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Athens anerkannte, aber schon 448 wurden durch delphische Streitigkeiten, bei denen Sparta auf der Seite Delphis, Athen [* 2] auf der Seite der Phoker stand, die Feindschaft indirekt wieder erneuert. Die Reibungen dauerten seitdem fort, der Abfall der mittelgriech. Stämme und die Niederlage bei Koronea 447 brachten die Athener in arge Verlegenheit, und nur einigen glücklichen Unternehmungen des Perikles, der das gleichfalls abgefallene Euböa schnell wiedereroberte, noch mehr aber seiner Klugheit war es zu danken, daß sich die Spartaner 445 zu einem 30jährigen Waffenstillstand bewegen ließen, der freilich schon 14 Jahre später durch den Ausbruch des Peloponnesischen Krieges gebrochen wurde.
Als die wichtigsten Veränderungen für die Verfassung der beiden Hauptstaaten in dieser Zeit sind die noch immer steigende Gewalt der oligarchischen Ephoren gegenüber den Königen in Sparta und die immer entschiedenere Entwicklung der demokratischen Staatsform in Athen zu betrachten, die durch Aristides nach der Schlacht bei Platää schon angebahnt, durch Ephialtes und Perikles nach Beschränkung des Areopags auf die richterlichen Geschäfte (461) weiter geführt wurde.
Das größte Glück für Athen war es, daß gerade jetzt ein Mann wie Perikles (s. d.), der seinem Zeitalter den Namen gegeben hat, die reichen Kräfte dieses Volkes und Staates zu leiten wußte. Durch die pers. Beute und durch die Tribute der Bundesgenossen, worüber Athen ganz nach Gutdünken verfügte, seitdem der Bundesschatz (400) von Delos nach Athen verlegt worden, war dieses in den Besitz eines unermeßlichen öffentlichen Reichtums gekommen. Ohne irgend etwas zu vernachlässigen, was Athen die durch seine Seemacht gewonnene Machtstellung sichern konnte, gelang es Perikles, der 15 Jahre lang (444–429) teils als Privatmann, teils als Staatsbeamter in Athen die polit.
Führung innehatte, dem Sinne und der Thätigkeit der Athener jene Richtung auf die Vervollkommnung der Kunst und die Veredlung des geistigen Lebens zu geben, welche diese Glanzperiode des griech. Altertums auszeichnet. Freilich entwickelten sich in derselben Zeit, wo Athen in polit. und geistiger Beziehung an der Spitze der Entwicklung der Hellenen stand, auch die Keime des Verderbens. Der Verfall der alten Zucht und Sitte, der griech. Partikularismus, der kaufmännische Neid wie der oligarchische Haß gegen das reiche, blühende und demokratische Athen, endlich der immer wachsende Gegensatz zwischen Athen und Sparta machten G.s Blütezeit zu einer schnell vorübergehenden Erscheinung.
Sie endete mit dem Peloponnesischen Krieg, in welchem die Gegensätze zwischen dor. und ion. Eigentümlichkeit, wie zwischen Oligarchie und Demokratie in heftigem Kampfe aufeinanderstießen. Jene Gegensätze wurden repräsentiert durch die dor.-spartan. und die ion.-attische Bundesgenossenschaft, an welchen fast ganz Geschichte teilnahm. Die Stärke [* 3] der erstern beruhte auf der Landmacht, während die letztere die Überlegenheit zur See behauptete. Der Krieg begann 431 v. Chr., zunächst veranlaßt durch die seit 435 schwebenden Händel Kerkyras und Korinths um Epidamnos, an welchen Athen als Bundesgenosse der erstern teilnahm, und nächstdem durch den Abfall Potidäas (432), welches als korinth.
