mehr
Komödie. An den ländlichen Festen der Weinlese und des Kelterns wurden seit alter Zeit Umzüge, Komoi genannt, von zum Teil vermummten Personen gehalten und dabei ausgelassene Lieder gesungen. Daraus ging zunächst in Megara eine Art von Possen und Schwanken hervor, die angeblich durch Susarion von Tripodiscus nach Attika gebracht wurde. Eine von der attischen Komödie verschiedene Dichtgattung wurde in Sicilien am Hofe des Hiero durch Epicharmus und nächst ihm durch Phormis ausgebildet, deren Komödien teils Travestien von Göttersagen, teils realistische Bilder aus dem Volksleben enthielten.
Endlich gehören in diese Periode auch die Anfänge der Prosa, die durch den sich immer weiter verbreitenden Gebrauch der Schrift sowie durch die Einführung eines zum Bücherschreiben bequemen Materials, des ägypt. Papyrus, vorbereitet war. Auch auf diesem Gebiete gingen die Ionier den übrigen Griechen voran. Unter ihnen lebten die sog. Logographen, deren Schriften die Anfänge der Geschichtschreibung bildeten. Ionier waren auch die ersten, die kosmologische und philos. Spekulationen über die Entstehung der Welt aufzeichneten (Pherekydes, Anaximander und Anaximenes).
III. Periode (vom Ende der Perserkriege bis zum Tode Alexanders d. Gr.). Sie kann man als die attische bezeichnen; denn Athen ist [* 2] Mittelpunkt aller litterar. Bestrebungen und Leistungen. Sie ist aber zugleich auch die klassische Periode; denn in ihr sind hauptsächlich jene Schriftwerke entstanden, die als für alle Zeiten mustergültige zu betrachten sind. In der Poesie tritt vor allem das Drama in den Vordergrund und stellt alle andern Dichtgattungen in den Schatten. [* 3]
Die
Tragödie durchläuft unter den
Händen der drei großen
Meister
Äschylus,
Sophokles und Euripides die Stufenleiter
ihrer
Entwicklung von großartigem Ernst und würdevoller Erhabenheit zu maßvoller, rein menschlicher Schönheit und endlich
zur erschütternden
Darstellung der gewaltigsten Leidenschaften in rhetorisch geschmücktem
Ausdruck. Neben diesem glänzenden
Dreigestirn erscheinen zahlreiche
Sterne zweiten Ranges,
Ion,
Agathon, Theodektes, Chäremon u. a. -
Die Schauspielkunst feiert in den Zeiten Philipps und Alexanders von Macedonien ihre höchsten Triumphe, artet aber bald in ein nach Effekt haschendes Virtuosentum aus. Die Komödie, die bei den Doriern Siciliens keine weitere Pflege findet und später durch die in Prosa abgefaßten Mimen der Syrakusaner Sophron und Xenarchus Ersatz erhält, wird in Attika durch Chionides und Magnes ausgebildet und erreicht schnell durch die Schöpfungen des Kratinus, Eupolis und Aristophanes ihre höchste Vollendung; sie ist der ungezügeltste Ausdruck des athen. Volksgeistes, wie er sich unter der reinen Demokratie entwickelt hatte, reich an treffendem, wenn auch oft schmutzigem Witz und kühner Phantasie, voll Parteileidenschaft, ein Werkzeug der heftigsten polit. und litterar.
Befehdung, aber zugleich ein beredtes Zeugnis des alle Schichten der athen. Gesellschaft durchdringenden regen Interesses an allen öffentlichen Angelegenheiten. Als nach dem Ende des Peloponnesischen Krieges die Macht Athens und damit die alte Thatkraft des Volks gebrochen, das frühere großartige polit. Leben erstorben war, bildete sich eine andere Form, die sog. neuere attische Komödie, in der das polit. Interesse ganz in den Hintergrund tritt und litterar.
