alte Volkssage, nach der Mittwoch vor Ostern die Kirchenglocken nach Rom zum Papst fliegen und am Sonnabend
darauf an ihre Stellen zurückkehren, oder vielmehr ihre Geister, denn die Glocken selbst sieht man in den Türmen hängen.
Die
Meinung knüpft an das Schweigen der Glocken vom Gründonnerstag bis Karsonnabend an.
Wenn die Glocken
aus Rom zurückkommen, bringen sie die Ostereier mit, glauben die Kinder.
das Eigentumsrecht an den Kirchenglocken. Es ist unzweifelhaft, daß die Glocken
seit uralter Zeit zwar Pertinenzen der Kirchen sind und vorzugsweise zu religiösen Zwecken verwendet werden, daß von ihnen
aber daneben auch in den verschiedensten Fällen, die mit dem Gottesdienste gar keinen Zusammenhang haben, Gebrauch gemacht
wird. Die ursprüngliche Bestimmung der Glocken ist die, Personen zusammenzurufen, und zwar nicht bloß zum
Gottesdienst oder zu irgend einer feierlichen Kultushandlung, sondern auch zu weltlichen Versammlungen (Bürgersprachen,
Gerichtstagen, Innungsberatungen u. dgl.) oder zur Hilfeleistung in der Not (Sturmglocke, Feuerglocke) oder zur Verfolgung
von Flüchtlingen u. s. w.
Da die Glocken im liturgischen Apparat einen Platz einnahmen, so schrieb sich die Kirche eine besondere Kompetenz darüber zu;
die Kirchenglocken wurden eingesegnet und sogar geweiht (s. Glockenweihe);
sie wurden zu den kirchlichen Sachen (res sacrae)
gerechnet;
den Pfarrern wurde die Aufsicht und Verfügung über dieselben zugewiesen und ihnen die Anstellung der Glöckner
und die Dienstgewalt über dieselben übertragen. In sehr vielen Gemeinden dienen dieselben Glocken kirchlichen und profanen
Zwecken, und zwar sind sie regelmäßig in dem Kirchturm angebracht.
Hier entstehen häufig Konflikte über den Gebrauch der
Glocken, indem die Pfarrer auf Grund des kath. Kirchenrechts die ausschließliche Verfügung darüber beanspruchen, die Gemeindebehörden
dagegen die Befugnis des Gebrauchs der Glocken auch für sich beanspruchen.
Glockenrecht (frz. Droit surles cloches) war sonst auch die Bezeichnung
für ein altes Herkommen, nach welchem die Glocken einer eroberten Festung dem Kommandanten der Artillerie des Belagerers gehörten,
von welchem sie die städtischen Behörden zurückerkaufen mußten. Einen Teil dieser Summe behielt der Kommandant für sich,
den Rest verteilte er unter die Mannschaft. Noch 1807 verfuhr Napoleon I. nach der Eroberung von Danzig
dem Glockenrecht gemäß, und auf ausdrückliche Verordnung des Kaisers erhielt jeder Mann des Belagerungskorps einen Teil des Erlöses
ausgezahlt.
(Glöckchen),
der Ton, welcher entsteht, wenn man auf einer Violine oder Viola eine freie Saite kräftig
anstreicht, den Bogen aufhebt und die Tonbildung durch sanftes Reißen der Saite mit einem Finger unterstützt.
sind Zusammenstellungen von Glocken verschiedener Größe, die nach der diatonischen oder diatonisch-chromatischen
Tonleiter gestimmt sind, um vermittelst Klaviatur oder Walze durch bewegliche Hämmer zum Erklingen in Melodien gebracht
zu werden. Anfänge von solchen finden sich schon in frühen Zeiten, so im 5. Jahrh. das bombulum, bestehend aus einer metallenen
Stange mit wagerechtem Kreuzbalken, an dem die Glocken hingen, auch nolae und tintinnabula genannt.
Aus dem 10. bis 12. Jahrh. sind Beschreibungen und Abbildungen von solchen Glockenspiele erhalten. Klavierinstrumente
größerer Art, Carillons genannt, kommen seit dem 16. Jahrh. auf Türmen und öffentlichen Gebäuden besonders in den Niederlanden
vor. In Deutschland vermochten sie sich weniger einzubürgern, kommen aber in niederdeutschen Gegenden hier und da vor (z. B.
im Grauen Kloster zu Berlin, Garnisonkirche zu Potsdam). Während in den Niederlanden 115, in Belgien 97 in
Gebrauch sind, weist Deutschland deren nur 8 auf; das erste kam 1487 mit nur wenigen Glocken und sehr einfachem Mechanismus
in Aelst in Flandern in Anwendung.
Zur leichten Handhabe dient eine Erfindung des Holländers Smulders. Ein Tastenapparat ermöglicht es, getragene Tonstücke
aller Art zur Ausführung zu bringen. Nach diesem System ist das neue Glockenspiele der St. Petrikirche in Hamburg
mit 40 Glocken eingerichtet. Kleinere Glockenspiele mit besondern Tasten waren auch in den alten Orgeln. Bei Militärmusiken und festlichen
Aufzügen hatte man tragbare Carillons, die mit Klöppeln geschlagen wurden. An die Stelle dieser trat in neuerer Zeit
die Lyra oder das Stahlspiel, bestehend aus abgestimmten, auf einem lyraförmigen Rahmen befestigten Stahlstäben, die mit einem
Hammer geschlagen werden.
eine Vorrichtung, in welcher die größern Glocken aufgehängt werden und schwingen. Da
durch das Schwingen der Glocken eine Schwingung des ganzen Turms hervorgerufen wird, muß der Glockenstuhl möglichst fest stehen; er
soll daher auch mit den Mauern des Turms nicht in fester Verbindung stehen. Die Glocken werden durch schmiedeeiserne Bänder mit
ihren Kronen an starke eichene Riegel befestigt. Diese tragen an ihren Stirnseiten eiserne Lagerzapfen,
mittels deren sie in den im eigentlichen Glockenstuhl angebrachten Lagern ruhen und in diesen drehbar sind. Der Glockenstuhl selbst
ist ein aus Winkel- und
mehr
Flacheisen, wie in umstehenden
[* ]
Fig. 1 u. 2 (Vorder- und Seitenansicht), oder aus starken Eichenbalken gebildetes Gerüst, welches
auf einer Balkenlage im Glockenturm aufgestellt wird. Die Bewegung der Glocke geschieht durch ein Hebelwerk, welches von unten
angezogen wird.