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künstlich aufgehäuften Thonmassen als ganz jugendliche Absätze aus dem Wasser beobachtet hat. Besonders schöne und große Krystalle finden sich in den sog. Krystallschlotten der Grafschaft Mansfeld und im Herzog-Ernst-Stollen bei Reinhardsbrunn am Thüringerwalde, am letztern Orte bis 30 cm dick und 2 m lang. Die durch Zerspaltung der Krystalle erhaltenen perlmutterglänzenden Tafeln nennt man Fraueneis, Jungfernglas oder Marienglas, weil man sie wegen ihrer Reinheit als Sinnbild der Keuschheit betrachtete und die Marienbilder damit zu schmücken pflegte; man hat sie, wie den Glimmer, zu Fensterscheiben benutzt.
2) Fasergips, der in der Form von Platten oder Trümmern gewöhnlich Spalten ausfüllt.
3) Körniger [* 2] ein krystallinisch-körniges Gestein, das unter der Benennung Alabaster (s. d.) zu mancherlei Kunstwerken benutzt wird.
4) Dichter Gips, eine sehr verbreitete Varietät dieses Gesteins, oft durch Thon oder Bitumen grau gefärbt.
5) Porphyrartiger Gips, der körniger oder dichter Gips ist, mit in der Masse zerstreuten, oft rosettenartig zusammengeschossenen Gipskrystallen.
6) Schaumgips oder Gipserde, aus lauter feinen krystallinischen, nur lose zusammengehäuften Blättchen bestehend. Der Gips tritt als Gestein vorzugsweise nur in geschichteten Sedimentärformationen auf, und zwar in Deutschland [* 3] hauptsächlich mit Steinsalz zusammen in der Zechstein-, Buntsandstein-, Muschelkalk- und Keuperformation, in deren Bereich er manchmal mauerartige Bergzüge oder schroffe Felsen bildet. In vulkanischen Gegenden bildet sich der Gips durch die Einwirkung der Exhalationen von Schwefelwasserstoff und schwefliger Säure auf die Kalksilikate des Bodens, und die dortigen Tuffe sind oft reichlich mit Knollen [* 4] und Schnüren von Gips erfüllt.
Viel Gips ist im Laufe der Zeit durch Aufnahme von Wasser aus Anhydrit (s. d.) entstanden, und so besitzen viele Gipsberge in ihrem Innern noch einen gewaltigen Kern von Anhydrit, auch erkennt man unter dem Mikroskop [* 5] in Dünnschliffen von Gips noch oft die Reste des ursprünglich an seiner Stelle vorhanden gewesenen Anhydrits. Anhydritpulver, an feuchter Luft liegend, bedeckt sich mit mikroskopischen Kryställchen von Gips. Der Gips gestattet eine vielseitige praktische Verwertung. Im Bauwesen findet der Gips, nachdem man ihn durch Glühen von seinem Wassergehalt befreit hat, vielfach Verwendung an Stellen, die vor Feuchtigkeit geschützt sind; so als Zusatz zu Kalk und Cement (Gipskalk, Gipscement) bei der Herstellung von Wand-, Rohrdecken- und Gesimseputz.
Als Bindemittel tritt der Gips ferner auf bei verschiedenen Arten von Deckenstuck (Trocken-, Staff- oder Steinstuck, Tripolith, Holzgipstrockenstuck), bei Gipsdielen und Spreutafeln (s. Gipsdielen), bei dem Gips-Estrich (s. Estrich), dem Monier-System (s. d.), dem Rabitz-Patent (s. d.), dem Pariser System für Decken (s. Decke), [* 6] als Gipsmarmor zur Bekleidung von Wänden und Säulen [* 7] sowie endlich bei der Herstellung gegossener Stuckornamente (s. Stuccateurarbeit).
In der Technologie benutzt man Gips als Zusatz zu Farben, um sie heller zu machen;
in der Papierfabrikation [* 8] als Füllstoff (s. Annaline);
als festigenden Zusatz zu Porzellan;
zum Veredeln der Weine (s. Gipsen).
– Die Landwirtschaft benutzt Gips als Dünger (s. d.), die Chirurgie als erhärtendes Mittel bei Verbänden (s. Gipsverband). In der Bildnerei wird Gips verwendet zu Abgüssen von Natur- und Kunstgegenständen, z. B. Statuen (s. Abguß). Feinfaserigen Gips verarbeitet man zu Perlen und andern Schmuckgegenständen, dichten und feinkörnigen zu Vasen, [* 9] Säulen u. s. w. Andr. Verrocchio zu Florenz, [* 10] 1432–88, war einer der ersten, der in der neuern Zeit Teile des menschlichen Körpers in Gips abformte. –
Vgl. Böhmer und Neumann, Kalk, Gips, Cement (Weim. 1886);
Hüttmann, Der Gipser als Cementierer u. s. w. (ebd. 1886);