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des unterdrückten Irland erfüllt, noch die bedrohliche Unruhe daselbst beseitigt. Vor allem richtete sich der Widerstand der kath. Iren gegen die Zahlung des Kirchenzehnten an die anglikan. Geistlichkeit. Der systematischen Zahlungsverweigerung dachte das Ministerium Grey durch Zwangsmaßregeln zu begegnen und brachte ein Gesetz, die sog. Zwangsbill, zur Annahme im Parlament, das dem Vicekönig zeitweise die Anwendung des Kriegsrechts gestattete. Gleichsam einen Entgelt dafür sollte die Kirchenreformbill bieten, welche die übertrieben hohen Einkünfte der Kirche ermäßigte und überflüssige Stellen beseitigte. Zu den bedeutenden Thaten dieser Session gehörte die völlige Abschaffung der Sklaverei in den engl. Kolonien, die Aufhebung der Handelsprivilegien der Ostindischen Compagnie und die Freigabe des Handels nach dem Osten.
Die Zehntbill der Regierung, die in Irland an Stelle der vom Pächter entrichteten Zehnten eine vom Grundherrn zu zahlende Geldabgabe setzte, kam zu Fall, namentlich wegen einer Zusatzbestimmung der sog. Appropriationsklausel (s. d.), welche die neugewonnenen Überschüsse aus dem irländ. Kirchenvermögen für gemeinnützige Zwecke, besonders für Schul- und Armenwesen, verwenden wollte. Obendrein hatte sich Zwiespalt im Ministerium gezeigt, sodaß Grey 1834 abtrat und der bisherige Minister des Innern Melbourne [* 2] die Leitung übernahm.
Der Charakter der Whigregierung blieb durch diesen Personenwechsel unberührt, nur wurde die viel angefeindete Zwangsbill gemildert. Wieder wurde die Zehntbill eingebracht und vom Unterhause angegenommen ^[korrekt: angenommen], vom Oberhause dagegen abgelehnt, worauf das Parlament vertagt wurde. Als aber jetzt der stürmisch-agitatorische Kampf gegen die Regierung in der Öffentlichkeit fortgesetzt und das Ministerium des Einverständnisses mit dem irländ. Agitator O'Connell verdächtigt wurde, entschloß sich der König zu der plötzlichen Entlassung des Kabinetts
Auf Wellingtons Empfehlung beauftragte er Robert Peel mit der Bildung eines Torykabinetts; die Neuwahlen (1835) brachten jedoch keine ministerielle Mehrheit, und Peel sah sich schon April 1835 zum Rücktritt bewogen, worauf Melbourne wieder an seine Stelle trat. Dieser unternahm eine wichtige Reform durch die Einführung der engl. Städteordnung Ähnlich wie in der Parlamentsregierung vor der Reform sah es in den städtischen Verwaltungen aus, wo die von jedem Zusammenhang mit der Bürgerschaft gelösten, sich selbst ergänzenden Magistrate ein eigennütziges und drückendes Willkürregiment führten; das neue Gesetz gab die Wahlen der städtischen Beamten an die Steuerzahler.
Die Regierung hatte inmitten der alten Tories und der neuen Radikalen eine schwierige Stellung und überhaupt mit den ungewohnten, durch die Reform veranlaßten Parteiverschiebungen zu rechnen. Ihre Mehrheit bestand aus den alten Whigs und den weit über sie hinausgehenden Radikalen, neben diesen aus den mit eigenen Wünschen sich vordrängenden Iren unter O'Connell. Sie mußte 1836 gegen die Orangelogen (s. d.) in Irland einschreiten, in denen sich die engl.-prot.