Pflanzstadt sich der Bundesgenossenschaft mit Athen zu entziehen suchte und daher von den Athenern belagert wurde. Korinth, [* 4] hierdurch erbittert, veranlaßte eine Bundesversammlung der Peloponnesier zu Sparta, und obgleich hier athen. Gesandte und die gemäßigte Partei der Spartaner für friedliche Entscheidung sprachen, so drangen doch die kriegerisch Gesinnten durch. Der Krieg brach im April 431 v. Chr. aus. Die ersten Jahre vergingen ohne Entscheidung unter gegenseitigen Einfällen und Verheerungszügen.
Während die Spartaner das offene Land von Attika verwüsteten, suchten die Athener feindliche Küstenstriche namentlich im Peloponnes mit ihren Schiffen heim. Die Vorteile, welche die Athener hierdurch und durch die Einnahme von Potidäa gewannen, wurden aber weit durch das Mißgeschick aufgewogen, welches eine furchtbare Pest und des Perikles Tod (429) über Athen brachten. Dabei wurde der Krieg mit steigender Erbitterung von beiden Seiten fortgeführt; Beweise dafür giebt die Grausamkeit, mit welcher 427 das abgefallene Mytilene durch die Athener und das durch lange Belagerung zur Übergabe gezwungene Platää von den Spartanern und Thebanern behandelt wurden, während in Kerkyra der Demos mit Hilfe der Athener in erbitterter Bürgerfehde einen blutigen Sieg durch die grausame völlige Vernichtung der den Spartanern befreundeten Aristokraten errang (425). Ein großer Sieg der Athener über die Lacedämonier bei Sphakteria an der Küste von Messenien 425 bewog die letztern, den Athenern einen ehrenvollen Frieden zu bieten; allein Kleon und andere Demagogen vereitelten den Friedensschluß, und einige weitere Vorteile, wie die Einnahme der Insel Kythera, steigerten die Zuversicht der Athener.
Erst als der spartan. Feldherr Brasidas den Kriegsschauplatz nach den Küsten von Macedonien verlegt hatte, um Athens Macht durch den Verlust der dortigen Bundesstädte zu schwächen, und in kurzer Zeit sich mehrere jener Städte für Sparta erklärten (424), als gleichzeitig der Versuch der Athener, Böotien zu erobern, mit der Niederlage bei Delium gescheitert war, verstanden sich die letztern zu einem einjährigen Waffenstillstände (423), der bald darauf, zunächst auf Veranlassung eines für die Athener unglücklichen Treffens bei Amphipolis (422), in welchem sowohl Kleon als Brasidas fielen, unter des Nikias Vermittelung Ende März 421 in einen 50jährigen Frieden und Bündnis verwandelt wurde.
Allein dieser Friede, ohne Zustimmung der mächtigsten Bundesgenossen Spartas (der Thebaner und Korinther) abgeschlossen, war nicht von Dauer. Vielmehr führte die Schwierigkeit der Ausführung mehrerer Bedingungen zu neuen Konflikten. Dazu kam, daß in Athen Alcibiades (s. d.), der damals überwiegenden Einfluß gewann, nur in der Fortsetzung des Krieges Befriedigung seines Ehrgeizes zu finden hoffte. Er brachte ein Bündnis zwischen Athen, Argos, Elis und Mantinea (420) zu stande.
