., 313995
weibl. E.), darunter 571502 Evangelische, 23444 Katholiken, 4831 sonstige Christen, 17877 Israeliten. Hiervon kamen (1890)
auf das Freihafengebiet überhaupt (10,44 qkm) 5223 E. (3643 auf Schiffen), und hiervon wieder 190 auf das Hafengebiet in
Cuxhaven (0,29 qkm). Die Bevölkerung gehört dem niederdeutschen Stamme an; ihre Mundart ist plattdeutsch.
Lage, Bodengestaltung, Landwirtschaft. Der größte und zusammenhängende Teil des hamburgischen Gebietes
ist nördlich der Elbe belegen und wird von den Provinzen Schleswig-Holstein und Hannover begrenzt. Im N., O. und S. dieses Teiles
liegen mitten im preuß. Gebiete mehrere Landgemeinden und an der Mündung der Elbe, am linken Ufer derselben das Amt Ritzebüttel
mit der vorgeschobenen Insel Neuwerk. Vom Gesamtflächenraum waren (1883) 19562 ha Acker und Gärten, 3012 ha Wiesen, 7505 ha
Weiden, 1453 ha Holzung und 9840 ha Haus- und Hofräume, Wege, Gewässer u. s. w.
Der gesamte Ernteertrag belief sich (1892) beim Getreide auf 13476, bei Hackfrüchten 27354, Heu und Stroh 39655 t. Der
Viehbestand betrug (1892) 16940 Pferde, 13168 Rinder, 12656 Schweine, 5723 Ziegen und 3602 Schafe. Das Klima ist infolge der
Nähe der See feucht, im Sommer kühl, im Winter milde.
Verfassung und Verwaltung. Nach der Verfassung vom sind die Träger der Staatsgewalt der Senat und die Bürgerschaft.
Der Senat besteht aus 18 Mitgliedern, von denen die Hälfte Juristen sein und sieben von den andern neun dem Kaufmannsstande
angehören müssen. Die Senatoren werden auf Lebenszeit von Senat und Bürgerschaft gemeinschaftlich gewählt. Die Wahl in
den Senat darf bei Verlust des Bürgerrechts wie der öffentlichen Ämter und Ehrenstellen nicht abgelehnt
werden. Vier Syndici und zwei Sekretäre sind dem Senat, welcher dieselben selbst erwählt, beigegeben. Ein erster und zweiter
Bürgermeister, jährlich vom Senat in geheimer Abstimmung gewählt, präsidieren den Senatsversammlungen. Die Bürgerschaft
besteht aus 160 Mitgliedern; von diesen
0700a
0700b
forlaufend
699
werden 80 durch alle steuerzahlenden Bürger, 40 durch die im städtischen Gebiete Grundeigentum besitzenden Bürger und 40 durch
die jetzigen und frühern Mitglieder der Gerichte und Verwaltungsbehörden gewählt. Die Wahl gilt für sechs Jahre, alle
drei Jahre wird die eine Hälfte der Bürgerschaft erneuert. Der aus 20 Abgeordneten bestehende Bürgerausschuß
ist befugt, in einzelnen Fällen Anträge des Senats, namentlich Ausgaben für unvorhergesehene Fälle, zu genehmigen. Im allgemeinen
beruht jedoch die Gesetzgebung auf dem übereinstimmenden Beschlusse des Senats und der Bürgerschaft. Für die Rechtspflege
besteht seit Einführung der Reichsjustizgesetze ein mit Bremen und Lübeck gemeinsames Oberlandesgericht zu
Hamburg (s. unten).
Durch die Verfassung ist eine strenge Verantwortlichkeit der Verwaltungsbehörden gewährleistet. Jede Verwaltungsabteilung
(Deputation.) besteht aus ein bis drei Senatsmitgliedern und einer Anzahl von Bürgern unter dem Vorsitz eines Senatsmitgliedes.
Dies gilt auch von der Finanzdeputation, die früher nur aus Bürgern bestand. Die bürgerlichen Mitglieder der Deputation
bekleiden ihr Amt unentgeltlich und dürfen die Wahl nicht ablehnen. Durch das religiöse Bekenntnis wird
der Genuß der bürgerlichen Rechte in keiner Weise beschränkt.
Das gesamte Schulwesen wird durch die Oberschulbehörde geleitet, welche aus Senats- und bürgerlichen Mitgliedern sowie
aus Schulmännern zusammengesetzt ist. Zum Deutschen Reichstag entsendet Hamburg drei Abgeordnete (Molkenbuhr,
Dietz, Metzger, sämtlich Socialdemokraten). Nach einer mit Preußen abgeschlossenen Militärkonvention wurde das
frühere hamburgische Kontingent aufgelöst, wogegen zwei preuß. Bataillone (s. unten) des 9. Armeekorps Friedensgarnison
der Stadt wurden, um die Militärpflichtigen in sich aufzunehmen.
Das Wappen von Hamburg stellt eine dreitürmige silberne Burg in rotem Felde dar; das Wappenschild wird von
zwei Löwen gehalten und von einem Helm mit Fahnen und Pfauenfedern bedeckt. ^[Abb.] Die Landesfarben sind Weiß und Rot. Die
frühere Handelsflagge (rot mit den drei weißen Mauertürmen) dient gegenwärtig nur noch als Nebenflagge. Finanzen. Der
Hauptteil des Staatsvermögens besteht in den Hafeneinrichtungen und Gebäuden, doch ist auch der sonstige
Grundbesitz des Staates sehr bedeutend.
Die Schulden erscheinen im Vergleich zur Einwohnerzahl sehr hoch, da sie aber zum größten Teil auf produktive Bauten verwandt
sind, so bilden sie keine drückende Last. Die Verschuldung betrug 1870: 121,05, 1880: 139,89, 1884: 152,57 Mill. M.
und steigerte sich infolge der umfangreichen, durch den Zollanschluß veranlaßten Bauten auf 236,81 im J. 1888 und 280,90
im J. 1892. Hiervon entfielen 111,91 Mill. M. auf die seit 1878 eingeführte 3 1/2proz. Staatsrente, 40 Mill. M. kamen auf
3proz. und ebensoviel auf 3 1/2proz.
Staatsanleihen, 11,11 Mill. M. auf Prämienanleihen und der Rest bestand aus temporären Anleihen und ältern
Schulden. Die Einnahmen beliefen sich 1870 auf 16,06, 1880 auf 29,98, 1885 auf 38,34, 1890 auf 58,42 und sind für 1893 im
ordentlichen
Etat auf 65,377 Mill. M. veranschlagt. Hierzu liefern Domänen und Regalien 4,785 Mill. M. (darunter 2,048 Mill.
M. aus Grundmieten und Mieten von Gebäuden, 2,702 von der Stadtwasserkunst, 4,187 von den Gas- und Elektricitätswerken, 1,193
von den Quaianlagen, 1,370 Mill. M. von der Lotterie), ferner Steuern und Abgaben 37,385 Mill. M. (10 Mill. M. Einkommensteuer,
11,159 Grundsteuer, 1,822 Stempelabgabe, 1,420 Tonnengeld, 2,000 Immobilienabgabe, 4,100 vom Zollwesen, 4,831
Mill. M. Anteil von dem Mehrertrag der Zölle); ferner ergaben die Gebühren und sonstigen Einnahmen der Behörden 8,928 Mill.
M., wozu noch der Ausfall im ordentlichen Etat mit 4,279 Mill. M. kam.
Die Ausgaben sind im gleichen Maße gewachsen, in einzelnen Jahren überschritten sie die Einnahmen, meist blieben sie aber
beträchtlich hinter denselben zurück. Es wurden verausgabt 1870: 16,07, 1880: 30,59, 1885: 36,18 und 1890: 51,05 Mill.
M. Für 1893 sind die Ausgaben im ordentlichen Etat auf 65,377 Mill. M. veranschlagt, davon kommen auf Senat und Bürgerschaft
0,762, Finanzverwaltung 15,156 (darunter 11,737 Mill. M. für Verzinsung und Amortisation der Staatsschuld),
ferner auf Handel und Gewerbe 1,449, auf öffentliche Bauten 11,403, auf das Unterrichtswesen 6,343 Mill. M. (und zwar 4,491
Mill. M. für die Volksschulen im städtischen Gebiete), ferner 2,902 auf Justizwesen, 9,638 Mill. M. auf Polizei und andere
innere Angelegenheiten (darunter 4,753 Mill. M. für die Polizeiverwaltung allein), auf öffentliche
Wohlthätigkeit 6,477, Zollwesen 4,274, Reichshaushalt-Etat 3,936 Mill. M. Im außerordentlichen Etat beliefen sich Einnahmen
wie Ausgaben auf 12,477 Mill. M., die zum größten Teil auf das Bauwesen entfielen. Während die Bewilligungen aus Anleihen
bez. Überschüsse 1875-79: 28,7 bez. 8,9 Mill. M. betragen hatten, stiegen sie in den nächsten fünf Jahren
auf 108,8 bez. 5,4 und erreichten in den folgenden fünf Jahren 1885-89: 51,1 bez. 16,5 Mill. M. 2) Die Stadt Hamburg, die größte
der Hansestädte und erste Handelsstadt Deutschlands, liegt 53° 33' nördl. Br. und 9° 59' östl. L. von Greenwich, in einer
höhe, die von 1 m (Elbspiegel) bis zu 33 m ansteigt, zum größten Teil am rechten Ufer des nördl. Arms
der hier geteilten Elbe, etwa 110 km von der Mündung derselben in die Nordsee, von Berlin 285, von Bremen 114, von Lübeck 63 km
entfernt, und hat eine Ausdehnung von 9,8 km (O. nach W.) und 10,5 km (S. nach N.) und 50,3 km Umfang.
