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hg. von Paul und Braune (Bd. 1, Halle [* 2] 1874); W. Braune, Got. Grammatik (3. Aufl., ebd. 1887). - Gotische Schrift ist auch soviel wie Mönchsschrift (s. d.).
hg. von Paul und Braune (Bd. 1, Halle [* 2] 1874); W. Braune, Got. Grammatik (3. Aufl., ebd. 1887). - Gotische Schrift ist auch soviel wie Mönchsschrift (s. d.).
Dach, [* 3] s. Dach.
Sprache [* 4] und Litteratur. Die Goten (s. d.) sind einer der begabtesten Volksstämme unter allen Germanen gewesen. Schon in vorchristl. Zeit, als das Volk noch an der untern Weichsel saß, empfingen sie Anregungen von seiten der griech. Kultur. Führte doch eine uralte Handelsstraße vom Schwarzen Meer an die Weichsel. An den Höfen der Vornehmen gab es berufsmäßige Sänger, Rhapsoden, die Lieder aus der heimischen Geschichte und Sage vortrugen. Die got. Könige pflegten die Sangeskunst. Der wesentlichste Bestandteil der ostgot. Heldensage wurde Gemeingut aller Germanen; von den Königen Widigauja (Wittich), Ermanrik (Ermenrich) und Theoderich (Dietrich von Bern) [* 5] erzählt noch das deutsche Volksepos des 13. Jahrh.
Von der got. Litteratur ist, von kleinern Fragmenten abgesehen, nur ein Teil (meist Neues Testament) der Bibelübersetzung erhalten. Dieses Meisterwerk stammt von dem ersten got. Bischof Wulfila (Ulfilas, s. d.); andere haben sein Werk fortgesetzt. Diese got. Bibel [* 6] galt in dem Ostgotischen Reiche in Italien; [* 7] die erhaltenen Handschriften sind hier geschrieben worden. Wulfila gab zugleich seinem Volke eine eigene, auf der Griechischen beruhende Schrift (s. Gotische Schrift).
Die selbständige Entwicklung einer nationalen got. Litteratur zeigen auch die auf uns gekommenen Fragmente einer Erklärung des Johannesevangeliums, die man jetzt Skeireins (spr. Skīrīns) nennt. Auch die Fragmente eines got. Kalenders und got. Namensunterschriften unter Urkunden sind als Bildungssymptom wichtig sowie für die Zuversichtlichkeit und Selbständigkeit, mit der die Goten ihre Sprache zur Litteratursprache machten; die andern Germanen ließen von Notaren lateinisch unterschreiben. Ausgaben der Bibelübersetzung und der kleinern Fragmente besonders von: von der Gabelentz und Löbe, Ulfilas (3 Bde., mit Grammatik und Wörterbuch, Lpz. 1843-46), E. Bernhardt (in der «Germanistischen Handbibliothek», Bd. 3, Halle 1875; kleine Ausgabe mit Wörterbuch, Bd. 3 der «Sammlung germanistischer Hilfsmittel», ebd. 1884), und Stamm (in 8. Aufl. hg. von M. Heyne, Paderb. 1885).
Die got. Sprache ist vornehmlich bekannt aus der Bibelübersetzung, die als das älteste zusammenhängende german. Sprachdenkmal von ungemeiner Wichtigkeit ist. Die got. Sprache ist eine Mundart derjenigen Gruppe german. Sprachen, die als ostgermanische bezeichnet wird (s. Ostgermanen). Die Sprache ist mit dem Volk seit der Mitte des 6. Jahrh. n. Chr. ausgestorben. Nur in der Krim [* 8] erhielt der versprengte Rest der Krimgoten oder Tetraritischen Goten (s. Ostgoten) seine Sprache noch bis ins 16. Jahrh. hinein. -
Vgl. W. Tomaschek, Die Goten in Taurien (Wien [* 9] 1881);
F. Braun, Die letzten Schicksale der Krimgoten (in den «Jahresberichten der reform. Kirchenschule für 1889/90», Petersb. 1890).
