bahnbrechenden Arbeiten Orsilas (s. d.) und hat sich seitdem rasch, insbesondere durch die
Einführung des Experiments in die toxikologische Forschung und durch die ausgedehnten Versuchsreihen zahlreicher Forscher,
unter denen vorzugsweise Christison, Tardieu, Taylor, Sonnenschein, Husemann, Naunyn, L. Hermann u. a. zu nennen sind, zu einer
selbständigen inhaltsreichen Wissenschaft entwickelt, welche nicht nur einen wichtigen Zweig der Heilkunde,
insbesondere der gerichtlichen Medizin, darstellt, sondern auch vielfach auf die verwandten Disciplinen, auf Chemie, Physiologie
und experimentelle Pathologie, fördernd und anregend gewirkt hat. Nach §. 229 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich
wird mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren bestraft, wer vorsätzlich einem andern, um dessen Gesundheit zu
schädigen, Gift oder andere Stoffe beibringt, welche die Gesundheit zu zerstören geeignet sind, wobei die Höhe des Strafmaßes
sich nach der Schwere der Folgen der Vergiftung richtet. Über die gesetzlichen Beschränkungen des Handels mit Gift s. Giftverkehr.
Litteratur. Orsila, Lehrbuch der Toxikologie (5. Aufl.; aus dem Französischen von Krupp, Braunschw. 1853);
Husemann, Handbuch der Toxikologie (Berl. 1862-67);
Tardieu, Die Vergiftungen in gerichtsärztlicher und klinischer Beziehung
(deutsch von Theile und Ludwig, Erlangen 1868);
Bandlin, Die Gift und ihre Gegengifte (3 Bde., Bas. 1869-73);
Dustos, Handbuch
der angewandten gerichtlich-chem. Analyse der chem. Gift (Lpz. 1873);L. Hermann, Lehrbuch der experimentalen
Toxikologie (Berl. 1874);
Mohr, Chem. Toxikologie (Braunschw. 1874);
Dragendorff, Die gerichtlich-chem. Ermittelung von Gift (3.
Aufl., Gott. 1888);
Hendeß, Allgemeine Giftlehre (Berl. 1880);
Lewin, Lehrbuch der Toxikologie (Wien 1885);
Casper-Liman, Handbuch
der gerichtlichen Medizin (8. Aufl., Berl. 1889);
Otto, Anleitung zur Ausmittelung bei gerichtlich-chem. Untersuchungen (6.
Aufl., Braunschw. 1892).
d. h. solche Drüsen, deren Sekret auf andern Organismen einen mehr oder weniger schädlichen Einfluß
ausübt, finden sich bei zahlreichen Tieren. Schon die Nesselorgane der Nesseltiere (s. d.) sind mit einem giftigen Saft verbunden,
ebenso die Stachel mancher See-Igel, die Mundbewaffnungen einiger Würmer. Sehr verbreitet sind sie bei
Gliedertieren, stehen z. B. bei Tausendfüßern und Spinnen in Verbindung mit den Kiefern, bei Skorpionen mit dem Schwanzstachel;
weiter finden sich auf dem Rücken mancher Tausendfüßer Giftdrüsen, die unter Umständen ein der Blausäure ähnliches Sekret absondern.
Die meisten Hautflügler (s. d.) haben im weiblichen Geschlecht oder
als sog. Geschlechtslose mit Stacheln vereinigte Giftdrüsen. Ebenso finden sie sich in der Haut mancher Käfer, z. B. der Spanischen Fliege
(s. d.). Auch die Brennhaare vieler Spinnerraupen, z. B. des Prozessionsspinners (s. d.),
hängen mit Giftdrüsen zusammen. Bei einzelnen Weichtieren, z. B. der Tonnenschnecke (s. d.), sondern die Speicheldrüsen ein Gift ab.