Elemente gegen das kath. Irentum vereinigt hatten; denn diese hatten gegen die Katholikenbefreiung und die beabsichtigten Reformen eine der Regierung gefährliche Haltung einzunehmen begonnen, sodaß sie aufgelöst und unterdrückt werden mußten. Ein Gesetz zur Reform der irländ. Städteverfassung scheiterte am Widerstand des toryistischen Oberhauses. Ebenso bekämpften die Tories die Politik des Staatssekretärs des Auswärtigen, Palmerston, der zum Schutz der liberalen Verfassungen der Pyrenäischen Halbinsel gegen die absolutistischen Gelüste des Don Carlos und Dom Miguel schon mit Frankreich, Spanien [* 3] und Portugal die Quadrupelallianz abgeschlossen hatte. Mitten im erbitterten Kampf um innere und äußere Fragen während der Session von 1837 starb König Wilhelm IV. in der Nacht vom 19. zum 20. Juni.
Mit seinem Tode erfolgte die Loslösung Hannovers, das die weibliche Thronfolge ausschloß, von dem großbrit. Reiche. Während dort ein jüngerer Bruder Wilhelms, der Herzog von Cumberland, als König Ernst August den Thron [* 4] bestieg, folgte in Großbritannien [* 5] die einzige Tochter eines ältern Bruders, des Herzogs von Kent, die achtzehnjährige Victoria [* 6] (s. d.).
Die von Melbourne für ihren königl. Beruf in whigistischem Sinne herangebildete Monarchin eröffnete der Whigregierung an ihrem Hofe bessere Aussichten, als sie unter dem verstorbenen König besessen hatte; aber die gesunkene Macht der Krone zeigte sich darin am deutlichsten, daß gerade damals die Whigs an Boden verloren. In dem neuen Parlament, das eröffnet wurde, war die liberale Mehrheit noch schwächer und schwankender als zuvor. Eine geringe Festigkeit [* 7] bewies das Ministerium gegenüber der Empörung in Canada (s. d., Bd. 3, S. 892). Der mit besondern Vollmachten abgesandte Graf Durham war streng und mit Erfolg gegen die Empörer eingeschritten.
Trotzdem gab die Regierung den Angriffen der Opposition gegen ihn nach und sprach dem Grafen ihre Mißbilligung aus, sodaß dieser voller Erbitterung seine Entlassung nahm. Auch die irische Zehntbill gelang es nur durch völligen Verzicht auf die Appropriationsklausel durchzubringen. Besondere Schwierigkeiten bereitete das Vorgehen der äußersten Radikalen, der sog. Chartisten (s. Chartismus) unter Führung O'Connors, die in ihrem Parteiprogramm, der «Volkscharte», äußerst demokratische Forderungen aufstellten, wie allgemeines Wahlrecht, jährliche Parlamente, geheime Abstimmung u. s. w. Sie arbeiteten mit Volksversammlungen und Massenpetitionen und beriefen 1838 einen Nationalkonvent nach London. [* 8]
Als sie aber Sommer 1839 zur gewaltsamen Durchführung ihrer Charte schritten, wurden ihre Versuche mühelos unterdrückt und die Führer deportiert. Diesem Erfolg stand ein ähnlicher in der auswärtigen Politik zur Seite. Die zweifelsohne von Rußland unterstützte Bedrohung Herats durch den Schah von Persien [* 9] gab im Frühling 1839 den Engländern Gelegenheit zu einem siegreichen Zuge gegen Afghanistan [* 10] (s. d., Bd. 1, S. 171 b) und damit zur neuen Befestigung ihrer ostind.
Herrschaft. Gleichwohl begann die Febr. 1839 eröffnete Parlamentssession unter trüben Aussichten. Trotz der schlechten Ernte [* 11] und dem herrschenden Nahrungsmangel bestanden noch immer die hohen Getreidezölle, die, zur Zeit der ausschließlichen Toryherrschaft geschaffen, eine Getreideeinfuhr geradezu ausschlossen. Im Mittelpunkt der industriellen Bevölkerung [* 12] in Manchester [* 13] hatte sich 1838 unter Cobdens Leitung die Antikornzollliga (s. Anti-Corn-Law-League) gebildet, die auf die Beseitigung der hohen Zölle hinarbeitete. Ihr Vorgehen im ¶
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Parlament 1839 blieb noch ohne Erfolg, aber ihre Agitation, die Chartistenbewegung sowie die dauernden irländ. Verlegenheiten machten die Stellung des Ministeriums schwierig, und als es in einer Kolonialfrage nur fünf Stimmen Mehrheit erhielt, trat es zurück. Der Versuch Peels, ein neues Kabinett zu bilden, scheiterte an seiner Forderung, daß auch bestimmte Hofdamenstellen nach Parteirücksichten besetzt werden sollten. Nach einzelnen Personalveränderungen blieb daher das alte Ministerium im Amte.