Sein Plan, mit Hilfe der Argiver den Einfluß Athens auch über den Peloponnes auszudehnen, war kaum durch einen entscheidenden Sieg der Spartaner über die Argiver bei Mantinea 418 vereitelt worden, als die Athener die bis dahin neutrale dor. Insel Melos eroberten (416) und mit grausamer Härte gegen die Bewohner verfuhren. 415 veranlaßte dann das hauptsächlich durch Alcibiades befürwortete Hilfegesuch der Egestäer auf Sicilien gegen Selinus und Syrakus [* 5] die Athener zu dem unheilvollen Zuge nach Sicilien, welcher binnen drei Jahren den Kern der athen. Kriegsmacht vernichtete. Alcibiades selbst war gleich zu Anfang dieses Krieges ¶
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unter dem Vorwande der Gotteslästerung verbannt worden. Racheerfüllt wandte er sich nach Sparta und bewog dieses 413 zu einem neuen Feldzuge gegen Athen sowie zur dauernden Besetzung von Dekelea. Der bald darauf im Frühling 412 erfolgte Abfall seiner mächtigsten Bundesgenossen in Ionien nötigte Athen abermals zu einer erschöpfenden Zersplitterung seiner Kräfte, während Sparta durch ein Bündnis (412) mit Tissaphernes, dem pers. Satrapen in Sardes, seine materielle Überlegenheit erweiterte. Zwar kämpften die Athener von Samos aus nicht ohne glücklichen Erfolg gegen die Abgefallenen und gewannen durch die Aussicht auf die Rückkehr des Alcibiades, der sich, nachdem er in Sparta sich mißliebig gemacht, (im Okt. 412) zu Tissaphernes geflüchtet hatte, neue Hoffnung.
Trotz der Niederlage bei Eretria und des Abfalls von Euböa erhob sich die sinkende Kraft [* 7] Athens nochmals zu unerwarteter Höhe nach Unterdrückung einer oligarchischen Verschwörung und Herstellung einer gemäßigten Demokratie (im Juni 411). Drei glänzende Seesiege der Athener im Hellespont beim Vorgebirge Kynossema und bei Abydos unter Alcibiades, der inzwischen zurückgerufen worden war, und bei Kyzikos (411–410), welche die Wiedereroberung von Byzantion und Chalcedon und anderer Städte zur Folge hatten, ließen für Athen eine siegreiche Entscheidung hoffen, als durch das Mißtrauen der Athener und nachdem der athen. Unterbefehlshaber Antiochus bei Notion unweit Ephesus durch den spartan.
Feldherrn Lysander geschlagen wurde, Alcibiades im Sommer 407 des Oberbefehls entsetzt wurde. An seine Stelle traten nun zehn Strategen, Konon an der Spitze. Noch einmal siegten die Athener in der mörderischen Seeschlacht bei den Arginusischen Inseln (406); aber kaum hatte des Kallikratidas Tod den Lysander wieder an die Spitze der peloponnes. Seemacht gebracht, als die furchtbare Niederlage bei Ägospotamoi im Aug. 405 Athens letzte Hoffnungen vereitelte. Jetzt wurde es von Lysander aller seiner Bundesgenossen beraubt, dann durch die Peloponnesier zu Lande und zu Wasser belagert.
Von der eigenen Oligarchie (Theramenes und seinen Genossen) verraten, mußte Athen im April 404 sich nach zähem Widerstände ergeben. Lysander ließ die Mauern der Stadt und die sog. Langen Mauern, die sie mit den Befestigungen der Hafenstadt verbanden, niederreißen; alle Schiffe, [* 8] bis auf zwölf, wurden dem Sieger übergeben. Athen mußte in die Bundesgenossenschaft Spartas eintreten und wurde nun durch die Oligarchie der sog. «Dreißig» regiert, die eine dauernde Besetzung der Akropolis [* 9] durch die Spartaner zu ihrem Schutze sich erbaten.
4) Vom Peloponnesischen Kriege bis zur Schlacht bei Chäronea (404–338 v. Chr.). Den Hauptinhalt dieses Zeitraums bildet die allmähliche Auflösung und der Verbrauch der griech. Volkskraft in den unaufhörlichen Kämpfen um die Vorherrschaft. Spartas Hegemonie wurde nicht allein für die neuerdings Unterworfenen höchst drückend, sondern verführte auch die Spartaner zu einem übermütigen Auftreten selbst gegen die alten Verbündeten. Die zum Teil blutige Einführung der Oligarchie in allen griech. Staaten durch Lysander brachte wiederholt Bewegungen hervor, welchen Sparta selbst auf der Höhe seiner Macht nicht immer gewachsen war.
