Stirn. Diese beiden Linien bilden einen Winkel,
[* 2] der um so spitzer ist, je mehr sich die Gesichtsbildung von der idealen des
Menschen entfernt, und je weiter die Kieferknochen in Hinsicht auf die zum Gehirnsystem gehörigen
Knochen
[* 3] hervorstehen.
Bei denVögeln ist dieser
Gesichtswinkel am spitzigsten, bei den am höchsten stehenden
Affen
[* 4] ungefähr 60°, am
Negerkopf hält er ungefähr 70°, bei den Europäern gewöhnlich 80° und an ausgezeichnet schönen
Köpfen selbst 90°;
bei griech. Kunstwerken aus dem
Altertum findet man ihn sogar bis 100° vergrößert. Die
Gesichtslänge,
d. i. die Entfernung
vom obern
Teil des
Stirnbeins bis zum
Kinn, pflegt bei schönen
Köpfen ein Zehntel der ganzen Körperlänge
oder drei Nasenlängen zu betragen; der Mund ist ein Viertel der
Gesichtslänge breit.
Infolge ihrer dünnen zarten
Haut
[* 5] und der zahlreichen
Blutgefäße des Gesell nehmen die
Wangen vorzüglich bei jugendlichen Individuen
bei gewissen körperlichen Zuständen (anhaltender Körperbewegung, Genuß geistiger Getränke, großer Hitze,Fieberu. dgl.) und manchen psychischen Einflüssen eine lebhaft rote Färbung an.
(S.
Erröten.) Von psychischen Einwirkungen sind es Leidenschaften, Zorn,
Bewußtsein einer Schuld und Verletzung des Schamgefühls,
durch welche das
Erröten vermittelt werden kann.
mimische Gesichtslähmung,
schiefes Gesicht oder Facialislähmung (Prosopoplegia), auch zu Ehren des engl.
Arztes
Charles
Bell (s. d.)
Bellsche Lähmung genannt, eine häufig vorkommende
Lähmung des siebenten, die Gesichtsmuskulatur versorgenden
Gehirnnerven
(Gesichtsnerv,
Nervus facialis), durch die das
Gesicht in sehr auffallender
Weise entstellt wird.
Gewöhnlich betrifft die
Lähmung nur eine Seite des
Gesichts, seltener beide. Die Gesichtsmuskeln der gelähmten Seite sind
dabei völlig unbeweglich, schlaff und ausdruckslos, was besonders beim Lachen,
Weinen und ähnlichen
Bewegungen auffällt;
der
Kranke ist nicht im stande, die
Stirn zu runzeln, die
Augen zu schließen und die Lippen zu bewegen,
er kann weder pfeifen noch blasen, beim Lachen bleibt der gelähmte Mundwinkel unbeweglich, die
Sprache
[* 11] ist häufig undeutlich,
und der Mundwinkel der gelähmten Seite steht tiefer, sodaß
das ganze
Gesicht schief verzogen erscheint. Am häufigsten entsteht
die
Krankheit bei sonst gesunden
Menschen durch starke Erkältungen, insbesondere durch plötzliche
Abkühlung
des erhitzten
Gesichts sowie nach Verletzung des
Nerven bei
Operationen, Verwundungen, Quetschungen (Ohrfeigen) und infolge
von entzündlichen Vorgängen innerhalb des Gehörorgans und der Schädelhöhle.
Man unterscheidet hiernach, wenn die
Ursache der
Lähmung am Ursprung des
Gesichtsnerven im
Gehirn
[* 12] liegt, eine centrale Gesichtslähmung, wenn
sie im Verlauf des
Nerven liegt, eine peripherische Gesichtslähmung. Der Verlauf der Gesichtslähmung ist nach dem Sitz und
nach der Art der veranlassenden
Ursachen sehr verschieden; während rheumatische
Lähmungen bei zweckmäßigem Verhalten gewöhnlich
nach einigen Wochen oder
Monaten von selbst verschwinden, bleiben die durch Verwundungen, durch chronische Ohreneiterungen
oder andere entzündliche Prozesse bedingten
Lähmungen in der Regel für das ganze Leben zurück. Die
Behandlung besteht in frischen rheumatischen Fällen in Dampfbädern, warmen
Umschlägen,
Watte-Einhüllungen und spirituösen
Einreibungen und
Hautreizen; im weitern Verlauf leistet häufig die Anwendung des galvanischen
Stroms sowie der Massage die
besten Dienste.
