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verzwirnt, gelegentlich auch (so bei den Kugclgeflcch- ten) verknotet, in ähnlicher Art wie die Vereinigung langer Gespinstfädcn in der Spitzcnklöppelei erfolgt; das untere Ende des Haargeflechts wird hierbei mit einem Gewichtsstück belastet, während am obern Ende die Verflechtung fortschreitet. Damit die Haare [* 2] die ihnen so gegebene Form sicher behalten, werden die Geflechte zunächst durch Kochen in Wasser, Erkalten- lassen und Trocknen an der Luft zugericbtet, indem man die allen organischen Fasergebilden eigentüm- liche Formbarkeit benutzt.
Hiernach folgt die Ein- fügung der Geflechtenden in paffend gestaltete, vom Goldschmied gelieferte Hülfen aus Edelmetall, meist unter Verwendung von Schellack; in einzelnen Fäl- len (Fingerringe, Schmuckkreuzc) werden die Ge- flechte in Vertiefungen einteiliger Goldfchmicde- arbciten so versenkt, daß sie gegen Verschiebung der Haare geschützt sind. ^ Haarbälg, s. Haare (animalische, ^. 6069.). Haarbalgmilben ll^mo^ici^aL oder I6i'MHt0- ^Ilili), eine Familie kleiner, durch Schmarotzertum rückgebildeter Milben (s. d.) mit wurmartig verlän- gertem, dicht quergeringcltem Hinterleib, im vordern Körpcrteile mitvierPaar ganz kurzen,zwcigliedrigei^, dicht beieinander stehenden Stummclfüßen.
Man kennt ein Geschlecht (I)6ino66x 8. ßimonea), das be- sonders in den Talgdrüsen von Haustieren (Pferd, [* 3] Wiederkäuer, [* 4] Hund, Katze), [* 5] auch von Füchfen und Fledermäusen lebt; eine Art ll^moäsx fclliculm-um 3/ m.) findet sich in den Haarbälgcn des menschlichen Antlitzes, wo sie die Mitesser (s. d.) mit hervorruft. Haarballen bei Haustieren finden fich als rundliche oder längliche Knäuel aus Haaren im Magen [* 6] und werden von den Tieren infolge Beleckens ihres eigenen Haarkleides oder desjenigen anderer Tiere erworben.
Haarbalsam von^chwarzlofe und vegetabi- lischer Haare von Marquardt, s. Geheimmittel. Haarbeutel, ein gewöhnlich schwarzes Säck- chen von ^cide oder anch Tafjet, das sich platt auf den Oberteil des Rückens legte, die Nactenhaare enthielt und noch mit seidenen Vändchen gebunden und verziert war. Er schützte die Kleider vor dem weihen Puder und verdrängte wohl deshalb unge- fähr seit der Mitte des 18. Jahrh, neben dem Zopfe, dessen Einführung namentlich König Friedrich Wil- helm I. von Preußen [* 7] sich angelegen sein ließ, die große Staatsperücke, ging von Frankreich aus, wo von 1710 ab das Militär diese Tracht annähn: und für den Straßenanzug modifch machte.