Die beste und handlichste got. Grammatik ist die von W. Braune (3. Aufl., Halle 1887);
ausführlichere Darstellungen findet man in der Ulfilas-Ausgabe von von der Gabelentz und Löbe (1843-46);
vgl. ferner Leo Meyer, Die got. Sprache (Berl. 1869);
vgl. auch die Litteraturangaben unter Germanische Sprachen. - Wörterbücher: von der Gabelentz und Löbe;
E. Schulze, Got. Glossar (Magdeb. 1847).
Über die Entwicklung der got. Sprache, soweit sie sich aus spätern Eigennamen erschließen läßt, vgl. F. Wrede, Über die Sprache der Ostgoten in Italien (Straßb. 1891).
Insel, s. Gottland.
Dorf im Kreis [* 10] Pleß des preuß. Reg.-Bez. Oppeln, [* 11] 5 km südlich von Pleß, ganz nahe der österr.
Grenze, an der Linie Kattowitz-Dzieditz (Station Bad-Gotschalkowitz) der Preuß.
Staatsbahnen, [* 12] hat (1890) 1346 E., Post und Fernsprechverbindung (während der Badezeit), 2 kath. Kirchen, eine Kapelle, eine jod- und bromhaltige Solquelle (Mariaquelle) mit 2 Badehäusern, eine Kinderheilanstalt «Bethesda».
s. Gotzkowski.
Gottheit. Im Wesen des Menschen liegt das Bedürfnis begründet, bei Lebensereignissen, die ihm auf unumgängliche Weise seine kreatürliche Abhängigkeit zum Bewußtsein bringen, Äußerungen einer unüberwindlichen, über alles Endliche erhabenen Macht zu sehen, und zu dieser letztern ein geistiges Verhältnis zu suchen, indem er durch ihre rückhaltlose Anerkennung zu dauernder innerer Freiheit und Ruhe sich erhebt. Der Naturmensch ahnt in den Mächten des Naturlebens, von denen er umgeben ist, ein in denselben nur erscheinendes Geistiges, das er nach dem Maße seiner eigenen geistigen Entwicklung mit gewissen, der Analogie des Menschengeistes entnommenen Eigenschaften ausstattet. (S. Anthropomorphismus.) Mit dem fortschreitenden Selbst- und Weltbewußtsein des Menschen gewinnt der Glaube an diese höhere Macht immer reichern und tiefern Inhalt, und die ursprüngliche Scheu vor dem geheimnisvoll waltenden Leben in der Natur wird zum Gottesglauben.
Der Ursprung des Glaubens an Gott ist daher weder eine bewußte Reflexion [* 13] noch eine willkürliche Satzung, sondern der notwendige Drang des menschlichen Geistes überhaupt, das im Endlichen sich offenbarende Unendliche anzuerkennen, zu wahren und mit ihm Gemeinschaft zu suchen, um in dieser Gemeinschaft seiner eigenen Unendlichkeit inne zu werden. Der Fortschritt vom sinnlich-natürlichen zum vernünftig-sittlichen Leben giebt diesem Drange seine nähere Bestimmtheit, der frommen Erhebung ihre konkrete Gestalt und ihren lebendigen Inhalt.
Macht, Intelligenz und Wille sind in den verschiedensten Formen der religiösen Vorstellung die Grundzüge des Gottesbegriffs. Mit der Entwicklung des religiösen Bewußtseins als solchen darf die der religiösen Vorstellung oder des theoretischen Gottesbewußtseins nicht verwechselt werden, obwohl beide aufs engste zusammenhängen. Der religiöse Gehalt des Gottesglaubens kann auf sehr verschiedenen Stufen der religiösen Vorstellung der nämliche sein.
