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Die Entwicklung dieser letztern kann man näher in dem Staate verfolgen, der gegen das Ende dieser Periode neben Sparta in den Vordergrund der griech. Geschichte tritt: in Athen. [* 2] Hier hatte sich, etwa 621, die herrschende Klasse genötigt gesehen, durch einen aus ihrer Mitte, Drako (s. d.), eine Aufzeichnung des bestehenden Gewohnheitsrechts vornehmen zu lassen, um dem Volke einige Garantie gegen die Willkür der Gerichte zu geben; allein dieser Zweck war durch die übermäßige Härte der als Gesetze aufgestellten Bestimmungen vereitelt worden.
Kurz darauf suchte ein ehrgeiziger Mann, Kylon (s. d.), sich Athens zu bemächtigen, allein der Versuch mißglückte; darauf wurde der Staat jahrelang durch die heftigsten Parteikämpfe zerrüttet, bis 584 der Eupatride Solon (s. d.) zum ersten Archon gewählt und mit außerordentlicher Vollmacht zur Schlichtung der socialen Wirren und dann (593) zur Schöpfung einer neuen Verfassung und Gesetzgebung betraut wurde. Derselbe suchte, nachdem er zunächst durch mehrere durchgreifende Finanzmaßregeln die drückende Lage der ärmern Klassen erleichtert hatte, durch eine Einteilung der Bürger nach Vermögensklassen, welche das Maß der polit.
Rechte und Pflichten nach dem Grundbesitz und den Leistungen für den Staat regelte, eine wohlberechnete Mischung des aristokratischen und demokratischen Elements herbeizuführen. Allein seine Verfassung, die den einen nicht weit genug, den andern zu weit ging, vermochte nicht, dem Staat auf die Dauer den Frieden zu geben; die Kämpfe zwischen den drei Parteien der Pediäer, Paralier und Diakrier brachen von neuem aus, und der Führer der letztern, Pisistratus (s. d.), bemächtigte sich, nachdem er sich durch List eine bewaffnete Leibwache verschafft, mit Hilfe derselben der Tyrannis (560). Zweimal (559–554 und 552–541) durch seine adligen Gegner vertrieben, kehrte er endlich 541 als Sieger zurück und behauptete sich bis zu seinem Tode (527) in der Herrschaft, die er im wesentlichen zum Besten des Staates führte, indem er namentlich der Kunst und der Gewerbthätigkeit Athens einen bedeutenden Aufschwung gab.
Sein Sohn Hippias (s. d.) folgte ihm in der Regierung, wurde aber, als er nach der Ermordung seines Bruders Hipparchus (s. d.) durch die Edelleute Harmodius (s. d.) und Aristogiton (514) hart und gewaltthätig auftrat, 510 mit Hilfe der Spartaner vertrieben und zog sich nach der Stadt Sigeion in Troas, die ihm gehörte, unter den Schutz des pers. Hofs zurück. In Athen gelangten nun zunächst wieder die Eupatriden ans Ruder; allein ein hervorragendes Mitglied derselben, der Alkmäonide Kleisthenes (s. d.), trat zum Demos über und gab auf Grundlage der Solonischen Verfassung, die er in manchen Punkten in mehr demokratischem Sinne umbildete, der Verwaltung eine Organisation, welche die Übermacht des Adels brach (508 v. Chr.). Zwar wurde er auf Betrieb seines Gegners Isagoras mit Hilfe des spartan.