Bei Fischen kommt es häufig vor, daß Giftdrüsen der Haut mit scharfen Stacheln an den Kiemendeckeln oder den
Flossen, z. B. bei Scynanceia (s. d.), versehen
sind. Bei Amphibien ist meist die ganze Haut voll kleiner Giftdrüsen, die namentlich bei Baumfröschen des tropischen Amerikas ein sehr
heftiges Gift produzieren. Unter den Reptilien finden sich Giftdrüsen
bei den Giftschlangen (s. d.) und bei den
Krustenechsen (s. Helodermatidae). Bei Säugetieren und Vögeln kommen keine Giftdrüsen vor, denn die Sporndrüse des Schnabeltiers
(s. d.) ist keine Giftdrüse.
soviel wie Dampfkugel (s. d.).
Auch nannte man Giftkugel eine Bleikugel, die Giftsubstanz
in sich trug (ähnlich den vergifteten Pfeilen der Alten oder wilder Volksstämme).
solche Pflanzen, die entweder in allen ihren Teilen oder in irgend einem derselben
einen der Gesundheit des Menschen schädlichen Stoff enthalten. Die Wirkung der Giftpflanzen ist je nach den in ihnen vorhandenen giftigen
Stoffen eine sehr verschiedenartige. Während von den einen schon ganz geringe Mengen, etwa eine Frucht oder ein Samenkorn,
den Tod herbeiführen können, wird von andern, selbst wenn sie in größern Massen genossen werden, nur
ein vorübergehendes Unwohlsein herbeigeführt.
Die giftigen Stoffe, auch das giftige Princip genannt, sind bei einer großen Reihe von Giftpflanzen noch sehr ungenau bekannt;
so weiß man z. B. über die in vielen Pilzen enthaltenen Stoffe nur sehr wenig, und auch von vielen andern
Giftpflanzen kann man nur angeben, daß das giftige Princip ein Alkaloid oder dergleichen ist, dessen chem. Zusammensetzung aber noch
nicht genügend untersucht wurde. Auch die Menge des in einer Giftpflanze vorhandenen Giftstoffs ist natürlich sehr verschieden,
und demgemäß auch die Wirkung.
Während das chemisch rein dargestellte Nicotin ein äußerst starkes Gift ist, kann doch der Tabak, der
dasselbe in geringen Mengen enthält, im allgemeinen als ein unschädliches Genußmittel betrachtet werden; dasselbe gilt
von vielen andern Gewächsen, die als Gewürzpflanzen, als Gemüse oder in anderer Weise den Menschen zur Nahrung dienen; so
enthält sowohl Kaffee wie Thee einen sehr giftigen Stoff, auch in den Kartoffeln finden sich sehr geringe
Mengen des äußerst schädlich wirkenden Solanins. Noch mehr gilt dies von manchen offizinellen Pflanzen, zu denen u. a. mehrere
der giftigsten Gewächse, wie der Rote Fingerhut, Digitalis purpurea L. (s. Tafel: Giftpflanzen I,
Fig. 3), die Tollkirsche,
Atropa (s. d.) belladonna L. (s. Taf. II,
Fig. I), das Bilsenkraut, Hyoscyamus (s. d.) niger L. (s. Taf. II,
Fig. 3), der Stechapfel, Datura (s. d.) stramonium L. (s. Taf. II,
Fig. 2), gehören.
Je nach der Wirkung der Giftstoffe kann man die Giftpflanzen einteilen in solche, die narkotische, und in solche,
die ätzende oder scharfe Eigenschaften
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mehr
haben, denen auch wohl noch eine dritte Gruppe anzufügen wäre, die stark purgierend wirkt. Zu den erstern würden z. B.
die bereits genannten, ferner die Stammpflanze des Opiums Papaver somniferum L., s. Papaver und Tafel: Rhöadinen,
Fig. 3),
die Schierlingsarten u. s. w. gehören. Ätzend scharf wirken mehrere Ranunkulusarten, die
Sumacharten (s. Rhus), purgierend mehrere Euphorbiaceen, wie Ricinus, Croton u. s. w.