Das Göttliche ist für das fromme Gefühl eins und dasselbe, möge die Vorstellung es nun in eine Vielheit von Einzelwesen zersplittern oder zur Erkenntnis der Einheit G.s fortgeschritten sein, möge sie dasselbe in der Form eines persönlichen Wesens oder als unpersönliche Macht, Weisheit und Güte auffassen. Die Andacht vereint, was die Vorstellung trennt. Aber da das Gottesbewußtsein, obwohl im Innern des Menschen begründet, immer von außen her angeregt wird, so geht die Gottesvorstellung des Menschen zunächst von der Form der äußerlichen Einzelheit aus. Zunächst sind es einzelne besonders mächtige Eindrücke des äußern Lebens, an denen dem Menschen die Ahnung eines Göttlichen erwacht, aber noch malt die ungeordnete Phantasie die ¶
Göttergestalten ins Ungeheure. Wenn dann das Denken zur Anerkennung einer sittlichen Ordnung der Dinge hindurchgedrungen ist, erhält die Gottesvorstellung bestimmtere Gestalt. Gegenüber der Verworrenheit der ältesten Vorstellungen ist die gegliederte Vielheit des griech. Götterhimmels ein Fortschritt, zu dem sich das hellen. Volk erst durch eine lange Entwicklung emporschwang. Aber der Polytheismus (s. d.), der das Göttliche in seiner besondern Erscheinungsform festhält, hat in sich selbst einen Trieb, die Einheit in der Vielheit zu suchen, der, sobald das Leben sich mit sittlichem Gehalte erfüllt, immer bestimmter monotheistische Elemente in sich aufnimmt.
Bei aller Mannigfaltigkeit der geistigen Güter ist doch die sittliche Ordnung nur eine. Die griech. Philosophie hat diese Einheit gesucht und in ihrer Weise auszudrücken gestrebt, obwohl sie entweder in den polytheistischen Voraussetzungen des Volksglaubens befangen blieb oder seinen religiösen Gehalt verflüchtigte. Niemals dagegen war der Monotheismus die ursprüngliche Form der Religion. Geschichtlich ist der monotheistische Glaube nur bei den Israeliten die Grundlage der Volksreligion geworden. Doch ward auch hier die reine Geistigkeit G.s erst allmählich erkannt und blieb für das Volksbewußtsein noch lange durch widersprechende Reminiscenzen an das altsemit. Heidentum verdunkelt. Der Ursprung des israel. Monotheismus aus der Verehrung eines Stammesgottes verrät sich auch nachmals noch in den dem Gottesglauben beigemischten sinnlichen und partikularistischen Elementen.
Erst das Christentum hat durch den Glauben an den «himmlischen Vater», mit dem der «Sohn» sich eins wußte, und durch die Idee der Gotteskindschaft das religiöse Bewußtsein der Menschheit vollendet. Der außerweltliche Gott offenbarte sich in einer geschichtlich menschlichen Persönlichkeit und mittels des Glaubens an diese im eigenen Innern des Menschen als versöhnende Liebe. Das theoretische Gottesbewußtsein in Gemäßheit des neuen religiösen Bewußtseinsgehaltes auszugestalten, ist die noch nicht vollendete Aufgabe der christl. Theologie und Philosophie geworden.
Die kirchliche Dreieinigkeitslehre (s. Trinität) ist die unter Einfluß der antiken Weltanschauung und Philosophie ausgeprägte Fassung des eigentümlichen religiösen Gehalts des Christentums: der unendliche Gott als liebender Vater der Menschen, in seiner Wesensfülle offenbar im Sohn und mit seiner Geistesmacht wirksam gegenwärtig in der Gemeinschaft der Gläubigen. Wenn die orthodoxe Theologie dabei eine Dreiheit göttlicher «Personen» verstand, so ward die Einheit und Absolutheit des geistigen Wesens G.s nur um so energischer betont.
Aber dieses göttliche Wesen ward überwiegend platonisch als das reine bestimmungslose Sein gefaßt, mit dem die konkreten Bestimmungen der kirchlichen Dreieinigkeitslehre übel genug zusammenstimmten. Daß der eine Gott selbst lebendiger einheitlicher Wille sei, ward mehr vom frommen Gefühle geglaubt als wissenschaftlich begründet. Daher fand die unpersönliche Fassung des Göttlichen (neuerdings gewöhnlich als Pantheismus [s. d.] bezeichnet) bei Philosophen und Mystikern Anklang und schien den christl. Gottesglauben selbst bald mit Versenkung in die absolute «Substanz», bald mit Verflüchtigung zur absoluten «Idee» zu bedrohen.
