nennt man in
Bayern
[* 2] eine Art Volksgericht, das im bayr.
Hochwalde, ursprünglich in dem Gebiete zwischen
Mangfall, Isar und Inn, selten anderwärts nachgeahmt, solchen sittlichen Vergehungen
Sühne zu verschaffen sucht, die dem
Arm der ordentlichen Justiz unerreichbar sind. Geiz, Wucher, unerlaubter geschlechtlicher Umgang
u. dgl., Willkür der
Beamten,
aber auch hochfahrendes Wesen und unmoralischer Wandel der Geistlichen sind die gewöhnlichen Anklagepunkte.
Die Procedur und Rechtsprechung soll von einer geheimen
Verbindung ausgehen, deren Wesen bis jetzt noch
Geheimnis ist. Wenn
die von glaubwürdigen und für die Wahrheit ihrer Beschuldigung bürgenden Männern angeklagte
Person auf wiederholte briefliche
Verwarnungen nicht zur Besserung gebracht ist, erscheinen plötzlich in einer dunkeln Nacht
Hunderte von
vermummten, geschwärzten und bewaffneten Gestalten vor dem Hause derselben, versperren alle Ausgänge und tragen, unterbrochen
von entsetzlicher Katzenmusik, Gewehrschüssen
u.
s.w., eine in Knittelversen verfaßte Strafpredigt vor, ohne jedoch an der
Person des Bestraften oder seinem Eigentum sich zu vergreifen.
Früher wurden nur hausgesessene
Männer, später auch ledige
Burschen in den Geheimbund aufgenommen, dem zwölf Habermeister
vorstehen sollen. Die
Sitte soll
Namen und Ursprung davon haben, daß in frühern
Zeiten die jungen
Burschen eines Dorfs gefallene
Mädchen mit Rutenhieben in ein Haferfeld und dann wieder nach Hause trieben.
Andere finden in dem Haberfeldtreiben einen
Rest alter Rügengerichte aus den
ZeitenKarls d. Gr., der am
Schlusse der Strafpredigten regelmäßig citiert wird, um das
Protokoll zu unterschreiben. Der Gebrauch ist jetzt zwar seltener, aber keineswegs erloschen. -
Daniel Ferdinand
Ludwig, konservativer Parlamentarier, geb. 2. Sept. 1811 in Kamenz
[* 3] (Oberlausitz),
studierte 1830 - 33 in
Halle
[* 4] und
Leipzig
[* 5] die
Rechte, wurde 1838
Advokat in Kamenz, später Gerichtsdirektor daselbst und war 1846 - 56
Bürgermeister
der Stadt. Seit 1857 bekleidete er das Bürgermeisteramt in Zittau
[* 6] bis zu seiner Pensionierung 1887. In der sächs.
Zweiten Kammer, in die Haberkorn 1849 eintrat, versah er, mit ein paar
Unterbrechungen, 1859 - 90, das
Amt des
Präsidenten. 1867 gehörte er auch dem konstituierenden Norddeutschen
Reichstage als Mitglied an. Haberkorn veröffentlichte: «Die
Kirchenvorstands-und Synodalordnung für die evang.-luth.
Kirche des Königreichs
Sachsen
[* 7] vom 30. März 1868»
(Dresd. 1868),
«Die
Verfassungsurkunde des Königreichs
Sachsen vom sonst und jetzt» (ebd. 1881).
FranzXaver, kath. Geistlicher und
Musiker, geb. zu Oberellenbach in
Niederbayern. Seine musikalische
Ausbildung erhielt Haberl auf dem bischöfl. Seminar zu Passau,
[* 8] später in
Regensburg
[* 9] durch Proske, Mettenleiter, Schrems. 1868 - 70 war
er Organist an der deutschen Nationalkirche in
Rom,
[* 10] 1871 - 82 Domkapellmeister in
Regensburg; seitdem ist
er Direktor der Kirchenmusikschule daselbst. Haberl ist seit dem
Tode Fr. Witts Redacteur der Monatsschrift «Musica sacra» und
als erster Vicepräsident
Vertreter jener
Bewegung zur
Hebung
[* 11] der kath. Kirchenmusik, die in
Deutschland
[* 12] durch den «Cäcilienverein»
ihren
Ausdruck findet.
