seiner Kunst gewinnen, als man sie von irgend einem der andern griech. Maler hat. (Vgl. Robert, Die Nekyia des Polygnot, Halle
1892.) Er stellte die
Figuren reihenweise übereinander und verstand es, durch geschickte Anordnung und indem er die einzelnen
Gruppen in strenge Entsprechung zueinander setzte, die Masse des Stoffes zusammenzuhalten. Sein Versuch,
das Landschaftliche im Bilde mit darzustellen, kann wohl nur auf eine zeichnerische Andeutung beschränkt gewesen sein, wie
denn überhaupt eine eigentlich malerische Wirkung von ihm ebensowenig erreicht sein wird, wie etwa von Giotto, den man passend
mit Polygnot verglichen hat.
In der stilistischen Darstellungsweise scheint er bei einer noch altertümlichen Formenbehandlung denselben
herben und strengen Naturalismus vertreten zu haben, der gleichzeitig in der Plastik vorherrschte. Aber alles Einzelne trat
zurück gegen den Gesamteindruck seiner Kompositionen, der so erhaben war, daß ihren Anblick vor allem Aristoteles der heranwachsenden
Jugend gewünscht hat. Polygnot war hauptsächlich in Athen thätig. Hier hatte er in Mikon und Panänus
Genossen, die gemeinsam die Schlacht von Marathon malten. Aus der Perikleischen Zeit werden Pauson, der sich in einer rücksichtslosen
Wiedergabe des Wirklichen, selbst des Häßlichen gefiel, und Agatharchos genannt.
Dem 5. Jahrh. v. Chr. gehört auch noch Apollodorus an, den Plinius als den ersten bedeutenden Maler ausführt.
Sein Verdienst scheint in der Begründung einer eigentlich malerischen Kunstrichtung im Gegensatz zu der namentlich durch
Polygnot vertretenen mehr zeichnerischen bestanden zu haben. An die Stelle des Wandgemäldes tritt nun das Tafelbild, bei dem
alles auf die Feinheit der Einzelausführung ankommt. An ihn schließen sich die großen Meister des 4. Jahrh.
v. Chr. an, Zeuxis von Heraklea, Parrhasius von Ephesus, Timanthes, Pamphilus, Pausias, Nikias, Euphranor, über deren Kunst
aus den erhaltenen Nachrichten wenig zu entnehmen ist.
Nur von Timanthes läßt sich eine bestimmte Vorstellung aus einem pompejanischen Wandbilde gewinnen, welches die Opferung
der Iphigenia darstellt und wahrscheinlich dem berühmten Iphigenienbilde des Timanthes nachgebildet ist.
Luft und Landschaft sind in sehr hellen Tönen gemalt, sodaß sich die
Figuren scharf abheben. Bei diesen fällt die flächenhafte
Behandlung auf. Die Schatten sind mit dunkelbrauner, die Lichter mit weißlichgelber Farbe aufgesetzt und die Einzelheiten,
wie Gewandfalten, Haar, Augen u. dgl. mit spitzem Pinsel in Strichmanier ausgeführt,
ohne daß die einzelnen Farbentöne ineinander vertrieben wären.
Eine ähnliche Technik zeigen polychrome Vasen des 4. Jahrh. v. Chr.; sie scheint also wirklich dieser Zeit eigentümlich gewesen
zu sein. Ein weiteres Hilfsmittel, um von der Malerei eine Vorstellung zu gewinnen, bieten die erhaltenen Marmorskulpturen,
vor allem der sog. Alexandersarkophag von Sidon in seinem leuchtenden, wohlerhaltenen
Farbenschmuck, und die bemalten Terrakotten. Von Zeuxis wird berichtet, daß er auch in Thon gebildet habe, und von manchen
der gefundenen anmutigen Tanagrafiguren (s. Tanagra) möchte man geradezu annehmen, daß sie aus der Hand eines solchen Meisters
hervorgegangen sind. Es treten im 4. Jahrh. v. Chr. zwei Malerschulen hervor, die eine ist die sikyonische,
an deren Spitze Eupompos stand und zu der die erwähnten Maler Pamphilus und Pausias gehörten,
die andere die thebanisch-attische,
die in Nikomachus, Aristides, Euphranor und Nikias ihre bedeutendsten Vertreter hat.
