des ausfallenden
Haars ergiebt, daß die kurzen
Haare
[* 2] ein Fünftel oder ein Viertel des Gesamtausfalls ausmachen; dann wird
die Einreibung seltener vorgenommen. Eine andere, oft recht wirksame Behandlungsmethode hat neuerdings Lassar angegeben.
Der Haarboden wird zunächst 10 Minuten lang mit starker Teerseife tüchtig eingeseift, hierauf zuerst mit lauem, dann mit
kühlerm Wasser mittels
Irrigator oder
Gießkanne abgespült und gehörig abgetrocknet; hierauf folgt eine Frottierung des
Kopfs mit Sublimatlösung (0,5 g auf 150 g Wasser und je 50 g
Glycerin und Kölnisches Wasser), worauf der
Kopf mit absolutem
Alkohol, dem ½ Proz. Naphthol zugesetzt ist, trocken gerieben und sodann mit 2prozentigem
Salicylöl reichlich eingerieben wird.
Diese Kur muß in den ersten 6-8 Wochen täglich, später seltener, von geübter
Hand
[* 3] ausgeführt werden. Für das zweite
Stadium der
Krankheit, in welchem das ausfallende
Haar
[* 4] nicht bloß kürzer, sondern auch dünner ist, läßt sich nur so viel
im allgemeinen sagen, daß in diesemStadium Waschungen und Einreibungen mit
Sublimat, Jodkalium,
Borsäure,
Fowlerscher Arseniklösung, Schwefelmilch und andern
Mitteln zu empfehlen sind, deren Dosierung und Anwendungsweise aber in
jedem einzelnen Fall vom
Arzt genau bestimmt werden müssen.
Vor dem Gebrauch der zahllosen
Geheimmittel gegen den Haarschwund kann nicht eindringlich genug gewarnt werden, da dieselben in den
allermeisten Fällen nicht nur völlig nutzlos sind, sondern auch vielfach durch ihren Gehalt an schädlichen
Substanzen geradezu
direkten Schaden stiften. (S.
Geheimmittel.) -
Vgl. Pineus, Die
Krankheiten des menschlichen
Haars und die Haarpflege (2. Aufl.,
Berl. 1879);
(Setaceum) nennt man eine
Schnur, welche in einen künstlich gemachten oder schon vorhandenen
Wundkanal eingelegt wird. Früher brauchte man dazu eine
Schnur von
Haaren, daher der
Name; später wurden
Schnuren aus
Garn,
Seide,
[* 5]
Baumwolle,
[* 6] schmale, an den Seiten ausgefranste Leinwandbändchen dazu verwendet. Man bezweckte dadurch, den Säfteandrang
von edeln Organen abzuleiten,
Geschwülste zu zerteilen,
Eiter abzuleiten; nur das letztere wird wirklich
von dem Haarseil geleistet. Es ist jetzt jedoch beim
Menschen ganz außer Gebrauch; auch zum Ableiten des
Eiters benutzt man es nicht
mehr, sondern verwendet dazu mit seitlichen Öffnungen versehene Gummiröhrchen (sog. Drainageröhrchen).
- Auch bei kranken Haustieren wird das früher so häufig angewendete Haarseil jetzt nur noch
selten gebraucht.
Das
Haar, insbesondere das Haupthaar, wurde bei allen Völkern zu allen
Zeiten mehr
oder weniger sorgfältig und kunstvoll angeordnet.
(ÜberBart s. Bd. 2, S. 438 b.) Die alten Ägypter schoren das
Haar und kräuselten es; Fehlendes durch Perücken zu ersetzen, war besonders bei den Vornehmen Mode. Die Assyrer und
Babylonier trugen das
Haar voll, ordneten es auch in Locken.
Bei den alten
Hebräern trugen
die
Männer lang
herabwallendes
Haar; nur denen, die sich dem Levitenstande weihten, wurde das
Haar geschoren; ebenso legten die Frauen Wert
auf langes
Haar.
