Byzantiner sich fortgebildet hat. Als authentischer Bibeltext gilt für das
Alte Testament die Septuaginta. Gegen alle abendländ.
Verbesserungen des
Textes im
Neuen und Alten
Testament verhält sich die Griechische Kirche ablehnend. Die wichtigsten Ritualbücher der
Griechische Kirche sind das «Euchologion», das «Horologion»,
das «Pentekostarion», das
«Triodion», das
«Anthologion», das «Menäon», das
«Typikon», das
«Synaxarion».
(S. die Einzelartikel.)
Das Mönchtum ist noch jetzt für die Griechische Kirche von größter Bedeutung als
Träger
[* 2] der
Tradition und meist unbestechlicher Zeuge
der
Orthodoxie. Aus den
Klöstern geht die höhere Geistlichkeit hervor. Mönchsorden giebt es in der Griechische Kirche nicht.
Alle Klöster
leben nach den alten Regeln, die man meist auf
Basilius d. Gr. zurückführt, im besondern aber nach dem
Typikon des betreffenden
Klosters. Es giebt zwei
Stufen unter den Mönchen, das große und das kleine Schema (s. d.), denen
für den Neueintretenden eine Probezeit von 6
Monaten bis 3 Jahren vorangeht.
Die Hauptformen des griech. Mönchslebens sind das Koinobion (s. d.),
die Skete (s. d.) und das
Kellion (s. d.). Die Klöster zerfallen in drei
Klassen, je nachdem sie über 5, 10, 20
Väter haben.
Dieser Unterschied bezieht sich nur auf die Verpflichtung, jeden
Tag oder in größern Zwischenräumen die Liturgie zu feiern.
Die sieben Gebetsstunden werden täglich in jeder Mönchsansiedelung gehalten. Der Vorgesetzte des
Klosters
ist der nächste Erzbischof. Die Kleidung der Mönche ist ein langes, weites, schwarzes Gewand, das über einem ebenso langen
gleichfarbigen, enggegürteten getragen wird.
Als Kopfbedeckung dient die schwarze, hohe, mörserartige Filzmütze, die beim Gottesdienst und gemeinschaftlichem
Essen
[* 3] mit
einem schwarzen Schleier bedeckt wird. Die Frauenklöster der Griechische Kirche sind von keiner
Bedeutung für das kirchliche Leben, da die Nonnen sich aus den untern
Ständen ergänzen und sich lediglich mit
Handarbeiten,
namentlich mit
Sticken beschäftigen. Für ihre kirchlichen Bedürfnisse sorgt einer der benachbarten Priester, meist ein
Klostergeistlicher (Hieromonachos).
Die Geistlichkeit der Griechische Kirche zerfällt nach den drei
Weihen in die
Stufen des Diakonus, Presbyter (Priester)
und Erzpriester
(Archiereus). Aus letztern gehen die
Bischöfe bis zum
Patriarchen hinauf hervor. Unter den Diakonen unterscheidet
man noch Unterdiakonen (Hypodiakonen), Psalten oder Sänger. Der Priester wird vom
Volk Papás genannt, woher bei den
Slawen
das Wort Pop.
Der heutige Charakter der Griechische Kirche zeigt Festhalten an der alten
Orthodoxie und starke
Abneigung gegen alle
direkten abendländ. Beeinflussungen; doch finden die allgemeinen Grundsätze, namentlich der prot. Wissenschaft, vielen
Anklang bei der höhern gebildeten Geistlichkeit. Die
Notwendigkeit einer
Reformation wird empfunden, diese kann aber nach
Ansicht der Griechen nicht durchgeführt werden, ehe das ganze
Volk politisch geeint ist. Im allgemeinen
gilt die
Kirche für ein ebenso großes Heiligtum als die Nationalität, da beide auch seit alters eng verbunden sind.
Litteratur. J. M.
^[JohannMichael] Heineccius, Abbildung der alten und neuen Griechische Kirche (3
Tle., Lpz. 1711);
Pichler, Geschichte der kirchlichen
Trennung
zwischen dem
Orient und Occident (2 Bde.,
Münch. 1864-65);
Gaß,
Symbolik der Griechische Kirche (Berl. 1872);
Stanley, History of the eastern
church (5. Aufl., Lond. 1883);
Ph. Schaff, The creeds of christendom with a history and critical notes,
Bd. 1 (Neuyork
[* 5] 1884);
Kattenbusch, Lehrbuch der vergleichenden Konfessionskunde, Bd.