Die altscholastische Ausführung der Gotteslehre, von der luth. Dogmatik und der Wolffschen Philosophie (im 18. Jahrh.) nur noch bestimmter vollendet, stellte die Widersprüche des altchristl. Gottesbegriffs nur um so schärfer ins Licht. [* 15] Daher die Aufklärung nach Beseitigung der Trinitätsidee zu der farblosen und trotz ihrer Leerheit noch widersprechenden Vorstellung «des höchsten Wesens», d. h. eines überweltlichen, aber in die Welt nicht eingreifenden Einzelwesens fortschritt und in Demonstrationen für die Existenz desselben und dessen vornehmste «Eigenschaften» als «Beweise für das Dasein G.s» sich abmühte.
Das Ungenügende aller dieser Verstandesbeweise deckte Kant auf, ohne die Vorstellung des allervollkommensten Einzelwesens, für die er selbst im sittlichen Bewußtsein des Menschen eine neue Stütze suchte, zu verlassen. Um so mächtiger machte sich der Einfluß Spinozas seit Ende des 18. Jahrh. geltend. Lessing und Herder erinnerten an ihn, Schleiermacher, Schelling und Fichte [* 16] (in seiner spätern Zeit) suchten seine Lehre, [* 17] die Lehre von der absoluten Substanz, weiter zu bilden.
Für Schleiermacher war Gott die absolute, in sich selbst einfache und bestimmungslose Kausalität alles natürlichen und geistigen Geschehens; Fichte definierte ihn als die moralische Weltordnung, Schelling als die ewig sich selbst aus der Bestimmungslosigkeit der reinen «Indifferenz» zu bestimmtem, immer höher organisiertem Leben ausgebärende Natur; Hegel endlich als die absolute Vernunftidee, die in der Natur sich ihrer selbst entäußert, um in der endlichen Geisterwelt als absoluter Geist zu sich selbst zurückzukehren. Das dem religiösen Gefühl entsprechende Wort «Gott» schien hinter dem philos. Ausdruck das «Absolute» fast völlig zu verschwinden.
Gegen die Bedrohung des religiösen Interesses, das ein persönliches Verhältnis zu Gott verlangt und diesen nur als absoluten, über den Weltlauf erhabenen, aber in demselben sich wirksam erweisenden Willen verstehen kann, erhoben Theologen und «theistische» Philosophen Widerspruch. Die mit Hegelschen Vorstellungen neu verzierte altkirchliche Dreieinigkeitslehre ward von den einen empfohlen, von den andern eine stark vermenschlichende Fassung des Gottesbegriffs, die sogar die Behauptung einer allmählichen Entstehung und Vervollkommnung G.s nicht scheute, von den dritten die einfache Rückkehr zu den altorthodoxen Bestimmungen.
Auch für die unbedingte Unzulässigkeit jeder nähern Bestimmung des göttlichen Wesens, also für das Verharren auf dem Standpunkt eines unvermittelten Glaubens, erhoben sich geachtete Stimmen. Die neuere «pantheistische» Philosophie ist bisher mehr aus einem Gefühle innern Ungenügens zurückgedrängt als wissenschaftlich überwunden worden. Während unter dem Einflusse der modernen Naturwissenschaften eine immer weiter sich verbreitende Zeitrichtung auch die pantheistische Auffassung als Halbheit verwarf und zum erklärten Atheismus fortschritt, arbeiteten einzelne Denker an dem großen Problem, die Forderungen der «modernen Weltanschauung» mit dem frommen Bedürfnis des Christen zu versöhnen.
Die Vorstellung eines «außerweltlichen» G.s, der, mehr oder minder als ein ins Ungeheure gesteigerter Mensch gedacht, von außen her die Welt in Bewegung setzt und, wenn er will, eingreift in ihren Verlauf, kann dem heutigen Standpunkt nicht mehr genügen. Die Absolutheit G.s kann nicht als willkürliche Macht, die Weltordnung zu durchbrechen, sondern nur als in dieser selbst sich bethätigend begriffen werden. Auch die lebendige Geistigkeit G.s, seine ¶