Giroconto einziehen zu lassen. Der weiße Check, mittels dessen die baren Abhebungen erfolgen, hat nicht mehr, wie früher,
die Form einer Quittung, sondern ist nunmehr ein Anweisungscheck auf Namen mit dem Zusatze «oder Überbringer», den die Bank
stets ohne Legitimationsprüfung auszahlt. Soll der Check nur zur Verrechnung mit der Reichsbank oder
einem Contoinhaber dienen, so muß er gekreuzt, d. h. mit dem quer über den Text geschriebenen Vermerk «nur zur Verrechnung»
versehen sein, in welchem Falle der Betrag nicht bar ausgezahlt werden darf. Zu Übertragungen auf Konten an demselben oder
an einem andern Bankplatz sind die roten Checkformulare bestimmt. Es dürfen nur die von der Bank selbst
in Heften von mindestens 50 Stück gelieferten Checkformulare verwendet werden.
Außerdem erhält der Contoinhaber ein Contogegenbuch, in welches alle von ihm oder für ihn bar oder durch Verrechnung eingehenden
Gelder eingetragen werden. Wechsel, aus welchen ein Contoinhaber zu einer Zahlung verpflichtet ist, sind bei
der Reichsbank oder einem Bankhause, das mit derselben in täglicher Abrechnung steht, zahlbar zu machen und rechtzeitig
schriftlich anzumelden. Andernfalls müssen solche in den Besitz der Reichsbank gelangten Wechsel bar bezahlt werden.
Verfügt der Contoinhaber über mehr, als sein Guthaben beträgt, so lehnt die Bank nicht nur die Zahlung ab,
sondern behält sich auch vor, den Verkehr mit ihm ganz abzubrechen. Die Girogelder werden von der Bank kostenfrei verwaltet,
aber nicht verzinst. Die Reichsbank erwartet aber, daß die Girokunden stets ein ihrer Mühewaltung entsprechendes Guthaben
stehen lassen, regelmäßig von ihren Befugnissen Gebrauch machen, jedoch nur für sich selbst, nicht für
dritte Personen, und sie behält sich das Recht vor, den Vertrag ohne weiteres schriftlich aufzuheben, wenn diesen Erwartungen
nicht entsprochen wird. Im Zusammenhange mit dieser Reorganisation des hat die Reichsbank seit 1884 in Berlin und 9 andern
Bankplätzen (Bremen, Breslau, Dresden, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Köln, Leipzig und Stuttgart) Abrechnungsstellen
(Abrechnungsbureaus) geschaffen, durch welche die Auszahlungen und Überschreibungen bedeutend vermindert wurden.
Unter demselben Impuls haben auch viele Bankhäuser einen provisionsfreien Check- und Giroverkehr organisiert, in der Hoffnung,
auch das nicht kaufmännische Publikum mehr und mehr für die Sache zu interessieren. In diesen Fällen wird meistens eine
mäßige Verzinsung der Einlagen gewährt oder die Girokunden werden, wie beim Wiener Giro- und Kassenverein,
am Gewinn aus dem Girogeschäft beteiligt. Im J. 1892 sind im G. der Reichsbank mit einem Bestande von 257961122,69 M. aus
dem J. 1891 39092190698,62 M. vereinnahmt und dagegen 39122896 487,85 M. verausgabt worden, sodaß 31. Dez. 1892 ein
Rest von 227255333,46 M. zu Gunsten der Girokunden verblieb. Von dem Gesamtumsatz der Reichsbank 1892 (104489335000 M.) betrug
sonach der Umsatz im G. (78215087186,47 M.) allein etwa 75 Proz. (S. auch Banken, Check und Clearing-House.)
Vgl. Allgemeine Bestimmungen über den Geschäftsverkehr mit der Reichsbank; R. Telschow, Der gesamte Geschäftsverkehr
mit der Reichsbank (5. Aufl., Lpz. 1891);
Verwaltungsbericht der Reichsbank für 1892 (Berl. 1893);
Handwörterbuch der Staatswissenschaften,
Bd. 4 (Jena 1892), S. 64 fg.
Ghire,
Gereb (d. i. Knoten), ein kleines pers. Längenmaß, die Grundlage des
dortigen Ellenmaßes, des Zer, der Arschin oder Göß (s. d.), nämlich 1/16 des Zer Schahi, 1/17 des Zer
von Täbris und 1/15 des Zer von Jezd = 6 ½ cm. (S. Gherry.)
(spr. görwen), Hafenstadt und Seebad in der schott.
Grafschaft Ayr, 30 km im SSW. von Ayr, an der Mündung des in den Firth of Clyde, hat (1891) 4081 E., Kattunfabrikation,
Kohlenausfuhr und besonders Heringsfischerei.