1: Die orthodoxe anatolische
Kirche (Freib. i. Br. 1892).
Biographien der griech. Theologen von 1453 bis 1821 enthält Sathas, Νεοελλενικὴ
Φιλολογία ^[Transkription: Neoellenikê Philología]
(Athen
[* 6] 1868). Die beste Kirchenzeitung der Griechische Kirche, die auch
viel und gutes Material zur Geschichte liefert, ist die Ἐκκλησιαστικὴ Ἀλήθεια
^[Transkription: Ekklêsiastikê
Alêtheia], redigiert von Gedeon in
Konstantinopel.
[* 7] Die heutige
Verfassung der in Griechische Kirche Γενικοὶ
Κανονιςμοί ^[Transkription: Genikoì Kanonismoí] u. s. w., neugedruckt 1888 in
Konstantinopel. Eine
Beschreibung der Ceremonien, Priestergewänder u. s. w. enthält Neale, A history of
the holy eastern church.
General introduction (2 Bde., Lond.
1850);
Sokolow,
Darstellung des Gottesdienstes der orthodox-kath.
Kirche des Morgenlandes (deutsch von Georgij
Morosow, Berl. 1893).
Die ältesten Kunstdenkmäler auf griech.
Boden, aber nicht die ältesten
Denkmäler der griech. Kunst
überhaupt sind die mykenischen
Altertümer. Sie sind die Zeugen einer in sich abgeschlossenen Kultur, welche von der Westküste
Asiens über die
Inseln des Ägäischen
Meers und über die ganze Ostküste
Griechenlands verbreitet, um das 14. Jahrh.
v. Chr.
ihre
Blüte
[* 9] hatte, zu derselben Zeit, als
Ägypten
[* 10] unter der 18. und 19. Dynastie mächtig war, und große
Reiche an der asiat.
Küste und im Euphratgebiet bestanden. In
Troja
[* 11] (s. d.),
Tiryns (s. d.) und Mykenä
[* 12] (s. d.),
auf den
Stätten der Schliemannschen
Ausgrabungen sind die namhaftesten Reste dieser Kultur erhalten.
Hier auf den Königsburgen standen weitschichtige
Paläste, in deren Räumen das Herrschergeschlecht wohnte.
Nach orient.
Geschmack war der Männersaal (das Megaron) ausgestattet mit Wandmalereien und Friesen aus bunten
Steinen. Noch
mehr äußerte sich das Bestreben reicher Prachtentfaltung in den
Anlagen der Fürstengräber mit ihren großen, kuppelförmig
gewölbten
Hallen, deren Steinwände metallene Ornamente
[* 13] schmückten. Staunenerregend, wie in diesen Kuppelbauten, ist die
Technik auch in den
Mauern, welche die
Burgen
[* 14] umschließen.
Sie sind aus verschiedenen
Perioden und nicht alle von derselben Konstruktion; die von
Tiryns sind aus unbearbeiteten
Steinen,
während die mykenischen aus behauenen
Blöcken, die in den Fugen aneinander schließen, aufgetürmt sind, aber gleichartig
in der massigen Wucht ihrer Formen, die schon den spätern Griechen so gewaltig erschienen, daß sie
sich die sagenhaften Kyklopen
[* 15] als ihre Erbauer dachten. Die
Mauern sollten die
Burgen vor dem
Angriff der Feinde schützen.
Um die Verteidigung wirksamer zu machen, waren sie durch
Türme und kasemattenartige
Galerien verstärkt, und durch mehrere
Thore mußte der Feind hindurchdringen, ehe er das
Innere der
Burg erreichte; der eigentliche Eingang aber
war als Prachtthor gestaltet.
Über der
Thür war, wie bei den
Kuppelgräbern, eine dreieckige Öffnung zur Entlastung des Thürsturzes
ausgespart und in diese eine steinerne Platte eingeschoben, die in Mykenä mit dem berühmten Löwenrelief verziert ist.
