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Fideris, Pciden, Tan Bernardino u. s. w., kräftige Schwefelwasser Alveneu, Serneus, Tarasp und Le [* 2] Prese (Puschlav). Unter den sehr zahlreichen klima- tischen Knrorten nimmt Davos die erste Stelle ein; daneben in neuerer Zeit Arosa, an einer Seiten- straße des Weges von Cbur nach Davos, in 1720 m Höhe und am Fuße des Nothhorns (2984 m) ge- legen, mit großen Hotels und Kurhäusern. Industrie, Handel, Verkehrswesen. Die Industrie ist unbedeutend; eigentliche Fabriten (Baumwollspinnereien, Gerbereien, Brauereien) fin- den sich fast nur zu Chur. [* 3] 1888 bestanden 41 Fabriken, darunter 33 mit Motoren (1022 Wasser-, 50 Dampf- pferdestärken), mit 1109 (761 männl., 348 weibl.) Arbeitern, darunter 149 (61 männl., 88 weibl.) unter 18 Jahren. 12 Brauereien brauten (1891) 21847 KI Bier.
Viele Graubündner, befonders aus dem Engadin, wandern als Zuckerbäcker, Kaffeewirte u. s. w. ins Ausland, um sich im Alter mit dem draußen erworbenen Vermögen als wohlhabende Leute in der Heimat zur Ruhe setzen zu können. Der einheimische Handel ist meist Vieh-, Käse-, Fell- und Holzhandel. Die Graubündner Kantonalbank, 1870 gegründet zu Cbur (2 Mill. Frs. Aktien und Do- tationen, 1,i34 Mill. Reserve), hatte (1890) 237658 Frs. Reingewinn und 2,980 Mill. Noten emittiert.
Der Transit hat seit Eröffnung der Gotthardbahn abgenommen, obwohl er durch ein ausgedehntes System chaussierterAlpenübergängebegünstigt wird. Die Grundlinien dieses Systems waren durch die Haupttha'ler des Vorder- und des Hinterrheins und des Inn gegeben. Ein großer Straßenzug, der bei Chur an die vereinigten Schweizerbahnen anschließt, durchzieht das Rheinthal und führt zum Anschluß an die Gotthardbahn einerseits über die Oberalp s2052 m) nach Andermatt und Göschcnen im Kan- ton Uri, andererfeits mit einer südl. Abzweigung über den Lukmanier (1917 m) in das tessinische Blegnothal und nach Viasca.
Bei Neichenau, wo der Hinterrhein mündet, zweigt sich ein anderer Straßenzug ab, durchzieht die Thalstufen des Hin- terrheins und gabelt sich im Rheinwald, um nach Süden über den Splügen (2117 m) Chiavenna, nach Südwesten über den St. Bernhardin (2063 m) das Misox und Bellinzona zu erreichen. Das Enga- din wird der ganzen Länge nach von einer Poststrafte durchzogen, die nachWesten über denMaloja (1811 m) ins Bergett und nach Chiavenna, nach Osten über Finstermünz nach Tirol [* 4] führt.
Zahlreiche Verbin- dungslinien und Abzweigungen diefer drei Haupt- züge vervollständigen das Straßennetz G.s, das im ganzen 13 fahrbare Alpenübergänge zählt. ( Alpenstraßen.) Außer der Linie Sargans-Chur der Vereinigten [* 5] Schwcizerbahncn (26 km) befindet sich im Kanton [* 6] Graubünden nur noch eine Eisenbahnlinie, näm- lich die Schmalspurbahn Landquart-Davos (l5Wn). Verfassung und Verwaltung. Die Ver- fassung ist rein demokratisch. Gesetzgebende Behörde ist der Große Rat, je ein Mitglied auf 1300 C., voll- ziehende der vom Volke erwählte Negierungsrat von fünf Mitgliedern.
Die Amtsdauer beträgt 3 Jahre. Alle Gesetze unterliegen dem Referendum. Für die Initiative sind 5000 Stimmen erforderlich. Der Kanton zerfällt in 14 Bezirke mit 39 Kreifen, von denen jeder seinen Kreisrat und sein Kreisgericht unter einem Landammann oder Kreispräsidenten bat. Zweite Instanz sind die 14 Bezirksgerichte, oberste das Kantongericht mit neun Mitgliedern und dreijähriger Amtsdauer. Die Staatseinnahmen beliefen sia^ 1830 au? 1,824 Mill., die Ausgaben auf 1,843 Mill. Frs., die Staatsschuld auf 8,699 Mill., das Staatsvermögen auf 1,5 Mill. Frs.