Von der Gesamtfläche (7665 ha) sind 1950 ha Gebäude und Höfe, 760 ha Straßen, 1080 ha Wasserfläche, 215 ha öffentliche
Anlagen und Begräbnisplätze und 3829 ha gärtnerisch und landwirtschaftlich benutzt. Der mittlere Luftdruck beträgt 760,8
mm, die mittlere Jahrestemperatur 8,0° C. (+ 32,0° C. Maximum, -19,8° C. Minimum), die mittlere
Temperatur des Januar - 0,4, des April 7,16, des Juli 17,3, des Oktober 8,9° C, die Niederschlagshöhe 728 mm. (Hierzu ein
Plan: Hamburg-Altona mit Verzeichnis der Straßen, Plätze und öffentlichen Gebäude.) Bevölkerung. Die ortsanwesende Bevölkerung
der Stadt mit Einschluß der Bewohner auf
forlaufend
den Schiffen in den Häfen betrug 1820: 133000, 1830: 153000, 1850: 182000, 1860: 227000, 1871: 300612, 1875: 348447, 1880:
410127, 1885: 471427 und 1890: 569260 E., d. i. eine Zunahme 1885-90 von 97833 Personen (20,75 Proz.) oder jährlich 19567 Personen.
Dem Religionsbekenntnis nach waren (1890) 519824 Evangelische (913 auf 1000), 22152 Katholiken (39), 4722 sonstige
Christen, 17785 Israeliten (31). 1890 wurden gezählt 29541 Wohnstätten, nämlich 1093 Schiffe mit 4532 Bewohnern, 294 unbewohnte
Wohngebäude und 28155 bewohnte Gebäude mit 118362 Familienhaushaltungen, 8832 einzeln lebenden selbständigen Personen und 408 Anstalten
(16123 Insassen).
Während 1875 noch 19,0 Proz. der Bevölkerung in Einfamilienhäusern wohnten, waren es 1885 nur 13,7,
1890: 11,8 Proz. Von den 1886-90 neu entstandenen Wohnungen befanden sich nur 2,9 Proz.
in Einfamilienhäusern. Geboren waren (1890) in Hamburg 276709, im übrigen Deutschen Reiche 276106, im Auslande 16455. Sehr stark
ist die Zuwanderung aus Schleswig-Holstein, Hannover und Mecklenburg. Die Zahl der Geburten betrug (1891)
21795, der Sterbefälle 13553, der Eheschließungen 5719; 1892 beliefen sich die Zahlen infolge der Cholera auf 21810, 24124 und 5538. In
Garnison (1394 Mann) liegen das 1. und 2. Bataillon des 76. Infanterieregiments.
Eine Stadtgemeinde Hamburg besteht nicht, es wird der städtisch bebaute Teil des Staates, bestehend aus der
innern Stadt (430 ha ohne Wasserfläche), der ehemaligen Vorstadt St. Georg (275 ha) sowie der Vorstadt St.Pauli (221 ha)
und 15 Vororten (Rotherbaum, Harvestehude, Eimsbüttel, Eppendorf, Winterhude, Uhlenhorst, Barmbeck, Hohenfelde, Eilbeck, Borgfelde,
Hamm, Horn, Billwärder Ausschlag, Steinwärder, Kleiner Grasbrook), unmittelbar von den Staatsbehörden verwaltet.
Die Vereinigung der Vorstadt St. Pauli, der Vororte sowie eines Teiles des Landgebietes (Veddel, Peute,
Kaltenhofe, Ellerholz und Roß) mit der Stadt steht demnächst bevor; diese wird alsdann 24 Stadtteile umfassen, deren Einwohnerzahl
nach der neuen Abgrenzung die folgende Übersicht angiebt: Stadtteile 1880 1885 1890 Zunahme in Proz.
1880-1885 1885-1890 Altstadt-Norderteil 41783 43312 42491 3,66 -1,90 Altstadt-Süderteil 35720
20945 17478 -41,36 -16,55 Neustadt-Norderteil 51929 55481 56471 6,84 1,78 Neustadt-Süderteil 41702 44843 45207
7,53 0,81 St. Georg-Norderteil 34068 38725 39932 13,67 3,12 St. Georg-Süderteil 25764 34718 44699 34,75 2,87 St.
Pauli-Norderteil 27989 33137 36126 18,39 9,02 St. Pauli-Süderteil 27892 30809 37230 10,46 20,84 Eimsbüttel 16229
26022 46154 60,34 77,37 Rotherbaum 14042 17798 21192 26,76 19,07 Harvestehude 5710 8631 12324
51,16 42,79 Eppendorf 4289 6206 12987 44,70 109,27 Winterhude 2989 3775 7430 26,30 96,82 Barmbeck 16057 22379
32827 39,36 46,69 Uhlenhorst 8722 11167 18138 23,03 62,42 Hohenfelde 11330 14682 18665 29,59 27,13 Eilbeck 7716
10857 17890 40,71 64,78 Borgfelde 6858 10510 15509 53,25 47,57 Hamm 7279 9275 12270 27,42
32,29 Horn 2664 3363 4495 26,24 33,66 Billwärder Ausschlag 10803 15069 23961 39,43 59,01 Steinwärder 3880 4145
1070 6,78 -74,19 Kleiner Grasbrook 1615 1750 420 8,36 -76,00 Veddel 2009 2881 3700 43,44 28,34 Schiffe in den
Häfen 3270 3959 4532 21,07 14,50 ^[Additionslinie] Zusammen 412314 474439 573198
15,07 20,82
Ein Teil von Altstadt-Süderteil sowie Steinwärder und Kleiner Grasbrook liegen im Freihafengebiet, in welchem nur Wohnungen
für das Aufsichts- und Betriebspersonal zugelassen werden; diese Gebiete mußten daher mit dem Zollanschlusse (1888)
von den meisten Bewohnern geräumt werden.
Rechnet man zu Hamburg noch die Einwohnerzahl der mit ihm zusammenhängenden Städte Altona (143249 E.) und
Wandsbek (20571 E.), so ergiebt sich eine Gesamtbevölkerung von fast. 750000 E. Bis zum Dez. 1892 stieg die Einwohnerzahl
(ohne die Schiffe in den Häfen) auf 581314. Ehrenbürger der Stadt sind Fürst Bismarck, Johannes Brahms und der
in London lebende G. (5. Schwabe, ein geborener Hamburger, der sich durch Schenkungen um die Stadt verdient gemacht hat. Anlage.
Der bei weitem größte Teil der Stadt liegt rechts der Elbe und wird durchflossen von der Alster (s. d.) und der Bille.
Erstere bildet ein von zahlreichen Villen und schönen Anlagen umgebenes Becken (Außenalster, 172 ha) und
südlich davon, durch die Lombardsbrücke davon getrennt, ein kleineres Becken (Binnenalster oder Alsterbassin, 20 ha). Die
Alster und Ville sowie die zahlreichen, die Stadt durchschneidenden und mit ihnen und der Elbe in Verbindung stehenden Kanäle
(Fleete) sind schiffbar gemacht und dienen zur Zufuhr von Waren an die Speicher und von Kohlen und Rohstoffen
in die Fabriken.
Zahlreiche Häfen auf beiden Ufern der Elbe, die bei einer Breite von 250 bis 530 m auf einer Länge von 3600 in durch das
Freihafengebiet (s. unten Geschichte) fließt und deren Tiefe durch regelmäßiges Baggern auf 7 m gehalten
wird, bieten den Schiffen zum Aus- und Einladen der Waren Unterkunft. Der in der Marschniederung belegene Teil der innern
Stadt ist durch Erhöhung gegen Überschwemmungen gesichert. Die in frühern Jahrhunderten starken Festungswerke wurden mit
der Ausdehnung der Stadt wiederholt hinausgeschoben, im Anfang des 19. Jahrh. verstärkt,
nach dem Pariser Frieden jedoch aufgehoben. An ihre Stelle sind Anlagen getreten, die ebenso wie diejenigen
am östl. Ufer der Außenalster der Stadt zur großen Zierde gereichen.
Bei der Binnenalster dagegen treten die Straßen Alsterdamm, Alter und Neuer Jungfernstieg dicht an das von Steinmauern eingefaßte
Bassin heran. Straßen, Plätze. Die Architektur der Stadt ist sehr mannigfaltig, in der innern Stadt herrscht
vielfach noch Fachwerkbau, der bis zu dem großen Brande 1842 allgemein üblich war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrh.
sind in mehrern Stadtteilen, besonders im südl. Teile der Altstadt infolge des Zollanschlusses, neue breite Straßen mit gewaltigen
Geschäftshäusern (der Dovenhof in der Brandstwiete hat gegen 100 Comptoire und Geschäftsräume) entstanden.
In der Neustadt hat die Herstellung der Ringstraße zwischen Holsten- und Dammthor, die Verbreiterung der Fuhlentwiete, sowie
die in den J. 1891 und 1892 neu angelegte Kaiser-Wilhelmstraße, welche in einer Länge von 450 m und einer Breite von 21 m
das sog. Gängeviertel durchschneidet, eine große Anzahl von alten Häusern
mit zahlreicher Bevölkerung beseitigt. Weitere Hinderungen wird die geplante Wallregulierung zwischen Holstenthor und Hafen
sowie das revidierte Baupolizei-Gesetz bringen. Die innere Stadt hat infolge dieser Bauten von 1880 bis 1892 mehr als 23000 E.
verloren, während die Vororte allein in derselben
forlaufend
701
Zeit um 152000 E., St. Georg und St. Pauli um fast 42000 zugenommen haben; durch die dichte Bebauung und die Errichtung hoher
Etagenhäuser verlieren die Vororte immer mehr den ländlichen Charakter, durch den sich die meisten vordem auszeichneten.
Zahlreiche Villen wie auch einfachere Familienhäuser finden sich noch in den Vororten Rotherbaum, Harvestehude,
Uhlenhorst, Hohenfelde, Eilbeck, Hamm und Horn. Der geschäftliche Mittelpunkt der Stadt ist die Börse und deren Nachbarschaft,
insbesondere die Straßen Neuerwall, Alterwall und Burstah; die Comptoire des Großhandels und der Reederei sind eil sich hauptsächlich
in der Altstadt, in den dem Hafen benachbarten Straßen.
Die breiteste Straße der innern Stadt ist nächst der Esplanade (48 m) der Rödingsmarkt geworden (33
m), nach Zuschüttung des vordem in seiner Mitte fließenden Fleets. Denkmäler. Die Denkmäler stammen fast sämtlich aus
den letzten Jahrzehnten. Erwähnenswert sind: das Schillerdenkmal aus Bronze (1866) in den Anlagen gegenüber der Kunsthalle;
das 1877 errichtete Kriegerdenkmal zur Erinnerung an 1870-71, eine Bronzegruppe von I. Schilling, am Anfange
der Esplanade;
das Lessingdenkmal von Schaper, gleichfalls aus Bronze (1881) auf dem Gänsemarkt.