Die Bestrebungen waren im wesentlichen auf Verfeinerung der Zeichnung und des Kolorits gerichtet. Aber
so Großes auch hierin, namentlich von Parrhasius, geleistet wurde, so trat doch alles gegen die Kunst des Apelles (s. d.)
zurück. Er malte eine Allegorie der Verleumdung, eine jagende Artemis, dann Aphrodite, aus dem Meer aufsteigend, an welch letzterm
Bilde man bewunderte, wie das allmähliche Verschwinden des Unterkörpers im Wasser dargestellt war.
Einer Erzählung zufolge wollte Alexander d. Gr. nur von ihm gemalt sein, wie er nur von Lysippus plastisch dargestellt sein
wollte. Unter den übrigen Malern aus dem Ende des 4. Jahrh. traten Aetion (s. d.) und Timomachus hervor. Jener malte die Hochzeit
Alexanders d. Gr. und der Roxane, aus deren Beschreibung Sodoma den Stoff zu seinem Gemälde in der Farnesina
schöpfte; von dem Bilde des Timomachus: Medea auf den Tod ihrer Kinder sinnend, sind Nachbildungen in Herculanum und Pompeji erhalten.
Wie für die Plastik, so bietet auch für die Malerei der hellenistischen Zeit die litterar. Überlieferung des Altertums
nur ein dürftiges Material; Ersatz gewähren die in Rom, Herculanum, Pompeji und Stabiä gefundenen Wandmalereien
sowie die neuerdings in Ägypten, in den Gräbern von Fajum, gefundenen Mumienporträte (s. Alexandrinische Kunst und die daselbst
beigefügte Tafel).
Litteratur. I. Periode. Die Geschichte der vorhomerischen Litteratur liegt für uns
in tiefem Dunkel; die Gestalten eines Orpheus, Musäus, Eumolpus, Thamyris u. a., welche das Altertum als Vorläufer Homers bezeichnete,
sind durchaus mystisch und die unter ihrem Namen laufenden teilweise noch erhaltenen Gedichte Fälschungen. Sicher ist nur,
daß schon sehr früh, lange vor Homer, von griech. Stämmen die Poesie, namentlich im Dienste der Religion
(Hymnen, Päane) und bei den mit ihr verbundenen ernsten und heitern Anlässen - Todtenklage, Hochzeitslied - gepflegt
wurde.
Auch die daneben bestehende erzählende Poesie - Sagenpoesie - giebt durch ihre Helden, die ja Götter und Göttersöhne sind,
ihren religiösen Ursprung zu erkennen. Aber auch Ansätze zu einem frühen weltlichen Volkslied und einer
volkstümlichen Spruchweisheit sind schon bei Homer erkennbar, wie auch die Orakel bereits vor Homer in metrischer Form erklungen
sein mögen. Aus solchen Anfängen entwickelte sich dann nach den Stürmen der Wanderzeit, zunächst bei den Griechen in Kleinasien,
die große nationale, an den Namen Homers geknüpfte Heldendichtung (s. Epos), die durch fortgesetzte Geiste
verschiedener Stämme vermehrt, durch wandernde «Sänger» (Aöden, wie Phemios und
Temodokos in der Odyssee) verbreitet und von Nachdichtern nach einheitlichem Princip gestaltet, endlich ihren Abschluß fanden.
