baute er (1507–12) die Brücke Notre-Dame und fand daselbst ein 1508 von Aldus Manutius herausgegebenes Manuskript des jüngern
Plinius auf. Auch besorgte er eine neue Ausgabe des Vitruv, die 1511 in Venedig erschien, Papst Julius II. gewidmet war und
bis Mitte des 16. Jahrh. einen großen Einfluß behielt. In Verona baute
er 1512 eine massive Brücke sowie die Loggia del Consiglio; in Venedig gab er dem Ausflusse der Brenta eine andere Richtung und
beugte dadurch der Verschlammung der Lagunen vor. Als man den Wiederaufbau der abgebrannten Rialtobrücke trotz seiner schönen,
auf Befehl des Senats gefertigten Zeichnung einem andern Meister übertrug, wandte er sich nach Rom, wo
er kurz vor Bramantes Tode 1514 dem Giuliano da San Gallo als Hilfsbaumeister bei der Peterskirche beigegeben wurde, aber schon starb.
delColle (spr. dschohja), Stadt im Kreis Altamura der ital. Provinz Bari, auf einem Hügel
zwischen dem Busen von Tarent und dem Adriatischen Meere, an der Linie Bari-Tarent des Adriatischen Netzes, hat (1881) 17016 E.,
ein Gymnasium, bedeutenden Handel mit Getreide, Wein und Öl.
(spr. dschohja), Flavio, ein Schiffer oder Lotse aus Positano bei Amalfi, lebte wahrscheinlich vor 1300 und wurde
lange Zeit mit Unrecht für den Erfinder des Kompasses gehalten. Indes ist möglich, daß er den Kompaß auf der See brauchbar
machte, dadurch wesentlich zur Hebung der Seefahrt beitrug und mittelbar das Zeitalter der großen Entdeckungen zur See anbahnte.
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Vgl. Breusing, Flavio Gioja und der Schiffskompaß (in der «Zeitschrift
der Gesellschaft für Erdkunde», Berlin, IV, 21);
A. Schück, Die Kompaßsage in Europa (im «Ausland», 1892, Nr. 35).
(spr. dschohja), Melchiorre, ital. Philosoph und Statistiker, geb. in Piacenza, wurde im dortigen Lazaruskollegium
für die geistliche Laufbahn vorbereitet, studierte aber seit 1783 in Pavia Mathematik und Physik und
lebte nachher zurückgezogen bei seinem Bruder in Piacenza. 1796 legte er das geistliche Gewand ab und ging nach Mailand, wo
er sich mit polit. und nationalökonomischen Studien beschäftigte und 1799 von der franz. Regierung mit der Leitung des Statistischen
Bureaus beauftragt wurde.
Zugleich begann er eine fruchtbare litterar. Thätigkeit auf geschichtlichem und nationalökonomischem
Gebiete, indem er in seinen Arbeiten den Wert der Statistik für moralische und nationalökonomische Forschung hervorhob und
dadurch der Begründer der Moralstatistik wurde. Als Mitarbeiter an dem von Silvio Pellico gegründeten «Consiliatore» wurde
er 1820 verhaftet und als politisch verdächtig 9 Monate lang gefangen gehalten. Er starb in
Mailand. Gioja veröffentlichte «Sul commercio dei commestibili e caro prezzo del vitto» (2 Bde.,
Mail. 1804),
wieder abgedruckt in den «Oper minori» (Lugano 1834);
1815 den ersten Band seines berühmten Werkes «Nuovo prospettodella scienza economica» (6 Bde., Mailand),
worin er sich wie Galuppi an den Kantschen Kriticismus anschloß, den
er mit Elementen der an Condillac sich
anschließenden franz. Sensualistenschule versetzte;
«Esercizio logico sugli errorid’ideologia e dizoologia» (Mail. 1824),
«La filosofia della statistica» (4 Bde.,
ebd. 1826; spätere mit Noten und Zusätzen von Romagnosi versehene Ausg., ebd. 1829–30; ein Neudruck, Tur. 1852, in 2 Bänden).
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Vgl. Lampertico, Sulla statistica teoretica in generale e su M. in particolare (in den «Annali distatistica»,
Bd. 44, 1870);
de Marinis, La donna nell’aritmetica morale di Melchiore (in der «Rassegna femminile»),
türk. Ort im kleinasiat. Wilajet Tekke
(dem alten Lycien), auf einem 866 m hohen Gipfel des Küstenplateaus bei Myra, ist berühmt durch die dort gemachten Ausgrabungen.