Das aus Staatsmitteln herzustellende
Denkmal für Kaiser Wilhelm I. soll seinen Platz auf der Reesendammbrücke oder auf dem Rathausmarkt erhalten. Weitere Denkmäler
sind errichtet: dem Nationalökonomen Busch, dem Reformator Bugenhagen (1885), dem Gründer sowie dem Erweiterer
der Stadt Bischof Ansgar und Adolf III. von Schauenburg, letztere beiden Denkmäler auf der Trostbrücke (1883). Von den öffentlichen
Brunnen sind ihres künstlerischen Schmuckes halber der Hansabrunnen (1878) auf dem Hansaplatz
und der Kaiser-Karl-Brunnen (1890) auf dem Fischmarkt anzuführen.
Kirchen. Nach Abtragung (1805) des uralten Doms sind die ältesten Kirchen die Katharinenkirche (13. Jahrh.)
mit Turm (1657) und die Jacobikirche (14. Jahrh.) mit Turm (1580); die Michaeliskirche wurde 1750 durch den Blitz zerstört
und danach von Sonnin wieder aufgebaut; sie ist ein eigenartiger Centralbau ohne Säulen, ihre Krypta birgt 300 Gräber,
darunter das des Erbauers. Von den fünf Hauptkirchen wurden die Petrikirche (12. Jahrh.)
und die Nikolaikirche (12. Jahrh.) 1842 durch Brand zerstört.
Erstere ist in der alten Form wieder aufgebaut (der Turm ist erst 1878 vollendet), die neue Nikolaikirche, ein got. Bau mit
Turm (147 m), 1846-63 von Scott errichtet, hat eine große Orgel und ein Glockenspiel, welches gleich dem
der Petrikirche wöchentlich zweimal spielt. In den Vororten entstanden 1880-86 fünf neue Kirchen. Weltliche Bauten. Das bedeutendste
Gebäude ist das im Bau begriffene Rathaus in deutscher Renaissance; dasselbe erhält eine Sandsteinfaçade und einen Turm (100
m) und kostet über 9 Mill. M. Mit der Rückseite stößt es an die Börse am Adolfsplatz.
Letztere ist 1839-41 erbaut (745000 M.), 1880-84 erweitert (875000 M.), 1893 durch eine Sandsteinfaçade (323300 M.) verschönert
und enthält drei große Säle, die Bureaus und Bibliothek der Handelskammer, Ausstellungsräume für Exportmusterlager, Lesezimmer
der Aktiengesellschaft Börsenhalle u. s. w. linter den verschiedenen
Gebäuden, welche staatlichen Verwaltungsbehörden dienen, ragt das von der Polizeibehörde benutzte Stadthaus am
Neuenwall
hervor; der ältere Teil (1717), ursprünglich ein Palais und später Wohnung des deutschen Gesandten, ist 1889-91 durch einen
großartigen Anbau erweitert (Kosten 1622000 M.).
An der Ringstraße ist 1891-93 ein schönes Verwaltungsgebäude für die Generalzolldirektion errichtet
worden (900000 M.). Das vor dem Holstenthore belegene umfangreiche Strafjustizgebäude in deutscher Renaissance mit großem
Untersuchungsgefängnis ist 1879-82 erbaut und 1893 erweitert; im Norden der Stadt, beim Dorfe Fuhlsbüttel, liegt das Centralgefängnis,
1876-79 erbaut, für 760 Gefangene, unweit davon die Korrektionsanstalt für 800 Personen.
Nennenswert sind ferner die vom Reiche 1879-81 errichtete Deutsche Seewarte (s. Seewarte) am Elbufer, das
Hauptpostgebäude am Wall beim Dammthor, 1883-86 erbaut (2080000 M.). Von privaten Gebäuden zeichnen sich nur wenige durch
eine reichere Architektur aus, so das am alten Jungfernstieg belegene Aktienhotel Hamburger Hof und Ludwigs Konzerthaus in St.
Pauli. Einen großartigen Anblick gewähren die im Freihafengebiet von einer Aktiengesellschaft errichteten
fünf- bis sechsstöckigen Speicher.
Die zahlreichen Villen und Wohnhäuser der reichen Kaufleute und Reeder haben bei ihrem einfachen Äußern meist eine reiche
und künstlerische innere Ausstattung. Verwaltung. Das städtische Gebiet wird durch die Staatsbehörden verwaltet (s. oben).
Die für 1893 gewählten Bürgermeister sind Dr. J. G. Mönckeberg und Dr. Versmann. Das Gehalt
der jurist. Senatoren beträgt 25000 M., der kaufmännischen 12000 M., die beiden Bürgermeister erhalten Zulagen von 5000 bez. 3000 M.
Die Leitung der Polizei des städtischen Gebietes geschieht durch einen Senator (Polizeiherrn); dieselbe besteht aus 2100 Beamten,
davon kommen 1770 auf den Sicherheitsdienst, einschließlich 150 Mann Hafenpolizei.
Die Feuerwehr setzt sich zusammen aus 1 Branddirektor, 5 Offizieren und 300 Mannschaften; es bestehen 8 Feuerwachen, 181 Feuermelder, 11 Dampf-
und 12 Schiffsdampfspritzen und 5062 Wasserposten. Die Wasserkunst im Billwärder Ausschlag liefert filtriertes Elbwasser,
das in einer ausgedehnten Sandfilteranlage (1893 beendet, Kosten 9 Mill. M.) gereinigt wird. 1891 wurden 46905322
cbm Wasser verbraucht (täglich 220 l auf den Kopf). Die Sielsysteme (bis 3 m Durchmesser) der Kanalisation sind 321 km lang,
auf eine Länge von 3 km mit Kähnen zu befahren und münden noch innerhalb der Stadt in die Elbe.
Die beiden großen und das kleine städtische Gaswerk (ein drittes großes ist im Bau begriffen) erzeugten
(1892) 42501876 cbm Gas für 24047 Straßenlaternen, 337300 Privatflammen und 375 Gasmotoren (1316 Pferdestärken); das Leitungsnetz
ist 411,7 km lang. Die elektrische Beleuchtung wird durch eine größere Anzahl privater Anlagen und durch die staatlichen Elektricitätswerke,
deren Betrieb verpachtet ist, unterhalten; Anfang 1890 bestanden im ganzen 159 elektrische Beleuchtungsanlagen
mit 32800 Glühlampen und 750 Bogenlampen, von letztern 82 für Straßenbeleuchtung. Über die Finanzen s. oben (S. 699 a). Behörden.
Hamburg ist Sitz sämtlicher Staatsbehörden, einer preuß. Gesandtschaft, des hanseatischen
Oberlandesgerichts mit drei Landgerichten (Bremen, Hamburg, Lübeck), eines Landgerichts mit drei Amtsgerichten
(Bergedorf, Hamburg, Ritzebüttel), sechs Civil-, drei Strafkammern und sechs Kammern für
forlaufend
Handels-702
sachen, eines Amtsgerichts, einer Reichsbankhauptstelle (Gesamtumsatz 1892: 12294,192 Mill. M., darunter Lombardverkehr 48,786,
Wechselverkehr 1000,318, Anweisungsverkehr 3,908, Giroverkehr 11158,959, Verkehr mit Reichs-und andern Staatskassen 82,219
Mill. M.), einer Oberpostdirektion für die Gebiete der Freien und Hansestädte und Lübeck, für Teile der preuß. Reg.-Bez.
Lüneburg und Stade und für den südöstl. Teil der Provinz Schleswig-Holstein, einschließlich des Kreises
Herzogtum Lauenburg sowie für die oldenburg.
Enklave Stockelsdorf und für Helgoland, mit 2314 km oberirdischen Telegraphenlinien (21680 km Leitungen, einschließlich 14465 km
Stadtfernsprechanlagen) und 219 Verkehrsanstalten, ferner des Bekleidungsamtes des 9. Armeekorps und zahlreicher Konsulate
von europ. und überseeischen Staaten. Unterrichts- und Bildungswesen. Die Gelehrtenschule des Johanneums
ist unter Leitung Bugenhagens als fünfklassige Lateinschule im Dominikanerkloster St. Johannis eingerichtet und eingeweiht
(Direktor Dr. Schulteß, 32 Lehrer, 18 Klassen, 500 Schüler). 1612 wurden ein akademisches Gymnasium und 1803 bei der Reorganisation
Realklassen angefügt, ans denen später das Realgymnasium (Direktor Dr. Friedländer, 38 Lehrer, 18 Klassen
mit 53 l. Schülern, 6 Vorschulklassen mit 249 Schülern) gebildet wurde; ferner bestehen das Wilhelmgymnasium, 1881 gegründet
(Direktor Wegehaupt, 29 Lehrer, 18 Klassen, 490 Schüler), 4 Realschulen, 4 Höhere Stiftungsschulen (Realschule der reform.
Gemeinde, Stiftungsschule von 1819, Talmud Tora, Paulinum in Horn), 5 höhere Privatknabenschulen, 5 höhere
und mittlere Mädchenschulen, 65 höhere Privatmädchenschulen, ein Lehrerinnenseminar und höhere Mädchenschule des Klosters
St. Johannis, ein Lehrerseminar mit Präparandenanstalt und Seminarknabenschule, ein Lehrerinnenseminar mit Seminarmädchenschule,
eine staatliche Allgemeine Gewerbeschule, verbunden mit Bauhandwerkerschule, eine Gewerbeschule für Mädchen, ein Konservatorium
für Musik, Taubstummenanstalt und Blindenanstalt von 1830; endlich eine staatlicheNavigationsschule im
Seemannshause und die private Seemannsschule auf Waltershof. Im städtischen Gebiete bestanden (1892) 93 Volksschulen mit 66690 Schulkindern.
Sammlungen. Die Stadtbibliothek enthält 500000 Bände und Dissertationen und etwa 5000 Handschriften. Die Handelskammer hat
eine bedeutende Kommerzbibliothek (100000 Bände), besonders reich an Werken über Volkswirtschaft, Geographie, Statistik und
Geschichte. Das neue Naturhistorische Museum am Steinthor birgt reiche naturgeschichtliche Sammlungen
und die Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer; ferner bestehen das Museum für Völkerkunde, das Botanische Museum mit Laboratorium
für Warenkunde, der Botanische Garten, das Physik, und das chem. Staatslaboratorium, das Hygieinische Institut, die Sammlung
hamburgischer Altertümer und die Sternwarte.
