Leitung des spätern Justizministers Capoquadri.
Schon 1835 cirkulierte in zahlreichen
Abschriften sein durch großen Freimut
der
Sprache
[* 2] ausgezeichnetes Gedicht auf den
TodKaiserFranz' I. «II DiesIrae». Rasch folgten, in ähnlichem
Sinne geschrieben,
«Insulto»,
«Leggepenale per gl'impiegati» (1835),
gegen die bureaukratischen Übergriffe gerichtet, und «Lo stivale» (1836;
neue Ausg., Flor. 1891),
worin er die nationale Unabhängigkeit
Italiens
[* 3] verherrlichte. Dies geschah auch
in «Incoronacione» (1839),
während «Vestizione d’un cavaliere» (1839) eine bittere Satire auf die
Ordens- und Titelsucht ist. Aufsehen machte besonders «Girella» (1840),
worin er die polit. Abtrünnigen und Grundsatzlosen geißelte.
Bald waren G.s Gedichte die gelesensten von
den
Alpen
[* 4] bis zum
Ätna,
[* 5] ehe nur sein
Name genannt oder ein einziges seiner Gedichte gedruckt war.
In den nächsten Jahren dichtete
er u. a.
«Bello» und «Scritta» (beide 1841),
ferner: «Reuma d’un cantante» und «IBrindisi» (1843),
in denen er die
Sucht, franz. Wesen und ausländische
Sitten nachzuahmen, geißelte, «Gliumanitari» (1841) und «GIi immobili ed i semoventi» (1841) gegen
die humanitarischen und socialistischen Utopisten, «La terra de' morti»
(1841) gegen
Lamartine. Während er im
Sommer 1844 die
Bäder von Livorno
[* 6] gebrauchte, erschien ohne sein Vorwissen eine verfälschte
Ausgabe seiner Gedichte
(«Poesied’un italiano»),
sodaß er sich genötigt sah, selbst eine
Ausgabe («Versi»,
Bastia 1845) zu veranstalten. Im selben Jahre dichtete er «Il papato diPretePero» und beschrieb im «Gingillino» den
Lebenslauf
eines toscan. Bureaukraten von der
Wiege bis zum
Grabe. Dem gemäßigten
Liberalismus huldigend, schleuderte er die
Blitze der
Satire gegen das
«Junge Italien». Das trefflichste seiner Gedichte, «Sant'Ambrogio», und das ergreifende Gemälde «Il sortilegio» entstanden
nach 1844, in der Zeit der größten Reife.
Als mit dem
AntrittPius' IX. eine neue Zeit für
Italien
[* 7] zu beginnen schien, machten u. a. «Ilcongresso de' Birri» und «Spettri del 4 settembre» Aufsehen. 1848 wurde
er zweimal zum Mitgliede der toscan. Kammer erwählt. Im
Sommer 1849 ging er, schwer krank, in die
Bäder
von
Viareggio und starb im
Palast Gino
Capponis in
Florenz.
[* 8] Sein
Denkmal zu Monsummano (von Fantacchiotti) wurde enthüllt.
Giusti ist der bedeutendste satir. und polit. Dichter des modernen
Italiens.
Seine Verse verdanken jedoch ihre große Wirkung auf den
Geist der Nation nicht allein dem
Inhalt, sondern
auch der genialen Kühnheit, mit der er die toscan. Volkssprache für dichterische Zwecke ausbeutete. Sammlungen seiner Gedichte
erschienen
Florenz 1862 (3. Ausg. 1882; deutsch von P. Heyse, Berl. 1875),
Verona
[* 9] 1876 (3. Ausg. 1888, mit Erklärungen von Giusti Fioretto),
«Poesieedite ed inedite.Novaedizione con un cenno sulla vita dell' autore» (Mail. 1892); sein Briefwechsel
schon früher (2 Bde., Flor. 1859;
neue Ausg. von Frassi [mit
Biographie], 2 Bde., ebd. 1863
u. 1885); eine von ihm begonnene Sprichwörtersammlung, von
Capponi
geordnet und vervollständigt, 1853, dann sehr bereichert 1871 (neu 1884). G.s «Vita,scritta da lui medesimo» wurde von Biagi (Flor. 1886),
seine «Memorie inedite» (Mail. 1890) von F.
Martini herausgegeben.
(spr. dschu-), alte ital. Familie, deren wichtigste
Mitglieder
sind:
AntonioGiustiniani, 1502–5 Gesandter
Venedigs in
Rom.
[* 10] Seine für die Zeitgeschichte sehr wichtigen
Berichte gab Villari 1876 heraus.