Die Staatsfchuld rührt haupt- sächlich von den Ausgaben des Kantons für Straßen- lauten und Flußkorrektionen her. In militär. Be- ziehung gehört der Kanton zum Stammbezirk der 8. Division. Das Wappen zeigt im weißen Felde drei nebeneinandergestellte Schilde, von denen der mittlere, im weißen Felde ein schwarzer aufsteigen- der Steinboä, den Gotteshausbund, der rechte, von weih und schwarz gespalten, mit einem gepanzerten St. Georg als Schildhalter, den Grauen Bund, und der linke, im von blau- und goldgev^^n Schilde ein blau und goldenes Kreuz, [* 7] von einem wilden Mann gehalten, den Zehngerichtenbund bezeichnet.
Kirchen- und Bildungswesen. Die reform. Kirche steht unter dem evang. Kirchenrat und der Synode, die kath. Kirche unter dem Bischof von Chur. Von höhern Lehranstalten bestehen die Kan- tonsschule mit Lehrerseminar, das kath. Priester- seminar St. Luzi und die höhere Mädchenschule zu Chur, das Lehrerseminar mit Gymnasium und Realschule zu Schiers, die Stiftsschule des Klo- sters Disentis, das Gymnasium Fridericianum in Davos und ein Proseminar in Roveredo. Bei den Rekrutenprüfungen von 1891 nahm der Kanton den 12. Rang ein; von 100 Geprüften hatten 20 in mehr als 2 Fächern die beste Note und 12 in medr als 1 Fach die schlechtesten Noten. 1890 bestanden in 215 l^chulgemeiuden 215 Primärschulen mit 420 Lehrern, 50 Lehrerinnen und 14521 (7363 männl., 7158 weibl.) Schülern, 3 Kleinkinderfchulen mit 5 Lehrerinnen und 117 Kindern, 21 Realschulen mit 21 Lehrern und 322 (231 männl., 91 weibl.) Schülern, 1 Mittelschule mit Anschluß an das aka- demische Studium (28 Lehrer und 341 Schüler) und 4 ohne Anschluß (37 Lehrer, 295 Schüler), 2 Lehrer- bildungsanstalten (darunter eine private) mit 40 (12) Lehrern und 143 (30) Schülern, endlich 3 ge- werbliche und industrielle Schulen (20 Lehrer, 238 Schüler) und 3 Fortbildungsschulen (257 Schüler).
Geschichte. Nach langen, harten Kämpfen mit den Ureinwohnern, den Rbätiern, gelang es den Römern (15 n. Chr.), das sckwcr zugängliche Land zu erobern, das nun als Illia^tia pi-iin^ 400 Jahre unter ihrer Herrschaft stand. Nach dem Sturze des Römischen Reichs kam Nhätien 490 an die Ost- goten und 536 an das Frankische Reich, unter wel- chem es von eigenen Grafen verwaltet wurde. Das Christentum, das in den untern Teilen schon im 2. oder 3. Jahrh. Eingang gefunden hatte, wurde unter der frank.
Herrfchaft auch in den obern Teilen ver- breitet. Durch den Vertrag von Verdun [* 8] 843 siel das Land Ludwig dem Deutschen zu und gehörte vom 9. Jahrh, an zum alamcmn. Herzogtum. Die mäch- tigsten Herren in Rhätien waren die Bischöfe von Chur, die auch die gräfl. Gewalt über einen großen Teil in Händen hatten, die L'lbte von Dismtis, die Herren von Matsch und Vaz als bischöfl. Vögte; unter ihnen häufte in zahlreichen Burgen [* 9] ein raud- und fehdelustiger Lehnadel. Daneben bestanden mehrere freie und halbfreie Thalfchaften und Ge- meinden. Als die königl. Gewalt im 14. Jahrd. zu erfchlaffen begann, entspannen sich zwischen den ver- schiedenen Dynasten zahlreiche Fehden, unter denen das Volk schwer zu leiden hatte, bis endlich die Bünd- nisse der Gemeinden mit den großen geistlichen und weltlichen Gewalthabern geordnete Zustände ¶