Den ersten Platz unter den Kunstinstituten nimmt die Kunsthalle am Wall ein (1863-68 erbaut, 1884-86
erweitert) mit einer Sammlung von ältern Meistern, besonders Niederländern, ferner der deutschen und engl. (Schwabe-Stiftung)
Schule. Andere wertvolle Gemäldesammlungen befinden sich im Besitz von Privatpersonen. Eine außerordentlich reichhaltige
Sammlung kunstgewerblicher Gegenstande
ist in dem 1877 errichteten Museum für Kunst und Gewerbe vereinigt.
Von den sechs Theatern gehören das Stadttheater und das Thaliatheater zu den ersten Bühnen Deutschlands: die Vereinigten Stadttheater
zu und Altona (Aktiengesellschaft, mit 2000 bez. 1050 Zuschauerplätzen) sind verpachtet an Pollini;
das Thaliatheater (1600
Plätze) und das Carl-Schultze-Theater (1500 Plätze) sind gleichfalls verpachtet.
Berühmt sind die Bülow-Konzerte
im Konventgarten. In H. erscheinen u. a. sechs polit. Zeitungen, darunter «Hamburger Nachrichten» (s. d.),
«Hamburgischer Correspondent»
(s. d.),
«Hamburgische Börsenhalle» (s. d.),
«Hamburger Fremdenblatt», das socialdemokratische «Hamburger Echo». Vereinswesen und Kassen. Von wissenschaftlichen Vereinen sind
zu nennen: die Geographische Gesellschaft als die größte (700 Mitglieder), die Mathematische Gesellschaft (1690 gegründet)
als die älteste und der Verein für Kunst und Wissenschaft;
ferner der Architekten- und Ingenieurverein,
der Verein für öffentliche Gesundheitspflege, der Gewerbeverein, der Kunstgewerbeverein, der Kunstverein, der Journalisten-
und Schriftstellerverein, der Verein für Hamburgische Geschickte, der Verein Hamburgischer Staatsbeamten (1600 Mitglieder),
der Nautische Verein, der Verein für innere Mission (1848 von Wichern gegründet), zahlreiche Bürgervereine
(die sich mit kommunalen Angelegenheiten befassen), der Verein für Handlungscommis (1858) mit 40000 Mitgliedern;
er vermittelt
kostenfrei Stellen für Mitglieder und besitzt eine Kranken- und Begräbnis- sowie eine Pensionskasse;
ferner bestehen zwei
Sparkassen mit 105 Mill. M. Einlagen, Vorschuß-, Kranken-, Unterstützungs-, Pensions- und Sterbekassen, endlich sechs Freimaurerlogen
(Große Loge von Hamburg, Provinzialloge von Niedersachsen, Loge Globus und die Logen des eklektischen Bundes). Wohlthätigkeitsanstalten.
Das alte allgemeine Krankenhaus in St. Georg (1823) und das neue in Eppendorf (1890) für 1360 Kranke sind staatlich, während
das Vereinshospital, Marienkrankenhaus, Freimaurerkrankenhaus, israel. Krankenhaus, Bethesda, Kinderkrankenhaus aus Privatmitteln
errichtet sind. Das Seemannshaus ist zur Unterkunft für Seeleute bestimmt und hat ein vom Staate unterhaltenes
Krankenhaus. In Barmbeck liegt die 1861-64 errichtete und später erweiterte Irrenanstalt Friedrichsberg, in Langenhorn (nördlich
von Hamburg) die 1893 eröffnete landwirtschaftliche Kolonie für Geisteskranke; ferner gehören hierher die Entbindungsanstalt,
das Werk- und Armenhaus, das Waisenhaus; eine staatliche Beihilfe erhalten die Taubstummen- und die Blindenanstalt.
Von den zahlreichen privaten Stiftungen ist die größte das Schröder-Stift, 1852 vom Freiherrn von Schröder errichtet und
später erweitert, mit 200 Freiwohnungen für Männer und Frauen, die außerdem eine jährliche Beihilfe von je 120 M. erhalten.
Erwähnenswert sind endlich das Rauhe Haus (s. d.) in Horn, die Alsterdorfer Anstalten für schwache und
blödsinnige Kinder, errichtet und geleitet von Pastor Sengelmann und die neun Volkskaffeehallen. Industrie. Durch den Anschluß
an das Zollgebiet und die Beibehaltung eines Freihafengebietes, in welchem die Errichtung gewerblicher Anlagen gestattet ist,
hat sich die Industrie außerordentlich entwickelt; am meisten gewachsen sind
forlaufend
na-703
türlich diejenigen Zweige, welche dem Seehandel dienen. In erster Linie steht hier der Schiffbau, der auf acht größern
Werften betrieben wird, die sämtlich im Freihafengebiet liegen und außer den erforderlichen Neubaueinrichtungen über 5 Schwimmdocks, 2 Trockendocks
und 5 Patentslips zur Ausbesserung beschädigter Schiffe verfügen. Die älteste Anlage ist die Aktiengesellschaft
«Reiherstieg-Schiffswerft und Maschinenfabrik», mit 1200 Arbeitern und Schwimmdocks bis 110 m Länge und 26 m Breite und einer
Tragfähigkeit von 5000 t; gebaut werden alle Arten von Segel- und Dampfschiffen aus Eisen oder Stahl bis zu einer Länge von 110 m,
besonders auch eiserneRettungsboote.
Noch ausgedehnter ist die Schiffsbauwerft und Maschinenfabrik von Blohm und Voß, mit 2750 Arbeitern und
Schwimmdocks bis zu 210 m Länge und 14000 t Tragfähigkeit für den Bau der größten Kriegs- und Handelsschiffe; ferner sind
zu nennen: die Schiffswerft und Maschinenfabrik-Aktiengesellschaft (vormals Janssen & Schmilinsky) und die Maschinenfabrik,
Kesselschmiede und Eisenschiffswerft (Ch. Jürgens & Co.). Von der Industrie der Nahrungs- und Genußmitel,
die etwa 6-10000 Personen in und Nachbarorten beschäftigt, kommen in Betracht: die Getreidemühlen (G. Botsch, I. F. Grabbert,
I. A. Hinsch u. s. w.), Reisschälmühlen (Brock & Schnars, Aktienreismühle, Hamburg Berkan & Co., letztere seit 1886 u. s. w.),
Hirsemühlen, Biskuitfabriken mit etwa 600 Arbeitern und Arbeiterinnen (Englische Cakesfabrik-Aktiengesellschaft,
P. W. Gaedke),
Schokoladefabriken (Reefe & Wichmann), Kaffeeröstereien sA. Schmidt), Margarinefabrikation (A.L. Mohr in Altona, mit jährlicher
Produktion von 10 Mill. kg), die Export-Schlachtereien mit Einrichtungen zum Pökeln, Salzen und Räuchern von Schweinefleisch
(I. D. Koopmann, Verbrauch jährlich etwa 165000 Schweine), Schmalzraffinerie (sechs Fabriken, darunter die Aktiengesellschaft
vormals E. Reye, führen jährlich etwa 15000 t Schmalz im Werte von 12 Mill. M. aus Nordamerika ein), die Anstalten zum
Ein- salzen und Räuchern von Fischen, die Brauereien (20 Brauereien mit 2000 Arbeitern, verwenden jährlich etwa 22500 t Malz,
liefern 800000 hl Lager-, 270000 hl Braun- und 15000 hl Weißbier, Porter und Ale und führen 100000 hl Bier
aus), die Mälzereien, die Mineralwasser- und Tabakfabriken.
Weiter sind zu erwähnen: Wollgarnfärberei (Bischoff & Rodatz), Hanfgarnspinnereien (C. Heinson & Co. in Harburg,
Aug. Brückmann), Pferdehaarspinnereien (A. Mathiason), Hamburger Wollkämmerei-Aktiengesellschaft in Wilhelmsburg (1890 errichtet),
die Fabrikation von Hauswäsche, von Anzügen, Haarfilzhüten, Fässern und Kisten, Flügeln und Pianinos,
Goldleisten, die Verarbeitung ausländischer Hölzer (Buchsbaum, Ceder, Grenadill-, Rosen-, Eben-, Pock-, Nußbaumholz), des
Spanischen Rohrs (Hamburg C. Meyer. jun.), die Fabrikation von Kautschuk, Guttapercha, Leder, Elfen- und Fischbein, Celluloid, Schildpatt,
Horn und Perlmutter, der Bau von Maschinen aller Art (Voldt & Vogel, Nagel & Kaemp, Menck & Hambrock
in Ottensen), die Eisengießereien (I. N. Schmilinsky, I. Lübmann), die Superphosphatindustrie (Anglo-Continentale, vorm.
Ohlendorffsche Guanowerke-Aktiengesellschaft, E. Güssefeld), die Brennerei und Preßhefefabrikation (die
Dampfkornbrennerei
und Preßhefefabriken Aktiengesellschaft vormals Hamburg Helbing in Wandsbek, mit 3-400 Arbeitern, lieferte [1890] 45817 hl Sprit, 2414 t
Verkaufshefe, 840000 hl nasse und 1049 t trockne Schlempe, außerdem 15476 hl Kartoffelsprit), Spritrektifikationsanstalten
(I. Lachmann mit 200000 hl, Norddeutsche Spritwerke und Koopmannsche Spritfabrik mit 150000 hl Jahresproduktion), die Fabrikation
von Säuren und Chemikalien (Hell & Stahmer, Veit & Philippi), Maler- und Druckerfarben, Farbholzextrakt, Pulver (die
Fabrik Düneberg bei Hamburg ist die größte in Deutschland), Dynamit (Aktiengesellschaft, vormals Alfred Nobel
& Co., Fabrik in Krümmel bei Lauenburg), die Möbel-, Leder- und Korbwarenindustrie.
