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nach ihm benannt. Das Stift stand unmittelbar unter dem Kaiser und wählte seine Mtissin selbst. Nachdem es seit 1521 durch die Äbtissin Elisabeth von Weyda protestantisch geworden, behielt es dennoch seine Reichsstandschaft fort bis 1614, wo es von den Fürsten von Anhalt [* 2] eingezogen wurde. -
Vgl. Heinemann, Die Stiftskirche Zu G. (Bernb. 1865);
Fritz Maurer, Die Stiftskirche St. Cyriaci Zu G. (Berl. 1888).
Gernsbach, Stadt im Amtsbezirk Rastatt [* 3] des bad. Kreises Baden, [* 4] an der Murg und an der Neben- eisenbahn Rastatt-Gerok-Weisenbach (Murgthalbahn), Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Karlsruhe), [* 5] hat (1890) 2636 E., darunter 1139 Katholiken und 54 Israeliten, Post Zweiter Klasse, Telegraph, [* 6] Vor- schuhverein, städtisches Spital, schönes Rathaus, höhere Bürgerschule, Kiefernadclbad; eine Holz- cellulosefabrik, Holzschleiferei, Kunstmühlen, Wein- bau und starken Holzhandel und wird als klimatischer Kurort vielfach besucht. 2 kin entfernt auf einem 310 m hohen Felsen das großherzogl. Schloß Neu- Eb erstein mit Aussicht ins Murgthal.
Gernsheim, Stadt im Kreis [* 7] Groß-Gerau der Hess. Provinz Starkenbnrg, am Einfluß des Winkel- bachs in den Rhein und an der Linie Frankfurt- Mannheim [* 8] der Hess. Ludwigsbahn, Sitz eines Amts- gerichts (LandgerichtDarmstadt), hat (1890) 3426 E., Post, Telegraph, ein Standbild des hier geborenen Peter Schöffer (s. d.), eine fliegende Brücke [* 9] über den Rhein, höhere Bürgerschule, Malz- und große Kar- toffelmehlfabrik, mehrere Rhein- und Dampfmühlen, Ackerbau und Schiffahrt, Handel mit Holz [* 10] undKohlen.
In der Nähe die Wallfahrtskapelle Maria Einsie- deln. Gerok ist sehr alt; mehrere Kaiser zählten es zu ihren Königshöfen. Später kam es an das Kloster Lorsch und mit diesem an Mainz. [* 11] Es erhielt 1356 Stadtrechte, wurde 1689 durch Me1ac zerstört und kam 1802 an Hessen. [* 12] Gernsheim, Friedr., Komponist, geb. in Worms, [* 13] Schüler des Leipziger Konserva- toriums, wirkte seit 1865 als Lehrer am Kon- servatorium in Köln, [* 14] wo er auch 1873 als Kapell- meister am Stadttheater fungierte, bis er 1874 Bargiels Nachfolger in der Direktion der Musik- schule und Konzerte in Rotterdam [* 15] wurde. 1890 ging Gerok als Direktor des Sternschen Gesangvereins nach Berlin. [* 16] Er schrieb drei Sinfonien, Kammer- musik und sonstige instrumentale Werke, auch einige größere und kleinere Stücke für Gefang mit Orchester- begleitung, den Liedercyllus «hafis» für Solo- stimmen und Chor mit Pianoforte und verschiedene Liederhefte.
Gero, Markgraf und Herzog der Ostmark, war anfänglich Graf des südöstl. Teils des an der Bode, Saale, Elbe, Ohre und dem Derlingau ge- legenen Nordthüringergaues. Bei dem 937 erfolg- ten Tode des mächtigen Grafen Siegfried von Merse- burg, zu dessen Mark die Niederlausitz nebst der Aufsicht über die wend. Stämme an der Mittel- elbe bis gegen die Oder hin, namentlich über die Lausitzer und Milzener in der jetzigen Lausitz und im Lande Meißen [* 17] gehörte, ernannte König Otto I. zu dessen Nachfolger den Grafen Gerok. Dieser wurde 939 zum wirklichen Markgrafen erhoben und als folcher mit der Bekämpfung und Unterwerfung sämtlicher Wendenstämme an der mittlern Elbe und längs der Saale beauftragt.