PaoloGiustiniani, Kamaldulenser, gründete zum Zweck der Reformierung seines
Ordens die
Kongregation von Monte-Corona, die einzige
Ordensgründung des 16. Jahrh., die nicht von Feindseligkeit gegen den
Protestantismus ausging.
Dieser Familie gehört auch der Marchese Vincenzo Giustiniani an, der sich durch
Fontana und
Borromini (s. d.) um 1700 zu
Rom einen der
größten
Paläste bauen ließ. Seine schöne Gemäldegalerie kam durch seine Familie 1807 nach
Paris,
[* 12] wurde hier an Bonnemaison
und von diesem 1815 an den König von
Preußen
[* 13] verkauft. Sie befindet sich jetzt im Museum zu
Berlin.
[* 14] –
tempo (ital., spr. dschu-), in der
Musik: richtiges, dem Charakter des Tonstücks entsprechendes Zeitmaß, das
herauszufinden dem richtigen Gefühl des Spielers oder Sängers überlassen bleibt.
(spr. schiweh),Hauptort des Kantons Givet (110,40 qkm, 12 Gemeinden, 13497 E.)
imArrondissement Rocroi des franz. Depart.
Ardennes, an beiden Ufern der Maas, 37 km oberhalb Namur,
[* 16] in
gebirgigem
Terrain, an den Linien Givet-Charleville (64 km) der
Franz.
Ostbahn, Namur-Givet (56 km) der Nordbahn und Givet-Ottignies
(90 km) der
Belg.
GroßenCentralbahn, früher strategisch wichtig, hat (1891) 4946, als Gemeinde 7083 E., in
Garnison einen
Teil des 120. Infanterieregiments;
Brauerei, Fabrikation von
Bleiweiß,
[* 17] Tischlerleim, Fayence,
[* 18]
Pfeifen,
Bleistiften,
Zink- und Kupferschmelzen, Marmorbrüche und ansehnlichen
Handel mit
Belgien.
[* 19] Beide Hälften der Stadt sind mit
Bastionen und
Ravelins versehen; Hauptstützpunkt ist der Charlemont, ein 215 m hoher, nach drei Seiten schroff abstürzender Fels, links
der Maas. Die
Anlage stammt von
Karl V. her und wurde durch
Vauban ausgebaut. Jetzt ist es als Festung
[* 20] aufgegeben.
Dem hier geborenen
Komponisten Méhul ist ein
Denkmal errichtet.
(spr. schiwohr),Hauptort des Kantons Givors (90,75 qkm, 10 Gemeinden, 17179 E.)
im
ArrondissementLyon
[* 21] des franz. Depart. Rhône, 21 km südlich
von
Lyon, an der Mündung des Gier in die Rhône, über die hier eine
Drahtbrücke führt, an den Linien Roanne-St.
Etienne-Lyon und Givors-La Voulte (105 km) der Mittelmeerbahn, hat (1891) 10033, als Gemeinde 10857 E.,
Glashütten, Hochöfen,
Eisengießereien, Fabrikation von Wagenrädern und
Töpferwaren, Ziegeleien und Seidenfärbereien. Givors ist Stapelplatz für
die
Kohlen des Gierthals. Der
Kanal von
[* 22] Givors beginnt bei Rive-de-Gier (Depart. Loire), ist 21,5 km lang (108
m unterirdisch) und verbindet Rhône mit Loire.
KarlAdolf, dän. Romanschriftsteller, geb. zu
Roholte in Seeland. Anfänglich ein warmer
Anhänger der jungen
¶
mehr
realistischen Schule, hat er dieselbe später verlassen und angegriffen. Seit 1892 hat Gjellerup seinen ständigen
Wohnsitz in Dresden
[* 25] aufgeschlagen, nachdem er schon früher in Kopenhagen
[* 26] warm für die deutsche Kunst eingetreten war. Infolge
dieser Bestrebungen entstand sein «Richard Wagner i Hans Hovedvœrk NibelungensRing» (Kopenh. 1890). Von seinen Romanen «En
Idealist» (1878),
«Det unge Danmark» (1879),
«Antigonos» (1880),
«Germanernes Lœrling» (1882),
«Minna» (1889),
haben namentlich
die letzten Bedeutung. Seine Novellen «Romulus» (1883; 2. Aufl. 1889),
«G-dur» (1883) und seine Reiseschilderungen «En
klassisk Maaned» (1884) und «Vandreaaret»
(1885) zeichnen sich durch Frische und Sprachgewandtheit aus. In mehrern Dramen («Brynhild», 1884, «St.
Just», 1886, «Thamyris», 1887, «Hagbardog Signe», 1888) nimmt Gjellerup die Griechen zum Vorbild. Von wahrer Empfindung zeugt eine
Gedichtsammlung «Min Korligheds Bog» (Kopenh. 1889).