Wie sehr sich die Industrie durch den Zollanschluß gehoben hat, erhellt aus der von den Fabrikinspektoren und Dampfkesselrevisoren
jährlich für das gesamte Staatsgebiet aufgestellten Statistik. Hiernach betrug die Zahl der Großgewerbebetriebe 1887 und
1892: 805 und 1201, darunter mit Dampfbetrieb 426 und 523, die Zahl der beschäftigten Arbeiter 22556 und 31034 (1891:
32173), darunter 5891 und 8162 (1891: 9513) in der Fabrikation von Maschinen, Werkzeugen, Instrumenten und Apparaten, 4753 und 6829 in der
Nahrungs- und Genußmittelindustrie, 1794 und 2730 in der Metallverarbeitung, 1973 und 2595 in der Industrie
der Holz- und Schnitzstoffe, 1681 und 2396 in den Polygraphischen Gewerben, 1687 und 1899 in der Papier- und Lederindustrie
u. s. w. Die Zahl der feststehenden Dampfkessel betrug Ende 1884 bez. 1892: 707 und 9i8 mit einer Heizfläche von 18376 und 41335 qm,
davon 648 und 887 Dampfkessel mit 16695 und 37868 qm Heizfläche im städtischen Gebiete.
Außerdem unterlagen (1892) der amtlichen Revision noch 952 Dampfkessel auf Seeschiffen, 634 auf Flußschiffen, 648 an Lokomobilen
u. s. w., im ganzen 3212 Dampfkessel gegen 1855 im J. 1884 mit einer Heizfläche von 185910
gegen 82520 qm. Hamburg ist Sitz der hamburgischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, der Seeberufsgenossenschaft
und deren 3. Sektion, der hamburgischen Baugewerksberufsgenossenschaft und deren 1. Sektion, der 4. Sektionen der nordwestl.
Eisen- und Stahl-, der Leinen- sowie der Speditions-, Speicherei- und Kellereiberufsgenossenschaft, der 5. Sektion der norddeutschen
Holz-, der 7. der Müllerei-, der 8. der Brennerei-, der 38. der Fuhrwerksberufsgenossenschaft sowie der 3. Sektion
der Berufsgenossenschaft der chem. Industrie und endlich der 11. derjenigen der Gas- und Wasserwerke. Handel. Der Haupterwerbszweig
ist der Handel, und zwar vor allem der überseeische. Hamburg ist nicht nur die erste Handelsstadt des Deutschen Reichs, sondern es
steht unter den Welthandelsplätzen an dritter Stelle, da es in seinem Warenumsätze nur von London und
Neuyork übertroffen wird.
Wie bedeutend sich der Handelsverkehr in den letzten 22 Jahren entwickelt hat, lehren die nachfolgenden Zahlen. Die Entwicklung
der Warenein- und -Ausfuhr zu Wasser und zu Lande ist aus nachstehender Tabelle ersichtlich: Jahre Einfuhr Gewicht in Tonnen
Wert in Mill. M. Ausfuhr Ausfuhr Gewicht in Tonnen Wert in Mill. M. 1870 1904643 849,107 1880 4500073
1687,449 2870714 1579,364 1890 8239915 2582,127 5004322 2305,968 1892 8554834 2606,695 5179660 2313,721
forlaufend
Die Einfuhr und Ausfuhr seewärts nach Warengattungen geordnet, ist in der folgenden Tabelle nach Menge und Wert zusammengestellt:
Warengattungen Einfuhr Menge in Tonnen Wert in 1000 M. Ausfuhr Menge in Tonnen Wert in 1000 M. Verzehrungsgegenstände
1679317 564603 1216441 459346 Bau- und Brennmaterial 1783897 30811 185995 7421 Rohstoffe und Halbfabrikate
1909953 772334 674125 267134 Manufaktur- u. Modewaren 21993 47082 46725 187292 Industrieerzeugnisse
95609 74350 297475 276081 Die folgende Übersicht zeigt Menge und Wert der Ein- und Ausfuhr seewärts, geordnet nach Ländern
der Herkunft und Bestimmung der Waren: Länder Einfuhr Menge in Tonnen Wert in 1000 M. Ausfuhr MengeinTonnen Wert in 1000 M.
Preußen 43420 8683 113182 42274 Bremen 56834 20035 67087 34785 Übrige deutsche Häfen 4483 168 1344 340 Rußland
an der Ostsee 8543 1749 50332 18323 Rußland am Schwarz. u. Asowschen Meer 142798 15329 3260 1689 Schweden und Norwegen
163338 27186 151602 76973 Großbritannien (Kohlen) 1627971 24120 Großbritannien (andere Güter)
490863 349474 781385 372093 Niederlande 47641 25483 52822 20108 Belgien 43929 15457 27324 11388 Frankreich 114825
51686 38422 15799 Spanien 95881 14297 31075 20249 Portugal 30418 16970 11224 7293 Italien 57596 16143 5126? 15525 Übriges
Europa 297483 46104 81221 40518 ^[Additionslinie] Europa zusammen 3226023 632889 1461547 677357 ^[Leerzeile] Vereinigte Staaten von Amerika
876878 215408 356404 152430 Mexiko 35675 21130 21470 17761 Guatemala 12509 22178 4856 5189 Übriges Centralamerika
6037 8233 6246 5558 Haïti 8569 11371 6552 3286 Cuba 6632 9857 8833 5294 Übriges Westindien 30644 20206 22384 3943 Venezuela
10986 15108 23482 11618 Brasilien 102112 129332 102098 71376 Argentinien 7597 6684 9125 6882 Chile
337791 69920 59305 47698 5717 5365 7765 7178 Bolivia 9110 8509 740 1413 Ecuador 16270 10032 2585 2376 Übriges
Amerika 73426 16484 27881 14709 Afrika am Atlantischen Meer 99396 28723 48996 17924 4784 7891 12714 8601 Übriges
Afrika 14905 11566 12999 9636 Britisch-Ostindien 331268 10294b 65674 20387 Übriges Ostindien mit
den Ind.
Inseln. 49298 19394 10223 12082 China 8880 9603 19965 17003 Japan 24074 13331 25867 16529 ÜbrigesAsien 37806
11462 8961 4418 Australien mit den Inseln 26292 24894 49356 18864 Außereurop. Länder zusammen 2264751 856291 959214 520467
Demnach erreichte 1892 die direkte Einfuhr von der See überhaupt 5490774 t im Werte von 1489180000 M.;
für die Ausfuhr seewärts stellen sich die Ziffern auf 2 420 761 t. im Werte von 1197824000 M. Die Ein- und Ausfuhr (1892)
mit den Eisenbahnen und von (bez. nach) der Oberelbe betrug:
Verkehrswege Einfuhr Menge in Tonnen Wert in 1000 M.
Ausfuhr Menge in Tonnen Wert in 1000 M. Lübeck-Hamburger Eisenbahn 135747 48977 151275 79062 Berlin-Hamburger Eisenbahn
386818 394272 389441 318681 Venlo-Hamburger Eisenbahn 1050555 333215 392308 251598 Von (nach) der Oberelbe 1490939
341050 1825875 466556 ^[Additionslinie] Zusammen 3064059 1117514 2758899 1115397 Ein- und Ausfuhr (1892) mit den Eisenbahnen
und von (nach) der Oberelbe nach Warengattungen: Warengattungen Einfuhr Menge in Tonnen Wert in 1000 M.
Ausfuhr Menge in Tonnen Wert in 1000 M. Verzehrungsgegenstände 1108744 351295 1076673 386165 Bau- und Brennmaterial
1062531 23098 197442 4424 Rohstoffe und Halbfabrikate 487577 134167 1393360 595387 Manufaktur- u.
Modewaren 44852 233159 1317951162 Industrie- und Kunsterzeugnisse 360355 325795 78245 78759 ^[Additionslinie]
Zusammen 3064059 1117514 2758899 1115897 Unter den seewärts eingeführten Verzehrungsgegenständen sind vor allem Kaffee,
Getreide, Tabak und Cigarren, Schmalz, Reis und Wein, unter dem Bau- und Brennmaterial hauptsächlich Steinkohlen, unter den Rohstoffen
und Halbfabrikaten sind die wichtigsten Schafwolle, Baumwolle, Woll- und Baumwollgarn, Salpeter, Häute
und Felle, Harze, Petroleum, unter den Manufakturwaren insbesondere Baumwoll-, Woll- und Leinenwaren; von den Industrie- und
Kunsterzeugnissen sind etwa 40 Proz. Maschinen.
Außerdem wurden (1892) 135,284 Mill. M. Kontanten (gemünztes und ungemünztes Edelmetall) eingeführt. Unter den seewärts
ausgeführten Verzehrungsgegenständen sind die bedeutendern roher und raffinierter Zucker, Kaffee, Mehl, Getreide, Eier,
Tabak und Cigarren, Reis und Bier, unter dem Bau- und Brennmaterial besonders Cement, unter den andern Rohstoffen und Halbfabrikaten
Chemikalien, Droguen und Düngemittel, Fette und Häute, Leder, Schafwolle, Metalle und Metallwaren, Baumwoll- und Wollgarn, unter
den Manufaktur- und Modewaren hauptsächlich Woll-, Baumwoll-, Strumpf- und Leinenwaren, endlich unter den Industrie- und
Kunsterzeugnissen Eisen- und andere Metallwaren, Papier und Bücher, Glas und Glaswaren, Musikinstrumente, Maschinen, Porzellan
und Thonwaren.
Die Ausfuhr an Kontanten belief sich (1892) auf 19,026 Mill. M. Bedeutend ist ferner der Viehhandel, der sich in dem neuen
großartigen Centralviehmarkt auf dem Heiligengeistfeld und auf dem Viehhof Sternschanze abwickelt, sowie der
Markt für Seefische. Die Zufuhr betrug (1892) 142229 Ochsen und Kühe, 67397 Kälber, 107429 Hammel, Schafe und Lämmer, 367031
Schweine, zusammen 684086 Stück Vieh im Werte von 73,080 Mill. M. und 29291 Pferde im Werte von 24,580 Mill. M. Versteigert
wurden (1892) in Hamburg für 1002880 M., > in Altona für 1329227 M. frische Seefische.
forlaufend
Der Handel wird durch zahlreiche Banken unterstützt, von denen die wichtigsten nebst ihrem Gesamtumsatz (1892) und dem Reingewinn
in folgender Tabelle aufgeführt sind: Banken Gesamtumsatz in Mill. M. Reingewinn in Mill. M. Reichsbank-Hauptstelle 12294
- Norddeutsche Bank 12739 2,721 Kommerz- und Diskontobank 7481 1,234 Vereinsbank 8262 1,623 Hamburger Filiale der
Deutschen Bank 8031 - Hypothekenbank 210 1,216 Wechslerbank 246 0,263 St. Pauli-Kreditbank 74 0,198 Volksbank
303 0,268 Für die Bankfilialen läßt sich kein Reingewinn angeben, auch nicht der Umsatz für die Filiale der Dresdener
Bank (vormals Anglo-Deutsche Bank).