Später galt jedoch langes
Haar der
Männer für ein Zeichen der Weichlichkeit. In
Griechenland
[* 8] trugen die
Athener vom Mannesalter
an, wenigstens seit der Zeit der
Perserkriege, das Haupthaar mäßig verschnitten und gekräuselt, während
bei den
Knaben herabhängendes
Haar üblich war, das sie beim Eintritt in das Ephebenalter (18. Jahr) einer Gottheit, meist
dem
Apollon,
[* 9] weihten; dagegen trugen bei den Spartanern die
Männer das
Haar lang, die
Knaben aber kurz.Allgemein
herrschte die
Sitte, als Zeichen der
Trauer das
Haar wachsen oder wenigstens ungeordnet herabhängen zu lassen.
Sklaven durften das
Haar überhaupt nicht lang tragen. Die griech. Frauen pflegten das lange
Haar weder zu flechten noch in
künstliche Locken zu drehen, sondern gescheitelt über die Schläfen, öfters in Wellenlinien, nach hinten
zu legen und entweder schon über dem Scheitel vorn oder am Hinterkopf in einen Schopf oder Knoten zusammenzufassen.
Am häufigsten wurde das so geordnete
Haar durch ein haubenartig umgeschlungenes
Tuch, ein aus Goldfäden geknüpftes
Netz oder
Ähnliches zusammengehalten.
Die
Römer
[* 10] trugen bis 300
v. Chr. langes Haupthaar ebenso wie langeBärte; als dann um jene Zeit die ersten
Tonsoren aus
Sicilien nach
Rom
[* 11] kamen, wurde es Brauch, das
Haar zu kürzen, zu kräuseln und zu salben. Die Frauen banden es
ebenso wie die Griechinnen nach dem Hinterhaupt in einen Knoten; später kam die
Sitte auf, das
Haar zu färben, mit Goldstaub
zu bestreuen und mit kostbaren
Nadeln
[* 12] zu schmücken. In der Kaiserzeit kamen auch falsche Haartouren in Gebrauch.
Bei den Bewohnern des europ. Nordens galt das Tragen des langen
Haars als ein Zeichen männlicher Würde und
Freiheit; daher
hat sich das Haarabscheren als entehrende
Strafe noch lange Zeit in deutschen Rechtsbräuchen erhalten.
Die
Kelten banden das
Haar am Hinterkopf zusammen (daher
Gallia comata, das eigentliche
Gallien, zum Unterschiede von der röm.
ProvinzGallien), die german.
Völker banden es oder ließen es offen herabwallen.
Bei denFranken trugen die Könige, ebenso
auch die Edlen langes
Haar;
Karl d. Gr. und überhaupt die Karolinger trugen dagegen kurzes
Haar, während die
Sachsen,
[* 13] die in den frühern Jahrhunderten
Kopf- und Barthaar schoren, um diese Zeit bis gegen Ende des 10. Jahrh.
das
Haar lang herabwallen ließen.
In dem folgenden Jahrhundert trugen die
Männer das
Haar bis auf die Schulter herab, pflegten es auch in Locken zu
drehen. Die Frauen ließen es wie früher lang herabwallen; seit dem 12. Jahrh. bedeckten
sie es mit dem Schapel, einem ausgezackten und mit
Perlen und
Edelsteinen versehenen Reifen, was übrigens auch bei Männern
Mode war, oder hielten es mit dem Gebende,
[* 14] einer Art
Binde, die über
Wangen und
Kinn ging, zusammen, oder
aber, was besonders in
Frankreich und England geschah, sie flochten das
Haar mit
Bändern in Zöpfe, die auf den Rücken oder
vorn über die Schultern herabfielen. Gegen Ausgang des Mittelalters zeigt die Haartracht beider Geschlechter die
größte Mannigfaltigkeit, wozu die in den verschiedenen Zeitabschnitten und Landesteilen üblichen Kopfbedeckungen
beitrugen. Am Ende des 15. Jahrh. wurde bei den Männern die bereits von
Karl IV.