Die einzelnen Familien des Pflanzenreichs sind sehr verschieden in betreff der Anzahl von Giftpflanzen, die sie umfassen. Es giebt Familien,
die keine einzige Giftpflanze enthalten, wie die Familie der Kruciferen; ferner solche, die bei ihrer bedeutenden Artenzahl
nur wenige Giftpflanzen aufzuweisen haben, wie die Kompositen, Leguminosen u. a. In andern Familien dagegen, wie
z. B. bei den Solanazeen, Euphorbiaceen, finden sich im Verhältnis zur Gesamtzahl der Arten zahlreiche Giftpflanzen, und zwar gerade
solche, deren Giftstoffe äußerst schädlich wirken.
Von den einheimischen Giftpflanzen und solchen, die in Deutschland als Gartenpflanzen gezogen werden, sind hauptsächlich
zu erwähnen: aus der Familie der Ranunkulaceen Arten der Gattungen Clematis (s. d.), z. B.
Clematis rectaL., Anemone (s. d.), Pulsatilla (s. d.),
besonders Pulsatilla vulgaris (s. Tafel: Giftpflanzen I,
Fig. 5) und pratensis Mill., sämtliche Arten von Adonis (s. d.), Ranunculus
(s. d.), hauptsächlich Ranunculus sceleratusL., Helleborus (s. d.),
Aconitum (s. d.);
ferner die Akeleipflanze, Aquilegia vulgaris L. (s. Aquilegia), die Dotterblume, Caltha palustris
L. (s. Caltha), Trollius europaeus L. (s. Trollius), das Christophskraut, Actaea spicata L. (s. Actaea);
von den Amygdaleen der Bittermandelbaum,
Amygdalus communis L. var. amara (s. Mandelbaum), der Kirschlorbeer (s. d. und Tafel: Rosifloren I,
Fig. 2) und die Traubenkirsche,
Prunus padus L. (s. Prunus);
von den Papilionaceen mehrere Arten der Gattungen Coronilla (s. d.), hauptsächlich
Coronilla varia und emerusL., Cytisus (s. d.), besonders der Goldregen, Cytisus laburnum;
von den Papaveraceen das Schöllkraut,
Chelidonium majus L. (s. Chelidonium), die schon erwähnte Stammpflanze des Opiums, Papaver somniferumL.;
von den Rhamnaceen
der Faulbaum, Rhamnus frangula L. (s. Rhamnus und Textfigur 3 zu Artikel Frangulinen), und der Kreuzdorn,
Rhamnus catharticaL.;
von den Araliaceen der Epheu (s. d. und Tafel: Umbellifloren II,
Fig. 4);
von den Umbelliferen der Wasserschierling,
Cicuta virosa L. (s. Cicuta und Tafel: Giftpflanzen I,
Fig. 1), der gefleckte Schierling, Conium maculatum L. (s. Conium
und Taf. I,
Fig. 2), die Hundsgleiße oder Hundspetersilie, Aethusa cynapium L. (s. Aethusa und Taf. II,
Fig. 5), der Taumelkörbel,
Chaerophyllum temulum L. (s. Chaerophyllum), die Arten der Gattung Oenanthe (s. d.), besonders Oenanthe crocataL., Sium latifolium
L. (s. Sium), Berula angustifolia L. (s. Berula), die Sterndolde, Astrantia major L. (s. Astrantia);
von den Cucurbitaceen
die beiden Gichtrübenarten Bryonia alba L. und dioica Jacq.
(s. Bryonia), die Springgurke, Ecballium officinale N. ab Es.
(s. Ecballium und Tafel: Campanulinen,
Fig. 6), die Koloquinte (s. d. und Tafel: Campanulinen,
Fig. 5);
von den Kaprifoliaccen
der Zwergholunder, Sambucus ebulus L. (s. Sambucus), und das gemeine Geißblatt, Lonicera xylosteum
L.