Bei den Hamburger Seeversicherungsgesellschaften waren (1891) 1853249779 M. versichert; die bei den Assekuradeuren
und Agenturen auswärtiger Gesellschaften gegen Seegefahr versicherten Summen belaufen sich jährlich auf rund 2 Milliarden
M. Von den 11 hamburgischen Feuerversicherungsgesellschaften (s. Feuerversicherung, Bd.
6: Tabellen S. 749, 752) betrieben sieben das direkte Geschäft, die vier andern vorwiegend das Rückversicherungsgeschäft;
außerdem sind noch 60 Gesellschaften in Hamburg vertreten; im Lebens- und Unfallversicherungsgeschäft
arbeiten 103 verschiedene Gesellschaften.
Ferner bestehen noch die Maklerbank, Warenliquidationskasse, Warenkreditanstalt, Warenkommissionsbank, Filiale der Hongkong
and Shanghai Banking Corporation und zahlreiche private Bankgeschäfte (L. Behrens & Söhne, Joh. Verenberg, Goßler &
Co., M.M. Warburg & Co., I.H.&G.F. Baur, Conrad Hinrich Donner, Haller, Sohlet Co., F. W. Burchard,
I. Merck & Co., Siemßen & Co., Frege & Co. u. a.). Auch das Seeversicherungsgeschäft hat sich schon früh entwickelt;
dasselbe wurde wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. von den eingewanderten
Niederländern eingeführt.
Ein Ratsmandat vom setzt «den beeidigten Despacheur (Schädenberechner)
ein. Der zu Ende des 18. Jahrh. gegründete "Verein Hamburger Assekuradeure» besteht aus 10 Hamburger Gesellschaften
und hat an allen Hauptplätzen Agenten. Verkehrswesen. Dem gewaltig gestiegenen Warenumsätze entsprechend ist auch der Schiffsverkehr
gewachsen. Über die zur See angekommenen und abgegangenen Schiffe (beladen und in Ballast) giebt folgende Tabelle Auskunft:
Jahr Angekommen Schiffe überhaupt Dampfschiffe Raumgehalt in Registertons überhaupt der Dampfschiffe
Abgegangen Schiffe überhaupt Dampfschiffe Raumgehalt in Registertons überhaupt der Dampfschiffe 1870 4144 1949 1390
1025 4101 1943 1376 1022 1875 5260 2739 2118 1683 5209 2730 2085 1669 1880 6024 3387 2767 2181 6058 3390
2762 2176 1885 6790 4478 3704
3097 6798 4483 3712 3096 1890 8176 5904 5203 4615 8185 5915
5214 4631 1891 8673 6303 5762 5083 8684 5766 5766 5086 1892 8569 6128 5639 4979 8565 5640 5640 5002 Folgende
Tabelle giebt die Herkunft und Richtung der 1892 in Hamburg angekommenen und abgegangenen Seeschiffe an: Länder Angekommen Schiffe
Registertons Abgegangen Schiffe Registertons Deutsche Häfen 2321 402419 2114 344382 Großbritannien
(Kohlen) 1083 787069 ) } 3703 2794494 " (andere Ladung) 2143 1435394
) Übriges Europa 1656 1001144 1562 733695 Amerika 1013 1458275 840 1255696 Afrika 135 165660 166 212865 Asien und
Australien 218 389049 180 299031 ^[Additionslinie] Zusammen 8569 5639010 8565 5640163 ^[Leerzeile]
Segelschiffe ) 2441 ( 659529 2424 638083 } überhaupt { Dampfschiffe ) 6128 ( 4979481 6141 5002080 Segelschiffe
) 28,5 ( 11,7 28,3 11,3 } in Prozent { Dampfschiffe ) 71,5 ( 88,3 71,7 88,7 Im ersten Halbjahr 1893 kamen aus See
an 4195 Schiffe (700 leere) mit 2.800 Mill. Registertons; es gingen in See 4152 Schiffe (1269 leere) mit
2,815 Mill. Registertons. Von der Oberelbe kamen 1892 an: 3975 (1890: 4312) Segelschiffe, 3266 (3518) Dampfschiffe, 5311 (4639)
Schleppschiffe und 66 (63) Holzstöße; nach der Oberelbe gingen ab: 4166 (4299) Segelschiffe, 3277 (3476) Dampfschiffe,5417
(4493) Schleppschiffe. Zur Bewältigung des so bedeutend gestiegenen Schiffsverkehrs haben die Hafeneinrichtungen
beträchtlich erweitert werden müssen; in ganz besonders großartiger Weise ist dies aus Anlaß des Zollanschlusses geschehen.
Während bis zu Beginn der sechziger Jahre die Seeschiffe auf der Elbe liegend in Leichterschiffe löschten, geschieht dies
jetzt an den Quais direkt entweder in Eisenbahnwagen oder in die Quaischuppen. Die Länge dieser Quais,
die sich fast sämtlich im Freihafen befinden, betrug Mitte 1893 fast 16 km; zur Verbindung der Quais untereinander und mit
den Bahnhöfen dienen die Quaibahnen, welche 90 km Gleise enthalten. Zur Verladung der Güter befinden sich an den Quais mehr
als 100 Handkräne und gegen 240 Dampf- bez. hydraulische Kräne, von denen die meisten auf schienen beweglich sind; der größte
feste Dampfdrehkran hat eine Tragfähigkeit von 150000 kg. An den Quais wurden (1892) von 3758 Schiffen
Güter im Gewicht von 16817t (zu 1000 kg) gelöscht und 11328 t verladen. Da der hamburgische Handel nicht
bloß die Einfuhr und Ausfuhr für Deutschland besorgt, sondern zu einem großen Teil Zwischenhandel ist, indem die seewärts
eingeführten Waren, fei es unverändert, sei es umgepackt, bearbeitet oder sonstwie verändert, auch wieder über See ausgeführt
werden, so muhte mit dem Zollanschluß, wodurch fast alle
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größern Speicher in das Zollgebiet kamen, für neue Lagerräume der nicht für die Einfuhr in das Zollgebiet bestimmten
Waren gesorgt werden. Dies ist geschehen durch die großartigen, aus Stein und Eisen erbauten Speicher der Freihafen-Lagerhausgesellschaft,
welche Speicher durchgehends auf der einen Seite an Kanälen, die mit der Elbe in direkter Verbindung stehen,
an der andern Seite an Straßen liegen; sie umfassen eine bebaute Grundfläche von 43000 (im. Die gesamte Lagerfläche der
Speicher sowie der beiden dem Staate gehörenden Quaispeicher beträgt 230000 qm. Mit der Entwicklung der Seeschiffahrt hat
die Reederei nicht nur gleichen Schritt gehalten, sondern sie ist den Bedürfnissen stets vorangeeilt.
Die Zahl der Segelschiffe hat abgenommen, die Anzahl und besonders die Tragfähigkeit der Dampfschiffe wächst dagegen um
so stärker. Die Hamburger Reederei besah 1836 erst 146 Seeschiffe mit 25722 Registertons Tragfähigkeit; 5 Dampfschiffe erscheinen
zum erstenmal in dem Jahrzehnt 1841-50 unter 240 Seeschiffen mit 47828 Registertons; 1871-80 liefen 448 Schiffe
mit 214281 Registertons und 1892 fuhren 605 (1890: 587) Seeschiffe, darunter 314 (312) Dampfer, mit 591180 (538229) Registertons
und einer Bemannung von 13983 Mann.
Die Zunahme der Tragfähigkeit der Seeschiffe bezifferte sich in der Zeit von 1836 bis 1892 auf 2198 Proz.
Das Netz der von Hamburg ausgehenden Dampferlinien überzieht alle Meere und schließt nahezu alle Hafenplätze
der Welt ein. In regelmäßiger Fahrt vonH. aus befanden sich (1892) 98 Linien mit 734 Dampfern, die 4682 Reisen machten;
darunter waren 47 deutsche Linien mit 395 Dampfern und 2009 Reisen; der Nettoraumgehalt für sämtliche Reisen betrug 3619817,
für die deutschen Schiffe 1819926 Registertons.
Täglich kommen etwa 16-17 Dampfer an und ebensoviel gehen ab. Die hauptsächlichsten Reedereigesellschaften sind: die Hamburg-Amerikanische Paketfahrt-Aktien-Gesellschaft
(s. d.), die Hamburg-Südamerikanische Dampfschiffahrts-Gesellschaft (s. d.), die Deutsche Dampfschiffahrts-Gesellschaft «Kosmos»
(s. d.), die Deutsche Dampfschiffs-Reederei (s. d.), Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (s. d.), Afrikanische Dampfschiffahrts-Aktien-Gesellschaft
(Woermann-Linie, nach Westafrika), Swatow (Frachtfahrt), Albis (Frachtfahrt), Deutsche Levante-Linie (s. d.),
Deutsche Ostafrika-Linie (s. d.), Atlas-Linie (Marokko), die Hainburg-Kalkutta-Linie (s. d.) und die Hainburg-Pacific-Dampfschiffslinie
(s. d.). (S. Dampfschiffahrt.) Sehr bedeutend ist die Auswanderung (s. d., Bd.
2, S. 184 b) über Hamburg. Neben der Seeschiffahrt ist von nicht geringer Bedeutung die Flußschiffahrt sowohl mit der Unterelbe
als insbesondere mit der Oberelbe und ihren Nebenflüssen; so besteht z. V. ein regelmäßiger Schleppdampferverkehr
mit Berlin.
