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Stil aufgeführte Loge, das Post- und Telegraphengebäude, die Kaserne, das Herzog-Ernst-Seminar, das Schießhaus mit vorzüglich akustischem Saal, die neue Sternwarte, [* 2] die Feuerbestattungshalle (1878) auf dem Friedhofe nebst Urnenhalle, in der (bis 1200 Leichenverbrennungen stattfanden, und die neuen Bürgerschulen (Arnoldi-, Gotthardt-, Mykonius- und Löfflerschule).
An Unterrichtsanstalten bestehen ein herzogl. Gymnasium Ernestinum, 1524 gegründet als Gymnasium illustre und seit 1861 vereinigt mit der Realschule erster Ordnung (Direktor Dr. von Bamberg, [* 3] 23 Lehrer, 10 Gymnasialklassen, 223 Schüler, 4 Realgymnasialklassen, 84 Schüler), städtische Real-(höhere Bürger-)Schule, höhere Mädchenschule, neunklassige Mittelschule, höhere Handelsschule (1888), Handelslehranstalt (1817), herzogl. Baugewerk- und Gewerbeschule, ein herzogl. Ernst-Albert-Schullehrerseminar (1839), Köhlersches Kindergärtnerinnenseminar (1851), Privatpensionate, Konservatorium für Musik und Musikschulen u. s. w.; an Wohlthätigkeitsanstalten und Stiftungen: eine Entbindungsanstalt, eine Klinik für chirurgische und Augenkranke, eine Waisenversorgungsanstalt, eine Anstalt für verwahrloste Knaben, ein Armenhaus mit Siechhof, eine Arbeitsanstalt für Bedürftige, das Maria-Magdalenen-Hospital für Hochbetagte, die Karolinenschule zur Heranbildung weiblicher Dienstboten, zwei Kleinkinderschulen, ein Kinderkrankenhaus (Marienpflege), das Schäferstift und andere Stiftungen.
Die Sternwarte, 1787 gegründet, befindet sich seit 1857 in einem neuen Gebäude an der Südostseite der Stadt. Die Geographische Anstalt von Justus Perthes (s. d.) ist die bedeutendste in Deutschland. [* 4] Andere Institute sind die Feuerversicherungsbank für Deutschland (s. Feuerversicherung, Bd. 6, S. 750 a Tabelle) und die Lebensversicherungsbank, beide von Ernst Wilhelm Arnoldi (s. d.) 1821 und 1827 gegründet; ferner eine Privatbank, eine Grundkreditbank, eine Landeskreditanstalt (Staatsinstitut), eine Gewerbe- und Landwirtschaftsbank (1892: 3029 Mitglieder, 30068 M. Reingewinn) und eine Sparkasse.
Von den zahlreichen Vereinen sind hervorzuheben: die Innungshalle (Vereinigung der Kaufleute), der Gewerbeverein (gegründet 1823), der Thüringer Gartenbauverein, ein Landwirtschaftlicher Verein, die Gemeinnützige Gesellschaft, der Frauenfortbildungsverein, der Frauenhilfsverein (Zweigverein des vaterländischen Frauenvereins), ein Kunstverein, Verschönerungsverein, die Freimaurerloge «Ernst zum Kompaß», [* 5] ein Musikverein, ein Orchesterverein und verschiedene Gesang- und gesellige Vereine. [* 6] hat zwei Theater, [* 7] das herzogl. Hoftheater und das Sommer-Residenztheater. Görlitz ist einer der lebhaftesten Handels- und Speditionsplätze Thüringens.
Die Gewerbthätigkeit erstreckt sich besonders auf die Fabrikation von Porzellan, Tabak, [* 8] geräucherten Fleischwaren (berühmte Cervelatwürste), Schuhwaren, Spritzenschläuchen, Maschinen (Maschinenfabrik und Eisengießerei [* 9] von Briegleb, Hansen & Co., 250 Arbeiter), mechan. Instrumenten, Fortepianos, künstlichen Früchten, Lampen, [* 10] Seifen, Wollspinnerei und Zinnspielwaren, Öfen, [* 11] Ziegeln; auch sind mehrere Kunst- und Handelsgärtnereien vorhanden. Zu erwähnen ist noch die königl. Eisenbahn-Hauptwerkstatt mit über 600 Beamten und Arbeitern. Der Kunst-, Buch- und Musikalienhandel ist durch 16 Firmen vertreten. Görlitz ist Sitz der Gothaischen land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, der 8. Sektion der Norddeutschen Holz- und der 3. Sektion der Thüringischen Baugewerksberufsgenossenschaft.