Das J. 1840 brachte 10. Febr. die Vermählung der Königin mit dem Prinzen Albert von Sachsen-Coburg, dem es nur mit Mühe gelang, das anfängliche öffentliche Mißtrauen zu beseitigen. Mit China [* 15] (s. d., Bd. 4, S. 208) kam es zum Kriege, weil es die massenhafte brit. Opiumeinfuhr zu hindern suchte. Die Anfeindungen, die der Leiter des Auswärtigen, Palmerston, deshalb erfuhr, wurden einigermaßen wettgemacht durch die Niederwerfung des ägypt. Vicekönigs Mehemed-Ali, der sich gegen den Sultan erhoben hatte und nun von England im Bunde mit Österreich, [* 16] Rußland, Preußen [* 17] und der Türkei [* 18] (Sept. 1840) zur Unterwerfung gebracht wurde. (S. Ägypten, [* 19] Bd. 1, S. 248 b.) Der Hauptkampf der Parteien konzentrierte sich jedoch auf die Kornzölle, und in der Berechnung, die Zahl der eigenen Anhänger durch die Gegner der Kornzölle zu vermehren, brachte Melbourne April 1841 die Angelegenheit vor das Parlament. Es war vergeblich, einer Niederlage, die er dort erlitt, folgte eine gleiche bei den Wahlen; trat Peel an die Spitze einer konservativen Regierung, und nun begann, getragen von der großen Freihandelsbewegung, die denkwürdige Epoche der großen Zoll- und Finanzreformen dieses Ministeriums.
Den schreienden Mißständen gegenüber hatte sich der konservative Staatsmann der Notwendigkeit nicht verschließen können, eine Reform in der finanziellen und wirtschaftlichen Politik anzubahnen. Entgegen der eigenen Parteiüberlieferung machte er die notwendigen staatsmännischen Zugeständnisse und schlug einen Mittelweg ein, auf dem er seine Gegner auf den beiden äußersten Flügeln fand, bei den radikalen Freihändlern wie den reformfeindlichen Schutzzöllnern. Am trat er mit dem ersten Antrag auf Zollermäßigung vor das Parlament, der nach heftigem Kampf mit den Extremen beider Flügel durchgesetzt wurde. Ebenso wurde eine Einkommensteuer von 3 Proz. angenommen, zum Ausgleich gegenüber den herabgesetzten indirekten Einnahmen und zur Beseitigung des dauernden Deficits. Auch in der auswärtigen Politik gab es manche Schwierigkeiten zu lösen. Mit Nordamerika [* 20] war durch Grenzstreitigkeiten und einige andere Vorkommnisse eine Spannung entstanden, die durch den Vertrag von Washington [* 21] beseitigt wurde.
Den nachdrücklich geführten chines. Krieg endete der Friede vom der neben einer hohen Kriegsentschädigung und der Eröffnung mehrerer Häfen den Engländern die Insel Hongkong brachte. Eine Erhebung der Afghanen hatte zur Aufreibung eines ganzen brit. Heers geführt; unter dem Vicekönigtum von Lord Ellenborough wurde im Sommer 1842 ein blutiger Rachezug unternommen. (S. Afghanistan, Bd. 1, S. 172.) Zu gleicher Zeit gingen die Chartisten mit einer neuen Massenpetition vor, und in Irland betrieb O'Connell durch seine Repealvereine (s. d.) eine erfolgreiche demagogische Agitation für die Lostrennung Irlands von England. Als die Bewegung einen immer leidenschaftlichern Charakter annahm, setzte Peel in der Parlamentssession 1843 das Verbot der Waffeneinfuhr nach Irland durch und ließ O'Connell mit mehrern Genossen des Hochverrats anklagen. Die gerichtliche Verurteilung wurde zwar in letzter Instanz vom Oberhaus kassiert, indes war der Repealbewegung damit ein vernichtender Stoß versetzt worden.