Dieser Heldendichtung gegenüber steht, wenn auch nicht ganz gleichzeitig, die formell gleiche, nach Inhalt und
Heimat verschiedene Gattung der (besonders in Böotien geübten) religiös-lehrhaften Poesie, als deren hauptsächlicher Vertreter
Hesiod erscheint. Beim Vortrag dieser Gedichte ist, im Gegensatz zu den Homerischen, die musikalische Zuthat auf ein Minimum
beschränkt gewesen.
mehr
II. Periode (vom Ende des 8. vorchristl. Jahrhunderts bis zum Ende der Perserkriege). In dieser setzt sich die epische Dichtung
fort; als Nachahmer und Schüler Homers treten uns die sog. Cyklischen Dichter (s. d.) entgegen, und auch das religiöse, ethische
und didaktische Gedicht findet bei den sog. Orphikern (s. Orpheus), d. h. bewußten oder
unbewußten Mystikern, als deren Hanptvertreter der am Hofe des Pisistratus lebende Onomakritus anzusehen ist, Nachahmung und
Pflege.
Aber bereits fing man auch an, die Resultate philos. Denkens in der Form der epischen Dichtung zu behandeln (Xenophanes von
Kolophon), daneben entwickelt sich eine formell und inhaltlich neue Gattung von Poesie, die Lyrik im weitesten
Sinn, das echte Kind einer Zeit, welche nun auch der Subjektivität zu ihrem Recht verhelfen wollte. Letztere war während der
epischen Periode völlig hinter den Stoff zurückgetreten, regte sich aber und trat bewußt, sogar stürmisch in den Vordergrund,
als auch in der Politik eine Änderung eingetreten und unter republikanischen Staatsformen das Selbstgefühl
des Einzelnen durch fortgesetzte persönliche Teilnahme an staatlichen Dingen und Fragen gesteigert worden war. Da sich nun
diese Subjektivität nach den verschiedensten Seiten hin geltend machte, entstanden auf diesem Gebiete, gegenüber der Gleichmäßigkeit
der epischen Produkte, mehrere Unterarten.
Zuerst entwickelt sich bei den Ioniern Kleinasiens, den Übergang vom Epos zur eigentlichen Lyrik bildend,
die elegische Poesie, die im Distichon, dessen Erfindung gewöhnlich dem Kallinus von Ephesus, von andern dem Archilochus von
Paros zugeschrieben wird, den Anfang der Strophenbildung aufweist. Ihrem Inhalt nach war die Elegie teils politisch-kriegerisch,
zum Kampfe fürs Vaterland anfeuernd (Kallinus, Archilochus, der Spartaner Tyrtäus), teils gab sie den
Empfindungen der Liebe, des heitern Lebensgenusses wie der wehmütigen Trauer über die Kürze und Vergänglichkeit des Menschenlebens
Ausdruck (Mimnermus von Kolophon), teils enthielt sie allgemeine Lehren (Gnomen) sowie praktische Regeln für die verschiedensten
Verhältnisse des öffentlichen und häuslichen Lebens (Solon von Athen, Theognis von Megara, Phokylides
von Milet u. a.). Neben der Elegie ward die hauptsächlich zu Spottversen gebrauchte iambische
Poesie ausgebildet, ebenfalls ein Produkt des ion. Volksgeistes, zuerst durch Archilochus in die Litteratur eingeführt, dann
von Simonides von Amorgos auf allgemeinere Stoffe (z. B. Charakteristik der Frauen) angewandt, von Hipponax aus Ephesus wieder
zu heftigen Schmähungen gegen einzelne ihm verfeindete Persönlichkeiten benutzt. In diesen iambischen Dichtungen finden
sich auch (bei Archilochus und Simonides) Versuche in der Tierfabel; der meist als Erfinder dieser Gattung bezeichnete Äsopus
ist wahrscheinlich eine sagenhafte Persönlichkeit.
Die Lyrik im engern Sinne, die melische Poesie, deren Ausbildung mit der Entwicklung der Musik in nahem Zusammenhange
steht, teilt sich in zwei Hauptgattungen: die eigentliche melische Dichtung (Liederdichtung, von melos «Lied» benannt), die
von den Äoliern, und die chorische Poesie, die von den Doriern hauptsächlich gepflegt wurde. Die erstere ist die Poesie heiterer
Geselligkeit und frohen Lebensgenusses, aber auch des tiefsten, feurigsten Gefühlslebens. Ihre Erzeugnisse
sind fast durchgängig kleinere Lieder in
kurzen, meist vierzeiligen Strophen, größtenteils (mit Ausnahme etwa der Hymenäen
und Epithalamien) von einzelnen Personen zur Zither vorgetragen.