Königs Kleomenes aus Athen vertrieben, aber vom Volke bald zurückgerufen, und als ein Heer aus Peloponnesiern, Thebanern und Chalkidiern in Attika einbrach, um dem Demos wider seinen Willen die Ritterherrschaft wieder aufzuzwingen, triumphierte das Glück Athens und der Mut seiner Bürger über die drohende Gefahr: das peloponnes. Heer löste sich auf Veranlassung der Korinther, welche die allzu große Machterweiterung Spartas fürchteten, auf, die Thebaner und Chalkidier aber wurden von den Athenern geschlagen, Chalkis gedemütigt, ein Teil seines Gebietes unter 4000 athen. Bürger verteilt; die Thebaner mußten sich den Bund Platääs mit Athen gefallen lassen (506 v. Chr.). Dieser Sieg erfüllte die Athener mit hohem Selbstgefühl, und als die Thebaner sich mit den Bewohnern von Ägina verbündeten, das, seitdem es sich (581 v. Chr.) von seiner Mutterstadt Epidaurus emancipiert hatte, nahezu die erste Seemacht von Hellas geworden, da wandte auch Athen größere Mittel auf die Flotte, und begann mit Ägina einen Kampf, der freilich erst später zur Entscheidung kam.
Weit früher als Athen erhob sich Sparta zum Range einer hellen. Vormacht. Durch die Lykurgische Verfassung innerlich gekräftigt, suchte es seine Herrschaft über die Grenzen [* 3] Lakoniens auszubreiten. Durch zwei langdauernde und blutige Kriege gelang es den Spartanern, sich das benachbarte Messenien zu unterwerfen. Eine weitere Ausbreitung ihres Gebietes gelang den Spartanern im Osten und Nordosten, wo sie die ursprünglich den Argivern gehörige Ostküste der Parnonhalbinsel mit der Landschaft Kynuria nach langen und harten Kämpfen diesen entrissen und dadurch Argos, das bis dahin der erste Staat der Halbinsel gewesen, zum zweiten herabdrückten.
Auch ihre nördl. Grenznachbarn, die Arkadier, überzogen sie mit Krieg, mußten aber infolge des tapfern Widerstandes von seiten Tegeas sich mit einer unbedeutenden Gebietserweiterung im obern Eurotasthale und mit einer Bundesgenossenschaft begnügen (um 555). Dagegen gelang es ihnen, den ganzen Peloponnes (außer Argos und Achaia) unter ihrer Hegemonie zu einer starken Symmachie zu vereinigen. Sparta galt als die Hauptmacht der griech. Aristokratie.
3) Von den Perserkriegen bis zum Ende des Peloponnesischen Krieges (500–404 v. Chr.). Bis zum Beginn dieser Periode, der klassischen Blütezeit G.s, hatte es den entwickelten Kulturstämmen der Griechen an einer äußern Veranlassung gefehlt, welche außer einigen, mehr ethischen Zeichen der Nationaleinheit, den gemeinsamen heiligen Spielen zu Olympia, auf dem korinth. Isthmus, in Delphi und in Nemea, der gemeinsamen Religion, der delphischen Amphiktyonie und dem delphischen Orakel, die Masse der griech. Völker auch politisch näher zusammengeführt hätte.
Eine solche Veranlassung gab erst die Gefahr, welche die Perserkriege allen Griechen nahezu auf gleiche Weise brachten. Wenn auch in diesem Kampfe Sparta und Athen die Vorkämpfer waren, so schlossen sich doch die meisten übrigen Staaten (mit Ausnahme von Argos, das aus Eifersucht gegen die Führerschaft Spartas sich von der nationalen Sache dauernd fern hielt, von Theben, Thessalien, der Insel Kerkyra u. a.) an, sodaß es für einige Zeit fast völlig zu einer Vereinigung der Nation kam.
Beim Beginn dieser Kämpfe (500 v. Chr.) besaß Sparta eine unbestreitbare Überlegenheit an äußern Mitteln; Athen sollte seine Ebenbürtigkeit erst beweisen. Das griech. Mutterland, das mit Persien [* 4] selbst nie in unmittelbare Berührung gekommen war, wurde durch seine Pflanzstädte in Kleinasien in den Kampf verwickelt. Aristagoras von Milet war, als er um Unterstützung der 500 v. Chr. von Persien abgefallenen ion. Städte nachsuchte, von Sparta kalt zurückgewiesen worden. Die Athener, welche ihm ¶
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Gehör [* 6] schenkten, landeten vereint mit den Eretriern in Kleinasien und zerstörten 498 v. Chr. mit den Ioniern das blühende, aber unbefestigte Sardes, den Sitz des pers. Statthalters Artaphernes. Bald darauf wurden die Ionier zu Lande, und als die Athener und Eretrier nach Hause zurückkehrten, auch zu Wasser bei der Insel Lade (494) gänzlich geschlagen. Der Perserkönig Darius ließ zunächst die Städte Kleinasiens und die Inseln, welche sich an dem Aufstande beteiligt hatten, durch seine Feldherren unterwerfen und züchtigen; dann sollte auch das europäische Geschichte erobert werden.
