Vollblut als Zuchtmaterial, hieraus sollen Vollblutbeschäler hervorgehen, die durch ihre vorzüglichen Eigenschaften veredelnd
auf das gewöhnliche Halbblut- und Landpferd einwirken. Zur Rekrutierung der Mutterstuten mußte 1870 noch immer auf engl.
Vollblutstuten zurückgegangen werden. Der bei weitem größte
Teil der jetzigen Graditzer Vollblut-Mutterstuten ist bereits
in Graditz selbst gezogen. Graditz repräsentiert den Reitschlag, während auf den übrigen
Vorwerken der starke Reit- und Wagenschlag gezüchtet wird. Die Graditzer
Pferde
[* 2] tragen mehrenteils den Habitus engl.
Vollblutpferdean sich. Das Gestütszeichen besteht aus zwei Pfeilen, die in Form eines
Andreaskreuzes übereinander liegen und mit einer
Schlange
[* 3] umgeben sind (s.
Textfigur 2 zu
ArtikelBrandzeichen).
Aus dem Gestüt wird ein geringer Bedarf für den königl. Marstall entnommen, es werden die
zur Zucht für das Haupt- und die Landgestüte geeigneten
Pferde ausgewählt und der Rest alljährlich zur
Auktion gestellt.
Repitz wurde 1680, Döhlen 1691 unter der Regierung des Kurfürsten
JohannGeorg Ⅲ. von
Sachsen
[* 4] erbaut und
zum Gestüt eingerichtet. Die
Stutereien Graditz und Kreyschau wurden 1722‒23 errichtet. Bis 1814 wurden hier die
Pferde für
den königlich sächs. Marstall und für die Landbeschälerdepots des Königreichs
Sachsen entnommen (Einführung der Landbeschälung
in
Sachsen 1792). Die Wagenpferde waren von neapolit., span. und dän.
Blut, die Reitpferde von echt orient.
Abkunft. Die Graditzer
Pferde kennzeichnen sich durch Ausdauer und
Temperament. 1815 gingen die Gestüte an
Preußen
[* 5] über,
das den durch den
Krieg stark gelichteten Pferdebestand aus dem Gestüt von
Trakehnen und dem
Friedrich-Wilhelms-Gestüt zu
Neustadt
[* 6]
a. D. auf die Zahl von 8 Hauptbeschälern und 186 Mutterstuten ergänzte. Die
Veredelung des
Stammes
geschah durch
Trakehner und Neustädter Hengste, zuerst arab. und arab.-engl.,
später vorwiegend engl.
Blutes. Das Landgestüt Repitz nahm 1828 den
Bestand des Hauptdepots zu Merseburg
[* 7] in sich auf. –
Vgl. J. von
Schwartz, Das königlich preuß. Hauptgestüt Graditz (mit
Supplement:
Deutsches Gestüt-Album, Berl. 1870).
[* 1] ist die Messung von größern oder kleinern
Bogen
[* 8] auf der Erdoberfläche zum Behuf einer Bestimmung der
Größe und Gestalt der Erde. Zu diesem Zwecke ist es einerseits notwendig, auf astron. Wege durch Bestimmung der geogr.
Länge und
Breite
[* 9] der Endpunkte eines solchen
Bogens den Winkel
[* 10] zu ermitteln, den die an den Endpunkten
errichteten Lotlinien miteinander bilden, andererseits die lineare Entfernung der Endpunkte voneinander zu bestimmen. Letztere
Bestimmung ist, wenn es sich um große Entfernungen handelt, nur auf geodätischem Wege, mittels
Triangulation,
[* 11] auszuführen.
Um z. B. die lineare Entfernung der beiden Punkte E und H (s. nachstehende
[* 1]
Figur) zu bestimmen, mißt man eine
Basis oder
StandlinieAB von mehrern
Kilometern Länge direkt und bestimmt
sämtliche Winkel in den Dreiecken ECD, BCD, ABC, FAB, AFG und FGH; man kann dann durch
Rechnung die
Größe EH ermitteln.
