Rosensonntag, vom Papst in Gegenwart des Kardinalkollegiums mit
Balsam,
Weihrauch und
Weihwasser geweihte goldene, mit Diamanten
besetzte
Rose, die er nach der
Messe in feierlicher Prozession in der
Hand
[* 2] trägt, dann als besondere Auszeichnung gewöhnlich
einer fürstl.
Person schenkt. Nach einigen hat schon Papst
Leo IX. eine Goldene Rose geweiht; nach andern kam
der Gebrauch erst um 1400 auf. Verschenkt wurde die
Rose an angesehene Herren am päpstl.
Hofe, an
Staaten,
Städte und Korporationen,
jedoch meist an Fürsten. So überbrachte der päpstl. Kammerherr von
Miltitz für Kurfürst
Friedrich den
Weisen 1518 die Goldene Rose, um
diesen zur Unterdrückung derLehre
[* 3]
Luthers geneigt zu machen. –
Vgl. A. Rocca,
Derosa aurea (in seinem
«Thesauruspontificiarum sacrarumque antiquitatum», 2 Bde.,
Rom
[* 4] 1745).
[* 5]Schnitt (lat. sectio aurea), die
Teilung einer
Strecke in der Art, daß der größere
Abschnitt zwischen der
ganzen
Strecke und dem andern
Teil das geometr.
Mittel ist. Nennt man die
Teile der
Streckea und b, so ist
die
Proportion des Goldener Schnitt a:b=b:(a+b). Um durch geometr. Konstruktion
eine
Strecke A B (s. beistehende
[* 1]
Figur) nach dem G.S. zu teilen, errichtet man
in dem einen Endpunkt
B ein Lot, macht BC=1/2AB, beschreibt um C mit dem Radius BC einen
Kreis,
[* 6] verbindet
A mit C und trägt AD auf AB ab; G ist dann der gesuchte Teilpunkt.
Den Pythagoreern war es bekannt, daß beim
Kreis der Goldener Schnitt des Radius die Seite des eingeschriebenen regulären Zehnecks (s. d.)
ergiebt. Mancherlei mystische
Theorien sind an den Goldener Schnitt geknüpft worden. Neuerdings hat Zeising in ihm
ein Princip der Ästhetik zu finden geglaubt, insofern bei dem menschlichen Körper der Goldener Schnitt der Länge
ziemlich genau die
Taille trifft. (Vgl. Zeising,
NeueLehre von den
Proportionen des menschlichen Körpers, Lpz. 1854; ders.,
Der Goldener Schnitt, ebd. 1884.) Die
Proportion des Goldener Schnitt ist in ganzen
Zahlen nicht vollkommen, wohl aber annäherungsweise
ausdrückbar durch die
Proportionen 3:5, 5:8, 8:13, 13:21, u. s. w., die man antrifft in der Reihe 1, 1, 2,
3, 5, 8, 13, 21, 34 u. s. w., in der jedes folgende
Glied
[* 7] durch
Addition der beiden vorhergehenden
Glieder
[* 8] gewonnen wird. Da
diese Reihe zugleich das Schimpersche Gesetz der
Blattstellung
[* 9] an den
Pflanzen enthält, so hat man vermutet,
daß auch bei der Organisation derselben das Princip des Goldener Schnitt mitwirke.
In der Kunst und im Kunstgewerbe werden
Rechtecke (für Bilderrahmen, Buchformate, Visitenkarten
u. dgl.) mit mehr oder weniger
Bewußtsein nach dem Goldener Schnitt abgemessen. Fechner machte das Experiment, rechteckige
Karten von den verschiedensten Verhältnissen der Länge zur
Breite
[* 10] einer Anzahl
Personen zur ästhetischen Beurteilung vorzulegen,
wobei sich die meisten für das nach dem Goldener Schnitt abgemesseneRechteck entschieden. –
Vgl. Fechner, Vorschule der Ästhetik
(2
Tle., Lpz. 1876);
Matthias, Die Regel vom Goldener Schnitt im Kunstgewerbe (ebd. 1886).
Kalb, in
Luthers Bibelübersetzung Bezeichnung für das goldene oder vergoldete Stierbild, das nach
2 Mos. 32.
Aaron
für die an
Moses' Rückkehr verzweifelnden Israeliten als
Bild ihres
Gottes hergestellt haben soll.
Die
Erzählung ist wohl eine Satire auf die in den Heiligtümern des
Reichs Israel (z. B. zu
Dan,
Bethel, Samarien) befindlichen
Jahwebilder in Stiergestalt, deren
Anbetung dem prophetischen Standpunkte als
Heidentum erscheint.
«Kalb» ist eine durch die
Kleinheit dieser Kultobjekte veranlaßte spöttische Bezeichnung.
Zahl,GüldeneZahl (lat.
numerus aureus), die Zahl, welche anzeigt, das wievielste Jahr im neunzehnjährigen
Mondcyklus, nach dessen
Ablauf
[* 14] die verschiedenen Mondphasen wieder auf die nämlichen
Tage desSonnenjahres
fallen, irgend ein Jahr ist. Woher der
Name stammt ist ungewiß; nach einigen daher, daß die Berechnung des Meton, welche
dem Cyklus von 19 Jahren zu
Grunde liegt, in
Athen
[* 15] auf der
Mauer der Pnyx mit goldenen
Buchstaben eingegraben war. Da, wie sich
aus einer Rückwärtsberechnung ergiebt, das Jahr 1
v. Chr. das Anfangsjahr eines neunzehnjährigen Cyklus
ist, so findet man die Goldene Zahl eines gegebenen Jahres, indem man 1 zur Jahreszahl addiert und die
Summe durch 19 dividiert.
Der alsdann verbleibende Rest ist die Goldene Zahl; bleibt kein Rest, so ist es 19 selbst. Für 1893 erhält man
so die Goldene Zahl 13. Die Goldene Zahl dient ihrerseits wieder dazu, das zwischen
dem letzten Neumond und dem 1. Jan. des folgenden Jahres liegende Intervall, dessen Bestimmung für die Berechnung des Osterfestes
von Wichtigkeit ist, zu ermitteln. (S. Epakten und
Ostern.) Ein bequemes, aber für längere
Perioden nicht ausreichendes Hilfsmittel,
um aus der Goldene Zahl die Julianischen Neumondsdaten eines jeden Cyklusjahres zu entnehmen,
bietet der sog. Immerwährende
Kalender (s. d.).