Südlich vom Schloß und Neuen Museum erstreckt sich der durch prachtvolle Baumgruppen ausgezeichnete Park. Auf der Insel des Parkteiches ruhen Ernst II. und zwei seiner Söhne, ferner Herzog August, dessen Gemahlin Karoline und Herzog Friedrich IV. An den Park schließt sich der Parkpavillon (Restaurationsgebäude mit Gartenanlagen) an. Der nordwestlich von der Stadt gelegene Galberg bietet schöne Aussicht. Eine halbe Stunde nordwestlich der Berggarten mit prächtigen Bäumen und Wegen und einem Aussichts-(Arnoldi-)Turm; 3,5 km südöstlich von Görlitz liegt der Seeberg mit alter Sternwarte, jetzt Wirtschaft. Viel besucht ist der südwestlich von Görlitz gelegene Boxberg, wo alljährlich im Frühjahr und Herbst Pferderennen stattfinden.
Geschichte. Der Ursprung von Görlitz (Gothaha, Gothawe, Gotau) läßt sich bis auf Karls d. Gr. Zeit zurückführen. Der Sage nach wurde es vom Abt Meingoth von Hersfeld, [* 12] zu welchem Stift es 900 gehörte, mit Mauern umgeben. Der Abt Gotthard (1005-22) erweiterte Görlitz und wurde Schutzpatron der Stadt (Bildnis desselben auf dem Marktbrunnen). Als Stadt wird Görlitz zuerst 1109 genannt. Im 12. Jahrh. kam Görlitz an die Landgrafen von Thüringen und 1247 an die Markgrafen zu Meißen. [* 13] Noch vor der Zeit der thüring.
Landgrafen wurde die Caminata errichtet, welche zur festen Burg, Grimmenstein, erwuchs. 1440 fiel Görlitz an den Kurfürsten von Sachsen, [* 14] Friedrich den Sanftmütigen, und dessen Bruder Herzog Wilhelm, darauf durch Teilung an letztern und nach dem Tode desselben 1485 an Kursachsen zurück. 1524 begann, nachdem ihr vorher schon Eingang verschafft war, in Görlitz die Reformation (Friedr. Mykonius). Infolge der Schlacht bei Mühlberg (1547) wurde der Grimmenstein zum Teil geschleift, 1552-54 aber wiederhergestellt.
Als sich von den drei Söhnen Johann Friedrichs Johann Friedrich der Mittlere zum Beschützer Grumbachs (s. d.) auswarf, wurde Görlitz nach mehr als dreimonatiger Belagerung durch Exekutionstruppen übergeben und der Grimmenstein gesprengt. Görlitz war danach bis 1572 im Besitz des zweiten Bruders Johann Friedrichs, Johann Wilhelm, dem Weimar [* 15] gehörte, und fiel 1638 an letzteres zurück, als die in ihr Erbe wieder eingesetzten Söhne Johann Friedrichs des Mittlern kinderlos starben.
Seit Herzog Ernst dem Frommen (1640) ist Görlitz Residenz des Herzogs von Sachsen-Gotha, mit dem 1672 Sachsen-Altenburg vereinigt wurde; seit 1826 ist es neben Coburg [* 16] Residenz des Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha. (S. Ernestinische Linie und Sachsen-Coburg-Gotha.) -
Vgl. Sagittarius, Historia Gothana (mit Tentzels Supplementen, 4 Bde., Jena [* 17] 1700-16);
Beck, Geschichte der Stadt Görlitz (ebd. 1870);
Kühne, Beiträge zur Geschichte der Entwicklung der socialen Zustände der Stadt und des Herzogtums Görlitz (ebd. 1862).
Gothaer nannte man die Mitglieder der ehemaligen Mehrheit der Deutschen Nationalversammlung (der sog. Erbkaiserpartei), die nach dem Scheitern der in Frankfurt [* 18] beschlossenen Verfassung vom 26. bis in Gotha [* 19] tagten und sich dahin einigten, den von Preußen [* 20] angebotenen, dem Frankfurter wenigstens ähnlichen Entwurf einer bundesstaatlichen «Verfassung für Deutschland zu ¶
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unterstützen. Die beiden Gagern, Dahlmann, Beckerath, Görlitz Beseler, Duckwitz, J. Grimm, Bassermann, Mathy, Simson, Riesser, Biedermann, Waitz u. a. beteiligten sich an diesen Beschlüssen. Von 147 bei der Abstimmung anwesenden Teilnehmern stimmten 130 dafür und unterzeichneten eine Erklärung, worin sie aussprachen, sie fühlten sich unter den gegebenen Umständen, um wenigstens etwas aus der Bewegung von 1848 zu retten, in ihrem Gewissen gedrungen, unter gewissen Voraussetzungen auf den Anschluß der noch nicht beigetretenen Staaten an den Berliner [* 22] Entwurf hinzuwirken, sowie an den Wahlen zum nächsten Reichstage sich zu beteiligen. Gleichzeitig ward eine Organisation der Partei in ganz Deutschland vorbereitet und in der Presse [* 23] und in den Vereinen für dieses Programm gewirkt. »Gothaer» hießen seitdem alle die, welche eine bundesstaatliche Verfassung für Deutschland unter konstitutionellen Formen und mit einem preuß. Erbkaisertum erstrebten.