¶
mehr
613 in Frankreich eingeführte Mode allgemein, das Haar kurz zu scheren, mit dem Barett (s. d.) und der zugehörigen Calotte
(s. d.) zu bedecken, während die Frauen das im Nacken aufgebundene Haar mit einer Haube bedeckten. In der Renaissancezeit
kämmten die Männer das Haar über die Stirn und schnitten es gerade ab. Unter Ludwig XIII. von Frankreich
lebte die Mode wieder auf, das Haar lang und lockig zu tragen, was um die Mitte des 17. Jahrh. zur Einführung der Perücke
[* 16] (s. d.) Veranlassung gab.
Unter Ludwig XIV. erreichte diese Haartracht ihren Höhepunkt, besonders in der Allongeperücke. Diese Frisur, die in Nachahmung franz.
Lebensgewohnheiten bald an allen europ. Höfen Mode wurde, bezeichnet so recht die Steifheit des Ceremoniells
und gesellschaftlichen Lebens der damaligen Zeit. Gleichzeitig mit der Perücke wurde, seit 1700, das Pudern derselben allgemein.
Die Frauen trugen zwar keine Perücken, doch brachten sie ihr Haar ebenso mühsam durch untergelegte Kissen, falsche Haare und
Drahtgestelle (s. Fontange)
[* 17] in turmhohe Frisuren.
Während die Geistlichkeit das ganze 18. Jahrh. an der Perücke festhielt, ebenso wie noch
heute in England sich die gepuderte Allongeperücke als Zeichen der Amtsfeierlichkeit in Gebrauch erhalten hat, wurde die
eigentliche Staatsperücke seit etwa 1710 ebenfalls auf die InitiativeFrankreichs hin durch Zopf und Haarbeutel
(s. d.) verdrängt; jener erschien mehr militärisch, dieser galt für modisch
und als ein Zeichen der guten Gesellschaft. Bei den Frauen wurde im 18. Jahrh. der Chignon (s. d.) fast allgemein angewendet,
die Stirn dabei mit Löckchen umgeben.
Dieser Mode des Zopfes, dessen Zeitalter gewöhnlich von der Mitte des 18. bis Anfang des 19. Jahrh.
gerechnet wird, machte schon die Französische Revolution ein Ende. Anfangs wurde bei der Männerfrisur das schlicht herabhängende,
dann das kurz geschnittene Haar eingeführt, während die Frauen, beeinflußt von der klassizistischen Kunstrichtung der Zeit,
vielfach die Haartracht der republikanischen Römerinnen nachahmten. Darauf trugen die Frauen das
auch jetzt noch öfter beliebte kurze Lockenhaar (Tituskopf), welcher Frisur dann die im Nacken herabwallenden Locken folgten;
damit kam die Mode, das Haar lang zu tragen, wieder auf und führte in den dreißiger oder vierziger Jahren zu einer übertriebenen
Künstelei im Flechten
[* 18] von Zöpfen und Kräuseln von Locken.
Hieraus ergab sich unter dem Einfluß des zweiten Kaiserreichs die Wiederaufnahme des Chignons und die
sehr starke Verwendung falscher Haare. Seit der Mitte der siebziger Jahre kamen unter dem Einfluß Englands wieder einfache
Touren auf, bei welchen meist das Haar in einem Knoten auf dem Scheitel gebunden wird. Der Verwendung falscher Haare
wurde dadurch stark Einhalt gethan. Auch die Sitte, die Stirnhaare zu verschneiden, zu kräuseln und ins Gesicht
[* 19] zu streichen,
ist im Abnehmen.
Als Haarputz finden Schleifen sowie Kämme, Haarpfeile u.dgl. aus Edelmetall, Schildpatt oder Perlmutter vielfach Verwendung.
Die Männer trugen um 1830 und 1840 das Haar entweder glatt und sorgfältig gescheitelt oder, als Zeichen
freierer Gesinnung, in oft kunstvoller Unordnung. Diese hat sich zur Zeit nur noch bei jenen erhalten, die äußerlich als
Künstler zu erscheinen sich bemühen (Künstlerlocken). Sonst wird das Haar der Männer kurz verschnitten und mehr oder minder
glatt gescheitelt. (S. die Tafeln: Kostüme
[* 20] I–IV.)