Weniger hervorragend als in diesem Bildwerk zeigt sich die mykenische Plastik in den Reliefstelen, welche
den im innern Burgring
¶
forlaufend
350
befindlichen Schachtgräbern zur Bekrönung dienten. Der prunkhafte Eindruck, den die Architektur macht, wird noch gesteigert
durch die Masse von goldenen, silbernen und bronzenen Schmuckgegenständen und Geräten, mit denen die Grabstätten ausgeschmückt
waren. Mit goldenen Masken
[* 17] war das Antlitz der Toten bedeckt. Feinere Arbeit als diese zeigen die Schmucksachen
[* 18] und
Waffen,
[* 19] so die eingelegten Goldklingen, die in Technik und Dekoration von ägypt. Kunst abhängig sind, und vor allem die
kürzlich in einem Kuppelgrabe bei Baphion unweit Amyklä (Peloponnes) gefundenen Goldbecher (abgebildet «Ephemeris archaeologike»,
Athen 1889, Taf. 9). Bewegte Scenen, welche die Bändigung wilder Stiere schildern, sind auf ihnen in getriebenem
Relief dargestellt.
Mit Erstaunen sieht man die kühne und freie Zeichnung, und wie hier bereits in den Versuchen, die
[* 16]
Figuren
in Verkürzung und das Terrain perspektivisch darzustellen, Kunstmittel gebraucht sind, die späterhin der archaischen Griechische Kunst gänzlich
unbekannt waren und erst nach und nach selbständig wiedergefunden wurden. Die geschnittenen Steine und
die bemalten Thonvasen mit ihrer aus Spiralen und Linearstreifen, aus Seepflanzen, Muscheln,
[* 20] Polypen, Sternen zusammengesetzten
Dekoration vervollständigen das einheitliche Bild dieser Kultur.
Die Frage nach ihrer Herkunft ist bisher nicht gelöst. Man streitet, welchem Stamme das Volk angehörte, ob es Karer, Pelasger
oder Achäer waren, die damals in jenen Gegenden seßhaft waren, man schwankt auch, ob diese Kultur dort,
wo sie am glänzendsten auftritt, in Mykenä und an der griech. Küste überhaupt, heimisch war oder, wie es wahrscheinlicher
ist, aus der Fremde kam. (Vgl. Schuchhardt, Schliemanns Ausgrabungen, Lpz. 1890, S. 349 fg.) Sicher ist eine gewisse Beziehung
zu den Vorgängen und Verhältnissen, welche die Homerischen Gedichte schildern (vgl.
Helbig, Das Homerische Epos, 2. Aufl., Lpz. 1887), ebenso sicher,
daß diese Kunst ganz durchsetzt ist von orient.
Formenwesen und daß sie ihren Ursprung nur in einem Volke haben kann, welches mit Ägypten in lebhaftester Verbindung stand;
vieles weist darauf hin, daß sie vom Osten her, aus Asien,
[* 21] nach Griechenland
[* 22] gelangte. Als die Griechische Kunst im 8. Jahrh.
v. Chr. frisch einsetzte, lag für sie die mykenische Kultur in ferner Vergangenheit.
Der weite Abstand und die Verschiedenheit zeigt sich am bestimmtesten darin, daß der mykenischen Baukunst der Grundgedanke
der griechischen, der säulengetragene Tempel,
[* 23] fehlte.
Aber eine gewisse Anknüpfung glaubt man darin zu erkennen, daß im Mykenischen die Konstruktion der Säulenstellung zwischen
Anten, die für die griech. Bauweise charakteristisch ist, bereits vorliegt; auch im mykenischen
Säulenkapitäl hat man die Urform des dor. Kapitäls zu erkennen gemeint. Ein halbes Jahrtausend liegt dazwischen, die Zeit
der Wanderungen der griech. Stämme; nur Erzeugnisse des Handwerks, wie die sog. geometr.
Vasen
[* 24] mit einfacher Liniendekoration und Bronzegegenstände mit ähnlicher Ornamentik, sind aus jener Zeit erhalten. I. Baukunst.