Obschon ein erster Zug unter Führung des Mardonius 493 mißlang (die Flotte ging durch Schiffbruch am Berge Athos zu Grunde, das Landheer wurde durch schwierige Kämpfe mit dem thraz. Volke der Bryger aufgehalten), ließ er die griech. Staaten durch Herolde zur Unterwerfung auffordern und, da Athen und Sparta schroff die Fehde aufnahmen, eine Flotte von 600 Kriegsschiffen mit 100000 Mann zu Fuß und 10000 Reitern an Bord durch das Agäische Meer hindurch unter Datis und Artaphernes gegen Geschichte aufbrechen.
In der ersten Bestürzung fügten sich namentlich die Inselstaaten der unvermeidlich scheinenden Knechtschaft; aber die Athener allein, ohne die Unterstützung Spartas abzuwarten, schlugen, nur von 1000 Kriegern der böot. Stadt Platää unterstützt, unter des Miltiades Anführung in der Ebene von Marathon 12. Sept. 490 das weit überlegene Heer der Feinde, die sie zur Rückkehr nach Asien [* 7] zwangen. An die Spitze des athen. Staates trat nachmals der geniale Themistokles, der mit richtigem Blick für das zunächst Notwendige die Athener veranlaßte, nunmehr alle Kräfte auf die Hebung ihrer Seemacht zu verwenden; denn nachdem Darius 485 mitten in seinen Kriegsrüstungen gestorben war, setzte sein Sohn Xerxes die Anstalten Zur Unterwerfung G.s fort.
Ein ungeheures Heer, 800000 Mann stark, ließ er nach Thrazien übersetzen und von da nach Thessalien bis an die Engpässe von Thermopylä vorrücken, wo Leonidas anfangs tapfer und glücklich Widerstand leistete, aber (Ende August) 480 mit einer kleinen Spartanerschar den Heldentod starb. Auch die griech. Flotte mußte sich nach mehrtägigem Kampfe beim euböischen Vorgebirge Artemision zurückziehen, und Athen selbst, dessen Bewohner sich nach der Insel Salamis (die Weiber und Kinder nach Trözen) zurückgezogen hatten, wurde durch die Perser verbrannt.
Doch Themistokles brach durch die entscheidende Seeschlacht bei Salamis 20. Sept. 480 die Flottenmacht der Perser. Da gleichzeitig in dem Landheere der Perser, dessen ungeheure Zahl das verwüstete Hellas nicht mehr ernähren konnte, Nahrungsmangel eintrat und der Winter bevorstand, so kehrte Xerxes jetzt mit der Hauptmasse der Landtruppen nach Asien zurück, nur 300000 Mann unter Mardonius in Geschichte lassend. Aber die von dem vereinigten Griechenheer unter Anführung des Spartaners Pausanias gegen Mardonius gewonnene Schlacht bei Platää (19. Sept. 479) und die gleichzeitige Überwältigung des pers. Flottenheers beim Vorgebirge Mykale in Ionien machten auch dem Reste des pers. Heers ein Ende und vollendeten die Befreiung G.s.
Als nächste und wichtigste Folgen der Perserkriege kann man die schnelle Entwicklung der athen. Seemacht und die dadurch veranlaßte Führerschaft Athens in dem mächtigen Bunde der östl. See- und Inselstädte (seit 476 v. Chr.) betrachten, dessen Mitglieder freilich später von Bundesgenossen mehr und mehr zu tributpflichtigen Unterthanen Athens herabgedrückt wurden. Vorzüglich von Kimon verwirklicht, wurde die Seeherrschaft die Grundlage der neuen polit.