Anekdoten, parodierte Göttersagen und Verhältnisse des Privatlebens den Hauptinhalt der auch äußerlich (durch Verschwinden
der Chorgesänge) unansehnlicher gewordenen
Stücke bilden. Unter den zahlreichen
Vertretern dieser neuern Komödie sind
Antiphanes,
Eubulus, Anaxandrides und
Alexis, aus etwas späterer Zeit die dem Ausgange dieser und den ersten
Zeiten
der nächsten
Periode angehörenden Dichter Menander, Philemon, Diphilus,
Apollodorus, Philippides und
Posidippus hervorzuheben.
Das hauptsächlich aus den Nachbildungen röm. Dichter (Plautus und
Terentius) bekannte neuere
Lustspiel stellt in kunstvoll
verwickelter Handlung (Intriguenstücke) charakteristische
Typen aus den mittlern und niedern
Klassen der
bürgerlichen Gesellschaft (polternde und gutmütige
Väter, leichtsinnige
Söhne, schlaue Sklaven,
Hetären, Schmarotzer, militär.
Prahlhänse
u. dgl.) mit feiner Beobachtungsgabe
dar. - Von den übrigen Dichtungsgattungen ist die eigentliche
Lyrik jetzt
fast ganz auf den Dithyrambus beschränkt. Dieser nimmt im Wetteifer mit der
Tragödie mehr und mehr einen mimetischen Charakter
an, und zugleich erreicht das musikalische Element unter der Pflege ausgezeichneter
Musiker, wie
Melanippides,
Philoxenus und Thimotheus, eine Höhe virtuosenhafter Ausbildung, welche den
Inhalt hinter die Form zurücktreten läßt.
- Die Elegie wird eifrig teils nebenbei von den Tragödiendichtern
(Äschylus,
Sophokles,
Ion), dem Politiker Kritias, sowie
auch von
Philosophen
(Plato und
Aristoteles), teils als Hauptsache von andern Dichtern (Dionysius Chalcus,
Euenus von Paros u. a.) gepflegt. Das Epos endlich
erscheint teils als künstliche Nachahmung
der alten volksmäßigen Sagenpoesie (Panyassis,
Antimachus, Chörilus), teils als
Parodie des alten Volksepos, indem die würdevolle
epische Form mit beabsichtigtem komischem Kontrast für die Behandlung niedriger und gemeiner Gegenstände
verwendet wird (Archestratus). Die Form des Epos erhielten auch philos. Lehrgedichte (Parmenides, Empedokles).
Neben die Poesie tritt in dieser Periode ebenbürtig die Prosa. Die Großthaten der Befreiungskämpfe gegen die Perser lieferten der Geschichtschreibung einen bedeutenden nationalen Stoff, den Herodot, in Verbindung mit der Geschichte und Sittenschilderung der geschichtlich bedeutenden Völker Asiens und der Ägypter, in anziehender Darstellung behandelte, während Hellanicus u. a. noch auf der von den ältern Logographen betretenen Bahn genealog.-chronol.
Stammgeschichten fortgingen. Dann gab Thucydides in seiner (unvollendeten) «Geschichte des Peloponnesischen Krieges», an welche sich Fortsetzungen von Xenophon und von Kratippus anschlossen, das erste Muster einer mit histor. Kritik ausgeführten polit. Geschichtschreibung. Die Geschichte Persiens wurde durch Ktesias, die Siciliens durch Antiochus, Philistus und Athanas von Syrakus [* 4] behandelt. Am Ende dieser Periode traten Historiker auf, die, in den Schulen der Rhetoren, besonders des Isokrates gebildet, durch Anwendung der rhetorischen Kunst auf die Geschichtschreibung einen neuen histor. Stil schufen; so Theopompus und Ephorus, dessen 30 Bücher Historien das erste Beispiel einer allgemeinen Weltgeschichte waren. - Die Beredsamkeit, hervorgerufen durch das Bedürfnis überzeugender und gewinnender Rede in den Volksversammlungen und Gerichten, wurde ¶
mehr
nun zu einer nach festen Regeln geübten Kunst ausgebildet, deren erste Lehrer in Athen die Syrakusaner Korax und Tisias, dann
die sog. Sophisten waren. Seit dem Peloponnesischen Kriege bis zum Untergang der Selbständigkeit Athens trat dann eine Reihe
hervorragender Männer teils selbst als Redner bei polit. wie gerichtlichen Verhandlungen, teils als Lehrer
der Redekunst und Verfasser von Anklage- oder Verteidigungsreden auf, unter denen folgende zehn nach dem Urteil der Alten die
bedeutendsten sind: Antiphon, Andocides, Lysias, Isokrates, Isäus, Lykurgus, Hyperides, Demosthenes, Äschines, Dinarchus. (S.
