Bezeichnung der esterartigen
Verbindungen des
Glycerins mit Säuren. In ihnen ist, wie in den gewöhnlichen
Estern, der
Wasserstoff der Hydroxylgruppen durch die Radikale der Säuren ersetzt. Da im
Glycerin, C3H5(OH)3, drei
Hydroxylgruppen vorhanden sind, so tritt der besondere Fall ein, daß entweder ein oder zwei oder alle drei Wasserstoffatome
durch die Säureradikale ersetzt sein können. Die hierdurch entstehenden
Ester unterscheidet man als Mono-,
Di- und
Triglyceride.
Die
Essigsäure kann sich z. B. mit dem
Glycerin zu folgenden Estern verbinden:
Monacet-Glycerinester ^[img]
Diacet-Glycerinester ^[img]
Triacet-Glycerinester ^[img]
Man bezeichnet dieselben in abgekürzter Form, indem man die Endsilbe «yl»
des betreffenden Säureradikals in «in» verwandelt,
der Monacet-Glyccrinester wird demnach Monacetin genannt; Diacetin ist der Diacet-Glycerinester,
Stearin in der Tristearinsäure-Glycerinester
u. s. f.
Da das Radikal jeder bekannten Säure
Wasserstoff substituierend in das
Glycerin eintreten kann, so ist die Zahl der darstellbaren
Glyceride ungemein groß. Von diesen sind die, welche die Radikale der
Fettsäuren enthalten, von größter und
allgemeinster Bedeutung; es sind die im
Pflanzen- und
Tierreich verbreiteten Fette (s. d.), die sämtlich neutrale
Triglyceride
sind.
Ebenso wie die Glyceride nach ihrer Entstehung sich auf Säuren und
Glycerin zurückführen lassen, so kann man sie auch wieder durch
Aufnahme der Elemente des Wassers in Säuren und
Glycerin verwandeln, so z. B. das
Tristearin in
Stearinsäure
und
Glycerin: C3H5(O.C18H35O)3 + 3 H2O = C3H5(OH)3 + 3 C18H35O(OH). Leichter noch als durch
Wasser wird diese
Zersetzung durch Alkalihydrate, z. B. Kalihydrat, KOH, bewirkt, wobei die frei werdende
Säure als Kalisalz austritt. Die Alkalisalze der kohlenstoffreichen
Glieder
[* 2] der Fettsäurereihe nennt man Seifen, und
daher die Spaltung der Fette in
Glycerin und fettsaures
Alkali Verseifung. Der Prozeß der Seifenbildung bei der Bereitung
der Seife ist eine Spaltung des in den Fetten enthaltenen
Stearins, Palmitins, Oleins u.s. w. in
Glycerin und stearinsaures,
palmitinsaures, ölsaures
Alkali.
(vom grch. glykerós, süß), Ölsüß, Scheelesches
Süß, der einfachste dreiwertige
Alkohol (s.
Alkohole) von der Zusammensetzung C3H8O3 und der Konstitutionsformel
CH2OH.CHOH.CH2OH.
Es findet sich zu etwa 8 bis 9 Proz. in den Fetten, den neutralen Estern des Glycerin
(Triglyceriden) mit den Säuren der
Fettsäure-
und Ölsäurereihe. Es tritt außerdem immer als Produkt der weingeistigen Gärung auf, wobei es in Mengen
von 2 bis 3 Proz. vom vergorenen Zucker
[* 3] entsteht. Daher findet es sich Z.
B. auch im
Wein, dem es einen vollern
Geschmack, mehr
Körper, verleiht. Sehr alte
Weine zeigen wegen des
Mangels an Glycerin einen magern
Geschmack. 1776 wurde es von Scheele bei Gelegenheit
der Bereitung vonBleipflaster entdeckt. Es kann aus den Fetten erhalten werden, die beim Verseifungsprozeß
durch Säuren oder
Alkalien oder überhitzten Wasserdampf in die entsprechenden Säuren und in Glycerin zerfallen.
Auch synthetisch ist
es dargestellt worden. Gegenwärtig gewinnt man das Glycerin fabrikmäßig als Nebenprodukt bei
der Bereitung von
Stearinsäure (zu
Kerzen) aus
Talg oder Palmöl und aus den
Unterlaugen der Seifensieder.