In der griech. Baukunst ist Holz
[* 25] und Stein nebeneinander verwendet, namentlich in der ältern Zeit das Holz nicht nur für das
Gebälk, sondern auch in weiterm Umfange, z. B. für die Säulen,
[* 26] wie am Heratempel in Olympia, dessen ursprüngliche Holzsäulen
erst nach und nach durch steinerne ersetzt wurden. Man hat angenommen, daß der Holzbau überhaupt das ursprüngliche und
der griech. Steinbau, speciell
die Architektur des dor. Tempels, erst aus ihm abgeleitet ist, worauf besonders
das System der über dem Architrav
[* 27] angeordneten Triglyphen, insofern sie als Andeutung der einst vortretenden Köpfe der Querbalken
aufgefaßt werden können, hinzuweisen scheint.
Jedenfalls war aber der Steinbau schon in der ältesten Zeit neben der Holzkonstruktion üblich. Das verwendete Steinmaterial
ist je nach Gegend und Zeit verschieden; vorzugsweise wurde der in Griechenland sowie in Unteritalien
und Sicilien einheimische Kalkstein verwendet. Da dieser wegen seiner löcherigen Struktur keine gleichmäßige Glättung gestattet,
überkleidete man die Oberfläche mit Stuck und bemalte diesen, während am Gebälk die Stein- oder Holzfläche durch eine Verkleidung
von bemalten Terracottaplatten verdeckt wurde. In Griechenland wurde der Kalkstein bald durch den Marmor
verdrängt und auf die Fundamente beschränkt.
Früher noch als in Griechenland war die Technik des Marmorbaues in Kleinasien entwickelt. Neben dem massiven Bau aus Kalkstein
und Marmor wendete man Fachwerk
[* 28] an und benutzte zu diesem an der Luft getrocknete Lehmziegel. An deren Stelle traten feit
der hellenistischen Zeit gebrannte Ziegel, und es kam zugleich damit eine reiche Verwendung bunter Marmorsorten auf, mit
denen die Innenwände der Gebäude dekoriert wurden. Die Schönheit der griech. Architektur entwickelte sich vor allem an den
Tempeln (s. d.). Das Gemach der Gottheit, die Cella, ist ein länglich-viereckiger
Raum mit einer Vorhalle, die sich mit zwei Säulen zwischen zwei Anten nach vorn öffnet und der meist
ein geschlossener Raum auf der Rückseite der Cella entspricht.
Diese einfache Form, der Antentempel, wird durch einen um die Cella herumgeführten Säulenumgang erweitert, der fast bei
keinem der erhaltenen griech. Tempel fehlt. An dem so festgestellten Schema des Grundrisses wurde nichts
geändert, aber mannigfache Modifikationen ergaben sich im Verlaufe der Entwicklung. So wurde die Cella reicher ausgestattet
durch eine vor die Vorhalle selbständig vortretende Säulenreihe (Prostylos) und diese wohl auch wie beim Parthenon (s. d.)
an der Rückseite wiederholt (Amphiprostylos).
Man vergrößerte auch den Umgang und führte statt einer (Peripteros) auf jeder Seite zwei parallele
Säulenreihen um die Cella herum (Dipteros) oder gab dem Umgang eine für zwei Säulenreihen ausreichende Breite
[* 29] (Pseudodipteros).
Unabhängig von diesen Einteilungen der Tempel bezüglich des Grundrisses ist die Bestimmung derselben nach den Säulen- und
Gebälkformationen, d. h. der Säulenordnung
[* 30] (s. d.
und Kapital) und dem Gebälk (Gesims,
[* 31] Fries, Architrav). Der dorische und ionische Stil (s. Taf. I,
[* 16]
Fig. 1 u.
3) sind in der ältern Zeit örtlich verschieden, indem dieser in Kleinasien, jener im westl. Griechenland vorherrscht, aber
es ist fraglich, ob beide von Anfang an nebeneinander bestanden, und nicht vielleicht der ion.
Stil, dessen charakteristische Form, das Volutenkapitäl, in phöniz. oder assyr. Vorbildern
seine Wurzel
[* 32] hat, der später entstandene ist. Die allmähliche Ausgestaltung läßt sich nirgends mehr genau erkennen. Als
die ältesten dor. Tempel gelten das Heraion in Olympia (s. d.) und der Tempel von Assus (s. d.). Völlig entwickelt erscheint
das System des dor. Stils zuerst an den Bauwerken des 6. Jahrh. v. Chr.,
am besten an den wohlerhaltenen Tempeln zu Pästum (s. d. und Taf. I,
[* 16]
Fig.
8) mit ihren mächtigen Säulen, ihren
¶