Größe Athens. In kurzer Zeit übertraf es seine mächtigsten Nebenbuhler Ägina, Korinth [* 8] und Kerkyra. Nichtsdestoweniger galt Sparta noch immer als die führende Macht in Geschichte, und der attische Inselbund nur als ein engerer Bund in der panhellen. Symmachie. In der ersten Zeit nach dem Rückzüge der Perser aus Geschichte selbst waren die Griechen, namentlich die Athener, durch die Fortsetzung des Krieges zum Schutz der kleinasiat. Städte in Anspruch genommen, wobei vor und nach des Themistokles Verbannung (um 470 v. Chr.) besonders Kimon sich sehr thätig zeigte; 465 schlug er die Perser wieder entscheidend zu Wasser und zu Lande am Flusse Eurymedon in Pamphylien.
Als nach längerer Unterbrechung 449 der Krieg noch einmal ernsthaft wieder aufgenommen worden war, gewannen die Athener noch einen Doppelsieg bei Salamis auf Cypern. [* 9] Seitdem hörte der Kampf gegen Persien für lange Zeit auf, wenn auch der Abschluß eines förmlichen Friedens (des sog. Kimonischen) sehr zweifelhaft ist. Inzwischen hatte Spartas Eifersucht auf Athens wachsende Macht im Mutterlande schon lange zum Bruche geführt. Die Spartaner, durch einen gefährlichen Helotenaufstand in Messenien (dritter Messenischer Krieg 464–456) schwer bedroht, hatten 462 die Hilfe der Athener bei der Belagerung von Ithome in Anspruch genommen.
Die verletzende Zurückschickung dieser Hilfstruppen wurde zu Ende dieses Jahres der Anlaß, daß Athen den Spartanern aufkündigte und nun (461) seinen Bund auch auf das Festland (Argos und Megara) auszudehnen suchte. Die Spartaner suchten zunächst (seit 459) durch geheime und offene Teilnahme an den Fehden Athens mit Ägina, Korinth und Epidauros, welche den Eintritt Megaras in den Seebund nicht dulden wollten, Athens Macht zu schwächen. Ja 457 erschien ein peloponnes.
Heer unter Führung der Spartaner in Mittelgriechenland, zunächst um die Bewohner der kleinen Landschaft Doris am Parnaß gegen die Phoker zu unterstützen; als ihm die Athener den Isthmus sperrten und auf dem Rückwege in Böotien ein Heer entgegenstellten, wurde dasselbe bei Tanagra geschlagen. Jedoch erholten sich die Athener bald von dieser Niederlage; sie fielen schon 456 wieder in Böotien ein und besiegten die Böotier bei Önophyta, worauf diese sowie die Phoker und opuntischen Lokrer dem athen. Bunde beitraten. In demselben Jahre (456) wurde Ägina zur Unterwerfung gezwungen, die Langen Mauern, die Athen mit seinen Häfen verbanden, vollendet, und der kühne Tolmides unternahm einen Seezug um den Peloponnes, wobei er die spartan.
Schiffswerften in Gytheion verbrannte, die Inseln Zakynthos und Kephallenia für den athen. Bund gewann und durch die Ansiedelung der flüchtigen Messenier in Naupaktus den letztern selbst im Korinthischen Meerbusen einen wichtigen Stützpunkt schuf. 455 erlitt dagegen Athen einen schweren Schlag durch Vernichtung des Heers und der Flotte, welche es nach Ägypten [* 10] zur Unterstützung des Fürsten Inaros, der sich gegen die Perser empört, gesandt hatte. 451 wurde durch Vermittelung des Kimon ein fünfjähriger Waffenstillstand zwischen Athen und Sparta abgeschlossen, in dem das letztere den Besitzstand ¶