[* 13]
(Prosopalgia,Tic douloureux), eine häufig vorkommende, mitunter sehr qualvolle Neuralgie (s. d.)
im Gebiete des fünften, hauptsächlich die Gefühlsempfindungen des
Gesichts vermittelnden
Gehirnnerven (nervus trigeminus),
um deren Kenntnis und
Heilung der engl.Arzt Fothergill (1773) sich solche Verdienste erworben hat, daß
sie nach ihm oft der Fothergillsche Gesichtsschmerz genannt wird. Die
Krankheit besteht aus
Anfällen von heftigen
Nervenschmerzen des
Gesichts,
die meist nur auf der einen Seite gefühlt werden.
Diese
Schmerzen treten entweder plötzlich ein, oder es gehen ihnen allgemeine
Angst undUnruhe, eigentümliche
juckende und kribbelnde Empfindungen im
Kopf und den Extremitäten, Zucken und
Brennen der affizierten
Stellen voraus; oft werden
sie auch während der
Dauer der ganzen
Krankheit durch die Berührung dieser
Stellen oder durch
Bewegungen des
Gesichts, z. B.
durch Sprechen,
Kauen,
Niesen oder Lachen, schnell hervorgerufen. Der
Schmerz selbst ist sehr verschiedener
Art, meist bohrend, brennend, stechend oder reißend, selten auf einen Punkt fixiert, sondern blitzschnell über nahe oder
entfernte
Stellen sich ausbreitend.
Gesichtsschwäche - Ges
* 15 Seite 57.942.
Stellen, an welchen der Gesichtsschmerz besonders häufig auftritt, sind die
Augen, die Stirngegend, die Nasenflügel und die Oberlippe,
das
Kinn und die
Zähne.
[* 14] Während des
Anfalls wird gewöhnlich das
Gesicht gerötet, die
Temperatur desselben
gesteigert, und es zeigt sich ein lebhaftes Klopfen der
Schlagadern. Gegen das Ende des
Anfalls stellt sich gewöhnlich vermehrte
Thränen- und Speichelabsonderung ein. Die
Dauer eines solchen
Anfalls ist entweder kurz, oft nur einige Sekunden oder Minuten,
der
Schmerz aber dann heftiger, oder länger, bis zu einigen
Stunden andauernd und mit geringen
Schmerzen
verbunden. Die ganze
Krankheit besteht zuweilen nur aus einem
Anfall, oft aber dauert sie monate-, ja jahrelang,
¶
mehr
indem sich die Anfälle in unregelmäßigen Zwischenräumen wiederholen; auch geht sie nicht selten in andere Nervenkrankheiten,
namentlich in Hypochondrie und Hysterie, über. In der Kindheit ist das Leiden
[* 16] sehr selten; am häufigsten findet es sich zwischen
dem 30. und 50. Lebensjahre, und bei Frauen etwas häufiger als bei Männern.
Das Wesen und die Ursache des Gesichtsschmerz sind noch sehr dunkel; sowohl allgemeine Schädlichkeiten, erbliche Anlage,
feuchte Witterung, Erkältung, Gemütsbewegungen u. s. w., als örtliche Affektionen, insbesondere Wunden, Geschwüre, Geschwülste,
kranke Zähne, Erkrankungen der Schädelknochen, des Mittelohrs u. dgl., können ihn hervorrufen; nicht selten gesellt er sich
zum Wechselfieber. Die Heilung des Gesichtsschmerz gelingt bisweilen auf die Dauer, wenn der Nerv, an dessen Verbreitungsbezirk
die Schmerzen auftreten, durchschnitten wird (sog. Neurektomie) oder vollständig entfernt wird
(sog. Nervenevulsion).
Auch hat die Behandlung mit dem galvanischen Strom häufig vorzügliche Heilerfolge ergeben. Wenn der ein Symptom des Wechselfiebers
ist, so leisten große Dosen von Chinin oder Chinoidin meist vortreffliche Dienste. Gegen die einzelnen
Anfälle erweisen sich subkutane Einspritzungen schmerzstillender Arzneimittel, insbesondere von Morphium, nützlich, nach denen
meist sofort bedeutender Nachlaß der Schmerzen, bisweilen selbst dauernde Heilung eintritt. Neuerdings hat man auch durch
die Nervendehnung (s. d.) wiederholt sehr hartnäckige Gesichtsneuralgien geheilt.
In jedem Falle muß eine genaue Untersuchung des Kranken stattfinden. Oft hat man das Leiden durch Beseitigung
sonstiger krankhaften Zustände, z. B. der Geschlechts- und Verdauungsorgane (Stuhlverstopfung u. s. w.), beseitigt.