Anfang 1893 waren 4797 Flußfahrzeuge in Hamburg beheimatet. Es kamen (1892) von der Oberelbe an 12618 Fahrzeuge mit
einer Ladung von 2625772 t, es gingen ab 12860 Fahrzeuge mit 2679169 t Ladung. Eisenbahnen. Hamburg liegt an den Linien
Hamburg-Wittenberge-Berlin (285,9 km), Hamburg-Altona-Neumünster-Vamdrup (260,9 km), Hamburg-Altona-Blankenese-Wedel
(25,9 km), Hamburg-Hannover-Cassel (346,4 km), Hamburg-Bremen (114,5 Km) der Preuß. Staatsbahnen und Hamburg-Lübeck der Lübeck-Büchener
Eisenbahn.
Über die
Lage der Bahnhöfe s. Hamburg-Altonaer Verbindungsbahn sowie den Stadtplan. Mit den Eisenbahnen kamen (1892) 1573120
t Güter an, 933024 t gingen ab (s. oben). Post und Telegraph. Hamburg hat 6 Postämter erster Klasse, 1 Telegraphenamt
erster Klasse mit 3 Zweigtelegraphenstellen, 1 Stadtfernsprechamt erster Klasse mit 6 Vermittelungsanstalten, 2 Bahnpostämter,
darunter eins mit Zweigstelle, 20 Stadtpostanstalten mit Telegraphenbetrieb. Die Zahl der eingegangenen Briefe, Postkarten,
Drucksachen und Warenproben betrug (1892) 68368274, Pakete ohne Wertangabe 2298551, Briefe und Pakete mit Wertangabe 232703,
PostNachnahmesendungen, Anweisungen, Aufträge 2366199 (132,59 Mill. M.), die Zahl der aufgegebenen Briefe u. s. w. 99050120,
Zeitungen 5712996, Pakete ohne Wertangabe 2180562, Briefe und Pakete mit Wertangabe 353890, Postnachnahmesendungen, Anweisungen
und Aufträge 1785112 (98,73 Mill. M.).
Der Telegrammverkehr umfaßte 3144873 Stück, darunter 1557849 im Eingang. Das Rohrpostnetz hat eine Länge von 4,7
km. Die Fernsprecheinrichtung (seit April 1881) erstreckt sich auf Hamburg, Altona, Wandsbek, Harburg, Lübeck und 6 kleinere Orte
mit zusammen (Ende 1892) 8961 Teilnehmern, davon 7420 in Hamburg, von den Vermittelungsanstalten daselbst wurden 1892: 38 Mill.
Sprechvermittelungen hergestellt. Im Sommer 1893 waren auch Verbindungen mit Berlin, Leipzig und Bremen im
Gange, die mit Stettin ist in Ausführung begriffen.
Zur Bewältigung des Ortsverkehrs ist ferner ein bis in die entlegensten Vororte reichendes Pferdebahnnetz vorhanden, welches
sich auch nach Altona und Wandsbek erstreckt und auf Hamburger Gebiet eine Ausdehnung von 90 km hat. Die erste Pferdebahnlinie
(Hamburg-Wandsbek) wurde eröffnet. Die Zahl der von den verschiedenen Straßenbahngesellschaften
(Straßenbahn-Gesellschaft, Hamburg-Altonaer Pferdebahn, Hamburg-Altonaer Trambahn-Gesellschaft) auf den Hamburger Linien beförderten
Personen stieg von 9776471 im J. 1880 auf 37405477 im J. 1890; ferner wurden 6350000 bez. 12 Mill. Personen mit Omnibussen befördert.
Als letztere 1891 den Betrieb einstellten, stieg der Straßenbahnverkehr auf 52080823 Personen, sank jedoch
(1892) infolge der Cholera auf 50764798 Personen. Die Anzahl der öffentlichen Droschken betrug (Ende 1892) 819. Der lokale
Personenverkehr aus der Elbe, Alster und Ville sowie auf deren Zweig- und Verbindungskanälen ist sehr entwickelt; auf der
Alster vermitteln ihn mehr als 20 kleine Dampfer, auf der Elbe eine Flotte von 50 Dampfschiffen, während
in den Häfen die von der Polizei zugelassenen Jollenführer an 12 Stationen mit 76 Jollen und 5Dampfern dieBeförderung von
Personen und Gepäck an und von Bord der Schiffe besorgen.
Vergnügungsorte, Umgebung. Für die seemännische Bevölkerung bildet noch immer St. Pauli den Mittelpunkt für Vergnügungen.
Zu erwähnen sind hier das Konzerthaus von Ludwig mit Wintergarten und mehrern Konzertsälen, deren größter eine Fläche
von 1000 hm hat, sowie der Cirkus Renz mit 3242 Plätzen (1888-39 erbaut) und zwei Panoramen. Im Norden von St. Pauli liegt
der Zoologische Garten, 1861 gegründet. Als Seitenstück zu dem altbekannten Alsterpavillon (Kaffeehaus)
am Jungfernstieg ist 1888 auf der Außenalster in Verbindung mit einer großartigen
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Badeanstalt eine mitten im Wasser belegene Restauration «Alsterlust» entstanden,
die ebenso wie das «Fährhaus» auf der Uhlenhorst im Sommer besonders während der Regatten viel besucht wird. Die zweimal
jährlich auf der Rennbahn bei Horn abgehaltenen großen Rennen sind durch den «Deutsches Derby» genannten großen Wettlauf
weit bekannt. Eine zweite Bahn befindet sich bei Groß-Borstel (nördlich von Hamburg), ferner eine Bahn für
Trabfahrer auf dem Mühlenkamp in Winterhude, während die Radfahrer ihre Fahrbahn in Harvestehude besitzen; selbst für
regelmäßige Hunderennen ist gesorgt.
Die weitere Umgebung bietet reiche Abwechselung für Ausflüge mit Dampfbooten die Elbe hinab bis Blankenese oder aufwärts
nach den Vierlanden. Geschichte. Hamburg soll dadurch begründet worden sein, daß Karl d. Gr. zu Anfang des 9. Jahrh.
auf der Höhe zwischen der Elbe und dem östl. Ufer der Alster als Vormauer gegen die benachbarten Heiden eine Burg und eine
Kirche (den spätern Dom) erbauen ließ. 823 erbaute Erzbischof Eppo, der von Ludwig dem Frommen mit der
Verbreitung des Christentums in Nordalbingien betraut wurde, in dem nach ihm benannten Eppendorf eine Kapelle. 831 wurde Hamburg Bistum
(s. Ansgar), 834 Erzbistum; doch wurde nach der Plünderung durch die Normannen (845) das Erzbistum mit Bremen vereinigt.
Die Lage an den Flüssen Alster und Bille sowie an demjenigen Punkte der Elbe, wo die Flut aufhörte aus der
See hinaufzutreiben, und die Fischerei veranlaßten sehr bald viele, sich daselbst anzubauen. Die von den Dänen und Slawen
mehrmals zerstörten Anlagen wurden schnell wiederhergestellt und Hamburg fortwährend erweitert. Als Handelsort begann es im 12. Jahrh.
wichtig zu werden, beschirmt durch die Grafen Schauenburg (Adolf III. ist der Schöpfer der damaligen Neustadt)
und begünstigt namentlich vom Kaiser Friedrich I., der 1189 für hamburgische Schiffe und Waren die Elbe von Hamburg bis zur Ausmündung
vom Zoll befreite, und Kaiser Otto IV., der Hamburg zur Freien Reichsstadt erhob.
Bereits im Besitze eines ansehnlichen Gebietes und einer Menge Immunitäten, hob sich die Stadt als Mitglied
der Hansa (s. d.), zu der sie durch ihre Handelsverbindung mit Lübeck den Grund legte, immer mächtiger empor. Auch erwarb
sie Güter und Dörfer in der Nähe und 1304 das Amt Ritzebüttel. Nach dem Verfall der Hansa wußte sich
Hamburg seinen Handel blühend zu erhalten, und seine hanseatische Verbindung mit Lübeck und Bremen bestand ununterbrochen bis 1810 und
wurde 1813 und 1814 wieder angeknüpft.
Die Einführung der Reformation geschah durch den Receß vom Doch behauptete der Bischof von Bremen den Dom fortwährend
und im Westfälischen Frieden kam der selbe an Schweden, später mit dem Herzogtum Bremen an Hannover.
Hamburg erhielt 1618 von dem Reichskammergericht die Reichsstandschaft ausdrücklich zuerkannt. Infolgedessen bedrohte
Dänemark die Stadt mit Krieg, die nur durch große Opfer den Frieden zu erkaufen und endlich zum ruhigen Besitze der Reichsstandschaft
zu gelangen vermochte.
Der Dreißigjährige Krieg, während dessen ganzer Dauer sie keinen Feind in ihren Mauern sah, führte
ihr eine Menge neuer Bewohner zu, nachdem schon früher zahlreiche Niederländer eingewandert waren. Dennoch herrschten im 17. Jahrh.
in der Stadt fortwährend Unruhen, die wiederholt zu Ausständen gegen den Senat führten und 1708 so gefährlich wurden,
daß
die angesehensten Bürger das Reich um Vermittelung angingen, worauf der Receß von 1712 zu stande kam, auf dem die bis 1860 geltende
Verfassung H.s beruhte.
Während sich die Bürgerzahl durch Einwanderung vom Rhein, aus den Niederlanden und aus Frankreich mehrte, hob sich auch der Handel
zur höchsten Blüte, besonders durch den unmittelbaren Verkehr mit den amerik. Freistaaten sowie durch
die Kriege in den Niederlanden und am Rhein, infolge deren sich ein bedeutender Teil des dortigen Handels nach Hamburg zog. 1803 erhielt
die Stadt auch den Dom nebst Zubehör zufolge des Reichsdeputationshauptschlusses, und ihre Selbständigkeit, besonders Dänemark
gegenüber, wurde von neuem anerkannt. So war Hamburg zu Anfang des 19. Jahrh.
einer der reichsten und glücklichsten Freistaaten.
Das Einrücken der Franzosen in Hannover 1803 hatte jedoch auch für Hamburg bald sehr nachteilige Folgen. Die Stadt sah sich gezwungen,
den hannov. ständen 2125000 M. Bco. vorzuschießen. Die Franzosen bemächtigten sich 1806 des Amtes Ritzebüttel,
um den Engländern die Elbe zu sperren, und nach der Schlacht bei Lübeck besetzten die Franzosen unter Mortier die
Stadt, worauf England eine Blockade der Elbe verfügte. Hamburg mußte nun seinen Seehandel über Tönning, und Husum betreiben, und
was durch das Hannoversche und die Elbe aufwärts verschickt werden sollte, mußte als nichtbrit.