Unter den Resten einer kleinen lykischen Stadt, Trysa, entdeckte J. A. Schönborn 1841 die Familiengrabstätte
(Heroon) eines griech. Fürsten mit zahlreichen Skulpturen. Ein Versuch, diese letztern für das königl. Museum in Berlin
zu erwerben, scheiterte und die Entdeckung selbst ging mit dem Tagebuche Schönborns verloren; nur Karl Ritter rettete aus
dem letztern eine Nachricht in seine «Erdkunde» (Bd.
19, S. 1136). Auf dieser Nachricht fußend führte Otto Benndorf 1881 eine österr.
Expedition nach Lycien, wo er das Monument wiederfand, und im Auftrage einer Wiener Gesellschaft 1882 eine zweite in größerm
Maßstabe, um sämtliche Skulpturen nach Wien in die kaiserl. Museen zu bringen. Das Grab war ein halb aus
dem Felsen gehauenes tempelartiges Haus, hofartig eingefriedet durch ein Mauerviereck von 20 zu 24 m Seitenlänge, welches
letztere innen auf allen vier Seiten und an der Eingangsmauer auch außen mit fortlaufenden Reihen altgriech.
Reliefs geschmückt war.
Der Name des fürstl. Stifters ist unbekannt geblieben, aber die Reliefs lehren, daß er im 5. Jahrh.
v. Chr. lebte und sein Geschlecht auf Bellerophon zurückführte. Das Monument gab zum erstenmal einen Begriff von der Anlage,
Einrichtung und Benutzung eines altgriech. Heroon. Es ist kunstgeschichtlich ein Vorläufer des Mausoleums von Halikarnassos,
und die über 90 m langen Doppelfriese der Reliefs sind wichtig für die Rekonstruktion verlorener Nationalepen
wie für das Verständnis der großen Malereien Polygnots, zu denen sie vielfach in Beziehung stehen.
Sie enthalten ausführliche, fein erwogene Kompositionen, welche den Freiermord der Odyssee, die Meleagrosjagd, die Thaten
des Theseus und Perseus, den Raub der Leukippiden, Amazonen- und Kentaurenkämpfe, den Krieg der Sieben gegen Theben, die
Landungsschlacht des Trojanischen Krieges und in einem besonders großen Reliefbilde den Kampf um Ilion vor Augen führen.
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Vgl. Benndorf und Niemann, das Heroon von Giölbaschi-Trysa (mit Atlas, Wien 1889).
(spr. dscho-), Giovanni, ital. Staatsmann, geb. zu Mondovi (Provinz Cuneo), studierte seit 1858 die
Rechte in Turin und ward hier bereits 1866 zum stellvertretenden Staatsanwalt ernannt, wurde aber dann 1869 von
Sella als Sekretär der Steuerkommission in das Finanzministerium gezogen, in welchem er 1874 unter Minghetti zum Generalinspektor
aufstieg, was er auch unter Depretis blieb, bis er 1877 Generalsekretär des Rechnungshofes wurde. Infolge von
Meinungsverschiedenheiten mit Seismit-Doda mußte er ausscheiden. Durch Ernennung zum
mehr
Staatsrat eröffnete ihm 1882 Depretis die polit. Laufbahn, worauf ihn sein heimatlicher Wahlkreis ins Parlament sandte.
Am ward Giolitti von Crispi mit dem Schatzministerium betraut und übernahm nach dem Rücktritt Seismit-Dodas
auch das Finanzministerium, geriet aber mit seinem Bestehen auf Sparsamkeit bald in Widerstreit mit der
hochstrebenden Politik Crispis und den Forderungen des Arbeitsministers Finali, weshalb er schon seine Entlassung
einreichte.
Rudini, kurz darauf an Crispis Stelle getreten, wurde anfangs von Giolitti unterstützt, dann aber, als er auch zu Steuererhöhungen
griff, heftig angegriffen und gestürzt, worauf Giolitti selbst mit der Bildung eines neuen Kabinetts
betraut ward, in das er fast nur Abgeordnete und Anhänger der Linken berief. Seit Cavour der jüngste und der erste Ministerpräsident,
welcher an den Einheitskämpfen nicht mehr teilgenommen hatte, wurde Giolitti mit ungewöhnlicher Feindseligkeit von
der Kammer aufgenommen, weshalb er zu deren Auflösung greifen mußte.
Trotz der Erklärungen Crispis, welcher in volkstümlichen Äußerungen zu überbieten suchte, brachten die Neuwahlen eine
fortschrittliche Dreifünftelmehrheit für Giolitti, der wiederum durch Ersparnisse und ohne neue Auflagen das Gleichgewicht herzustellen
und außerdem die Besteuerung zu Gunsten der untern Volksklassen abzuändern und Reformen im Justiz- und Unterrichtswesen einzuführen
versprach. Die Unregelmäßigkeiten bei der Banca Romana veranlaßten ihn, an eine Neuordnung des Bankwesens
zu gehen.