Erst sehr allmählich gewann der Haare Eingang in die ele- ganten Salons. Zugleich verkürzte sich die wallende Lockenmasse der Seitenflügel der Perücke [* 8] zu einer einzigen Lockenrolle über Stirn, Schläfen und Ohren, zu der Vergette, die sich auch aus dem Eigenhaar herstellen ließ und mit Massen von Pomade gefestigt wurde. Die Französifche Revolution machte diefer Mode ein Ende. ^E. 793a). Haarblasemaschine, s. Filzfabrikatwn (Bd. 6, Haarbufch, wird znm Paradeanzuge, von Offi- zieren auch zur Gala, auf dem Helm und Tfchako getragen. In der preuft. Armee haben außer den Offizieren des Kriegsministeriums, Generalstabs und der Adjutantur die Garde- und Grenadierregi- menter, Jäger, Dragoner, Husaren, Ulanen sowie die reitende Artillerie den Haare. Die Farbe desselben ist weiß oder schwarz, für Spielleute rot. - Bei den Hufaren hat der Haare die Form eines ausrechtstehen- den Stutzes, bei den Nlcmen steht er schräg ab. Die Gardeküraffiere und Garde du Corps sowie die Leib- gendarmerie tragen statt des Haare auf dem Helm den P a r a d e a d l e r. Haar [* 9] der Berenice (Oma V6i-6nic68), Stern- bild des nördl. Himmels, besteht aus zahlreichen Sternen, von denen keiner heller als vierter Größe ist. An einer Stelle stehen die Sterne fo dicht, daß sie dem freien Auge [* 10] den Eindruck eines Stern- hanfens machen.
Der mit 42 (nach Flamsteeds Ka- talog) bezeichnete Stern des Sternbildes ist ein sehr enger Doppelstern, der nach O. Strnves Rechnung eine der kürzesten Ilmlaufszeiten (25,7 Jahre) hat. Den Namen hat das Sternbild durch den Astronomen Konon von ^amos erhalten zu Ehren der Gemahlin Verenice des ägypt. Königs Ptolemäus Euergetes. (S. Verenicc III.). jHardt. Haardt, Gebirge in der bayr. Nheinpfalz, f. Haare (animalifche, l'üi), gefchmeidige, faden- förmige Horngeoilde, welche in der äußern Haut [* 11] wurzeln und aus verhornenden Zellen der Oberhaut oder Epidermis [* 12] sich aufbauen.
Sie bedecken bei den Säugetieren die ganze Körperoberfläche mehr oder minder dicht, lassen jedoch immer einige Körper- stellen ganz frei, so Teile des Gesichts, die Fußballcn, die Brustwarze, die Weichengegend, die Nute, bei vielen Affen [* 13] die Gefäßfchwielen, die Hohlhand und die Fnßfohle, beim Menschen außer diesen beiden letztern auch die Nückenfläche des zweiten und dritten Fingergliedes. Bei den Tieren sind die Haare nach Größe und Gestalt am ganzen Körper einander oft vollkommen gleich oder doch sehr ähnlich, beim Menfchen dagegen immer verschieden.
Während die menschlichen Haupthaare kurz oder lang, gerade oder gekräuselt, auf dem Quer- fchnitt rund erscheinen, sind die Haare des Bartes, der Achselhöhlen, der linterbauchgegend (Schamhaare) bandartig breit und kraus, auf dem Querfchnitt oval oder dohncnförmig, die Varthaare länger als die der übrigen genannten Kö'rpergegcnden, aber kürzer als dasHaupthaar. DieH.derBrauen und 3öimpern sind kurz, starr, gerade. Der übrige Körper ist mit einem sehr zarten Flaum bedeckt (Wollhaar, I^nugo).