Rhetoren.) Auf dem Gebiete der Philosophie endlich
wurde durch die Schüler des Sokrates die Form des Dialogs
in die Litteratur eingeführt und durch Plato zur höchsten Vollendung gebracht, während Aristoteles den Dialog nur für seine
populären Schriften beibehielt, sonst aber die systematische Darstellungsweise wählte. Auf dem mehr praktischen Gebiete
der wissenschaftlichen Thätigkeit sind Hippokrates mit seinen Genossen als Begründer einer wissenschaftlichen Arzneikunde,
und Archytas, Meton, Eudoxus als Mathematiker und Astronomen hervorzuheben.
IV. Periode (vom Tode Alexanders bis auf Augustus). Man kann diese als die alexandrinische oder hellenistische bezeichnen; denn Alexandria ist jetzt, dank dem wissenschaftlichen Eifer der ersten Fürsten aus dem Hause der Ptolemäer, die in der Alexandrinischen Bibliothek einen Mittelpunkt gelehrter Studien aller Art schufen, der Hauptsitz aller litterar. Bestrebungen; aber der eigentliche national-hellenische Charakter der Litteratur geht verloren, sie nimmt stattdessen den sog. hellenistischen an, durch den sie sich freilich zu der Stellung einer Weltlitteratur erhoben hat. (S. Hellenisten.) Die Schriftsteller schrieben nicht mehr für ihre Stammgenossen, sondern für den weiten Kreis [* 6] der Gebildeten, die der Bücher- und Hofsprache (denn diese Stellung nahm jetzt die griech. Sprache [* 7] außerhalb Griechenlands ein) mächtig waren. (S. Alexandrinisches Zeitalter.) Auf dem Gebiete der Poesie geht fast alle Produktion von der gelehrten Beschäftigung mit den Werken der ältern Dichter, die jetzt mehr und mehr mit philol.
Methode behandelt werden, aus; so die epischen Dichtungen des Apollonius und des Rhianus, die Lehrgedichte des Aratus und Nikander, die Hymnen des Kallimachus, die Elegien des Philetas, Hermesianax, Kallimachus, Euphorion, Parthenius u. a., und die Tragödien und Satyrspiele der gewöhnlich unter dem Namen des Siebengestirns (Pleias) zusammengefaßten Dichter. Ein frischer Geist weht nur noch in den Schöpfungen der neuern Komödie. Gleichwohl entsteht und gedeiht in dieser Periode eine neue Dichtgattung, die bukolische Poesie des Theokrit und seiner Nachahmer Bion und Moschus, die in kleinen epischen Bildern (Eidyllia) das Leben der sicil.
Hirten mit frischer Naturwahrheit, daneben auch Scenen aus dem Volksleben der Städte zeichnet, deren dramat. Lebendigkeit trotz der mehr epischen Form (meist Hexameter, aber doch Dialog!) an die Mimen des Sophron erinnert. Das Entstehen einer solchen Gattung erklärt sich leicht in einer Zeit, die von Einfachheit und Natürlichkeit weit entfernt war und daher auf künstlichem Wege sich in eine recht naturwüchsige Umgebung zu versetzen liebte. Darum auch das Wohlgefallen dieser Zeit an parodisierenden Dichtungen aller Art (die Sillen des Timon, die Kinäden des Sotades und des Alexander von Ätolien, die Satiren des Menippus, in Prosa mit eingestreuten Versen), sowie an dem fein ausgearbeiteten Epigramm, das von jetzt an die beliebteste und am eifrigsten gepflegte Dichtgattung wird. (S. Anthologie.)