Ihr Hauptsitz ist die Insel Lesbos, wo der leidenschaftlich ungestüme Alcäus und die schwärmerisch begeisterte Sappho diese
Dichtgattung zur höchsten Blüte brachten, nachdem schon vorher Terpander den Nomos, den von Einzelnen,
aber gleich den chorischen Liedern bei Götterfesten vorgetragenen religiösen Gesang, kunstmäßig ausgebildet und die Zithermusik
vervollkommnet hatte. Dem Vorbild jener folgte der Ionier Anakreon in seinen leichten, heitern Liedern.
Die Produkte der chorischen Lyrik wurden von Chören unter tanzartigen Bewegungen und der Begleitung von
Saiten- und Blasinstrumenten hauptsächlich an öffentlichen Festen vorgetragen, wodurch sowohl ihre kunstreichere Form, als
auch ihr ernsterer, zum Teil geradezu religiöser Charakter bedingt wurde. (S. Chor.) Alkman und Stesichorus dichteten Strophen
von größerm Umfange und mannigfacherm Wechsel der Rhythmen und führten die Gliederung der Gedichte in Strophe, Antistrophe
und Epode durch.
Der letztere gab seinen Chorgesängen durch Verwertung mythischer Stoffe einen dem Epos verwandten Inhalt, während Ibykus
die chorische Form zum Ausdruck der Empfindungen leidenschaftlicher Liebe anwandte. Ihre höchste Vollendung nach Form und
Inhalt und einen gewissermaßen universalen Charakter erreichte dann die chorische Lyrik am Ende dieser und
am Anfang der folgenden Periode durch Dichter wie Simonides auf Keos und dessen Neffen Bacchylides, besonders aber durch Pindar,
dessen erhaltene Epinikien für uns die einzigen Muster dieser ganzen Dichtgattung sind.
Eine außerordentlich fruchtbare Entwicklung hat ein besonderer Zweig der chorischen Lyrik durchgemacht, der Dithyrambus. Ursprünglich
ein volkstümliches Lied zum Preise des Dionysos, wurde er durch Arion aus Lesbos künstlerisch ausgebildet,
sein Inhalt durch andere Dichter erweitert und zugleich der rhythmischen und musikalischen Form größere Freiheit und Mannigfaltigkeit
gegeben. Bald aber schuf der Tragiker Thespis aus ihm eine ganz neue Dichtgattung, indem er dem Chor einen Einzelnen gegenüberstellte
und mit dem Chorführer Wechselgesänge und Zwiegespräche führen ließ. Da dieser Einzelne nicht nur
eine, sondern mehrere Rollen nacheinander - mit Hilfe entsprechender Masken - darzustellen hatte, so war damit die mimische
Darstellung einer von mehrern Personen durchgeführten Handlung (das Drama) gegeben.
Die aus solchen Anfängen hervorgegangene Tragödie wurde von den Athenern mit Beifall aufgenommen und
erhob sich, als Schmuck der öffentlichen Dionysosfeste, zu immer höherer Würde und tieferm Ernste, besonders seit Pratinas
das Satyrspiel von der ernstern Tragödie ausgeschieden hatte. Phrynichus wagte sich bereits, neben den mythischen, an die Behandlung
geschichtlicher, nationaler Stoffe, und Äschylus, dessen Hauptthätigkeit freilich bereits der folgenden
Periode angehört, brachte durch die Verbindung von vier Dramen (Tetralogie), durch Kühnheit und Erhabenheit des Ausdrucks, Reichtum
der musikalischen Form und reichere Ausstattung der Bühne und der Schauspieler (deren Zahl er auf zwei vermehrte) die Tragödie
ihrer Vollendung nahe.
Aus dem Kultus des Dionysos entwickelte sich auch die andere Hauptgattung des Dramas, die