Beim Menschen kommen die verschiedenen Haar- arten auf einer und derfelben Körperstelle nie ge- mifcht vor; bei gewissen Tieren, die zum Teil gefchätzte Pelze liefern, ist die Haut dicht mit Woll- haarcn bedeckt, die von längern starren Haare über- ragt werden. Interessant ist es, daß die Kopf- laus des Menfchen sich nie an andern als denen des Kopfes findet, die Filzlaus hingegen niemals an diesen vorkommt. Die Dichtigkeit der Behaa- rung nnterliegt je nach den verschiedenen Körpcr- stellen zahlreichen Schwankungen; so fand Withof bei einem mäßig behaarten Manne auf ^4 Qua- dratzoll (ungefähr 1,7 hcin) auf dem Scheitel 293, am Vorderhaupt 211, am Kinn 39, am Vorderarm 23, auf der Vorderfläche des Schenkels nur 13 Haare. Die Haare stehen entweder einzeln oder in Gruppen zu je zwei bis fünf und sind in regelmäßigen, gebogenen minien angeordnet, welche auf beiden Körperhälften symmetrisch verlaufen und als Haarströme oder Haarwirbel bezeichnet werden. Das Haar besteht, wie die Oberhaut (Epidermis), die Nägel, [* 14] Hörner, Federn, stacheln und ähnliche sog. Epidermoidalgebilde (s. Körperbedeckung der Tiere), einzig und allein aus fast faftlofen Zellen von verfchiedener Gestalt und Anordnung. Den mittlern Teil der Haare, die Achse derselben, nimmt die Marksubstanz (f. umstehende [* 1] Fig. 1, a) ¶
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[* 15] Fig. 1. Längsschnitt duich ein schwarzes Haar des Menschen, l^omal ver- größert. ein, die aus locker, aber eng aneinander gereihten, eckigen und rundlichen, mit Flüssigkeit oder Luft- bläschen erfüllten Zellen besteht. Die Marksub- stanz ist umgeben von einem Mantel aus lang- gestreckten, spindelförmigen, fest untereinander ver- bundenen Zellen, welche die Rinden- oder Faser- sub stanz, die Hauptmasse des Haars [* 15] (Fig. 1,d) ausmachen, und diese ist wieder bedeckt von sich dachziegelförmig deckenden, breiten, dünnen, schuppen- förmigen Zellen,demO ber- baut chcn [* 15] (Fig. 1, c und [* 15] Fig. 2,6). InderNindensub- stanz findet sich derFarbstoff abgelagert, der die Farbe der Haare bedingt; teils durch- tränkt er aufgelöst gleich- mäßig die einzelnen Zollen, teils findet er sich in der Form von kleinen körnigen Farbekörperchen im Innern der Rindenzellen abgela- gert.
Dieses körnige Pig- ment zeigt alle Wechsel von Hellgelb durch Rot und Braun bis Schwarz; der gelöste Farbstoff fehlt in weiften Haare gänzlich, ist in hellblonden spärlich, am reichlichsten in dunkelblon- den und roten sowie in dunkeln Haare vorhanden. Das Haar selbst wurzelt im Haarboden, in der mittlern Schicht oder sog. Leder- haut der äußern Haut (s. d.). Der über die Haut vorstehende Teil des Haars mit einer ver- dünnten Spitze heißt der Schaft [* 15] (Fig. 2,6); die Wurzel [* 16] (Fig. 2, c) des Haars dagegen sitzt im sog. Haarbalg oder Haarsäckchen (t'ollicn- w8 [* 15] pi1i,Fig.2,l) mit seiner doppelhäutigen äußern Schicht [* 15] (Fig. 2, F und K) in grübchenförmigenVer- tiefungen der Haut, die mit Epidermis ausge- kleidet sind, welche die- selbe anatom. Beschaffen- heit hat wie das Ober- häutchen und sich direkt in dieses fortsetzt.
Beim Ausziehen des Haars bleibt dieses saftige dicke Obcrhäutchen auf der gleichfalls dicken Haar- wurzel (Haarzwiebel, Haarknopf, [* 15] Fig. 2, d [* 15] Fig. 2. Längsschnitt durch Haar sitzen UNd läßt sich als «'^H^ma^zera^^'^»" seines Häutchen von ihr abziehen. Das untere Ende der Haarwurzel sitzt in organischer Verbin- dung auf einem birnenförmigen Hautwärzchen (Haarpapille, Haarkeim, Mg. 2, a), das in den Boden des Haarbalgs hineinragt und, wie die Wärzchen auch der übrigen Haut, eine oder mehrere Kapillarschlingen (aber keine Nerven) [* 17] enthält, die das Haar ernähren.