Die Prosalitteratur dieses Zeitalters trägt, wenigstens soweit sie von Alexandria und seinen gelehrten Anstalten ausgeht, den Charakter einer die verschiedensten Zweige des menschlichen Wissens in systematischer Gliederung umfassenden Gelehrsamkeit. Der beste Vertreter dieser Richtung ist Eratosthenes. Namentlich die Philologie oder, wie sie damals hieß, die Grammatik, und die Mathematik machten in Alexandria die gewaltigsten Fortschritte. (S. Grammatiker.) Die Mathematik, bisher meist nur als ein Zweig der Philosophie betrieben, wurde durch eine ganze Anzahl von Geistern ersten Ranges (Euklides, Archimedes, Heron, die Astronomen Aristarchus von Samos und Hipparchus von Nicäa, den Harmoniker Aristoxenus) rasch aus den Elementen zu bedeutender wissenschaftlicher Höhe erhoben und durch die Anwendung auf Mechanik, Astronomie, [* 8] Optik, Musik zur größten praktischen Bedeutung gebracht. In der Naturgeschichte wurde durch Theophrast, in der Medizin durch Herophilus und Erasistratus, die zwei ersten großen Anatomen des Altertums, beide Begründer eigener mediz. Schulen, Bedeutendes geleistet. - Die Philosophie (s. Griechische Philosophie) fand in den geschlossenen Schulen der Akademiker und Peripatetiker, der Stoiker, Epikureer und Skeptiker eifrige und allseitige Pflege; Athen blieb auch in dieser sowie in der folgenden Periode ihr Hauptsitz; ebenso für die Rhetorik. - Der Geschichtschreibung lieferten zunächst die Feldzüge Alexanders einen reichen und vielfach ausgebeuteten Stoff, und auch in der Folgezeit wurde besonders die zeitgenössische Geschichte eifrig behandelt. Es ist nur ein Denkmal der Geschichtschreibung dieser Periode erhalten in dem nur unvollständig überlieferten Werke des Polybius, das den völligen Untergang der polit. Freiheit Griechenlands und den mächtigen Aufschwung Roms in der Zeit von Anfang des zweiten Punischen Krieges bis zum Sturz des macedon. Königtums mit staatsmännischem Geiste schildert.
V. Periode (von Augustus bis Justinian). Die Griechische Litteratur tritt ganz in den Dienst des röm. Weltreichs. Rom [* 9] wird der Mittelpunkt der Wissenschaft wie der Kunst, daher auch der Sammelplatz der griech. Schriftsteller, die sich mehr und mehr dem Geschmack ihrer Herren, insbesondere des den Ton angebenden kaiserl. Hofs, fügen müßen; daneben bleibt noch Athen eine Art hoher Schule für Philosophie und Rhetorik, bis durch die Schließung seiner Schulen durch Justinian auch der letzte Schimmer des alten Glanzes der heidn.-griech. Bildung erlischt.
Die Poesie war, abgesehen von dem leichten Spiel des Epigramms, in den beiden ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung fast ganz verschwunden; in der Prosa aber trat, ähnlich wie in der bildenden Kunst dieser Zeit, durch engen Anschluß an die klassischen Muster eine Art Restauration ein, die in der Korrektheit der Form und in einer allerdings etwas künstlichen Eleganz besteht. Den Vorrang behaupten zunächst die Geschichtschreibung und die Rhetorik. Auf jenem Felde sind Männer thätig wie Diodorus, Strabo (bekannter als Verfasser eines großen, noch erhaltenen geogr. ¶