Während die Antikornzollliga ihren Freihandelskampf in Parlament und in der Öffentlichkeit mit wachsendem Erfolg fortsetzte, ging Peel unbeirrt seinen Weg maßvoller Reformen weiter. Die Session von 1844 brachte das Bankgesetz (s. Bankakte), welches das auszugebende Papiergeld in ein bestimmtes Verhältnis zu den bestehenden Barbeständen setzte, und die Ermäßigung des Zuckerzolls bezeichnete ein weiteres Fortschreiten in der eingeschlagenen Richtung.
Immer weiter vollzog sich zugleich die unaufhaltsame Umgestaltung und Zersetzung der alten Parteiverhältnisse. Am deutlichsten trat sie im April 1845 gegenüber der Maynoothbill hervor, in der die Regierung für ein kath. irisches Seminar eine größere Staatsunterstützung forderte. Die alten Tones fielen ab, während eine größere Zahl von Whigs und Liberalen auf seiten des Ministeriums stand. Ähnlich blieb das Parteiverhältnis bei der Bewilligung der für die drei folgenden Jahre geforderten Einkommensteuer, der weitern Verminderung der Zuckerzölle und einer in größerm Umfange vorgenommenen Herabsetzung des allgemeinen Zolltarifs. Der Mißwachs der Kartoffeln brachte 1845 eine furchtbare Hungersnot in Irland hervor und führte die Macht und den öffentlichen Einfluß der Antikornzollliga auf ihre Höhe. Peel selbst fühlte die Notwendigkeit, den letzten entscheidenden Schritt zu thun. Als er (Dez. 1845) im Kabinett zuerst seinen Plan zu einer grundsätzlichen Aufhebung der Kornzölle vorbrachte, kam es zu einer vorübergehenden Krisis, die nach Russells vergeblichem Versuch zur Neubildung mit dem Wiedereintritt des Ministeriums Peel endete. Am brachte Peel in der neuen Parlamentssession seinen Reformplan vor das Unterhaus.
Wie der Grundbesitz das Opfer der Getreidezölle bringen sollte, so verlangte er von der Industrie, daß sie auf den Zollschutz für Fabrikate aus Baumwolle, [* 22] Wolle und Flachs verzichte. Nach langen Kämpfen, die zum Bruch mit der alten Torypartei führten, wurde die Annahme bis zum 26. Juni entschieden. Schon den Tag vorher war Peel jedoch gestürzt worden, denn als sich der von ihm nötig erachteten Zwangsbill zum Schutze von Leben und Eigentum in Irland die Liberalen und Radikalen widersetzten, traten ihnen auch die gegen Peel persönlich erbitterten Tories bei, und das Gesetz wurde mit 292 gegen 219 Stimmen abgelehnt. Peel trat daraufhin zurück, und es folgte ihm ein Whigkabinett unter Lord Russell, in dem Sir George Grey die innern, Palmerston die äußern Angelegenheiten leitete.
8) Die Whigherrschaft bis zum Ausbruch des Krimkrieges (1846-53). Die Erbschaft, welche die Whigs übernahmen, war nicht ungünstig. Das Verhältnis zu Frankreich war ein sehr freundliches, und neue Zwistigkeiten mit Nordamerika über die Oregongrenzfrage waren im Juni 1846 friedlich erledigt worden. Lord Ellenboroughs kriegerische Politik in Ostindien [* 23] gegen die Afghanen sowie gegen die Mahratten hatte zu seiner ¶