Zunächst stürzten athen. Ausgewanderte von der demokratischen Partei unter des Thrasybulus Führung 403 die Schreckensherrschaft der Dreißig Tyrannen in Athen und stellten unter Erlaß einer allgemeinen Amnestie die Demokratie wieder her. Die Erneuerung des Kampfes gegen Persien, [* 10] zu welcher sich Sparta durch die Bitten der von Tissaphernes bedrängten griech. Städte Kleinasiens (399) genötigt sah, veranlaßt mehrere bedeutendere griech. Staaten: Athen, Theben, Korinth und Argos, (395) zu offener Feindschaft gegen Sparta. Grenzstreitigkeiten zwischen den opuntischen Lokrern und den Phokern wurden von den Thebanern benutzt, als Bundesgenossen der erstern offen gegen Sparta aufzutreten, welches den Phokern Hilfsvölker schickte. Was den Spartanern durch die Schlacht bei Haliartus, in welcher Lysander fiel (395), und den Seesieg der Perser unter Konon bei Knidos (394) verloren ging, wurde durch des aus Asien [* 11] herbeigeeilten Agesilaus Sieg bei Koronea (im Aug. 394) nicht entfernt aufgewogen.
Alle Seestädte fielen von ihnen ab. Weitern Nachteil brachte den Spartanern Konons Entschlossenheit, der die Cykladen und Kythera an Athen fesselte, 393 in Attika landete und mit pers. Gelde die Langen Mauern seiner Vaterstadt wiederherstellte. Der Krieg, dessen Mittelpunkt nun Korinth (s. d.) wurde (daher gewöhnlich der Korinthische Krieg genannt), zog sich mit wechselnden Erfolgen der Spartaner und der Verbündeten hin bis 387, in welchem die Spartaner durch ihren Gesandten Antalcidas sich mit Persien verständigten und den Perserkönig veranlaßten, den griech. Staaten den Frieden zu diktieren. (S. Antalcidischer Friede.) Die Art aber, wie Sparta die ihm durch den Frieden zuerkannte Gewalt mißbrauchte, namentlich die Unterwerfung und Zerstörung Mantineas (384), der Zug nach Thrazien, um Olynths Macht zu brechen (383), die verräterische Einnahme der theban. Burg Kadmeia durch den Spartaner Phöbidas (383) und die 379 erfolgte Unterwerfung des demokratischen Phlius ließen in ganz Geschichte die neue Machtstellung der Spartaner nur noch drückender empfinden.
Da wurde noch zu Ende 379 die Vertreibung der Spartaner aus der Kadmeia durch mehrere nach Theben zurückgekehrte Demokraten unter Pelopidas das Zeichen zum Aufstande gegen Sparta. Vorzüglich durch die Seemacht der Athener und deren neugebildete Symmachie (seit 378–377) unterstützt, zeigte Theben gleich anfangs eine unerwartete militär. Tüchtigkeit, die wahrhaft großartig sich bewährte, als die übrigen griech. Gegner 371 mit Sparta Frieden schlossen.
Die Schlacht bei Leuktra, in welcher die Thebaner unter Epaminondas’ Führung die Spartaner aufs Haupt schlugen (6. Juli 371), die Wiederherstellung des von den Spartanern als Stadtgemeinde aufgelösten Mantinea, die Gründung von Megalopolis als Mittelpunkt eines arkad. Einheitsstaates, die Wiederherstellung der Unabhängigkeit von Messenien (369), endlich die siegreiche Schlacht bei Mantinea (362) waren die Glanzpunkte in der kurzen Zeit, wo das auch nordwärts bis nach Pella mächtige Theben die Hegemonie G.s führte. Der Schlacht bei Mantinea, wo Epaminondas fiel, folgte der Abschluß eines allgemeinen Friedens; nur Sparta weigerte sich, demselben auch formell beizutreten, weil es die Unabhängigkeit Messeniens nicht anerkennen wollte. Athen erlitt bald nachher durch den sog. Bundesgenossenkrieg (s. d.) einen schweren Stoß. Schweres ¶