Ursprungs gekennzeichnet werden. Nach dem Frieden von Tilsit wurde die Stadt von den franz. Truppen geräumt und unabhängig,
doch war dies nur ein Schatten der vorigen Unabhängigkeit. Auch ward sie fortwährend von franz.
Befehlshabern ausgesogen und litt infolge der Dekrete Napoleons, die alles Leben der Gewerbe und des Handels
lahmten, unberechenbar. Endlich wurdeH. sogar durch das Dekret vom dem franz. Reiche förmlich einverleibt und der
Hauptort des neugeschaffenen Departements der Elbemündungen.
Nachdem der russ. Oberst Tettenborn die Stadt besetzt hatte, stellte sie sofort ihre frühere Verfassung wieder
her und rüstete sich zur Teilnahme an dem Kampfe gegen Frankreich. Allein sehr bald drängten die Franzosen die Verbündeten
zurück, bemächtigten sich wieder des linken Ufers der Niederelbe und begannen in der Nacht auf den 20. Mai, nachdem tags vorher
die dän. Hilfstruppen abgezogen waren, die Stadt zu beschießen. Infolge
von Mißverständnissen zwischen den militär. Befehlshabern und dem Senat suchte letzterer
dän. Vermittelung nach, weshalb 29. Mai Tettenborn die Stadt räumte.
Noch vor der Kapitulation rückten die Dänen als franz. Bundesgenossen und 30. Mai abends der
Marschall Davout mit Truppen in die Stadt ein. Teils um die Stadt zu befestigen, teils um sie zu züchtigen,
wurden die härtesten Maßregeln schonungslos durchgeführt. Man trieb eine Geldbuße von 48 Mill. Frs. teilweise ein, und
Davout nahm 5. Nov. die Bank mit 7506956 M. Bco. in Beschlag. Ende 1813 waren nach und nach mehr als 30000 Menschen aus der Stadt
getrieben und der Strenge des Winters preisgegeben. Gleichzeitig brannten die Franzosen die Wohnungen von
etwa8000 E. nieder. Da die Russen unter Wallmoden und dann unter Bennigsen zu einer Belagerung nicht stark genug waren, blieb
Davout bis nach Beendigung des Krieges im Besitz der Stadt, die er erst räumte und die nun Bennigsen
bis zu Ende des Jahres
forlaufend
be-708
setzt hielt. Den Verlust der Stadt 1813 schlägt man, außer den geraubten Bankgeldern, zu 57 Mill. M. Bco. an, während sie
1806-14 an 140 Mill. M. Bco. (210 Mill. Reichsmark) an Frankreich verloren haben soll. Bereits begann der Senat im
Verein mit einer von der Bürgerschaft erwählten Deputation von 20 Mitgliedern, den sog.
Zwanzigern, die Wiederherstellung des Staates, und es wurde im wesentlichen die Verfassung, wie sie vor 1810 bestanden, wieder
eingeführt.
Als Freie Stadt trat Hamburg 1815 dem Deutschen Bunde bei. Während die eingeäscherten Vorstädte und Landhäuser schöner als zuvor
emporstiegen, hob sich auch der Handel, dem die Handelskrisen von 1825 und 1826, 1837 sowie die größte
von 1857 nur wenig schadeten. Ein furchtbarer Brand zerstörte 5. bis einen großen Teil der innern Stadt, überhaupt 4219 Gebäude
in 75 Straßen, darunter das Rathaus, drei Kirchen und eine große Zahl öffentlicher Gebäude, kostete
mehr als 100 Menschen das Leben, raubte andern 20000 ihr Obdach und richtete unberechenbaren Schaden an, der allein für die
abgebrannten Häuser auf 49 Mill. M. geschätzt wird.
Selbst hierdurch zeigte sich jedoch der Kredit der Stadt nicht beeinträchtigt. Sie entwickelte sofort ihre großen Hilfsquellen
und hob sich aus der Asche nur um so schöner empor. wurde die erste Eisenbahnstrecke bis Bergedorf
eröffnet, die bereits 1846 bis Berlin verlängert wurde. Schon nach 1842 begannen die Bestrebungen, die veraltende Staatsverfassung
umzugestalten. Dieselbe war eine Aristokratie des Grundbesitzes und beruhte auf dem durch kaiserl. Kommissarien errichteten
Hauptreceß von 1712. An der Spitze des Staates stand der sich selbst ergänzende Senat, der jedoch ohne
Zustimmung der erbgesessenen, d. h. der bevorrechtigten, Grundeigentum besitzenden Bürger keine Gesetze beschließen konnte.
Eine eigene Kommission von Bürgern, die Kämmerei, hatte die Verwaltung der Finanzen. Die Reformbestrebungen erhielten durch
die Bewegung von 1848 neuen Anstoß. Die im Dezember von der gesamten Bevölkerung gewählte Konstituierende
Versammlung von 188 Mitgliedern arbeitete den Entwurf einer neuen Verfassung aus. Doch weder dieser noch der später von einer
Kommission von neun Mitgliedern (fünf Bürgern und vier Senatoren) ausgearbeitete Verfassungsentwurf (die sog. Neuner-Verfassung)
gelangten bei dem Widerstreben des Senats und zum Teil auch der Bürgerschaft zur Ausführung, und erst konnte
die Verfassung veröffentlicht werden, die mit den Modifikationen vom noch in Kraft ist (s.
oben). 1866 wurde auch für Hamburg bedeutsam.
Nachdem es am Bunde mit Lübeck und Bremen gegen den österr. Antrag vom 14. Juni auf Mobilisierung gestimmt
hatte, trat es bald darauf dem preuß. Bündnis bei und unterzeichnete 18. Aug. mit den meisten deutschen Kleinstaaten den Vertrag
mit Preußen. Bereits Anfang 1867 übertrug Hamburg sein Militärwesen an Preußen; Mitte desselben Jahres erfolgte im Einverständnis
mit Lübeck und Bremen die Abberufung des bisherigen hanseatischen Gesandten in London und Paris das gesamte
Konsularwesen ging auf den Bund über.
Von besonderer Bedeutung wurde für Hamburg die Neugestaltung Deutschlands auf wirtschaftlichem Gebiete- die Norddeutsche Verfassung
bestimmte (Art. 33 u. 34), daß der Bund ein gemeinsames Zoll- und Handelsgebiet bilde,
daß aber die Hansestädte mit einem
dem Zweck entsprechenden Teile ihres Gebietes als Freihäfen außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze
bleiben sollten, bis sie ihren Einschluß in dieselbe beantragen würden. Lübeck trat in den Zollverein ein, in aber sprach
sich wie in Bremen die überwiegende Mehrheit für die Erhaltung der Freihafenstellung aus.
Der Eintritt Schleswig-Holsteins und Mecklenburgs in den Zollverein von 1867 machte auch den Anschluß
eines Teiles des hamburgischen Gebietes notwendig, worauf 1882 weitere Teile folgten, sodaß das Freihafengebiet 1885 noch 74 qkm
mit 473293 Bewohnern umfaßte. Für diesen Teil seines Gebietes zahlte an die Bundeskasse den auf die Zollvereinsbevölkerung
entfallenden Kopfanteil, für die städtische und vorstädtische Bevölkerung nebst einem Teil der Bewohner
der Vororte, zusammen 378946 E., aber ein Zuschlagsaversum von 5 M. pro Kopf.
Für den in der Reichsverfassung vorgesehenen freiwilligen Eintritt der noch dem Zollgebiete angehörenden Gebietsteile in
dasselbe war nach der Ansicht der Reichsregierung mit der Eröffnung der Schutzzollpolitik der rechte Zeitpunkt gekommen,
doch war in Hamburg der bei weitem überwiegende Teil der Bevölkerung nicht geneigt, die großen Vorteile, welche
dem Handel und Verkehr aus der Freihafenstellung erwuchsen, ohne weiteres aufzugeben. Erst als die Einziehung der zu Preußen
gehörigen Unterelbe (zwischen Holstein und Hannover) in den Zollverein in Aussicht gestellt wurde (der Anschluß fand
alsdann statt) und Preußen beim Bundesrat die weitere Aufnahme von Wandsbek beantragt, gleichzeitig aber auch die
Einziehung benachbarter Hamburger Gebietsteile in das Zollgebiet für notwendig erklärt hatte, begann man auch in Hamburg sich
mit dem Gedanken des Anschlusses an das Zollgebiet mehr zu befreunden, insbesondere da die Erhaltung eines
wenn auch sehr verkleinerten Freihafens nicht verweigert wurde. So kam denn die Vereinbarung vom zwischen und dem
Reiche zu stände, wonach ein bestimmter Bezirk der Stadt als Freihafen dauernd verblieb; innerhalb dieses lediglich von außen
zollamtlich zu bewachenden Freihafenbezirks sollte die Bewegung der Schiffe und Waren von jeder Zollkontrolle
befreit und unbeschränkte Anlegung von industriellen Großbetrieben gestattet sein; jedoch sollten Wohnungen in dem Freihafengebiete
nur insoweit bestehen bleiben, als es zu Betriebs- und Aufsichtszwecken dringend erforderlich wäre.
Diese Vereinbarung wurde in der Bürgerschaft nach langem hitzigen Redekampf mit 106 gegen 46 Stimmen
angenommen; bald darauf wurde mit den höchst umfangreichen Vorarbeiten begonnen und zwar zunächst mit der Herstellung verschiedener
Bauprojekte, da über die Ausdehnung des zukünftigen Freihafengebietes die Ansichten in der Bürgerschaft sehr weit auseinandergingen.
Nachdem das Reichsgesetz vom betreffend die Ausführung des Anschlusses H.s an das Zollgebiet,
einen Zuschuß des Reichs zu den Kosten der Bauten, Anlagen, Grundstückserwerbungen u. s. w. bis zum Betrage von 40 Mill.
M. gewährt hatte, wurde von der Bürgerschaft der Generalbebauungsplan genehmigt und für dessen Ausführung 106 Mill.
M. bewilligt. Dieser Plan hat bereits während seiner Ausführung wesentliche Erweiterungen erfahren,
sodaß die Gesamtkosten