Bei dieser
Darstellung im großen erhält man es in wässeriger Lösung und reinigt es durch Destillieren in einem
Strome von
überhitztem Wasserdampf, der das Glycerin bei einer
Temperatur von etwa 180° mit fortführt. Durch fraktionierte
Abkühlung der
Dämpfe erhält man es fast wasserfrei, indem es sich schon zu einer Flüssigkeit kondensiert bei
einer
Temperatur, bei der das Wasser noch dampfförmig ist und weiter geleitet wird.
Reines Glycerin ist eine dicke farblose, sirupartige, rein süße (daher sein
Name)
Substanz vom spec. Gewicht 1,265 bei 15°. In
starker Kälte erstarrt es schwierig zu kandiszuckerartigenKrystallen, die bei etwa +17° wieder schmelzen.
Unter gewöhnlichem Luftdruck destilliert es nicht ganz unzersetzt bei 290°, bei vermindertem Druck oder mit Wasserdämpfen
geht es unverändert über. Mit Wasser und
Alkohol mischt es sich in jedem Verhältnis, in
Äther ist es unlöslich. Es löst
viele
Stoffe auf, besonders auch
Alkalien, alkalische Erden und viele Metalloxyde, indem es mit denselben
Verbindungen eingeht.
Beim Erhitzen für sich, und noch reichlicher beim Destillieren mit wasserentziehenden
Mitteln, wie Schwefelsäure,
[* 4]
Phosphorpentoxyd
u. s. w., wird das in Wasser und
Akroleïn zerlegt. Bei Gegenwart von
Hefe
[* 5] geht es bei 20-30° in Gärung über, wobei
Propionsäure
gebildet wird. Von den sehr zahlreichen Anwendungen, die das Glycerin gefunden hat, seien folgende
erwähnt. Als Zusatz zum Modellierthon schützt es diesen vor dem Austrocknen; aus demselben
Grunde eignet es sich zur Aufbewahrung
von Nahrungsmitteln, die in feuchtem Zustande erhalten werden sollen, z. B. des Senfes.
In der Liqueur-, Punschessenz- und Limonadenfabrikation dient es zum Versüßen; ferner wird es dem
Wein,
Bier und Essig zugesetzt, was man Scheelisieren nennt. Auch als Schmiermittel für Maschinenteile, die nicht rosten sollen,
besonders bei
Uhren,
[* 6] ist es anwendbar, da es keine
Veränderung erleidet und
Messing oder ähnliche
Legierungen nicht angreift.
Seiner Eigenschaft wegen, die
Haut
[* 7] weich und schlüpfrig zu machen, benutzt man es in der Kosmetik zu
Glycerinseifen, Glycerinessig u. s. w. und zur Pflege des
Haares.
Eine Mischung von Glycerin und Leim dient zur Herstellung von Buchdruckerwalzen- und Hektographenmasse. Mit feingepulverter
Bleiglätte giebt es einen schnell erhärtenden Kitt. In großer Menge findet Glycerin gegenwärtig Anwendung
zur Herstellung vonNitroglycerin (s. d.). Ferner verwendet man es zum Konservieren anatom.
Präparate und in der Mikroskopie. Auch in der Färberei,
Kattundruckerei und in der
Medizin wird Glycerin vielfach benutzt. Als
Füllung von Gasuhren verhindert es das Einfrieren derselben. - ein bedeutender Handelsartikel, kommt als Rohglycerin, raffiniertes
und destilliertes Fabrikat an den Markt. Die Gesamtgewinnung von Rohglycerin wird gegenwärtig auf 40 Mill.
kg jährlich geschätzt (26 Mill. kg aus der Stearinfabrikation, 14 Mill. kg aus der Seifenfabrikation), woran
Frankreich
mit 10 Mill., England mit 7 Mill., die
Vereinigten Staaten
[* 8] mit 6 Mill.,
¶
mehr
Deutschland
[* 10] mit 5 Mill., die Niederlande,
[* 11] Belgien,
[* 12] Österreich,
[* 13] Rußland und Italien
[* 14] mit rund je 2 Mill. kg teil haben. Glycerin ist
Spekulationsobjekt und bedeutenden Preisschwankungen unterworfen. Hauptmarkt dafür ist Paris.
[* 15] Deutschland führte 1892 47 047 Doppelcentner
rohes und 18 920 Doppelcentner gereinigtes Glycerin im Werte von 2 352000 und 1 514000 M. ein
und 1025 Doppelcentner rohes sowie 20 994 Doppelcentner gereinigtes im Werte von 51000 und 1 784000 M. aus.