(ital. sol diesis; frz. sol dièse; engl.
g sharp), in der Musik das um einen halben Ton erhöhte g, wird durch g und vorgezeichnetes # bezeichnet;
auf Tastinstrumenten
fällt es mit As zusammen.
Gizeh oder Gize, Hauptort der Provinz Giseh (956 qkm Kulturland und 283833 E.) in Unterägypten, links des Nils,
im W. von Kairo und jetzt Vorstadt desselben, hat 11410 E., eine 406 m lange Drehbrücke über den Strom,
Regierungsgebäude, kath. Kirche und Ruinen von Palästen der Mamluken. Seit 1889 ist im vicekönigl. Palais (3 km oberhalb
der Brücke) das 1864 von Ismael Pascha in Bulak gegründete, anfangs von Mariette-Bei geleitete reichhaltige Ägyptologische
Museum untergebracht. Giseh war vor Erbauung der Chaussee (8 km) dorthin Landungsplatz für alle
Reisenden, die von Kairo aus die Sphinx (s. Tafel: Ägyptische Kunst I,
Fig. 1) und die Pyramiden (s. d.)
besuchen, daher diese die Pyramiden von Giseh genannt zu werden pflegen. (S. Karte: Kairo und die Pyramidenfelder, beim Artikel
Kairo.)
Heinr. Ludw.
Robert, Novellist, geb. 15. Jan. 1827 in Marienwerder, studierte seit 1846 in
Breslau und Halle Theologie, seit 1848 in Breslau Philosophie und Geschichte. Nach der Novemberreaktion von 1848 geriet er in
polit. Untersuchung, infolge deren er, auf eine Staatsanstellung verzichtend, die schriftstellerische Laufbahn wählte. Er
redigierte seit 1852 in Leipzig die «Novellenzeitung», ging 1859 nach Dresden, 1863 nach Berlin und wurde 1866 als
gemütskrank in das Kloster Leubus in Schlesien gebracht.
Später lebte er in Breslau, seit 1875 in Görlitz, zuletzt wieder in Leubus, wo er 12. Dez. 1890 starb. G.s Romane haben meist
einen reichen geistigen Inhalt, von ihnen sind hervorzuheben: «Moderne Titanen» (3 Tle., Lpz. 1850; 2. Aufl.
1853),
«Pfarr-Röschen» (2 Bde.,
Brem. 1851; 2. Aufl., Lpz. 1854),
«Otto Ludwig Brook» (2 Bde., Lpz. 1862),
«Käthchen» (4 Bde.,
Bresl. 1864). Als Dramatiker hat sich in «Johannes Rathenow, Bürgermeister von Berlin» (Lpz. 1854),
«Die beiden Cagliostro»
(ebd. 1858),
«Moritz von Sachsen» (ebd. 1860; in neuer Bearbeitung Bresl. 1872),
«Lucifer» (Lpz. 1861),
«Der Kabalist» (ebd. 1880) u. a. bewährt.
Hieran reihen sich die «Dramat. Bilder aus deutscher Geschichte» (Lpz. 1865; 2. Aufl. 1878),
worin Stoffe aus der frühesten preuß. Geschichte behandelt werden.
Nikol. Dietr.,
Dichter, geb. 2. April 1724 zu Nemes-Cso bei Gün im ungar.
Komitat Eisenburg, wo sein Vater evang. Pfarrer war. Nach dessen frühem Tode kam er mit der Mutter nach Hamburg, deren Heimat,
studierte seit 1745 in
mehr
Leipzig Theologie und lebte seit 1748 als Erzieher in Hannover und Braunschweig. Er beteiligte sich an den «Bremer Beiträgen»,
zeitweilig auch als Redacteur, und gab 1748–57 deren Fortsetzung: «Sammlung
vermischter Schriften von den Verfassern der Bremer Beiträge», heraus. 1753 wurde er Prediger zu Trautenstein im Braunschweigischen,
im nächsten Jahre Oberhofprediger in Quedlinburg und 1760 Superintendent zu Sondershausen, wo er 23. Febr. 1765 starb.
In seinen Gedichten verband er mit kunstloser Leichtigkeit des Ausdrucks eine gefällige Moral und ein inniges Gefühl für
Religion und Freundschaft. Seine «Poet. Werke», geistliche Lieder, Oden, Fabeln und Erzählungen gab K. Chr. Gärtner mit einem
Lebenslaufe G.s heraus (Braunschw. 1767). –
Vgl. Bremer Beiträge, hg. von Muncker, Tl. 1 (in Kürschners
«Deutsche Nationallitteratur», Stuttg. 1889).