Von den Diensten, die er der kath. Kirchenmusik als Gelehrter erwiesen
hat, ist sein
«Magister choralis», ein Lehrbuch des Gregorianischen
Chorals, hervorzuheben,
das seit 1864 zehn starke
Auflagen
erlebt hat und ins
Französische,
Italienische,
Spanische,
[* 13]
Englische,
[* 14]
Ungarische und
Polnische übersetzt worden ist. 1876 begründete
Haberl den «Cäcilienkalender», ein kirchenmusikalisches Jahrbuch,
das teils Neuausgaben alter vergessener
Meister, teils musikgeschichtliche
Arbeiten bringt. Seit 1882 redigiert
er die Gesamtausgabe der Werke
Palestrinas, die 1893 in ihrem musikalischen
Teil in 32 Foliobänden vollendet wurde. Von seinen
sonstigen Beiträgen zur Musikgeschichte sind die Monographie über G. Dufay (Lpz. 1886), der
Katalog des päpstl. Kapellarchivs (ebd. 1888) und die Geschichte der römischen Schola cantorum bis
zur Mitte des 16. Jahrh. (ebd. 1888) hervorzuheben.
Gottlieb Friedr. Joh.,
Botaniker, geb. zu
Ungarisch-Altenburg als Sohn des auf dem Gebiete des
landwirtschaftlichen Pflanzenbaues bekannten Professors Friedr. Haberlandt, studierte
an den
UniversitätenWien
[* 15] und
Tübingen
[* 16] Naturwissenschaften mit besonderer Berücksichtigung der
Botanik,
habilitierte sich 1879 als
Docent der
Botanik an der
UniversitätWien, von wo er 1880 einen Ruf als supplierender Professor
an die
Technische Hochschule in Graz
[* 17] erhielt; 1884 wurde er daselbst zum außerord., 1888 zum ord.
Professor an der
Universität und zum Direktor des
BotanischenGartens ernannt. 1891 unternahm er eine Forschungsreise
nach Java.
Außer kleinern
Arbeiten in Fachzeitschriften schrieb Haberlandt:. «Die Schutzeinrichtungen in der
Entwicklung der Keimpflanze»
(Wien 1877),
Unter den histor. Wandgemälden des
Bayrischen Nationalmuseums in
München ist er mit der
Darstellung Jakobäa von
Bayern (1864)
vertreten. Seit 1866 Professor an der Kunstschule in
Stuttgart, malte er außer Porträten noch die Historienbilder:
Tezels Ablaßzug, Diebsbande vor Gericht,
Belagerung von
Stralsund,
[* 23]
Schlacht von
Belgrad
[* 24] (Staatsgalerie in
Stuttgart). 1883 von
der Professur zurückgetreten, begann Haeberlin in den nächsten Jahren mit den
Entwürfen und Ausführungen der Wandgemälde im
Kreuzgang des Inselhotels zu Konstanz
[* 25] und 1892 die Wandgemälde im
Baron Schererschen Schloß
Castel(Thurgau).
Karl Friedr., Staatsrechtslehrer, geb. zu
Helmstedt, war der Sohn
Franz¶
mehr
Domenicus H.s (geb. 1720, gest. 1787), der sich als Mitarbeiter an der
«Allgemeinen Welthistorie im Auszuge» (27 Bde., Halle 1767-90) rühmlich bekannt gemacht hat, studierte in Helmstedt die Rechte
und wurde 1782 Professor des deutschen Staatsrechts in Erlangen,
[* 27] wohnte dem Kongreß in Rastatt
[* 28] bei und wurde nach Errichtung
des Königreichs Westfalen
[* 29] zum Mitglied der Reichsstände und der Gesetzkommission ernannt. Er starb zu
Helmstedt. Nächst seiner «Pragmatischen Geschichte der neuesten kaiserl. Wahlkapitulation (Lpz. 1792; nebst Anhang, 1793) und
dem »Handbuch des deutschen Staatsrechts» (2. Aufl., 3 Bde.,
Berl. 1797) begründete er seinen Ruf besonders durch das «Deutsche
[* 30] Staatsarchiv» (16 Bde., Braunschw.,
Tüb. und Helmst. 1796-1808).
KarlLudwig Häberlin, des vorigen Sohn, geb. zu Erlangen studierte in Helmstedt die Rechte, wurde 1814 Kreisamtmann in Hassenfelde
bei Blankenburg, 1824 aber infolge einer Kriminaluntersuchung abgesetzt und mit Gefängnis bestraft, Nach seiner Begnadigung
(1828) lebte er in Potsdam,
[* 31] wo er starb. Häberlin hat unter den Namen Häberlin Melindor, C. Riedtmann, Mandien,
Niemand, meist aber unter dem Namen Häberlin E. R. Belani zahlreiche histor., ethnogr. und biogr. Romane veröffentlicht.