Wäre die Erde eine vollkommene
Kugel, so würde es
genügen, um ihre
Größe zu bestimmen, die Länge eines
einzigen, möglichst großen
Bogens und sein Verhältnis zum ganzen Kreisumfang zu ermitteln; da sie aber in ihrer Gestalt
einem Ellipsoid
[* 12] sehr nahe kommt, ist es zur genauen Bestimmung ihrer Gestalt und
Größe notwendig, sowohl in der
Richtung
ihrer Meridiane, als auch dazu senkrecht
Bogen zu messen. Man unterscheidet daherBreiten- oder Meridiangradmessungen
und Längengrad- oder
Parallelkreismessungen.
Letztere sind erst seit Einführung der Längenbestimmungen mittels des elektrischen
Telegraphen
[* 13] in größerm Maßstabe mit
Erfolg ausgeführt worden. Die älteste Gradmessung rührt wohl von
Eratosthenes (s. d.) her. Eine eigentliche Messung ordnete zuerst
der
Chalif Al-Mamum um 827 n.Chr. an; zwei
Abteilungen von Mathematikern maßen in der Wüste Singar am
ArabischenMeerbusen einen
Grad, den die eine 56, die andere 56⅔ arab. Meilen (deren
Größe aber nicht genau bekannt ist)
lang fand.
Sieben Jahrhunderte später, 1525, maß der
Arzt Fernel einen Breitengrad zwischen
Paris
[* 14] und
Amiens
[* 15] mittels der Umdrehung eines
Wagenrades und bestimmte ihn, wie angegeben wird, zu 57047
Toisen, was sehr genau sein würde. Die Methode
der
Triangulation zur Bestimmung der Länge der
Bogen wurde zuerst von dem holländ. Geometer Snellius angewandt, als er 1615 einen
zwischen
Alkmaar und
Bergen-op-Zoom gelegenen
Bogen von 1° 11’,5 Länge maß und daraus für die Länge einesGrades 55074
Toisen
fand. Im
Auftrag der
Akademie der Wissenschaften zu
Paris maß der Geometer
Picard 1669 und 1670 einen 1° 22’ 58" betragenden
Bogen südlich von
Amiens und bestimmte die Länge des
Grades zu 57060
Toisen.
Eine von ihm vorgeschlagene umfassendere Messung durch ganz
Frankreich im Meridian von
Paris wurde durch
Cassini und
DeLahire 1680 angefangen und nach längerer
Unterbrechung 1700 fortgesetzt. Aus der damals südlich von
Paris angestellten
Messung ergab sich die
Größe eines
Grades zu 57097
Toisen, dagegen aus der zwischen
Paris und Dünkirchen
[* 16] ausgeführten zu 56960
Toisen,
wonach also die Länge der
Grade nach denPolen zu abzunehmen schien, was mit Newtons
[* 17]
Theorie von der Gestalt
der Erde in direktem
Widerspruch stand und vielfache Zweifel an der Richtigkeit dieser, dadurch aber einen langen und heftigen
Streit hervorrief. Um demselben ein Ende zu machen, ordnete die franz. Regierung zwei Gradmessung an,
die eine unter dem
Äquator, die andere unter dem nördl. Polarkreise. Die erstere führten
Bouguer und Condamine seit 1735 in
Peru,
[* 18] die letztere Maupertuis, Clairaut u. a. seit 1736 in Lappland aus. Die
Größe eines
Grades wurde unter dem
Äquator gleich 56753, unter dem Polarkreise gleich 57437
Toisen gefunden, wodurch also festgestellt
wurde, daß entsprechend NewtonsTheorie die Erde ein an den
Polen abgeplatteter Rotationskörper ist.
Alle spätern Gradmessung haben dieses Resultat bestätigt.
Behufs Bestimmung der genauen Länge des Meters, das dem zehnmillionsten
Teil der Länge eines zwischen dem Nordpol und dem
Äquator enthaltenen Meridianbogens gleich sein sollte, führten von 1792 an
Delambre, Méchain,Biot und
Arago¶