Seitlich in das Haarsäckchen münden Hauttalgdrüsen [* 15] (Fig. 2, i), welche das Haar während seines Wachstums einfetten und ihren Inhalt über das Haarsäckchen ergießen, wo er dann mit den Haarschäften in Berührung kommt. Außer- dem ist die Wand des die Oberhaut schief durch- bohrenden Haarsäckchens mit glatten oder sog. or- ganischen Muskeln [* 18] versehen, welche bei ihrer Kon- traktion das Haar aufrichten, sträuben, ein Zustand, der unter dem Einflüsse des Entsetzens unwillkür- lich, niemals aber willkürlich hervorgebracht wird.
Auch in der Kälte ziehen sich die kreisförmig um die Haarbälge gelagerten Muskelfäserchen zusammen, drängen die benachbarten Talgdrüsen gegen die Hautoberfläche und bilden die sog. Gänsehaut (s. d.). Das Wachstum der Haare erfolgt nur an der Wurzel, in der Weife, daß hier ein flüssiger Bil- dungsstoff aus dem Blute abgeschieden wird, in welchem sich Zellen bilden, die nach oben allmäh- lich zu Markzcllen, Rindenfasern und Oberhaut- schüppchen werden und den schon fertigen Schaft immer mehr nach außen schieben.
T)as Wachstum ist ein beschränktes; wenn das Haar eine gewisse Länge erreicht hat, wird es nickt mehr länger. Wird es aber abgeschnitten, so wäckst es fortwäh- rend, und man hat berechnet, daß die angeschnitte- nen Stücke eines Haars zusammen eine Länge von mehr als 6 m erreichen können. Sobald das Haar seine bestimmte Länge erreicht hat, so fällt es aus, weil die Papille die Schwere des Haars nicht mehr tragen kann, und es entwickelt sich an seiner Stelle ein neues Haar aus der alten Papille.
Dieser natur- gemäße Haarwechsel findet beim Menschen fort- während und unmerklich, bei den meisten Tieren nur zu gewissen Perioden statt. (S. Mauser.) Ist dagegen das Ausfallen der Haare durch krankhafte Vorgänge bedingt, so wachsen die Z. häusig nickt wieder oder an Stelle der dicken Haare werden nur zarte und dünne Wollhaare gebildet. (S. Haar- schwund.) Schon Monate vor der Geburt ist der Körper des Menschen mit Haare bedeckt, die bei dem neugeborenen Kinde häusig ziemlich lang und dicht stehen; häusig sind auch die Kopfhaare der Neu- geborenen dunkel.
Diese Wollhaare sowie die Kopf- haare fallen aber bald aus und werden durch andere ersetzt. Die Haare der Achselgegend, Scham- und Bart- haare wachsen erst mit dem Eintritt der Geschlechts- reife. Mit zunehmendem Alter werden die Haare häufig dunkler, im Greisenalter weih. Die Ernährung des Haars ist eine sehr geringe; sie beschränkt sich auf eine Durchfeuchtung des Haars mit Fett und andern Flüssigkeiten, welche von der Wurzel aus vorzugs- weise in die Marksubstanz vordringen und dem Haar Farbe und Geschmeidigkeit erhalten.
Der haupt- sächliche chem. Bestandteil der Haare ist Hornsubstanz, aus welcher die Zellen bestehen. Wesentliche Be- standteile sind außerdem verschiedene Farbstoffe, denen die Z. ihre Farbe verdanken, die aber wenig bekannt sind. Am besten kennt man noch das Pig- ment der schwarzen Haare, das mit andern schwarzen Farbstoffen des Tierkörpers (z. B. dem aus der Aderhaut des Auges), dem Melanin, identisch zu sein scheint. Die Farbe der weihen Haare rührt von einem Mangel an Farbstoff her. Dichtes Haar beschränkt die Wärmeausgabe des Körpers, weil sich zwischen den Haare Luft in feiner Verteilung hält, die, als schlechter Wärmeleiter, nur langsam Wärme [* 19] aufnimmt und wegen der vielen Hindernisse, die sie im Haar findet, langsamer ¶