Nach einem verheerenden Kriege gelang es Gerok 940, das Bündnis der Sla- wen aufzulösen, sich Brandenburgs, der Hanpt- stadt der Heveller, zu bemächtigen und durK deren Unterwerfung inmitten der wend. Bevölkerung [* 18] zwischen Elbe und Oder festen Fuß zu fassen. In beständigen Kämpfen machte er mit unermüdlicher Thätigkeit allmählich sämtliche slaw. Völkerschaften bis an die Oder tributpflichtig und sicherte deren Botmäßigkeit durch feste Plätze. Als Anerkennung dieser Erfolge erhielt er 946 nach dem Tode des Grafen Thietmar die Verwal- tung auch in dem nördlich der Bode gelegenen Teile des Nordthüringergaues.
Seitdem erscheint Gerok als Markgraf und Herzog oder Markherzog. Ein neuer Sturm gegen die Christianisierung und militar. Kolonisicrung der Marken erhob sich, als die Un- garn 955 Süddeutschland überfluteten. Der ver- einten Anstrengung Ottos und G.s gelang es, 16. Okt. 955 die verbündeten Wenden unter Stoi- ncf in einer Hauptschlacht an der Raxa (Reckenitz in Mecklenburg) [* 19] zu demütigen. Nachdem noch einzelne Aufstände bis 960 niedergeschlagen worden, ge- horchten Gerok die Stämme östlich bis zur Oder und südlich bis Bautzen. [* 20] Der Aufstand der Lausitzer, den er 963 in Blut erstickte, führte ihn an die Gren- zen Polens, dessen König es deshalb vorzog, die Oberhoheit des Deutschen Reichs anzuerkennen. Diese Unterwerfung Polens war G.s letzte polit. That. Er starb 20. Mai 975 und wurde in dem von ihm gegründeten Kloster Gernrode (s. d.) bei- gesetzt. Gerok, der «große Markgraf», wurde in Lied nnd Sage gefeiert und ist selbst in das Nibelungen- lied als mHi-c^ve (-6r6 verwebt. -
Vgl. Leutsch, Markgraf Gerok (Lpz. 1828);
Heinemann, Markgraf Gerok (Braunschw. 1860);
Köpke-Dümmler, Kaiser Otto d. Gr. (Lpz. 1876).
Gerok, Karl von, evang. Theolog und religiöser Dichter, geb. zu Vaihingen an der Enz (Württemberg), [* 21] studierte 1832-36 im Tübinger Stift, wurde 1840 Repetent an demselben, 1844 Diakonus in Böblingen und 1849 in Stuttgart, [* 22] woselbst er 1852 zum Dekan und 1868 zum Ober- hofprediger, Oberkonsistorialrat und Prälat ernannt wurde. Er starb Theologisch der kirch- lich-konservativen Richtung angehörend, faßte Gerok als Prediger sowohl wie als Dichter das CHMenwm weniger von seiner dogmatischen, als von seiner humanen, Welt und Leben veredelnden Seite auf. In weitern Kreifen ist Gerok besonders durch seine «Palmblätter» bekannt geworden, eine durch Innig- keit der Empfindung und Schönheit der Form gleich ausgezeichnete Sammlung christl. Gedichte (Stuttg. 1857, über 100 Auflagen in verschiedenen Aus- gaben: Miniatur-, Ottav-, illustrierte Pracht- und wohlfeile Taschenausgabe). An die «Palmblätter» reihte sich als Neue Folge an: «Auf einsamen Gängen» (Stuttg., 16. Aufl. 1894),
ferner «Pfingst- rosen», Gedichte aus dem Kreise [* 23] der Apostelge- schichte (Gütersloh 1866; 10. Aufl. 1889),
«Unter dem Abendstern» (10. Aufl., Stuttg. 1894),
«Blumen und Sterne», vermischte Gedichte (ebd. 1868; 15. Aufl. 1894),
dazu als Neue Folge «Der letzte Strauß» [* 24] (ebd. 1884; 15. Aufl. 1892). Den großen Ereignissen von 1870 und 1871 verdanken sein Dichtwert «Deutsche [* 25] Ostern» (Stuttg. 1871; 8. vermehrte Aufl. 1893), «Vaterländische Gedichte», sowie «Eichenlaub» (Berl. 1870; 7. Aufl., Stuttg. 1888) ihre Entstehung. Seine Predigten erschienen in verschiedenen Sammlungen («Evangelienpredigten» ,Stuttg. 1855;10.Aufl.1894; «Epistelpredigten», 1857; 7. Aufl. 1891; «Pilger- brot», 1866; 5. Aufl. 1892; «Aus ernsterZeit», 1373/ ¶