(s. Lonicera), auch einige Schneeballarten (s. Viburnum);
von den Kompositen die beiden Latticharten, Lactuca virosa und scariola
L. (s. Lactuca);
von den Scrophulariaceen der schon erwähnte Rote Fingerhut sowie die übrigen Arten der Gattung Digitalis,
das Gottesgnadenkraut, Gratiola officinalis L. (s. Gratiola), die Arten des Läusekrauts (s. Pedicularis);
von den Solanaceen die Tollkirsche (s. oben), das Bilsenkraut (s. oben), der Stechapfel (s. oben), die Arten der Gattung Solanum
(s. d.), besonders der Schwarze Nachtschatten und das Bittersüß: ferner sämtliche Tabakarten (s. Tabak);
von den Convolvulaceen
sind zwei Arten verdächtig, nämlich Convolvulus sepium und arvensis L. (s. Convolvulus);
von den Apocynaceen
ist der gewöhnliche Oleander (s. d. und Tafel: Contorten,
Fig. 2) als giftig anzuführen;
von den Asklepiadeen der Hundswürger
(s. Cyanchum) und die in Gärten als Schlingpflanze vielfach gezogene Periploca graecaL. aus dem Orient;
von den Lobeliaceen
mehrere Arten der Gattung Lobelia (s. d.);
von den Thymeläaceen die Arten des Seidelbast (s. Daphne), besonders
Daphne mezereum L. (s. Tafel: Giftpflanzen II,
Fig. 4);
von den Aristolochiaceen die Haselwurz, Asarum europaeum L. (s. Asarum und
Tafel: Hysterophyten I,
Fig. 5), und die Osterluzei, Aristolocia clematitis L. (s. Aristolochia und Tafel: Hysterophyten I,
Fig.
6);
von den Ericaceen Andromeda polifolia L. (s. Andromeda) und Ledum palustre L. (s. Ledum);
von den Primulaceen
das Alpenveilchen, Cyclamen europaeum L. (s. Cyclamen und Tafel: Alpenpflanzen,
Fig. 11);
von den Euphorbiaceen alle Arten der Gattungen
Euphorbia (s. d.), besonders Euphorbia helioscopia L. (s. Tafel: Giftpflanzen I,
Fig. 4) und Mercurialis (s. d.),
sowie der Wunderbaum, Ricinus communis L. (s. Rhicinus und Tafel: Tricoccen,
Fig. 3);
von den Urticaceen
der Hanf (s. d.) und der Hopfen (s. d.).
Unter den Monokotyledonen sind zu erwähnen aus der Familie der Amaryllidaceen die Narcissen (s. Narcissus);
von den Iridaceen
mehrere Arten der Gattung Iris (s. d.), wie Iris pseudacorusL.;
von den Colchicaceen die Herbstzeitlose,
Colchicium autumnale L. s. Colchicium und Tafel: Giftpflanzen I,
Fig.
6) und die Arten der Gattung Veratrum (s. d.), Veratrum album und nigrumL.;
von den Liliaceen die Kaiserkrone, Fritillaria imperialis
L. (s. Fritillaria), die Meerzwiebel, Scilla maritima L. (s. Scilla), auch die verschiedenen Tulpenarten (s. Tulipa)
sind verdächtig;
von den Smilaceen die Einbeere (s. Paris und Tafel: Giftpflanzen II,
Fig. 6);
von den Araceen der Aronsstab,
Arum maculatum L. (s. Arum) und das gemeine Schlangenkraut (s. Calla und Tafel: Araceen,
Fig. 7);
von den Alismaceen die Froschlöffel
(s. Alisma);
von den Gramineen der Taumellolch (s. Lolium und Tafel: Gramineen I,
Fig. 4).
Unter den Gymnospermen sind die Eibe (s. d. und Tafel: Gymnospermen I,
Fig. 3) und der Sadebaum (s. d.)
anzusühren. Auyer den genannten Giftpflanzen gehören hierher noch eine Anzahl giftiger Pilze (s. d. und Tafel: Pilze II-. Giftige Pilze),
wie Fliegenpilz, Satanspilz, Schwefelkopf u. a.
Von den exotischen Giftpflanzen sind hauptsächlich anzuführen die Pfeilgift liefernden, wie
Erythrophloeum guineense Don. in Senegambien (s. Erythrophloeum), die südamerik. Coriaria myrtifoliaL.,